Lachgas – nicht wirklich lustig!
Es ist wahrhaft pervers, was sich so manch Einer reinschmeisst um in höhere Sphären zu kommen und sich im Endeffekt selbst dadurch kaputt zu machen! Und – wie zumeist – geht die Techno-Szene mit grossen Schritten voraus. Derzeit etwa „in“ sind Ketamin und Lachgas! Doch so harmlos wie die Wörter klingen, sind beide Mittelchen absolut nicht!!!
Ketamin wurde in den 1960er Jahren eigentlich als Narkosemittel ent-wickelt, findet aber inzwischen in der Medizin (mit Ausnahme der Notfallmedizin) nahezu keinerlei Anwendung mehr, da es zu sehr vielen Nebenwirkungen führt: Übelkeit, Erbrechen, Verwirrtheit, Lähmungs-erscheinungen, hoher Blutdruck und Puls etwa. Diese können auch bis zu Stunden nach der Einnahme andauern. Das aber ist offenbar den Party-People vollkommen gleichgültig, ist Ketamin doch als „Vitamin K“, „Special K“, „K“ oder „Kate“ in der Partyszene sehr beliebt. So führt es zu Rauschgefühlen, Euphorie und zum sog. „K-Hole“ – halluzinogenen Momenten, bei welchen man sich in einem Loch befindet und aus dem eigenen Körper heraustritt. Dieser kann nicht mehr kontrolliert werden, obwohl man noch teilweise wahrnehmen kann. Ein Aussenstehender kann nicht beurteilen, ob es sich um einen lebensbedrohlichen Zustand handelt oder der Betroffene einfach nur schläft. Ketamin wird gespritzt (Wirkungsdauer etwa 5 Minuten), geschnupft (Wirkungsdauer ca. 60 Minuten) oder geschluckt (Wirkungsdauer rund 90 Minuten). Der Lang-zeitkonsum führt meist zu neurologischen Störungen, einer Schädigung des Zentralen Nervensystems und Schäden an Nieren und Harntrakt. Zudem belastet Ketamin das Herz-Kreislaufsystem, kann also auch hier zu Folgeschäden führen. Ketamin gibt es in zwei unterschiedlichen Dosierungen: Als R-Ketamin (Racemat) oder als S-Ketamin, das doppelt so stark ist und beispielsweise als Nasenspray bei therapieresistenten Depressionen medizinisch eingesetzt wird. Wer es verwendet, macht sich strafbar, obgleich Ketamin nicht explizit im Betäubungsmittelgesetz enthalten ist.
Lachgas wurde ebenso als Betäubungsmittel entwickelt, findet allerdings auch in vielen anderen Bereichen Anwendung – etwa zur Vereisung oder als Kapseln für Sahnespender. 1771 erwähnte erstmals der britische Pfarrer, Chemiker und Physiker Joseph Priestley das Distickstoffmonoxid (N2O). Selbstversuche mit dem Gas führte ab 1797 der englische Apotheker und Chemiker Humphry Davy durch. Medizinisch eingesetzt wurde es hingegen erst bei einem Selbstversuch des amerikanischen Zahnarztes Horace Wells aus Hartford/Connecticut, der sich im Jahr 1844 mit dem farblosen und leicht süsslich riechenden Gas betäuben liess, damit ein Weisheitszahn gezogen werden konnte. Deshalb wurde Lachgas gerade in der Zahnmedizin recht häufig für Kurzzeit-Narkosen einge-setzt. Inzwischen allerdings durch andere Narkosemöglichkeiten ersetzt. Lachgas wirkt unmittelbar auf das Zentrale Nervensystem. Durch die Aktivierung der Opioidrezeptoren im Gehirn verliert man Ängste und Schmerzempfinden, entspannt sich, verliert das Zeitgefühl und nimmt trotzdem noch wahr. Die Blutgefässe werden erweitert – eine bessere Durchblutung des Körpers findet statt. Alsdann werden Endorphine ausgeschütten, was zu eiunem Wohlgefühl führt. Als Partydroge wird es aus einer Kartusche in einen Luftballon gefüllt und hierüber eingeatmet. Ein Zug führt zu einer bis zu 3 minütigen Wirkung, angeblich mit Euphorie, Ruhe, Entspannung und Losgelöstsein. Auch hier kommt es zu Nebenwirkungen: Übelkeit, Lähmungserscheinungen, Desorientiertheit, Verlust des Gleichgewichtssinns, Kopfschmerzen etwa. Bei längerem Konsum kann es zu Blutarmut(Anämie) kommen, zudem wird der Vitamin B12-Stoffwechsel extremst beeinflusst. Soll heissen, dass das Vitamin, das normalerweise mit der Nahrung in den Körper gelangt, nicht mehr seiner Wirkung nachgehen kann, da es mit dem Lachgas reagiert. Das führt zu Schädigungen des Rückenmarks, da Vitamin B12 vornehmlich für die Produktion von Nervenzellen gebraucht wird. Siehe hierzu die fran-zösische Studie, die zwischen 2018 und 2021 insgesamt 181 Patienten mit schweren Lachgasvergiftungen untersuchte. In Deutschland wurden 2024 insgesamt 50 Lachgasvergiftungsfälle behandelt. Wer das Gas übrigens direkt aus der Kartusche inhaltiert, riskiert Kälteverbrennungen an Fingern und Lippen sowie einen möglichen Lungenriss, aufgrund des explosionsartigen Ausbreitens des Gases in den Atemwegen. Der Lunge wird zudem Sauerstoff entzogen. Dies kann zur Bewusstlosigkeit führen. Als Droge wurde Lachgas bereits in den 1830er Jahren vornehmlich auf Jahrmärkten als „Belustigungsmittel“ eingesetzt, weitere Höhepunkte erreichte es in der Psychedelic-Phase der 1970er Jahre und schliesslich bei den Raves in den 1990er Jahren. Leider ist Lachgas auch in Kiosken oder Automaten erhältlich. Allerdings: Wie in Frankreich bereits seit einiger Zeit, ist in Deutschland der Verkauf an Minderjährigen bundesweit ab dem Frühjahr 2026 verboten (Beschluss des Bundestages vom 15. November) – in einigen Regionen gilt dieses Verbot bereits jetzt schon (Hamburg, Schleswig-Holstein, Frankfurt/Main, Osnabrück und weitere). In den Niederlanden und Grossbritannien gilt Lachgas als Droge. Dort und zudem in Dänemark ist der Verkauf generell verboten. Tödlich kann das Gas wirken, wenn man es über eine Maske oder durch eine über-gestülpte Tüte konsumiert. Übrigens: Lachgas ist ein starkes Treib-hausgas mit einem Anteil von rund 10 %.
Filmtipp:
Lachgas: Harmloser Rausch oder Partydroge mit Risikjo; ZDF-Reportage 2024
Lesetipps:
.) Nitrous oxide and climate change; Hrsg. Keith Smith; Earthscan 2010
.) Handbook of Nitrous Oxide and Oxygen Sedation; Morris S. Clark, Ann. L. Brunick; Mosby Elsevier 2008
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