Tornados – Wütend und alleszerstörend
Posted on 05/24/25 by UlstoSchwere Gewitter, Schlagwetter mit Überflutungen und Hagelschauer – die Wetterphänomene werden auch in unseren Breitengraden eklatant schlimmer. Hinzu kommt immer mehr auch eine Erscheinung, die es vermeintlich zumindest in früheren Zeiten in Europa nicht gab: Tornados! Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes treten jährlich im Schnitt 47 Tornados zwischen Flensburg und Berchtesgaden auf, 17 davon sind Wasserhosen. Allerdings – zumindest noch nicht – mit einer dermassen bekannten Zerstörungskraft wie jenseits des grossen Teiches.
Diese speziellen Stürme wüten eigentlich im Frühjahr in vielen Bundes-staaten der USA. Die Bevölkerung hat gelernt, damit umzugehen. Zu jedem Haus wird in den leidgeprüften Regionen des mittleren Westens der Staaten immer auch ein Tornadokeller gebaut. Zumeist ein sturm-sicheres unterirdisches Verlies, das mit dem Notwendigsten zum Über-leben ausgestattet ist. Bei entsprechenden Warnungen begeben sich die Bewohner mit den wichtigsten Unterlagen in diesen Keller. So mancher Hausbesitzer weiss nicht, ob er noch ein Dach über dem Kopf vorfindet, wenn er die gut verriegelbare Falltüre öffnet.
Der Tornado (auch Wind- oder Wasserhose) ist ein Wirbelsturm mit einer vornehmlich senkrechten Drehachse. Er ist deshalb so gefährlich, da er Haken schlägt, sehr schnell sein kann und über den sich auftuenden Schlauch alles aufsaugt, was er am Boden findet. Eine Vorhersage ist schwer, da die Lebenszeit einer solchen Windhose nur auf wenige Minuten beschränkt ist. Ein Killer!
Vorraussetzung für diesen ganz speziellen Sturm sind Cumulus- oder Cumulonimbus-Wolken. Der Luftwirbel reicht vom Boden bis zur Wolkenuntergrenze. Dabei herrscht aussen Aufwind und im Inneren Fallwind. Für die Entstehung derartiger Wirbel ist eine starke vertikale Temperaturabnahme sowie grosse, labile Mengen von Wasserdampf in der Luft (Wolke) erforderlich. Der Wasserdampf speichert die Wärme besser als die trockene Luft – Energie, die der Tornado zuhauf benötigt, bezieht er aus diesen feuchten Luftmassen. Durch die Kondensation wird Wärme freigesetzt, die zu einem rasend schnellen Aufsteigen der Luft führt. In unseren Breitengraden wird ein starkes Gewitter oder eine Regenfront normalerweise durch kleine Böenfrontwirbel (auch „Gustnados“) eingeleitet. Findet nun die Verbindung mit einem solchen Aufwindbereich einer Wolke statt, kommt es zu einem Tornado, der in Europa gar nicht mal so selten auftritt, als viele denken.
Der Experte unterscheidet nun zwischen zwei Tornadotypen:
.) Mesozyklonale Tornados
Zu den bereits genannten Faktoren kommt eine starke Zunahme der Windgeschwindigkeit und Richtungsänderungen mit zunehmender Höhe hinzu. Dadurch entwickeln sich sog. „Superzellen“ (Mesozyklen), also Gewitterzellen mit rotierendem Aufwind, die gepaart sind mit Sturzregen, grossem Hagel und Fallböen von teils mehr als 200 Stundenkilometern. Sie können längere Zeit am selben Ort verharren. Durch die stark rotierende Wolkenbasis wird am unteren Ende immer mehr Luft zur Drehachse (auf der Nordhalbkugel gegen den Uhrzeigersinn) hin ange-saugt, was zu einer steten Steigerung der Geschwindigkeit führt.
.) Nicht-mesozyklonale Tornados
Sie entstehen durch den Zerfall der bodennahen horizontalen Windscherung (Temperaturunterschiede mit wechselnden Windrich-tungen) in einzelne Wirbel mit vertikaler Achse. Die Temperaturabnahme in den unteren Schichten ist eklatant. Diese Tornados sind nicht so kräftig wie die mesozyklonalen Geschwister, da keine Superzelle aufge-baut wird. Die meisten Wasserhosen entstehen auf diese Art.
Tornados sind bei ihrer Geburt nahezu nicht zu erkennen. Erst wenn aufgrund des Druck- und Temperaturabfalls der Wasserdampf konden-siert oder Kleinteile wie Staub, Wasser bzw. kleinere Trümmer aufge-wirbelt werden, wird der Wirbel sichtbar. Übrigens spricht man nur dann von einem Tornado, wenn er Bodenkontakt hat, ansonsten ist es für den Experten eine „Blindtrombe“. Der Trichter bzw. die Hose kann im Durch-messer einige Metern bis über einen Kilometer gross sein. Gerade bei den Riesen ihrer Art sind es zumeist mehrere Wirbel, die um ein gemeinsames Zentrum kreisen („Multivortex“). Die Stärke eines Tornados wird mangels Messmöglichkeiten meist aufgrund der Schäden geschätzt. Dann erfolgt die Klassifizierung – in Europa in der TORRO-Skala, in den USA in der Fujita Scale F1 bis F6 bzw. der genaueren Enhanced Fujita Scale (EF0 – EF5 mit 28 zusätzlichen Merkmalen). Nur 1 % der US-amerikanischen Tornados sind verheerend (F4 und F5), 11 % sind stark (F2 und F3). Nicht-mesozyklonale werden meist nicht heftiger als F2.
Die Fortbewegungs-Geschwindigkeit des Tornados liegt bei rund 65 km/h (F0) – sie richtet sich nach jener der Mutterwolke (kann somit auch weitaus schneller oder wie bei Wasserhosen niedriger liegen). Die Rotations-Geschwindigkeit ist wesentlich höher – die schnellste wurde 1999 bei Bridge Creek (Oklahoma) mit 512 km/h (F5) gemessen – das entspricht der Druckwelle einer Atombombe. Ein Strohhalm, der mit dieser Geschwindigkeit durch die Luft fliegt, durchschlägt wie ein Speer den menschlichen Hals! Schätzungen gehen gar von Spitzengeschwindig-keiten von 800 Stundenkilometern im Rüssel eines starken Tornados aus – doch konnte dies noch nicht wissenschaftlich erwiesen werden. Im Schnitt beläuft sich die Verweildauer auf zirka 10 Minuten, kann jedoch auch auf wenige Sekunden schrumpfen oder über mehr als eine Stunde ansteigen.
Wasserhosen treten zumeist in den Morgenstunden des Spätsommers auf, während die Kollegen auf dem Land die Abendstunden des Frühsommers bevorzugen. Der mittlere Westen der USA bietet die besten Voraussetzungen für Tornados und Superzellen: Östlich der Rocky Mountains liegen weitläufige Ebenen, südlich der warme Golf von Mexico. Hier ergibt sich nämlich folgendes Szenario: Von den Rockies strömt in höheren Luftschichten trockene und kühle Luft über die Ebenen. In den bodennahen Schichten hingegen strömt warme und feuchte Luft vom Golf in Richtung Norden. Dies führt zu einer sehr labilen Luftschichtung! Die meisten der jährlich etwa 1.200 Tornados werden deshalb in dieser „Tornado Alley“ (Texas, Oklahoma, Kansas, Nebraska) gezählt.
Im Vergleich dazu sind in Europa 330 pro Jahr Durchschnitt, wobei etwa 160 über Wasser entstehen. Die meisten davon eher schwach (F0-F2) – doch sind auch zwei F5- und acht F4-Tornados in Deutschland bzw. weniger in Österreich (bislang ein F4) dokumentiert. Alle 20 bis 30 Jahre gibt es in deutschen Landen einen Tornado mit Stärke F4. Die „Tornado-Alley“ Deutschlands ist der Westen der norddeutschen Tiefebene. Als damals der Orkan im Winter über Norddeutschland hinweg fegte, hatte ich gerade mit einer jungen Frau telefoniert. Im Hintergrund war sehr laut der Sturm zu hören. Sie meinte nur ganz lapidar: Da bleibt man einfach im Haus, macht den Ofen an und fühlt sich so richtig heimelig! Auch hier wurde offenbar gelernt, mit den Sturmen zu leben. In Österreich werden jedes Jahr im Schnitt fünf Tornados beobachtet – alle 5-10 Jahre ist auch ein F3 mit dabei. Viele der Windhosen in der Südoststeiermark. Der letzte F4 auf europäischem Festland wurde 2022 im Süden Tschechiens beobachtet. Zuerst mit Stärke F3, dann mit F4 zog er über die beiden Kreise Břeclav und Hodonín hinweg. Besonders betroffen waren dabei die Stadt Hodonin sowie die beiden Dörfer Mikulčice und Lužice. Sechs Menschen kamen dabei um’s Leben, 200 weitere wurden teils schwer verletzt. Der Tornado hinterliess eine 26 Kilometer lange und 500 m breite Schneise und einen Sachschaden von rund 588 Mio Euro. Die letzten F4 gab es in Deutschland am 24. Mai 1974 zwischen Bad Liebenwerda, durch Prestewitz bis kurz vor Lübben, in Österreich am 10. Juli 1916 über Wiener Neustadt. Er forderte 34 Todesopfer, 328 Menschen wurden verletzt. In der Schweiz am 26. August 1971 – im Vallée de Joux mit einer Schneise von 23 Kilometern Länge.
Dass jedoch auch F2-Tornados riesige Schäden verursachen können, wurde am 06. August 2001 in NRW bewusst. Er zog über die Gemeinde Belm bei Osnabrück hinweg und hinterliess eine sechs Kilometer lange und 50 Meter breite Schneise der Verwüstung mit einem Gesamtschaden von über 2,5 Mio €.
Experten sind sich einig: Derzeit kann noch keine Verbindung zur Klima-Erwärmung hergestellt werden. Vielmehr ist die ansteigende Zahl von Tornados auf die bessere Erfassung in den letzten Jahren zurückzu-führen. So gibt es in den USA die systematische Tornadoforschung gar erst seit den 50er Jahren des vorhergehenden Jahrhunderts, eine Vorwarnmöglichkeit durch den Einsatz des Doppler-Radars seit 1948. Inzwischen wurde die Vorhersage präzisiert. Dabei laufen alle Infos bei der in Norman/Oklahoma stationierten NSSL („National Severe Storms Laboratory“) zusammen. Auch die Beobachtungen der ehrenamtlichen „Spotter“ (Beobachter) und „Storm chasers“ (Sturmjäger). Das gute alte Europa war ab 1917 mit Alfred Wegener und Johannes Peter Letzmann schon etwas früher tätig, jedoch wurden die Forschungsarbeiten aufgrund des 2. Weltkrieges eingestellt und erst 1997 durch das Netzwerk TorDACH wieder professionell aufgenommen. Sehr wichtig zudem die ehrenamtlichen Spotter, mit ihrem eigenen Netzwerk „Skywarn“. 30 Wissenschaftler und Laien aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen verarbeiten diese Infos neben vielen anderen auch vornehmlich bei Tornados, Wasserhosen und Gewitter-Fallböen („Downbursts“). Dadurch sollen möglichst gute Klimamodelle für betroffene Gebiete erstellt, somit gezieltere Vorhersagen gemacht werden können. 2006 übernahm die meisten dieser Aufgaben das European Secere Storms Laboratory e.V. (ESSL) im Auftrag der EU. Hier wird auch die Unwetterdatenbank ESWD geführt.
Doch geschieht immer wieder auch Unglaubliches während solcher Twisters. So wurde am 11. April 1965 in Ohio ein Jugendlicher von einem Tornado aus dem Bett durch das Fenster gesogen und unbeschädigt auf der Strasse vor dem Haus wieder abgesetzt. Neun Jahre später wurde in Xenia/Ohio ein Bauernhaus komplett dem Erdboden gleich gemacht. Nur eine Schachtel Eier, eine andere mit Christbaumschmuck und ein Spiegel blieben heil!
Links:
www.dwd.de/
www.zamg.ac.at
www.meteoswiss.ch
www.essl.org/
www.tornadoliste.de/
www.skywarn.at/
skywarn.org/
www.tordach.org/
weather.rap.ucar.edu/
www.nssl.noaa.gov
www.ncdc.noaa.gov
www.spc.noaa.gov/
www.ready.gov/tornadoes
www.cswr.org/
stormtrack.org/community/
stormchaser.com/
tornadochaser.net/
www.naturgewalten.de
science.nasa.gov/science-news/science-at-nasa/2000/ast01may_1m/
www.thunderbolttours.com/
Lesetipps:
.) Wind- und Wasserhosen in Europa; Alfred Wegener; Vieweg 1917
.) Klimatologische-statistische Ausarbeitung von Tornado-Ereignissen in Europa (Diplomarbeit); Katharina Amstler
Filme:
.) Twister
.) Tornado
.) Im Auge des Tornados (MDR)
Lesen verleiht Macht
Posted on 05/17/25 by UlstoSchon in der Antike waren die Philosophen und Dichter hoch angesehene Bürger und besassen grossen Einfluss auf das tägliche Geschehen. Auch im Mittelalter änderte sich daran nicht viel, doch übernahmen die Kirchen immer mehr das Wissensmonopol. Schliesslich wurden in den Kloster-Bibliotheken nicht nur alte Werke übersetzt, sondern diese auch erhalten. Noch immer lagern dort unvorstellbare Schätze, wie Originalschriften, Erstdrucke und dergleichen. Heutzutage hat das World Wide Web das Wissensmonopol weitestgehend übernommen, obgleich viele damit ihr Unwesen treiben. Während auf den Datenhighways Falschmeldungen mit nur einem Klick gelöscht werden können, sind sie in einem Buch nicht so leicht zu entfernen. Zudem: Wer Bücher verbrennt, verbrennt damit auch einen Teil seiner Geschichte und seines Wissens! So weist etwa eine Gedenktafel auf dem Berliner Bebelplatz auf die Geschehnisse des 10. Mai 1933 hin:
„An diesem Platz vernichtete faschistischer Ungeist die besten Werke der deutschen und der Weltliteratur.“
Deshalb stehe ich zu meiner Meinung, dass „Wissen Macht verleiht und dieses Wissen in Büchern steht“! Das werde ich in den kommenden Zeilen beweisen bzw. zur Diskussion stellen.
Am 23. April war der Welttag des Buches. Durchaus zurecht, wie ich finde. Obwohl viele sog. Meinungsmacher immer wieder das Ende der Bücher vorhergesehen haben – so etwa die New York Times schon 1992.
„Das Buch ist nach wie vor relevant und kann sich in einer schwierigen Gesamtwirtschaftslage behaupten!“
(Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels)
Nach Angaben des Börsenvereins wuchs nach einem Einbruch 2022 der Umsatz am Buchmarkt 2023 um 2,8 % auf 9,44 Mrd Euro. 2024 war es ein weiteres Plus von 0,8 %. Das schaut nicht nach einen sterbendem Markt aus! Besonders beliebt waren Sachbücher (+7,7 %) vor der Belle-tristik (+4,1 %). Erfreulich: Die Kinder- und Jugendbücher legten ebenfalls zu – zwar wenig, aber dennoch: +0,5 %! Nettes Detail am Rande: Entscheidend zum Verkaufserfolg der Sachbücher beigetragen hat der Bestseller „Freiheit“ von Ex-Kanzlerin Angela Merkel und Beate Baumann. Dennoch war es im vergangenen Jahr nach Angaben von Media Control nicht das meistverkaufte Hardcover-Buch: Platz 1 ging an Elke Heidenreich mit „Altern“, gefolgt von Sebastian Fitzeks „Das Kalender-mädchen“. Platz 3 dann für die Ex-Kanzlerin. Ganz stark im Kommen sind die „New Adult Liebesgeschichten“ für die Zielgruppe 20-30 Jahre. Waren das früher nicht die Taschenromane? Weitere Zahlen gefällig? 2023 erschienen 60.230 Erstauflagen (-6,3%) und 8.760 Übersetzungen in’s Deutsche – ein Minus von 6,8 % (Angaben: Börsenverein). Für Österreich konnte ich leider keine entsprechenden Zahlen finden.
Obgleich weniger Neuerscheiungen, so nimmt offenbar doch die Beliebt-heit des Buches wieder zu. So blöde es klingen mag, doch ist hierfür zu grossen Teilen das World Wide Web verantwortlich: In den Social Medias posen User mit den Stapeln von Büchern, die sie angeblich im vergangenen Monat gelesen haben wollen. Daraus ist ein richtiggehender Hype entstanden. In diesem Zusammenhang erreichen Bücherbe-sprechungen von „Booktokkern“ oder „Bookflencern“ hohe Klickzahlen. Auch der gute alte Buchklub ist wieder sehr beliebt. Und hier zeigt sich durchaus der eine oder die andere Megastar – wie etwa die Popsängerin Dua Lippa!
„Das Buch ist das Medium zur Selbstreflektion, mit dem sich eigene Identitätsfragen sehr gut verbinden lassen.“
(Gerhard Lauer, Literaturwissenschaftler Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Allerdings hält die KI langsam Einzug und stellt v.a. die Autoren vor nicht zu unterschätzende Probleme. Die Schauspieler und Sprecher wurden bereits grossteils durch sie ersetzt – beim Einsprechen von Hörbüchern etwa.
Konträr dazu mehr als interessant ist das Ergebnis der OECD-Bildungs-studie, wonach die Lesekompetenz der Grundschulkinder immer schlechter wird. Hier durfte wohl das in früheren Zeiten so beliebte Vorlesen einen immens wichtigen Beitrag spielen. Heute werden die Kinder immer öfter vor dem Flimmerkasten geparkt.
„Kinder, denen heute vorgelesen wird, werden morgen selbst zu begeisterten Leserinnen und Lesern. Wir sind ihre Vorbilder!“
(Die steirische Landeshauptmann-Stellvertreterin Manuela Khom (ÖVP) – eine der Organisatoren des Steirischen Vorlesetages)
By the way: Der 8. Steirische Vorlesetag findet am 14. Juni statt!
Dieses Sprachdefizit bleibt bei manchen bis ins Erwachsenenalter erhalten: Sie werden ausgeschult ohne einen Text fehlerfrei lesen zu können, geschweige denn, ihn zu verstehen. Tatsächlich korreliert das Standard-Vokabular mit dem Bildungsgrad: So ergaben unzählige Studien unisono, dass ein 15-jähriger über einen Wortschatz von rund 12.000 Wörtern verfügt. Während sich dieses Repertoire bei Gebildeten noch weiterhin ausbaut (im aktiven Wortschatz auf mehrere zehntausend, im passiven Wortschatz, dem Verstehen von weiteren Wörtern, gar auf ein Vielfaches davon), hat sich zuvor offenbar die Spreu vom Weizen getrennt. So besitzt ein durchschnittlicher deutschsprachiger Mensch einen Wortschatz von 3.000-216.000 Wörtern. Dabei spielen die Informationsmedien eine enorm wichtige Rolle: So nutzen Tages-zeitungen wesentlich weniger Wörter als Magazine. Diese wiederum weniger als Bücher. Auch verfügt der TV-Junkie über ein geringeres Standard-Vokabular als der Leser (ausser er zieht sich grossteils Wissensmagazine rein). Doch tun auch dies meist nur die Zuschauer mit höherem Bildungsgrad. Übrigens verfügt die deutsche Speache insgesamt über einen Wortschatz von 5,3 Mio Wörtern!
Abschliessend noch ein wichtiger Gedanke meinerseits: Für die Herstellung von Druckwerken müssen leider nach wie vor viele Bäume sterben. Die mögliche Alternative aus etwa Hanf wird aktuell zu wenig genutzt. Deshalb meine Bitte an Sie, die Leser dieser digitalen Zeilen: Nutzen Sie den Gebrauchtbüchermarkt! Als begeisteter Ebayer (sowohl im An- als auch im Verkauf) musste ich ernüchtert feststellen, dass Bücher zu den Ladenhütern zählen. Auch wenn sie noch originalverpackt sind! Etwa das Weihnachtsgeschenk der Tante, das voll und ganz meinem Geschmack entspricht! Kritisieren möchte in diesem Zusammenhang ebenfalls die vielen Bibliotheken und Büchereien, die stets laut aufschreien, wenn die öffentlichen Förderungen gekürzt werden, Bücherspenden jedoch ablehnen. Als hervorragende Idee hingegen sehe ich die Lesestationen, bei welchen Bücher kostenlos eingestellt und ausgeliehen werden können – auch wenn dies natürlich der Buchbranche schadet – so tut es zumindest der Umwelt gut! Denn: Ohne Umwelt wird es auch keine weiteren Bücher mehr geben!
Links:
- www.bildungsserver.de
- www.boersenverein.de
- wortschatz.uni-leipzig.de/de
- leseland-steiermark.at
- www.media-control.de/
Lesetipps:
.) Die deutsche Sprache zur Jahrtausendwende. Sprachkultur oder Sprachverfall?; Hrsg.: Rudolf Hoberg/Karin Eichhoff-Cyrus; Dudenverlag 2000
.) Reichtum und Armut der deutschen Sprache. Erster Bericht zur Lage der deutschen Sprache; Wolfgang Klein; DeGruyter 2013
.) Quantitative Linguistik. Eine Annäherung; Karl-Heinz Best; Peust & Gutschmidt 2006
.) Lexikon der bedrohten Wörter; Bodo Mrozek; Rowohlt Taschenbuch 2005
.) Aspekte des deutschen Wortschatzes; Elisabeth Knipf-Komlósi/Roberta Rada, Bernáth Csilla; Bölcsész Konzorcium 2006
.) Die Architektonik des deutschen Wortschatzes; Paul Menzerath; Dümmler 1954
Müde bin ich, geh‘ zur Ruh…!
Posted on 05/09/25 by UlstoWenn der Winterschnupfen in den Heuschnupfen übergeht – dann ist es so weit: Frühling! Jawoll – ich freue mich immer auf diese Jahreszeit, wenn die Natur erwacht und sich in den schönsten Farben präsentiert, die Sonne intensiver und die Tage länger werden. Verrückt, was die Hormone mit einem anstellen! Wenn da allerdings nicht die Abgeschlafftheit und Müdigkeit wäre. Frühjahrsmüdigkeit! Was steckt eigentlich dahinter, wie kommt man damit klar und wie kann dagegen angegangen werden?
Normalerweise treten diese bei vielen narkoleptisch-gleichen Anfälle ab Mitte März bis Mitte April auf. Durch den wechselhaften Winter in diesem Jahr hat sich dies aber etwas nach hinten verlagert. Rund 60 % der Frauen und 54 % der Männer sind von diesem Phänomen betroffen. Gekenn-zeichnet ist die Frühjahrsmüdigkeit durch Mattigkeit und verringerter Leistungsfähigkeit. Daneben kann es zu Kreislaufproblemen, Wetter-fühligkeit, Schwindel und niedrigem Blutdruck sowie Kopfschmerzen kommen. Den Betroffenen fehlt der ansonsten durchaus vorhandene Antrieb.
Die Frühjahrsmüdigkeit ist noch nicht wirklich wissenschaftlich erklärbar. Klar ist, dass der Körper in der kalten Zeit des Jahres den Stoffwechsel und die Körpertemperatur auf Sparflamme senkt. In früheren Zeiten wurde die Frühjahrsmüdigkeit deshalb auf den Mangel an Vitaminen in den dunklen und kalten Wintermonaten zurückgeführt. Mediziner und Neuro-, sowie Chronobiologen gehen jedoch inzwischen davon aus, dass der Hormonhaushalt federführend dahintersteckt. Die steigenden Temperaturen, v.a. aber die komplett anderen Lichtverhältnisse im Vergleich zum ansonsten normalerweise düsteren Winter, regen die Produktion der Hormone an – vornehmlich des Serotonins. Dieser Botenstoff des Nervensystems wird vornehmlich im Hypothalamus (eine sehr wichtige Hormondrüse im Gehirn) aus der Aminosäure L-Tryptophan unter Einbindung einiger Enzyme und Mikronährstoffen als Cofaktoren gebildet. Auch Lunge, Milz und die Darmschleimhaut sind in geringem Ausmass an der Produktion des Serotonins beteiligt. Das Hormon regelt unsere Stimmung, aber auch den Schlaf-Wach-Rhythmus. Der Gegen-spieler des Serotonins ist das von der Zirbeldrüse produzierte Schlaf-hormon Melatonin. Hinzu kommt, dass sich bei höheren Temperaturen die Blutgefässe erweitern, der Blutdruck sinkt, der Organismus wird müde.
Der Zustand kann ganz entscheidend durch die Zugabe von Vitamin D verbessert werden. Dieses wird eigentlich durch die Sonneneinstrahlung ausreichend produziert, doch sind die Menschen im Winter meist gut in wärmeschützende Kleidung eingelümmelt, sodass die Wintersonne hier nicht wirklich viel bewirken kann. Allerdings sollte man besser die kostenlose Sonne tanken, etwa durch viel Bewegung wie Sport oder Arbeit im Freien. 20 Minuten pro Tag im T-Shirt oder der Bluse bei direkter Sonneneinstrahlung dürften ausreichen. Wenn möglich ohne Sonnen-brille, da die Netzhaut des Auges für die Aufnahme des Sonnenlichtes immens wichtig ist. Ganz allgemein helfen vermehrte soziale Kontakte gegen Stimmungstiefs: Trommeln Sie öfters ihre Freunde zusammen und unternehmen Sie gemeinsam etwas. Daneben können alle Ratschläge zur Ankurbelung des Kreislaufs umgesetzt werden:
- Mit bis zu zwei Liter genügend Flüssigkeit trinken (Wasser, Tee oder verdünnter Fruchtsaft)
- Frisches Obst und Gemüse essen
- Saunabesuche oder Wechselduschen
- Zuhause öfters mal Durchlüften, damit der Körper genügend Sauerstoff erhält
Der ansonsten empfehlenswerte Mittagsschlaf hingegen ist grundlegend falsch. Hierdurch wird Serotonin ab- und Melantonin aufgebaut – sie werden noch matter. Ein Power-Nap hingegen wirkt Wunder.
Menschen mit einer Herz-Kreislaufschwäche, niedrigem Blutdruck oder Rheumaleiden aber auch wetterfühlige Patienten sind am meisten von der Frühjahrsmüdigkeit betroffen.
Sollten die Symptome nach vier Wochen jedoch nicht enden wollen, so sollte unbedingt ein Arzt Ihres Vertrauens aufgesucht werden. Schliesslich können viele ernst zu nehmende Krankheiten wie etwa eine Schilddrüsenunterfunktion oder eine Depression, aber auch eine Schlaf-störung dahinterstecken. Ferner möglicherweise ein Nährstoffmangel im Energiestoffwechsel, der mit ganz einfachen Methoden bekämpft werden kann: Zu wenig der Mineralstoffe Magnesium, Calcium, Jod, Mangan und Kupfer, aber auch Vitamine B1, B2, B6, B12, C sowie Pantothensäure, Niacin und Biotin können zu Müdigkeit führen. Hier helfen Nahrungs-ergänzungsmittel – bitte aber auch in diesem Fall zuerst einen Arzt aufsuchen.
Zusätzlich können Sie Ihrem Immunsystem und dem Stoffwechsel einen richtiggehenden „Push durch biologischen Raketenantrieb“ geben – hier wusste sich bereits Grossmuttern mit ihrem Kräuterkästchen zu helfen: Die leider nach wie vor eher verschmähten Brennesseln und der Bärlauch kamen häufig als Tee oder Suppe auf den Tisch. Beim Sammeln des Bärlauchs aber ist Vorsicht geboten, da er recht häufig mit dem Maiglöckchen verwechselt wird, das giftig ist. Der Bärlauch ist an der Blattunterseite matt und besitzt eine hervortretende Mittelrippe. Sein typischer Geruch ist kein alleiniges Erkennungsmerkmal! Das Maiglöckchen hingegen führt zu Atemnot, Herzrasen und schliesslich zum Herzstillstand. Auch mit dem „Aronstab“ wird Bärlauch häufig verwechselt – er ist zwar nicht giftig, doch sehr scharf und kann somit ein ganzes Gericht ungeniessbar machen.
Alsdann kennt auch die Homöopathie einige Mittelchen, wie Arsenicum album (hergestellt aus dem hochgiftigen, weissen Arsenik), Phosphorus (der sog. „Lichtträger“ – ebenfalls als elementarer Stoff giftig, jedoch ausserordentlich wichtig für den Körper) oder Causticum Hahnemanni (frisch gebrannter Kalk, verarbeitet mit Kaliumdihydrogensulfat – stark ätzend) – für all jene, die darauf schwören. Die Dosis macht das Gift – alle drei Mittelchen sind stark verdünnt!
Kommen Sie gut durch den Frühling und erfreuen Sie sich an der Pracht der Natur!!!
Niemals wieder Krieg!!!
Posted on 05/03/25 by UlstoDie ersten Tage des soeben begonnenen Wonnemonats Mai waren mit Sicherheit die wichtigsten des 20. Jahrhunderts. Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg – Hitler und seine Schergen begingen entweder Selbst-mord oder wurden gefangen genommen. Europa lag zwar in Schutt und Asche, doch kam mit dem Ende der Nazis zumindest wieder ein Hoff-nungsschimmer auf. Grund genug, heute mal wieder einen History-Blog zu verfassen. Dabei möchte ich vornehmlich die Befreiungen wichtiger Städte in’s Auge fassen.
Die Schlacht um Berlin war sicherlich die blutigste und grauenvollste. Sie endete nach rund 14 Tagen am 02. Mai. Wie durch das russische Verteidigungsministerium veröffentlichte Unterlagen beweisen, stiess die Rote Armee dabei auf erbitterten Widerstand, mit dem auch der Oberbe-fehlshaber der russischen Truppen in Deutschland, Marschall Georgij Schukow, nicht gerechnet hatte. In seinen Ausführungen schreibt dieser, dass jeder Straßenzug und jedes Haus erbittert verteidigt wurden. Dabei kamen über 170.000 Soldaten und zehntausende Zivilisten um’s Leben. Hitler hatte sich mitsamt seiner Frau Eva Braun bereits im Führerbunker umgebracht. Seine letzte Hoffnung, ein Durchbruch der 12. Armee nach Berlin fand nicht statt. Deren Oberbefehlshaber, Panzergeneral Walter Wenck, hatte die Aussichtslosigkeit erkannt und befreite anstatt dessen zersprengte Wehrmachtsverbände aus russischen Kesseln um sie in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft zu bringen.
Sechs Tage später, am 08. Mai 1945 kapituliert mit der Unterschrift von Generaloberst Alfred Jodl die Wehrmacht bedingungslos – der Zweite Weltkrieg ist – zumindest für Europa – beendet. Die ersten Verhandlungen für eine Übergabe der Stadt Berlin fanden am 01. Mai ab 03.50 Uhr statt, zwischen dem Generalstabschef Hans Krebs, Oberst von Dufving (Chef des Stabes des LVI. Panzerkorps) und dem sowjetischen Generalleutnant Wassili Iwanowitsch Tschuikow, der bereits mit der 62. Armee Stalingrad befreite. Stalin lehnte jedoch Verhandlungen ab – Berlin sollte bedingungslos kapitulieren. Dies lehnte der zu diesem Zeitpunkt noch lebende Goebbels ab. Erst nachdem sich dieser mit seiner Frau am 01. Mai selbst umgebracht hatte, wurde am 02. Mai um 01.00 Uhr ein Funk-spruch abgesetzt. Darin bat die deutsche Führungsspitze um die Einstellung der Kampfhandlungen. Am 02. Mai 1945 ordnete General Helmuth Weidling die Einstellung aller Kampfhandlungen an und unter-schrieb um 13.00 Uhr die Kapitulationserklärung. Die letzten Waffen wurden gegen 17.00 Uhr niedergelegt.
Bereits zuvor hatte sich Wien ergeben. Die Schlacht um die öster-reichische Hauptstadt dauerte vom 16. März bis zum 15. April. Am 06. April 1945 hatte das 39. Schützenkorps der 6. Armee unter General Tichonow und die 4. Gardearmee die 2. und 3. SS-Panzerdivision zurückgeschlagen. Das 21. Garde-Schützenkorps unter General Kozak und das 20. Garde-Schützenkorps unter General Birjukow drangen in Simmering und Schwechat in Wien ein. Mehrere deutsche Offiziere wollten Wien zur „Offenen Stadt“ erklären und damit kampflos über-geben. Dies scheiterte jedoch am Reichsstatthalter und Gauleiter Baldur von Schirach. Dieser liess durch den Volkssturm und die Hitlerjugend Barrikaden errichten. Erbitterte Kämpfe lieferten sich Teile der 3. SS-Panzerdivision mit der Roten Armee beim Wiener Arsenal. Vor allem auf Seiten der Sowjets gab es hohe Verluste. Auch in Wien kam es zu einem intensiven Häuserkampf um jeden Strassenzug. Bereits in den ersten Apriltagen hatten sich der Wiener Untergrund und einige Offiziere mit den Sowjets in Verbindung gesetzt. Sie wollten grössere Kämpfe und damit auch Schäden in der Stadt verhindern („Operation Radetzky“). Nachdem das Vorhaben verraten wurde, sind drei beteiligte Offiziere am 08. April an Strassenlaternen in Floridsdorf gehängt worden. Am Morgen des 13. April stürmten Einheiten der 7. Garde-Luftlande-Division vom Prater her kommend gemeinsam mit dem Schützenregiment 217 die Reichsbrücke. Von Schirarch hatte sich schon am 09. April zur 2. SS-Panzerdivision nach Floridsdorf geflüchtet und dann später abgesetzt. Er tauchte unter dem Namen Richard Falk in Tirol unter, stellte sich dann aber am 05. Juni 1945. Er erhielt in den Nürnberger Prozessen 20 Jahre Haft. Nach kurzen aber heftigen Kämpfen auf dem Gürtel zwischen der SS, der Wehrmacht und dem Volkssturm auf der einen sowie und der 4. Gardearmee auf der anderen Seite erklärten die Sowjets am 13. April um 14.00 Uhr die Kämpfe für beendet. Gegen Abend wurden allerorts die Waffen niedergelegt. Die West-Alliierten übrigens marschierten erst am 28. April über Tirol in Österreich ein.
Innsbruck blieb nahezu gänzlich von Kampfhandlungen verschont. Am 02. Mai hatte Gauleiter und Reichsstatthalter Franz Hofer in seiner letzten Rundfunkansprache betont, dass man den vorrückenden Alliierten im Gebirge, nicht jedoch in der Stadt erbitterten Widerstand leisten werde. Die Brücken wurden deshalb auf seinen Befehl hin nicht gesprengt. Hofers Alpenfestung erwies sich jedoch als Lug und Trug – er versuchte selbst nach der Kapitulation der Heeresgruppe C in Italien ohne grossen Schaden aus dem Krieg zu kommen. Auch die von ihm aufgestellten Standschützen, ein Tiroler Traditionsverband, kamen nicht mehr als Volkssturm zum Einsatz. Hofer war es auch, der verhindern wollte, dass sich die Reste der 19. und 1. Armee der Heeresgruppe G in Vorarlberg und Tirol verschanzen sollten. Dies jedoch ohne Erfolg. Allerdings waren diese Einheiten stark ausgedünnt und grossteils demoralisiert. Die 19. Armee wurde im Tiroler Oberland, die 1. Im Unterland eingesetzt. Über Vorarlberg kämpfte sich die 1. Französische Armee vor, über das Ausser-fern und Mittenwald drei Divisionen der 7. US-Armee. Die 103. Infanteriedivision der Amerikaner sollte Innsbruck einnehmen. In der Scharnitzer Klause standen sie 15- und 16-jährigen der Hitlerjugend „HJ Bann Innsbruck“ gegenüber. Nach deren Aufgabe ging es nahezu kampflos bis vor die Tore Innsbrucks.
Am Fernpass gab es bei starkem Wintereinbruch am 01. und 02. Mai die heftigsten Kämpfe in Tirol. Dort hatten sich 1.200 Mann der 19. Armee der 44. Infanteriedivision in den Weg gestellt. Erst der 2. Umgehungs-versuch gelang den Amerikanern, die mit Hilfe von österreichischen Soldaten aus dem Tiroler Widerstand durchbrachen. Inzwischen hatte sich in Innsbruck unter Dr. Karl Gruber der Widerstand formiert. Am 02. Mai nahmen Stosstrupps die Wehrmachtskasernen und die Gendarmerie-kaserne in Innsbruck ein. Auf der Hungerburg wurde General Johannes Böheim, der Kommandeur der Divisionsgruppe Innsbruck-Nord, mitsamt seines Stabes festgenommen. Dieser hatte bereits mit den Amerikanern über eine Kapitulation verhandelt. In der Nacht zum 03. Mai kämpfte sich Ludwig Steiner zu den Amerikanern vor und informierte diese, daß sie in Innsbruck mit keinerlei Gegenwehr zu rechnen hätten. In der Stadt selbst gab es immer wieder Schießereien des Widerstands mit versprengten Wehrmachtssoldaten und Mitgliedern der SS. Als die 103. Amerikanische Invanteriedivision („Cactus-Division“) kampflos gegen Abend in Innsbruck einrückte, wurde sie von begeisterten Menschenmassen mit Fahnen und Blumen empfangen.
„Die Kaktus-Männer konnten kaum ihren Augen trauen. Es war wie die Befreiung von Paris. Der Jubel war ungeheuer. Männer, Frauen und Kinder schrieen den einmarschierenden Truppen Begrüßungsworte zu und streuten ihnen Blumen.“
(Kriegsberichterstatter der 103. Infanteriedivision)
In Frankfurt/Main trafen die US-Truppen auf keinerlei Widerstand. Die strategisch wichtige Stadt lag nach nicht weniger als 75 Luftangriffen in Schutt und Asche. Wehrmachts-Pioniere hatten am 26. März alle Brücken gesprengt – einzig die Wilhelmsbrücke (heute: „Friedensbrücke“) war noch intakt – über sie gelangten am 29. März die Amerikaner in die Innenstadt. Die Bevölkerung hauste zum grössten Teil in ihren Kellern, von den Häusern war v.a. in der Innenstadt nicht mehr viel übrig geblieben. Die 5. US-Infanteriedivision und die 6. US-Panzerdivision gehörten zu den Truppen der 3. US-Armee unter General George Patton. Sie war am 23. März bei Oppenheim über den Rhein vorgestossen. Schon am 24. März hatten die 300 Mann des Volkssturms kapituliert und Darmstadt kampflos übergeben. In Frankfurt selbst hielten sich nurmehr rund 1.000 Mann des Volkssturms und kampfunerfahrene junge Soldaten unter Generalmajor Friedrich Stemmermann auf. Gauleiter Jakob Sprenger hatte sich schon Tage zuvor nach Thüringen abgesetzt. Er flüchtete schliesslich nach Tirol, wo er sich kurz vor der Festnahme durch die Amerikaner selbst vergiftete. Vor seiner Flucht hatte er noch den „Kampf bis zum letzten Blutstropfen“ befohlen. Der Oberbefehlshaber West, Albert Keßel-ring, hatte daraufhin den Kommandeur des Grenadierregiments 57 aus Marburg, Oberstleutnant Erich Löffler, nach Frankfurt beordert. Als dieser am 27. März in der Taunusanlage 12, der Frankfurter Kommandantur, eingetroffen war, zerfetzte eine Granate den kompletten ersten Stock des Gebäudes. Dabei starb auch Löffler. Stemmermann geriet schwer verletzt in US-Kriegsgefangenschaft. Er hatte nach der Ablösung auf ein Auto vor dem Gebäude gewartet.
Hamburg schlenderte haarscharf an einer kompletten Zerstörung vorbei. Ende April 1945 stand die 7th Armoured Division 15 km vor der Hanse-stadt. Diese britische Division hatte sich ihre Sporen im Afrika-Krieg erworben – daher auch die Wüstenspringmaus im Emblem der Panzer-division) und war an der Landung in der Normandie beteiligt. Zuvor hatten die Streitkräfte von der Insel die Lüneburger Heide erobert, das KZ Bergen-Belsen am 15. April befreit – Lüneburg selbst hatte sich am 18. April kampflos ergeben. Bremen verteidigte sich bis auf den letzten Mann, die Stadt glich einem grossen Trümmerhaufen – die Verluste auf beiden Seiten waren sehr hoch. Am 27. April schliesslich ist auch hier der Krieg nach großem Blutvergießen vorbei. Hitler hatte Hamburg zur Festung erklärt und den Kampf bis zum bitteren Ende befohlen. Am 22. April beginnen mit der Aufstellung von Panzersperren die Vorbereitungen hierzu. 20.000 Soldaten und der Volkssturm sollten die Stadt vor den Briten retten. Den Oberbefehl hatte Hitlers Stellvertreter, Großadmiral Karl Dönitz. Kampfkommandant Alwin Wolz jedoch erkannte die Sinnlosigkeit und kapitulierte, wodurch er die Reste Hamburgs retten konnte. Neben dem Hafen standen auch die Phoenix-Werke unter ständigem britischen Artillerie-Beschuss. Dort wurden die Reifen für die Wehrmachtfahrzeuge hergestellt. Zudem befand sich hier ein Lazarett, in dem auch britische Kriegsgefangene medizinisch behandelt wurden. Stabsarzt Hermann Burchard konnte dessen Generaldirektor Albert Schäfer überzeugen, die Stadt zu retten. Nach der Genehmigung durch Wolz gingen die beiden am 29. April mit einer weissen Fahne den royalen Truppen entgegen. Offiziell durften die Soldaten (Burchard und Kampfkommandant Wolz) nur über die Rettung des Lazaretts Verhandlungen führen. Albert Schäfer hingegen überreicht dem britischen Captain Thomas Martin ein Schreiben mit dem Inhalt einer möglichen kampflosen Kapitulation. Darin wurde auch erwähnt, daß sich Gauleiter Karl Kaufmann „vernünftig“ verhalte. In der Antwort forderte Generalmajor Lewis Lyne die kampflose Kapitulation Hamburgs. Schäfer hatte dieses Schreiben in seinem rechten Schuh versteckt. Er überreichte es am 30. April Wolz. Dieser besprach sich mit Gauleiter und Reichsstatthalter Kaufmann, der in die kampflose Übergabe der Stadt angesichts der aussichtslosen Situation einwilligte. Am 3. Mai marschierten britische Truppen in Hamburg ein. Allerdings hing tatsäch-lich alles an einem seidenen Faden: Mit einem Tag Verspätung wurde der Selbstmord Hitlers über den Reichssender Hamburg bekannt. Nun sollte Kampfkommandant Wolz abgelöst werden. Dieser beorderte, nachdem er davon in Kenntnis kam, am 1. Mai zwei Wehrmachtsoffiziere zur Überbringung der Kapitulationserklärung. Grossadmiral Dönitz erfuhr über die Zeitung davon. Doch willigte er, nachdem die Briten Lübeck und die Amerikaner Wismar eingenommen hatten, als Stellvertreter Hitlers wider Erwarten ein. Hamburg musste seit dem Sommer 1943 ganze 190 Luftangriffe überstehen – nahezu kein Mauerstein stand mehr auf dem anderen. Kampfkommandant Wolz begab sich am Abend des 2. Mai zu Generalmajor Lyne und unterschrieb am darauffolgenden Morgen die Kapitulationsurkunde. Nach einer Rede von Gauleiter Kaufmann im Reichssender Hamburg, die die Bevölkerung der Stadt von der bevor-stehenden Besetzung durch die Briten informieren sollte, übergab Wolz am 3. Mai um 18.25 Uhr Hamburg an den britischen Brigadegeneral John Michael Sperling. Kaum vorzustellen, was mit Hamburg geschehen wäre, hätten nicht Wolz, Schäfer und Lindsay klaren Kopf bewahrt. Wolz war übrigens zwei Jahre lang in britischen Kriegsgefangenschaft. Danach erwarb er einen Bauernhof in Bayern; Schäfer wechselte in die Handels-kammer.
Der 8. Mai sollte deshalb nicht nur als Gedenktag für das Ende des Zweiten Weltkrieges in die Geschichtsbücher eingehen. Er sollte vielmehr als Heldengedenktag für all jene gefeiert werden, die den Mut und die Intelligenz aufbrachten, sich kampflos zu ergeben. Sie retteten dadurch viele Städte und Gemeinden vor deren Auslöschung und verhinderten weiteres Blutvergiessen in der Zivilbevölkerung. An Frauen, Kindern und alten Menschen. Es ist zudem ein Tag der Befreiung! Nicht von dem bösen Deutschen oder Österreicher. Viele gehorchten nur den Befehlen, da sie ansonsten selbst exekutiert worden wären. Es ist die Befreiung von einem menschenunwürdigen Regime, das niemals wieder eine solche Macht bekommen darf. Dabei spielt das politische Lager (rechts oder links) keine Rolle!
Der 8. Mai sollte zudem als Feiertag für ein friedliches, gemeinsames Europa begangen werden. Ob West oder Ost, Süd oder Nord! Europa hatte noch nie in seiner Geschichte eine dermaßen lange Ära des Friedens. Lasst uns deshalb auch weiterhin an einem grenzüberschreitenden, demokratischen Miteinander arbeiten! Wer aus der Geschichte nichts gelernt hat („Ein Fliegenschiss!“), sollte nicht die Zukunft eines Landes beeinflussen können!
Indien/Pakistan – Droht das Pulverfass zu explodieren?
Posted on 04/26/25 by UlstoIn den Nachtstunden von Donnerstag auf Freitag dieser Woche kam es im Lipa-Tal, rund 95 km östlich von Muzaffarabad, zu einem Schusswechsel zwischen indischen und pakistanischen Grenz- bzw. Militärposten. Dieser Teil gehört zum pakistanisch-kontrollierten Teil Kaschmirs. Berichte über Tote liegen derzeit noch nicht vor.
Ein weiterer Tropfen Benzin in’s bereits lodernde Feuer gegossen. Der Konflikt der beiden Atommächte (ausserhalb des Atomwaffensperr-vertrages) lodert nun schon seit Jahrzehnten – doch nun droht mög-licherweise eine Eskalation!
Indische Behörden haben inzwischen die Visa für Pakistani aufgehoben – sie müssen sofort ausreisen. Gleiches nun auch in Pakistan bei den Visa der Inder. Diplomatische Mitarbeiter werden gekürzt, die bislang noch funktionierenden Grenzübergänge beider Länder geschlossen, der Luft-raum über Pakistan für indische Luftfahrtgesellschaften gesperrt. Und nun auch der Indus: Indien hat offenbar damit gedroht, den Flusslauf zu unterbrechen. Pakistan bezeichnet dies ganz offiziell als Kriegshandlung, die mit „voller Härte über das gesamte Spektrum“ der pakistanischen Staatsgewalt beantwortet werde. Der „Wasserpakt“ wurde 1960 unter Mithilfe der Weltbank ausgehandelt und ist vor allem für die pakis-tanische Landwirtschaft enorm wichtig.
Dem Ganzen ging ein Anschlag voraus, der offenbar durch pakistanische Terroristen in Indien verübt wurde und nicht weniger als 26 Menschen das Leben kostete. Wie im Terrorismus üblich, hatten es die Mörder vor-nehmlich auf Touristen abgesehen, um damit möglichst viel Medien-präsenz zu erhalten. Verantwortlich dafür erklärte sich die bislang unbe-kannte Gruppe „Kaschmir Widerstand“. Die pakistanische Regierung bestreitet nach wie vor eine Beteiligung an dem Anschlag. In Indien gehen inzwischen die Massen auf die Strasse und fordern Vergeltungs-massnahmen ihrer Regierung. Die hindu-nationalistische Regierung hat bereits angekündigt: „Wir werden sie (Anmerkung des Schreiberlings: Die Terroristen und ihre Handlanger) bis ans Ende der Welt verfolgen.“
Dabei schwelt der Konflikt schon seit langem. Den Beginn nahm das Ganze schon im 10. Jahrhundert, als der Islam nach Indien drängte. 1526 wurde nach der Schlacht bei Panipat ein Mogulreich begründet, das nahezu den kompletten indischen Subkontinent umfasste. 1757 siegte die Britische Ostindien-Kompanie in der Schlacht bei Plassey über das Mogulreich, Dieses zerfiel und wurde 100 Jahre später vollends britische Kronkolonie. Bei der Teilung Indiens 1947 konnten sich die Fürsten-staaten entscheiden, sich entweder Indien oder Pakistan anzuschliessen. Der Maharaja von Jammu und Kashmir zögerte, worauf am 26. Oktober 1947 muslimische Freischärler in den Kaschmir eindrangen. Einen Tag später begann der erste Indisch-Pakistanische Krieg, Weitere drei sollten folgen (1965, 1971 und 1999), 1962 entflammte auch der indisch-chinesische Grenzkrieg. Nach dem letzten Krieg im Jahre 1999 näherten sich die beiden Länder unter Vermittlung des US-Präsidenten Bill Clinton an.

Unter territorialer Kontrolle:
- Indien: Jammu, Kashmir, Ladakh
- Pakistan: Asad Kaschmir, Gilgit-Baltistan
- China: Aksai Chin und das Shaksgam-Tal
Seither ist es in Jammu und Kaschmir militärisch betrachtet relativ ruhig – abgesehen von den vielen terroristischen Anschlägen: Seit 1988 fielen diesen bis 2018 nicht weniger als 44.954 Menschen zum Opfer. Im Jahr 2019 hob die indische Regierung unter Ministerpräsident Narendra Modi den halbautonomen Status Kaschmirs auf – zwei Jahre später wurde aller-dings das Waffenstillstandsabkommen entlang der Grenze beider Länder erneuert.
Die Region Kaschmir liegt im Himalaya-Gebiet und umfasst rund 220.000 Quadratkilometer, Indien beansprucht sie zur Gänze, Pakistan und China nur Teile davon. Das indische Territorium umfasst die Regionen Jammu, Kaschmir und Ladakh mit 12,5 Mio Einwohnern, das pakistanische die Regionen Gilgit-Baltistan und Asad Kaschmir mit 5 Mio Einwohnern, das chinesische etwa Aksai Chin mit einigen Tausend Bewohnern.
Die Brisanz, die dieser Kaschmir-Konflikt in sich birgt, liegt in der Tat-sache, dass hier drei Atommächte aufeinander treffen. Indien und auch Pakistan haben weder den Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag, noch den Nuklearteststopp-Vertrag unterzeichnet. Während China zwar Interesse am Gebiet haben dürfte, mit jahrzehntelanger nuklearen Verseuchung jedoch nichts anfangen kann, drohen die ständig wechselnden Regierungen der beiden anderen Länder dem Gegenüber auch schon mal mit dem nuklearen Erstschlag zur Abschreckung.
Hatten Terroristen dieses Mal Glück mit ihrem Versuch, einen Krieg auszulösen? 2019 starben bei einem Selbstmordattentat im indischen Territorium bei Awantipora 44 indische Reservepolizisten. Als Folge für den Anschlag drangen 12 Tage später zwei indische Mirage-Kampf-bomber in den pakistanischen Luftraum ein und beschossen Aus-bildungslager der Terrorgruppe Jaish-e-Mohammed, die sich zuvor zu dem Anschlag bekannt hatte. Zwei Tage später schoss die pakistanische Luftabwehr zwei indische Fluzeuge ab und nahm die beiden Piloten gefangen. Daraufhin hob Indien – wie bereits zuvor kurz angesprochen – den Autonomie-Sonderstatus für Kaschmir auf und schickte zehn-tausende Soldaten in das Gebiet. Gottlob aber geschah nichts weiteres. Doch jetzt fletschen beide Staaten erneut mit den Zähnen.
Zuletzt noch ein durchaus interessantes Detail: Während 2019 den Vermittlern der UNO und der USA die Einreise nach Kaschmir verwehrt wurde, organisierte ein indischer Geschäftsmann eine Rundreise mit Vertretern der rechtsnationalen Parteien des EU-Parlaments. Darunter auch zwei Abgeordnete der AfD und sechs des französischen Rassemblement National. Das EU-Parlament hatte erklärt, dass es sich nicht zum eine offizielle Reise handelte.
Lesetipps:
.) Der Kaschmirkonflikt, seine Ursachen, sein Wesen sowie Rolle und Bemühungen der Vereinten Nationen; Mohammed Soeed Chaudry; Weltforum Verlag 1996
.) Kashmir at the Crossroads: Inside a 21st-Century Conflict; Sumantra Bose; Yale University Press 2021
.) Krisenherd Kaschmir: Der Konflikt der Atommächte Indien und Pakistan; Dietmar Rothermund; C.H. Beck 2002
.) Der Kaschmirkonflikt und das Recht der Völker auf Selbstbestimmung; Patrick Hönig; Duncker & Humblot 2000
Links:
Die Arktis – das geht uns alle an
Posted on 04/19/25 by UlstoDer Arktis kommt im internationalen Klimawandel eine ganz entschei-dende Bedeutung zu. Nicht nur, daß hier Milliarden Hektoliter Wasser als Eis gebunden sind, die bei einem Schmelzen den Meeresspiegel ganz ordentlich ansteigen lassen. Nein – es ist auch der Golfstrom, der vom arktischen Meer abhängt. Dieser befördert das warme Wasser aus den Tropen in Richtung Norden. Dort kühlt es sich ab und wird in tieferen Wasserschichten wieder in südlicher Richtung zurückgeführt. Von diesem Kreislauf hängt das komplette Klima Westeuropas aber auch der östlichen USA und Kanadas ab. Versagt der Strom, so wird dies entscheidende Auswirkungen auf das Leben beiderseits des Atlantiks haben. So gab es beispielsweise im Februar 2018 einige wirklich polarkalte Tage in Europa, während des nächtens im Norden Grönlands gar 6 Grad gemessen wurden – plus 6 Grad Celsius! Ein Szenario, das uns öfters drohen wird.
Die Arktis war zuletzt vor rund 3 Millionen Jahren eisfrei. Immer mehr Studien – wie etwa auch die bereits an dieser Stelle beschriebene Polarstern-Studie – weisen allerdings nach, daß die Temperaturen in der Arktis schneller steigen, als an anderen Orten des Globusses. Dies führt nicht nur zu einem sehr raschen Schmelzen der Gletscher, sondern auch der Polkappen und ihres Schelf- und Packeises,…, also des Eises im Wasser. Dieses jedoch hat das Sonnenlicht bislang wesentlich besser reflektiert als das dunkle Meerwasser. Dort, wo somit kein Eisschild mehr das Wasser schützt, wird auch mehr Infrarotstrahlung und damit Sonnen-energie aufgenommen. Aufgrund der Diffusion steigt damit die Wassertemperatur im Ganzen.
„Die Arktis erwärmt sich noch viel schneller als der Rest der Welt. Sie ist sozusagen das Epizentrum der globalen Erwärmung, mit Erwärmungsraten, die mindestens beim Doppelten des globalen Erwärmungswerts liegen.“
(Markus Rex, Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung und Prof. an der Universität Potsdam)
Aber auch die UV-Strahlung spielt eine wichtige Rolle. So hat eine Studie von Lewis et al aufgezeigt, daß zwischen 1998 und 2018 der Phyto-planktongehalt im arktischen Meer um nicht weniger als 57 % zunahm. Ob dies nun positiv oder negativ zu bewerten ist, darüber scheiden sich noch die intellektuellen Geister.
Phytoplankton besteht vornehmlich aus Algen. Es steht am Beginn der Nahrungskette, da es neben Kleintieren auch den Fischen und Riesen der Ozeane, den Walen, als Nahrung dient. Man könnte alsdann davon ausgehen, daß bei einem Anstieg der Phytoplanktonkonzentration dies auch den höheren Tieren zugute käme. Zudem besitzen die meisten Algen Chlorophyll – sie verarbeiten somit im Rahmen der Photosynthese Kohlendioxid zu Sauerstoff. Ein enorm wichtiges Plus, schliesslich taut immer mehr des Permafrost-Bodens auf, wodurch grosse Mengen an Methan und CO2 freigesetzt werden. Messungen in mehr als 10 m Tiefe ergaben alleine in den Jahren von 2007 bis 2016 einen Tempera-turanstieg von durchschnittlich 0,3 Grad (in Sibirien gar um 1 Grad). Auch im Meer! Mehr Algen bedeutet somit ein Gegengewicht zum Treibhaus-effekt – zumindest für das harmlosere CO2. Auf das wesentlich aggres-sivere Methan hat dies leider keine Auswirkungen.
Im Rahmen der vorher beschriebenen Studie wurden die Forscher jedoch vornehmlich rund um das Jahr 2009 hellhörig. Es war ein kaltes und damit eigentlich gutes Jahr für das arktische Eis, das weitaus weniger dahinschmolz als in den Jahren zuvor und danach. Lewis jedoch stellte mit seiner Expertengruppe fest, dass das Wachstum des Phytoplankton auch weiterhin anhielt. Deshalb wurde der Schluss gezogen, daß nicht nur die Sonneneinstrahlung verantwortlich für diese Zunahme zeichnet, sondern auch andere Faktoren – etwa die Düngung. Wie auch im Garten ist für das Algenwachstum der im Wasser enthaltene Stickstoff wichtig. Woher nun stammt diese Düngung? Wird vermehrt durch Golfstrom bzw. den Nordpazifikstrom (bestehend aus Kuroshio und Oyashio bzw. dem Alaska- und Kalifornienstrom) Stickstoff in das Gebiet getrieben? Oder stammt dieser gar aus dem Meeresgrund des Arktischen Meeres? Phyto-plankton schwimmt normalerweise an der Wasseroberfläche. Allerdings gibt es bereits Bereiche, die einem Algennebel bzw. einer Algensuppe gleichkommen.
Nun zum negativen Effekt des Ganzen: Diese Algenteppiche absorbieren wesentlich mehr der kurzwelligen Sonnenstrahlung. Diese wird in lang-wellige Wärmestrahlung umgewandelt und an das Umgebungswasser abgegeben. Mehr Algen bedeutet alsdann auch ein wärmeres Wasser, wodurch noch mehr Eis schmilzt. Es ist also ein Teufelskreis.
Was für die Arktis gilt, trifft selbstverständlich auch für die Antarktis zu. In der satellitengestützten Studie von Rignot et al von der University of California (veröffentlicht 2019) wurde aufgezeigt, dass die Antarktis seit 2009 jährlich nahezu 252 Milliarden Tonnen Eis durch schmelzen verliert (in den 1980er Jahren waren es noch rund 40 Milliarden Tonnen pro Jahr). Sollte nun das komplette Eis der Antarktis schmelzen, bedeutet dies nach Berechnungen von Andrew Shepherd von der University of Leeds einen Anstieg des Meeresspiegels um 58 m.
„Einige der Veränderungen, mit denen die Antarktis konfrontiert ist, sind bereits irreversibel, wie der Verlust einiger Schelfeisgebiete. Aber es gibt vieles, was wir verhindern oder rückgängig machen können.“
(Martin Siegert, Imperial College London)
Das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung führt den Temperaturanstieg in der Arktis auf Wettermuster zurück, die unmittelbar mit dem Klimawandel in Verbindung stehen. Das Institut zeigte auf, dass im März 2024 nur knapp 14,45 Millionen Quadratkilometer Eis in der Arktis bestanden. Dies ist rund eine Million weniger als im langjährigen Mittel. Die Eisausdehnung im Winter lag sogar noch niedriger als der Negativrekord im Jahr 2017. Vergleiche ergaben ein Schrumpfen der Eisdecke im Nordpolarmeer in der Grössenordnung von 2,75 % pro Jahrzehnt. Dies wirkt sich zudem auf den Polarjet aus. Dabei handelt es sich um einen Windkorridor in höheren atmosphärischen Lagen, der mit einigen hundert Stundenkilometern von West nach Ost bläst und gerade deshalb von vielen Fluglinien zum kerosinsparenden Fliegen verwendet wird. Verkleinert sich der Temperaturunterschied zwischen Süden und Norden, so führt dies zu grösseren Schleifen des Polarjets. Diese blasen wärmere Luft nach Norden, aber auch kältere nach Süden. Das erklärt so manchen Polarkälte-Einbruch in Europa, während es im Norden zu warm für die Bildung einer Eisdecke ist. Hat dieser Tauvorgang erstmal begonnen, ist er nurmehr sehr schwer aufzuhalten oder gar rückgängig zu machen.
Da bei all den zurückliegenden Klimakonferenzen keinerlei entscheidende Ergebnisse erzielt werden konnten, werden die Naturgewalten den Planeten wohl immer stärker in den Griff bekommen: Mehr Hurricanes und Taifune, mehr Überschwemmungen, mehr Schlamm- und Fels-lawinen. Der Meeresspiegel wird ansteigen. Auch auf der nördlichen Halbkugel wird es wärmer – das wiederum führt zu einem vermehrten Pflanzenwachstum. Mehr Sonnenlicht und damit Wärme werden absor-biert. Nachdem Golf- und Nordpazifikstrom versiegt sind, kommt es als logische Konsequenz zu einer Eisperiode in Europa, Asien und Nord-amerika, vergleichbar mit einer der Eiszeiten.
Die mehr als zaghaften Forschungen, v.a. aber deren finanzierbare Anwendungen, etwa in der Wasserstofftechnologie bzw. der Kohleaus-stieg Deutschlands erst im Jahr 2038 (in Österreich wurde mit dem Fernheizkraftwerk Mellach bereits 2020 das letzte Kohlekraftwerk vom Netz genommen!) zeigen jedoch auf, daß es den Entscheidungsträgern nur um unsere Generation geht, nicht um die nachfolgenden – ganz nach dem Motto: Hinter uns die Sintflut!
Filmtipps:
– Expedition in die Arktis – Dem Klimawandel auf der Spur; Planet Wissen; SWR Fernsehen 2019
Literatur:
.) Changes in Arctic sea ice result in increasing light transmittance and absorption; Nicolaus, M., C. Katlein, J. Maslanik, and S. Hendricks (2012); Geophysical Research Letters, 39(24), L24501, doi:10.1029/2012GL053738.
.) Warnsignale aus den Polarregionen. Wissenschaftliche Auswertungen, Hrsg.: José Lozan et al; Hamburg 2006 (Auszug)
.) Das Meer – Wasser, Eis und Klima; Petra Demmler; Ulmer 2011
Links:
– www.awi.de
– www.meereisportal.de
– psl.noaa.gov/
– earthobservatory.nasa.gov/
– www.arctic.noaa.gov
– environment.leeds.ac.uk
– uci.edu
Mit dem Essen intelligent werden?
Posted on 04/12/25 by UlstoEines mal gleich vorweg:
Wo zuvor nichts war, da kann auch das gesündeste Essen nichts mehr richten!
Als ich einst meine Lehrer in der Hauptschule traktierte, lernte ich mit zwei Schulkolleginnen aus der Parallelklasse für eine Mathe-Schularbeit! Ausgerechnet ich als Zahlenspezialist in Gottes Gnaden gab Mathe-Nachhilfe!!! Als sich nach einiger Zeit der intensivsten Konzentration plötzlich ein intellektuelles Loch auftat, legten wir eine Pause ein. Dabei vernichteten wir den gesamten Karotten-Vorrat des Haushaltes! Und siehe da: Danach lief’s wieder ausgezeichnet! Lag dies nun an der Pause oder den Karotten? Übrigens: Die beiden Mädchen schrieben zwar keine Einser, kamen als Fünfer-Kandidatinnen aber durch die Schularbeit!
Tatsächlich kann eine gute Ernährung unsere Hirnleistung beeinflussen! Wer sich ständig von Pommes und Chips, aber auch Zucker ernährt, tut nicht nur seinem Bauchumfang etwas gutes, sondern auch seinem intelligenten Defizit! Erstere beiden enthalten gehärtete Pflanzenfette (Transfette), die nach dem Ergebnis vieler Studien das Gehirnvolumen verringern – es altert! Zucker sorgt zwar für eine kurzfristige Energiezu-fuhr, bei längerfristigem Konsum jedoch leidet das Erinnerungsvermögen darunter. Es gibt wesentlich bessere Alternativen hierfür!
Bevor ich nun einige dieser „Brainfoods“ auflisten werde, möchte ich – wie bereits früher an dieser Stelle – nochmals darauf hinweisen, wie wichtig unser Gehirn ist: Es ist die Schaltzentrale der Organe, der Muskeln, des Kreislaufs, … Deshalb sollte es auch gehegt und gepflegt werden. Ohne Hirn geht gar nichts im menschlichen Körper, auch wenn sich manche Menschen so gebärden, als ob sie nichts dergleich in ihrem Schädel haben!
.) Wasser
Wenn Sie ständig müde sind und Kopfschnerzen verspüren, so könnte dies etwa am Wassermangel liegen, Das Gehirn besteht zu rund 80 % aus Wasser. Ist dieses nicht in ausreichendem Maße vorhanden, so dehydriert unsere Schaltzentrale, die Durchblutung im Kopf klappt nicht so, wie sie sollte, da das Blut dickflüssig wird. Dies führt dazu, dass die Zellen zu wenig Sauerstoff erhalten, die Denkfabrik muss die Produktion drosseln! Empfohlene Tagesmenge: Rund 1,5 Liter Wasser oder ungesüsster Tee.
,) Ballaststoffe
Ballaststoffe führen zu einer gut funktionierenden Verdauung! Enorm wichtig für den ganzen Körper! Unser Magen-Darm-System kann sie nicht so schnell verdauen. Damit wird auch die Energiezufuhr nicht wie beim Zucker unmittelbar und nur für kurze Zeit in Form des Blutzuckers weitergegeben sondern nach und nach. Über den Glykämischen Index habe ich an dieser Stelle bereits berichtet! Damit erhalten die Hirnzellen über einen längeren Zeitraum hinweg jene Energie, die sie für ihre Arbeit benötigen. Übermaß oder Defizit werden dadurch ausgeschlossen. Sinkt der Blutzuckerspiegel zu sehr, lässt auch die Konzentrationsfähigkeit nach. Deshalb sind die drei Mahlzeiten pro Tag zielführend – mög-licherweise mit kleineren Zwischenmahlzeiten in Form von Nüssen, Obst oder Naturjoghurts, damit dieser Blutzuckerspiegel konstant gehalten wird. Sie sind in grossem Maße im Gemüse und einigen Obstsorten enthalten. Besonders viel davon etwa im Brokkoli, Karotten, Rote Beete! Brokkoli übrigens ist auch reich an Vitamin K, das entscheidend für die Bildung von Sphingolipiden ist, einer für das Gehirn besonders wichtigen Fettart.
.) Ungesättigte Fettsäuren
Die Signalübertragung der Nervenzellen erfolgt durch die sog. „Lipide“ – Fette, die die Synapsen in gesundem Zustand halten! Rund 50 % davon sind mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Diese, wie sie beispielsweise in den Omega-3-Fettsäuren enthalten sind, fördern die Durchblutung. Auch im menschlichen Gehirn. Neben solchen ungestättigten Fettsäuren besitzen Walnüsse zudem viele Vitamine und Antioxidantien – sie sind also auch eine Wohltat für den ganzen Körper. Die gewünschte Tages-menge liegt bei einer Handvoll. Abgesehen vom CO2-Fussabdruck ist ferner die Avocado zu empfehlen. Auch Meeresfrüchte, Lachs, Forellen, Sardinen, Lein- und Rapsöl sind reich an Omega-3-Säuren. Studien zeigten auf, dass diese fettigen Fischarten beispielsweise gegen Alz-heimer und Depressionen vorbeugen. Andere Untersuchungen ergaben, dass Menschen mit hohem Konsum an gebackenem oder gebratenem Fisch wesentlich mehr graue Substanz im Gehirn aufwiesen. Diese bein-haltet besonders viele Nervenzellen.
.) Vitamine
Vitamin C ist nicht nur für unser Immunsystem notwendig – es wird auch in den Nervenzellen des Gehirns dringend benötigt. Fehlt das so wichtige Vitamin, so kann dies zu Schäden führen! Und Sie wissen ja: Unser Gehirn vergisst nichts! Eine richtiggehende Vitamin C-Bombe ist die Kiwi. Daneben sind die Vitamine B6, B9 (Folsäure) und B12 wichtig. Diese sind (wie auch das Cholin) vornehmlich in Eier enthalten. Cholin ist ein Mikronährstoff, der vom Körper zur Herstellung von Acetylcholin, einem Neurotransmitter, verwendet wird.
.) Koffein
Kaum zu glauben: Der einst als ungesund verschrieene Kaffee ist wertvoll für unsere Hirnleistuing. Das Koffein sorgt für Wachsamkeit, bessere Stimmung und Konzentration. Langfristig zudem zu einem verringerten Risiko, an neurologischen Erkrankungen, wie Parkinson oder Alzheimer zu erkranken.
.) Antioxidantien
Heidelbeeren beinhalten sehr viele dieser Stoffe. Sie bekämpfen den oxidativen Stress. Jegliche Form von Stress führt zu einer Alterung des Gehirns. Einige dieser Antioxidantien verbessern sogar die Kommu-nikation zwischen den Nervenzellen. Tierversuche zeigten eine Verbes-serung des Gedächtnisses (v.a. des Kurzzeitgedächtnisses) bei Heidel-beer-Essern. Ein weiteres Antioxidans ist Curcumin, der Wirkstoff des Kurkumas. Es verbessert das Gedächtnis und kurbelt die Produktion der Glückshormone Serotonin und Dopamin an. Und schliesslich stärkt es den neurotrophen Faktor, der für die Neubildung von Hirnzellen verantwort-lich zeichnet. Alsdann lohnt es sich schon mal, hin und wieder zur Zartbitterschokolade zu greifen. Auch sie enthält eine ganze Palette von Antioxidantien, wie auch die Flavinoiden, antioxidative Pflanzenstoffe, die dem Gedächtnis gut tun.
.) Eisen
Das für die Bildung von Nervenzellen so wichtige Spurenelement ist vor allem in der Kleie, Soja und der Entenleber enthalten.
.) Jod
„Kretinismus“ ist der Fachausdruck für Menschen mit Jodmangel. Dies führt zu unumkehrbaren Schäden im Gehirn. Besonders viel Jod enthalten Kombu-Algen. Doch reichen durchaus auch Champignons oder Kabeljau für einen Mitteleuropäer aus.
Die richtige Ernährung ist somit nicht nur für Kinder und Erwachsene wichtig – sondern noch viel mehr für Schwangere. Schon in der dritten Schwangerschaftswoche beginnt im kleinen Fötus die Entwicklung des Gehirns. Bis zur achten Schwangerschaftswoche sind alle Grundlagen für verschiedene Hirnareale und das Rückenmark vorhanden. Nun beginnt die Zellteilung der Nervenzellen. Gerade in dieser Zeit ist Brainfood für die schwangere Frau immens wichtig, da sie all diese positiven Eigenschaften an das Ungeborene unmittelbar weitergibt. Allerdings auch die schlechten! Eine mediterrane Ernährung wäre alsdann nicht nur für werdende Mütter sehr zu empfehlen! Dies weisen wissenschaftliche Studien immer wieder nach. Die Experten sprechen von der „Darm-Hirn-Achse“!
Bleiben Sie gesund und intelligent!
Lesetipps:
.) Was das Gehirn essen will. Mentale Power durch gesunde Ernährung; Aileen Burford-Mason; Klett Cotta 2018
.) Gesunde Ernährung für ein leistungsfähiges Gehirn. Eine Herausforderung für die Schule; Julia Wögerbauer; GRIN 2015
.) Ernährung für die Psyche: Das Kochbuch; Sabrina Mörkl/Attila Várnagy; Riva 2023
Hey Ihr Nesthocker, Warmduscher und Haltbarmilch-Trinker – warm anziehen!!!
Posted on 04/05/25 by UlstoBedingungsloser Einsatz zu Wohl der Gäste, damit der steigende Anspruch zufrieden gestellt werden kann. Alter Schwede – wenn das die Gewerkschaft wüsste!
Heute möchte ich über ein Thema reflektieren, das mich aufgrund der Zustände in einer befreundeten Familie selbst einst sehr emotional traf. Eine Studie des deutschen Bundesamtes für Statistik zeigt auf, dass bis 2020 mehr als ein Viertel der 25-jährigen noch jeden Tag zuhause bei Muttern den Frühstückstisch bebröselte. Nach Geschlechtern getrennt: 35 % der Männer und 21 % der Frauen! Auch im Alter von 30: 13 % bei den „Herren der Schöpfung“ und 6 % der Damen!
„Vieles deutet darauf hin, dass die jungen Männer eher in einer traditionellen Männerrolle gefangen sind, die sie ein bisschen träge macht – vor allem, wenn sie sehr lange im Elternhaus bleiben!“
(Klaus Hurrelmann, Professor of Public Health and Education an der Hertie School in Berlin)
Übrigens – auf dem Land sind die Zahlen weitaus höher als in den Städten. Weshalb flügge werden, wenn “Hotel Mama“ ohnedies jederzeit da ist und man wie der Kaiser von China umsorgt wird.
Die Familie ist die kleinste Einheit unserer Gesellschaft. Nur wenn diese funktioniert, kann an etwas Grösserem gearbeitet werden. Sinn und Zweck dieses kleinsten sozialen Konstrukts ist es allerdings, dem Nach-wuchs Starthilfe für das spätere Leben zu geben. In dieser Zeit werden die Grundlagen gelegt, die jeder (Geschlecht spielt dabei keine Rolle) selbst in weiterer Folge verwenden wird und darauf aufbaut. Nur auf diese Art ist der Bestand der Menschheit auch gesichert. Jedoch gelingt dies in immer mehr Fällen nicht so einfach, wie es uns beispielsweise die Vögel vorzeigen, die schon sehr bald nach ihren ersten Flugstunden das heimische Nest verlassen. Zeit ist Geld und das Leben zu kurz, um sich irgendwo aufzuhalten. Doch – jeder Vierte! Das ist krass!
Was geschieht eigentlich mit jemandem, der aus der wohlbehüteten Familie, in der Vaddern das Geld verdient und Muddern die Probleme aus der Welt schafft, in die rauhe Wirklichkeit entlassen wird? Lernt er im kalten Wasser selbst das Schwimmen? Oder kommen die Rettungs-schwimmer zum Einsatz, da er droht unterzugehen?! In zweiterem Falle kehrt der Betroffene wohl nach Hause zurück – hier spricht man vom sog. “Nesthocker-Phänomen“. Mir persönlich gefällt allerdings der südlän-dische Ausdruck „Mammismo“ wesentlich besser. In Italien sollen IStat-Studien zufolge nicht weniger als 61,2 % der 35-Jährigen noch bei der geliebten “Mamma“ wohnen – Tendenz auch weiterhin steigend!
Die Studie „Generations and Gender Survey 2008/09“ zeigt ähnliches auch in anderen Staaten auf. So sei ein Ost-West-Gefälle zu bemerken: Viele Nesthocker in Georgien, weniger in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden. Österreich belegt einen Platz im Mittelfeld. 71 % der bundesdeutschen Männer zwischen 18 und 24 Jahren wohnten 2010 noch bei den Eltern, weiss das Bundesamt für Statistik; bei den Frauen im Vergleich hierzu sind es 57 %. Sozialforscher sprechen in diesem Zusammenhang von einer Renaissance, lagen doch die Zahlen in anderen Jahren noch um einige Prozentpunkte darunter. Entsprechende Untersuchungen können bei Buba, Früchtel & Pickel, 1995; Cherlin, Scabini & Rossi, 1997; Nave-Herz, 1997; Weick, 1993; Zinnecker, Strozda & Georg, 1996 nachgelesen werden. Doch – haben nicht auch die Eltern ein Recht auf Privatsphäre? Was sind die Gründe dafür, dass junge Frauen und Männer dermassen lange zuhause bleiben und sich nicht auf eigene Füsse stellen können oder wollen?
Viel zu diesen Zahlen tragen sicherlich die Studenten bei. Die meisten wohnen am Studienort, haben sich also faktisch bereits von den Eltern abgenabelt – sind aber nicht zuletzt auch aus fiskalischen Gründen noch dort gemeldet. Somit zieht sich ein Auszug über einen längeren Zeitraum hinweg („Zweckwohnen“). Selbstverständlich mit dem einen oder anderen Rückfallversuch versehen. Erst mit der Gründung eines eigenen Haus-standes ist meist Schluss damit. Nach den Untersuchungen von Walter Bien vom Deutschen Jugendinstitut in München ziehen im Schnitt Frauen in den westlichen Bundesländern Deutschlands mit 24, Männer hingegen erst mit 26 Jahren von zuhause aus. Finanzielle Ursachen können es nicht sein, schliesslich verfügen nach dieser Studie 87 % über ein eigenes Einkommen – im Vergleich zu den Nestflüchtern mit 95 %.
Tja – dann gibt es da auch noch die sog. “Shell-Studie“ aus dem Jahr 2010. Ihr zufolge gaben 90 % der Jugendlichen an, ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern zu haben und zeigten sich zudem mit deren Erziehungs-methoden zufrieden – ja dreiviertel der Jugendlichen würden ihre Kinder ebenso erziehen.
Hallo? Ich bin vor kurzem im Format „Die strengsten Eltern der Welt“ (2009 – 2014 auf SAT1 bzw. Kabel Eins) gelandet. Jugendliche, die sich nicht am familiären Leben beteiligen wollen, wurden meist zu Bauern-familien nach Chile, Somalia etc. geschickt, wo sie richtig mit anpacken mussten. Weit weg von der schützenden Hand der Mutter, weit weg von der Zivilisation. Die gezeigten Beispiele waren sehr tränenreich, doch kamen die Revoluzzer offenbar geläutert wieder auf den Boden zurück. Und, dass dies keine Einzelfälle sind, zeigt auch die vorhin ange-sprochene Familie. Mutter spart die Unterhaltszahlungen des Vaters für ihren alles geliebten Sohn auf. Viel Geld wird zudem in Marken-Artikel für den Jugendlichen gesteckt. Daneben zählt die Familie zur Wegwerf-Generation! Klar, dass die Frau mit ihrem Verdienten nicht mehr aus-kommt. Sie geht zusätzlich arbeiten. Betritt sie nach einem 10 bis 11-Stunden-Tag die heimischen vier Wände, so muss all das, was der Kleine so liegen liess, weggeräumt und saubergemacht werden. Denn hier kann ihm kein anderer das Wasser reichen. Zudem weigert sich dieser, den Staubsauger in die Hand zu nehmen oder beispielsweise sein Bett zu überziehen – lieber schläft er wochenlang auf der Matratze mit der Bettdecke ohne Überzug, obwohl auf dem Tisch in greifbarer Nähe gewaschenes Bettzeug läge. Seine Mutter erbarmt sich schliesslich seiner. Die Liebe dieser Frau zu ihrem Kind geht sogar soweit, dass sie ihm Zigaretten besorgt, da er diese aufgrund seines Alters in der Trafik noch nicht erhält. Als Beweis für dieses ausgezeichnete Verhältnis mit seiner Mutter wird sie als „Arschloch“ oder „Blöde Kuh“ bezeichnet und mit Prügel bedacht.
Kein Einzelfall! Zudem kein Beispiel für die soziale Unterschicht, wie gerade auch das Fernsehen beweist – ebenso für die Oberschicht, jene Reichen, die solchen Problemen nur mit erhöhtem Geldaufwand begegnen (Internat etwa). Apropos TV: Der Jugendliche aus dieser erwähnten Familie erhielt bereits in der Volksschule einen eigenen Fernseher für sein Zimmer! Soweit also zum “Hotel Mama“!
Soziologen und Pädagogen hingegen sehen die Ursachen naturgemäss in einem anderen Licht. Wir leben in einer Zeit, in welcher die Kindheit immer kürzer und die Toleranz der Eltern immer grösser wird. Aufgrund der Einflüsse aus der unmittelbaren Umgebung des Kindes beginnt die Pubertät bereits mit zehn oder elf Lebensjahren. Jugendliche würden in Bildungseinrichtungen geparkt, der Berufseinstieg verzögere sich dadurch. Auch eine Heirat bzw. Familiengründung des Kükens verschiebt sich nach hinten. Soweit beispielsweise die Ausführungen Klaus Hurrelmanns. Andere Sozial- und Erziehungswissenschaftler orten gar das Problem der “Entwicklungsverzögerungen“: Das autonome Selbst-wertgefühl leidet stark, spätere Selbständigkeit, späterer sexueller Kontakt. Solche Nesthocker ziehen erst dann aus dem elternlichen Hause aus, wenn sie in eine neue Familiensituation wechseln können (Entwick-lungspsychologin Christiane Papastefanou). Für diese Brut gilt also: Zuhause ist es am Schönsten! Denn hier gibt es den perfekten Service, den eine Vollpension so mit sich bringt – und das meist zum Nulltarif. Papastefanou hatte übrigens immense Probleme bei ihrer Langzeitstudie „Die Situation von Spätausziehern aus entwicklungspsychologischer Perspektive“, die sie im Auftrag der Universität Mannheim durchführte. Manche der jungen Vögel zeigten sich gar dermassen flügellahm, dass sie diese aus der Untersuchung herausnehmen musste, da sie es nicht lassen konnten, zuhause bei Muttern die Füsse auf den Tisch zu legen. Mal ehrlich: Kann Ihr Sohn die Waschmaschine betätigen oder ohne Bedie-nungsanleitung Nudeln zubereiten? Die meisten wissen es nicht, da der Rockzipfel Mamas dermassen weit reicht und allumfassend wirkt.
Ich betrachte es keineswegs als Fehler, dass ich aufgrund meines Studiums mit 18 faktisch das Haus verliess und mich nur alle 2-3 Monate blicken liess. Bis zu diesem Zeitpunkt wohlbehütet, tat sich mir eine neue Welt auf. Mit An- aber auch Unannehmlichkeiten: Parties ohne Ende – Wäsche waschen, kochen, Geld im Monat einteilen bzw. etwas dazu-verdienen. Ein ganz entscheidender Faktor um später überleben zu können: Lernen, nicht über den eigenen Möglichkeiten zu leben! Erst wenn man solche Arbeiten selbst erledigen muss, wenn man erkennt, dass das Geld, das ausgegeben wird, verdient werden muss, erst dann ist man reif für die Gesellschaft. Die selbstverschuldeten Privatkonkurse, das Leben auf Pump – viele gehen in die falsche Richtung, haben den Umgang mit Geld nie gelernt, da immer, wenn in der Geldtasche Ebbe war, Vater ausgeholfen hat! Das Elternhaus soll nicht zum Lebensparkplatz werden! Die Kinder wurden in die Welt gesetzt um Verantwortung zu übernehmen!
Tja und auch die Eltern haben etwas davon: Bei meist zwei Kindern haben sie die letzten 20 Jahre den Rücken für ihren Nachwuchs krumm gemacht – jetzt wird es Zeit, sich auch mal etwas zu gönnen, etwas Zeit für sich selbst zu finden. V.a. Mama wird erfreut sein, wenn sie nach acht-stündiger Arbeit nach Hause kommt und nicht die Essensreste von Sohnemann 1 wegräumen oder die Wäsche von Tochter 2 richten muss. Doch ist Vorsicht geboten: Die von den Eltern bezahlte Eigentums-wohnung für die Küken ist kein Beitrag zur Selbständigkeit der Kinder – die monatliche Miete gehört zum Leben dazu!
Begonnen in den USA, kommt auch hierzulande – sozusagen als Gegen-bewegung – immer mehr das “Downsizing“ in Mode. Das Elternhaus wird verkauft – eine kleinere Wohnung angeschafft, sodass der Nachwuchs ausziehen muss – ob er nun will oder nicht. Eine mehr als bedenk-liche, wenn nicht sogar skurrile Methode. Sollte das Haus – selbstverständlich nach meinem Nachwuchs – mein Lebenswerk darstellen, so werde ich mich davor hüten es zu verkaufen. Anstatt dessen gestalte ich lieber das eine Kinderzimmer zum Wellness-Sportraum für Muttern und das andere zum Poolbillard-Zimmer oder als Raum für die elektrische Eisenbahn für Vattern um. Das Downsizing zeigt meines Erachtens vielmehr auf, dass man die Kinder nicht zu verständnisvollen Menschen erzogen hat. Ansonsten würden sie ja wohl verstehen, dass es zwar sehr schön war, jedoch auch mal ein Ende haben muss und Vater und Mutter neben ihrem Brotjob nicht zum abendfüllenden Servieren geeignet sind.
Grundbedingung für eine solche Abnabelung jedoch ist die Kooperation der Eltern: Das Klammern der Küken sollte tunlichst vermieden werden. Die Angst von Frau und Mann vor einem leeren Haus (das sog. “Empty Nest Syndrom“) kann nach und nach abgebaut werden. Etwa durch die Erweiterung der Hobbies. Verbringen Sie die plötzlich freiwerdende Zeit mit sinnvoller Beschäftigung. Intensivieren Sie ihre sozialen Kontakte, die Sie ansonsten aufgrund der Hausarbeit oftmals haben brach liegen lassen. Zeigen Sie Ihrem Nachwuchs, dass er jederzeit willkommen ist. Nach einiger Zeit kann dann auch das Kinderzimmer umgestellt und andersweitig genutzt werden. Ich muss eingestehen, dass auch ich etwas überrascht war, als ich eines Tages in die elternliche Wohnung kam und mein ehemaliges Zimmer nicht mehr wiedererkannte. Doch war es verständlich, schliesslich stand das Zimmer ewig leer – die Wohnung aber war ansonsten sehr beengt.
Es ist ein interessanter Aspekt, auf welchen die Wissenschaftler immer wieder stossen: Nesthocker sind immer mehr ein Erscheinungsbild des Mittelstandes! Platz im elternlichen Haus ist genug da, diese sind es auch gewohnt, für das tägliche Brot zu sorgen und einzukaufen,… Manchen gefiel es zuhause sogar dermassen gut, dass sie wieder zurückkommen (“Boomerang-Generation“). Prominente Beispiele: Jennifer Lawrence, Kim Kardashian, Demi Lovato oder auch das Reality TV-Paar Heidi Montag und Spencer Pratt, das zuvor ein Millionen-Vermögen verprasst hat.
Früher war die Grossfamilie v.a. in der Bauernschaft angesiedelt. Jede Hand war am Hof nötig und wenn Vater und Mutter nicht mehr konnten, übernahmen die beiden Söhne die Landwirtschaft und die Tochter den Haushalt. Doch: Tempora mutantur – die Zeiten ändern sich! Nicht zuletzt auch aufgrund der Maschinisierung. Papastefanou formuliert es gar sehr krass: Eltern und Kinder bleiben immer Eltern und Kinder! In jeder Familie muss es einen Generationenkonflikt geben, damit die Ablösung der Kinder besser funktioniert und diese jene Autonomie kennenlernen, mit der sie es für den Rest ihres Lebens zu tun haben werden. Tolerant gleichgültige Eltern können zu Problemen führen. Kinder, die ausgezogen sind, werden automatisch von ihren Eltern mit mehr Respekt bedacht!
Ah – da fällt mir noch eine Geschichte ein: Kennen Sie eigentlich den wahren Fall einer italienischen Mutter, die das Türschloss auswechseln liess, damit ihr Sohn endlich von zuhause ausziehen sollte? Dieser nahm sich allerdings einen Anwalt und klagte das Wohnrecht bei seiner Mutter ein!
Zuletzt einige Promis, die noch im Elternhaus wohnen oder lange Zeit hinweg wohnten: Bradley Cooper, Rafael Nadal, Selena Gomez, Basket-baller Jeff Teague…
Lesetipps:
.) Singles im mittleren und höheren Erwachsenenalter. Sozialwissen-schaftliche und psychologische Befunde; Stefan Baas/Martina Schmitt/Hans-Werner Wahl; Verlag W. Kohlhammer 2008
.) Familiale Beziehungen, Familienalltag und soziale Netzwerke. Ergebnisse der drei Wellen des Familiensurvey; Walter Bien/Jan H. Marbach (Hrsg.); VS Verlag für Sozialwissenschaften 2008
.) Singles: zum Selbstverständnis und zum Selbsterleben von 30- bis 40jährigen partnerlos alleinlebenden Männern und Frauen (Dissertation); Bachmann, Ronald; Verlag Peter Lang GmbH 1992
.) Das Individuum und seine Familie. Lebensformen, Familienbeziehungen und Lebensereignisse im Erwachsenenalter; Hans Bertram (Hrsg.); Leske + Budrich 1994
.) Das Single. Gesellschaftliche Folgen eines Trends; Gerd Grözinger (Hrsg.); Leske + Budrich 1994
Heilig’s Blechle!!!
Posted on 03/29/25 by UlstoDer deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck meint:
„Die Ankündigungen der hohen Zölle auf Autos und Autoteile sind eine schlechte Nachricht für die deutschen Autobauer, für die deutsche Wirtschaft, für die EU, aber auch für die USA. Sie greifen in die globalen Lieferketten ein und werden auch US-Autos teurer machen. Preise werden in den USA weiter steigen.“
Etwas deutlicher wird die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen:
„Wir werden nun diese Ankündigung zusammen mit anderen Maß-nahmen, die die USA in den nächsten Tagen in Betracht ziehen, bewerten.“
Südkorea hat Notfallmassnahmen angekündigt, Kanada spricht von einem „direkten Angriff“ und auch Japan stimmt in den Chor mit ein:
„Wir legen alle Optionen auf den Tisch, um die effektivste Antwort zu finden!“,
so Japans Ministerpräsident Shigeru Ishiba.
Doch – das Thema Strafzölle auf im Ausland produzierte Autos kennen wir bereits! Schon 2018 verfolgte US-Präsident Donald Trump diese Pläne. Damals waren nicht alle in seinem Team damit einverstanden. Etwa Rex Tillerson – es kostete ihn den Job. Anlässlich seiner Entlassung schrieb Stefan Kornelius von der Süddeutschen Zeitung, dass es um Rex Tillerson als höchstwahrscheinlich schlechtesten US-Aussenminister nicht schade wäre, doch hatte er durchaus seine Berechtigung: „…als Korrektiv für den wohl schlechtesten Präsidenten in der Geschichte der USA“! Trump ist ein Populist und als solcher – das kennen wir von Vertretern der SVP in der Schweiz, der AfD in Deutschland und der FPÖ in Österreich – ein Krakehler und Tagespolitiker ohne Weitblick.
„Wenn die EU mit Kanada daran arbeitet, den USA wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, werden groß angelegte Zölle, viel größer als die derzeit geplanten, gegen beide verhängt!“
(Donald Trump auf seiner Plattform Truth Social)
Posaunte er doch ehedem freudestrahlend bei einer Wahlkampf-veranstaltung in Pennsylvania in die Welt: „Wir werden Mercedes-Benz und BMW mit Zöllen belegen!“, so hat er wohl übersehen, dass BMW mit der Tochtergesellschaft BMW US Manufacturing Company LLC in Spartanburg/South Carolina seit 1994 mit 8.000 Mitarbeitern täglich rund 1.400 Fahrzeuge der Modelle X3, X4, X5, X6, X7 und XM selbst vorort fertigt – vom Z3 etwa wurden bis 2002 297.087 Exemplare in den USA hergestellt. Auch Mercedes produziert über die Tochter Mercedes-Benz U.S. International (MBUSI) in Tuscaloosa/Alabama die Modelle GLE, GLS und GLE Coupé sowie den Mercedes-Maybach GLS, aber auch den vollelektrischen EQE SUV, den EQS SUV und den Mercedes-Maybach EQS SUV. Daneben betreiben die Stuttgarter in Woodstock/Alabama auch ein eigenes Batteriewerk. Mercedes investierte an den Standorten rund 7 Millarden US-Dollar (darunter etwa 1 Mrd. für das Batteriewerk) und fertigte dort seit 1997 etwa 571.000 Stück der M-Klasse, danach auch die R- und GL-Klasse. Wertmässig zwei Drittel der verarbeiteten Teile stammen von US-Zulieferern, in beiden Werken arbeiten über 6.000 Mitarbeiter – mehr als 260.000 SUVs verliessen im Jahr 2024 das Fliess-band (seit 1997 mehr als 4,5 Mio Fahrzeuge). Mit einer Wertschöpfung 2017 von 1,5 Milliarden US-Dollar und einem Exportvolumen von 1 Milliarde jährlich ist das Unternehmen sogar der grösste Exporteur Alabamas, der zweitgrösste Automobil-Exporteur der USA. Somit geht es bei diesen beiden Unternehmen – sollten sie in Runde 2 Schaden aus den Plänen Trumps erleiden – um heimische Arbeitsplätze in zwei Bundesstaaten aus dem Süden der USA – aus dem Gebiet der Stamm-wählerschaft der Republikaner. Es ist also grösster Nonsens, wenn Trump mit der Einfuhr von Strafzöllen Autohersteller aus dem Ausland mit Standort in den USA schaden möchte.
Andere Studien hingegen zeigen auf, dass dies mit Vorsicht zu geniessen ist. So hat beispielsweise das CAR-Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen 2018 ausgerechnet, dass Strafzölle eine Mehrbelastung der deutschen Autoindustrie im US-Geschäft in der Höhe von 3 Milliarden Euro jährlich bedeuten würde – und BMW treffe es am meisten, da die in den USA produzierten Fahrzeuge „nicht gegen-gerechnet werden könnten“! Soll heissen, dass alle anderen Modelle (bei BMW beispielsweise auch der Mini) importiert werden müssen. Hierzu einige Zahlen aus 2017 für die Produktionen und Verkäufe in den USA:
– Audi
50.000 Fahrzeuge gebaut, 225.000 verkauft, 170.000 importiert, erwartet 655 Mio € Mehrausgaben
– BMW
370.000 Fahrzeuge gebaut, 350.000 verkauft, 250.000 importiert, erwartet 1 Mrd € Mehrausgaben
– Mercedes (inkl. Smart)
335.000 Fahrzeuge gebaut, 375.000 verkauft, 150.000 importiert, erwartet 600 Mio € Mehrausgaben
– VW
600.000 Fahrzeuge gebaut, 340.000 Fahrzeuge verkauft, 5000 importiert, erwartet 11 Mio € Mehrausgaben (Porsche zusätzlich 480 Mio € Mehrausgaben)
Auch VW lässt in Chattanooga bzw. Mexiko für den US-Markt produ-zieren. Mexiko ist ja vorerst bis Anfang April von den Trump’schen Strafplänen der generellen Strafzölle ausgenommen, da auch sehr viele US-Auto-Produzenten aufgrund der niedrigeren Löhne dort produzieren lassen. Ausserdem sind Mexiko und auch Kanada ja alsdann Mitglieder des nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA), doch soll auch das überarbeitet werden. Und zudem gibt es da noch die Free Trade Area of the Americas (FTAA) – die amerikanische Freihandelszone!
Aber – fairerweise muss erwähnt werden: Aus den USA in Europa importierte Fahrzeuge werden hierzulande mit einem Zoll von 10 % belegt! Die USA verlangten bislang für europäische Fahrzeuge nur 2,5 %. Etwas anders zeigt sich jedoch die Situation bei Lastwagen und Pickups – die USA verlangen 25 %, die EU hingegen nur 14 %. Ein ähnliches Prozedere auch bei Schuhen, Textilien und Erdnüssen.
Im Automobilbereich sieht Trump das grösste Problem.
Seit 12. März bestehen schon Strafzölle auf Erzeugnisse aus Stahl und Aluminium in der Höhe von 25 % – „zum Schutz der nationalen Sicher-heit“! Damit trifft er die EU weitaus weniger hart als beispielsweise Brasilien und China. Und nun, ab dem 03. April also auch auf Autos.
Die EU führte bereits 2018 Zusatzzölle für US-Produkte ein, die bislang ausgesetzt waren – allerdings sollen diese ab 15. April wieder in Kraft gesetzt werden. Dies beträfe dann Waren bzw. Marken wie Harley Davidson, Jack Daniels, Levis, Marlboro, … – einzusehen im Anhang II der Durchführungsverordnung EU 2018/885 bzw. 2020/502: Waren aus Aluminium und Stahl, Lederwaren, Zucker, Rindfleisch, … – ja, auch meine heissgeliebten Erdnüsse werden dabei sein. Produkte im Gesamt-wert von rund 6,4 Milliarden Euro! Das bedeutet dann Krieg, Handels-krieg! Schliesslich hängen zigtausende Arbeitsplätze vom EU-Import amerikanischer Waren ab. Wie war das noch vor ein paar Jahren mit TTIP???
Etwas gelassener sieht es die Stahlindustrie in Deutschland. Hier werden vornehmlich Rohre für US-Pipelines exportiert – nachdem das Fracking-Geschäft aber dermassen eingebrochen ist, ist auch dieser Bereich rückläufig. Sollten die Exporte über den Atlantik ausfallen, tut’s zwar weh, verursacht aber keine wirklich grossen Hühneraugen, da die entsprechenden Unternehmen zudem aufgrund von Dumping-Verfahren, die bereits 2016 eingeleitet wurden, die Exporte stark gedrosselt oder gar gestoppt haben. Auch der grösste österreichische Stahlerzeuger, die voestalpine betont, dass nur rund 2-3 % des Umsatzes von Strafzöllen betroffen wären. Das Unternehmen lukriert etwa zwei Drittel ihres Stahlumsatzes mit den USA (1 Mrd. €) als lokale Produzenten in den USA selbst (Angaben: Wolfgang Eder, Ex-Vorstandsvorsitzender VOEST 2018).
Einzig: Der Umleitungseffekt wird zu Problemen führen. Jene Grobbleche, die nicht mehr in die USA exportiert werden, drängen auf den europäischen Markt. Und der kränkelt ohnedies seit Jahren schwer. ThyssenKrupp hat schon 2017 300 Arbeitsplätze in der Grobblech-produktion gestrichen. Grobbleche werden beispielsweise für die Motoren- oder Röhrenproduktion benötigt. Hier ist der Markt schon seit längerem heiss umkämpft, da diese in China und Korea unter den dortigen Produktionskosten eingekauft werden können. So werden Überproduktionen abgebaut, aber auch Konkurrenten vom Markt gewischt. Ist dies geschehen, werden die Preise wieder erhöht. Die EU unterdrückt das Prozedere seit Jahren durch Importzölle oder Anti-Dumping-Massnahmen. Im Vergleich zu den USA gehen die Europäer jedoch nur gegen einzelne Produkte (etwa nahtlose Edelstahlrohre) oder Staaten vor und begründen dies auch entsprechend. Trump rechtfertigt seine umfassende Massnahme mit „nationaler Sicherheit“ und geht gegen alle vor.
Hier ein kurzer Blick auf das Stahlimport-Ranking der USA nach Herkunftsländer (Zahlen: Census Bureau 2023): Kanada: 6.885.000 Tonnen, Mexiko: 4.184.000 Tonnen, Brasilien: 3.942.000 Tonnen, Südkorea: 2.637.000 Tonnen, … Deutschland folgt auf Platz 6., China erst auf Platz 7.! Damit ist klar nachgewiesen, dass Trump nicht China an den Kragen will, er schädigt also vornehmlich die Handelsbeziehungen zu Verbündeten! Soll heissen, er will dadurch mehr rausholen. Und das hat wahrlich nichts mit der nationalen Sicherheit zu tun – auch wenn die Stahlindustrie in den USA schlecht dasteht – das aber ist hausgemacht!
Damit die EU dauerhaft hiervon ausgenommen wird, verlangen die USA noch mehr:
– Einfrieren der EU-Stahlexporte in die USA auf dem Niveau von 2017
– Erhöhung der Antidumping-Abgaben auf chinesischen Stahl
– Erfüllung der vereinbarten Rüstungsanstrengungen
Mein lieber Schorle – jetzt will Trump seine Waffengier auch in Europa durchsetzen!!!
Im Jahr 2018 schlug EU-Ratspräsident Donald Tusk von sich aus ein Frei-handelsabkommen wie TTIP mit den USA vor. Gottlob war dies nicht notwendig, hätte es doch den erneuten Start des ganzen Brimboriums bedeutet – mit noch höheren Auflagen durch die USA als damals bei den originalen TTIP-Verhandlungen. Und stets der Drohung im Hintergrund, dass die Stafzölle ja auch auf Europa ausgedehnt werden können. Diese Erfahrung machte 2018 auch die damalige EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström nach Ihrem ersten vierstündigen Gespräch mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer in Brüssel. Die Regierung Trump zeige mangelhaftes Entgegenkommen. Wieso hat Mr. Trump dann 2018, kurz vor der Deadline einen Zoll-Interruptus gemacht??? Und dass derartige Abkommen nur beschriebenes Papier sind, zeigte der US-Präsident ja vor Jahren schon am Beispiel Aluminium aus Brasilien Das Land am Amazonas gehört ebenso zur FTAA!
Nach unterschiedlichen Krisen-Treffen der europäischen Politiker aller Ebenen wurde eine deutliche Antwort auf die Handelspolitik der USA versprochen. Trump meinte einst, dass Handelskriege „gut und leicht zu gewinnen“ seien! Anderer Meinung war damals schon die US-Handels-kammer:
„Zölle könnten zu einem zerstörerischen Handelskrieg mit ernsten Konsequenzen für das US-Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen führen!“
(Thomas Donohue, Präsident der US-Handelskammer)
Derselben Meinung ist man auch heute beim Kieler Institut für Welt-wirtschaft (IfW):
„Auch wenn die Autoindustrie global sehr sichtbar ist und ein Zollsatz von 25 Prozent im historischen Vergleich sehr hoch ist – außerhalb Nordamerikas bleiben die gesamtwirtschaftlichen Effekte überschau-bar!“
(IfW-Ökonom Julian Hinz, Professor für Internationale Volkswirtschafts-lehre an der Universität Bielefeld).
Trump schneidet sich damit ins eigene Fleisch: Unzählige Produkte werden in den USA durch die Strafzölle im allgemeinen teurer werden, die Inflation steigen und die Konjunktur sinken.
„Wenn die USA ihr Handelsdefizit reduzieren wollen, müssen sie die Amerikaner dazu bringen, härter zu arbeiten. Und sie müssen Reformen in Einklang mit der internationalen Marktnachfrage durch-führen, statt den Rest der Welt aufzufordern, sich zu ändern.“
(Leitartikel in der chinesischen Zeitung Global Times)
Die eigentlichen Pläne des Präsidenten: Das Handelsbilanz-Defizit mit China soll um rund 100 Milliarden Dollar reduziert werden (derzeit bei -295,4 Mrd. $). Deutschland etwa hat ein Handelsbilanzplus von 16 Mrd. Euro im Januar 2025 – das hat den Neid des Präsidenten geweckt. Doch: Trump wird sich nicht nur an China, sondern auch an der EU und Kanada die Zähne ausbeissen. Die Volksrepublik war 2017 mit nicht weniger als 636 Milliarden US-Dollar Einfuhren der wichtigste Handelspartner der Vereinigten Staaten. US-Exporte nach China erreichten gerade mal 375 Milliarden. Während zuletzt die chinesischen Exporte abflachten (nurmehr 3,2 %), legten die Importe um 6,5 % zu (Stand: Juli 2024). Somit arbeitet auch das Reich der Mitte an ein Handelsbilanzdefizit!
Aus der EU-Kommission heisst es, dass für die Einfuhr von US-Waren in die EU im Schnitt 3 % Zölle verlangt werden, die USA liegen bei 2,4 %. Damit hat Trump also die Rechtfertigung für seine Pläne verloren! Zu laut gebrüllt Löwe. Und wenn die Amis nun mehr für das von Ihnen heiss geliebte Red Bull bezahlen müssen, da das Aluminium der Dosen höher verzollt wird, fällt das ja auch wieder auf den kleinen US-Bürger zurück! Vorher besser kundig machen!!!
Lesetipps:
.) The Globalization Paradox – Why Global Markets, States, and Democracy Can’t Coexist; Dani Rodrik; Oxford University Press 2011
.) Internationale Wirtschaft – Theorie und Politik der Außenwirtschaft; P. R. Krugman/M. Obstfeld; Pearson Studium 2006
.) Volkswirtschaftslehre 2; Werner Lachmann; Springer-Verlag 1995
.) Makroökonomie; Olivier Blanchard/Gerhard Illing; Pearson Studium 2006
.) Auf Kosten der Freiheit: Der Ausverkauf der amerikanischen Demokratie und die Folgen für Europa; Josef Braml; Bastei Lübbe 2016
Links:
- americastradepolicy.com
- www.ihk.de
- www.zoll.de
- eur-lex.europa.eu
- www.bmwi.de
- www.bmdw.gv.at
- www.bmwgroup-werke.com/spartanburg/en
- press.bmwgroup.com
- group.mercedes-benz.com/unternehmen/nordamerika/mercedes-benz-us-international
Pollenallergie – ein Leben wie im Schlaf
Posted on 03/22/25 by UlstoVor zwei Wochen hatte ich die bislang schwersten Tage dieses Jahres zu überstehen. Der Grund: Der Flug der Birkenpollen! Rote tränende Augen, rinnende Nase, Niesattacken und ständiger Husten aufgrund eines kratzenden Halses – nicht gerade sehr erquickend in der schönsten Zeit des Jahres, wenn die Natur in all ihrer Schönheit erwacht. Dabei hatte ich als Kind keinerlei Probleme damit – kam erst mit einem gewissen Alter. Doch warnen Forscher davor, die allergische Rhinitis nicht ernst zu nehmen.
Erwiesen ist etwa bereits der Umstand, dass Allergiker in der Schule oder bei der Arbeit mit einem Leistungseinbruch rechnen müssen (Schlaf-losigkeit mit Tagesmüdigkeit, verminderte Konzentration- und Lern-fähigkeit). Daneben ist inzwischen auch klar, dass sich Asthma bronchiale, das durch eine Pollenallergie ausgelöst wird, zu einer chronischen Erkrankung mit Atemnot entwickeln kann (bei rund 50 % der Heuschnupfen-Erkrankten innerhalb von fünf bis 15 Jahren). Zudem können sich die Nasennebenhöhlen entzünden und ein chronischer Husten entstehen. Auch ein anaphylaktischer Schock kann nicht ausge-schlossen werden.
Am 24. Juli 1906 veröffentlichte Clemens von Pirquet, ein Arzt aus Wien, einen Artikel in der Münchner Medizinischen Wochenschrift. Er beschrieb darin als erster das Krankheitsbild, das er als „Allergie“ bezeichnete. Heute zählt die Pollenallergie, ebenso wie etwa die Neurodermitis, zu den „atopischen Erkrankungen“. Die Allergieneigung wird vererbt, wobei Schadstoffe in der Luft die Heftigkeit der Erkrankung verstärken können. Nach Schätzungen der „Europäischen Stiftung für Allergieforschung“ (ECARF) leiden mehr als 30 % der europäischen Bevölkerung an einer Pollenallergie (20 Mio in Deutschland, in Österreich rund 16 %). Tendenz: Steigend! Der dadurch verursachte volkswirtschaftliche Schaden beläuft sich auf rund 100 Milliarden €.
Der Heuschnupfen ist eine Abwehrmassnahme des Körpers auf Pollen, die entweder durch den Wind oder Insekten in der Luft verbreitet werden. Dabei können sie über hunderte Kilometer hinweg verfrachtet werden. Vor allem Getreide- und Gräserpollen, aber auch Birken-, Hasel- und Erlenpollen machen dabei im Frühjahr so manchem Menschen das Leben erdenklich schwerer – im Herbst ist es vornehmlich Ragweed (Wilder Hanf). Diese Unkrautart gedeiht zwar nicht in Deutschland oder Öster-reich, da sie mehrere lange Wärmeperioden benötigt, die Pollen werden jedoch aus den USA importiert oder gelangen durch den Wind in’s Land. Während Gräser für etwa acht Pollen pro Kubikmeter Luft verantwortlich sind, können es bei Ragweed bis zu 156 sein! Doch auch das Beifuß-blättrige Traubenkraut könnte nach einer Studie aus dem Jahr 2016 (erschienen in „Environmental Health Perspektiven“) zum großen Problem werden – die Zahl der Betroffenen könnte alleine in Europa von damals 33 auf etwa 77 Millionen steigen – vor allem in Ländern wie Deutschland, Frankreich und Polen.
An sich ungefährlich, unterscheidet jedoch der Körper zwischen gefähr-lichen Krankheitserregern und diesen Pollen nicht und fährt deshalb das Immunsystem mit all seinen Erscheinungsmassnahmen hoch um den Eindringling abzuwehren. Verantwortlich dafür zeichnen Eiweiße an der Oberfläche der Pollen (Allergene). Auch Erreger wie Viren bestehen aus Eiweißen, weshalb der Körper mit der Produktion von Antikörpern reagiert. Diese wiederum regen die sog. „Mastzellen“ in den Schleim-häuten an, Entzündungsstoffe wie Histamin freizusetzen. Das führt zum Anschwellten, der Rötung und dem Juckreiz der Schleimhäute.
Sehr problematisch sind sog. „Kreuzallergien“, bei welchen der Betroffene auf Pollen und dadurch auch auf verschiedene Nahrungsmittel immu-nologisch reagiert. Birkenpollen-Allergiker können somit ebenfalls auf Äpfeln, Kirschen, Haselnüssen und Pfirsichen reagieren.
Um den Heuschnupfen von einem Infekt (Erkältung) zu unterscheiden, sollte das Nasensekret genau begutachtet werden. Bei der Erkältung zeigt sich dieses gelblich, während es beim Heuschnupfen klar und wässrig ist. Die Allergie gegen die Ausscheidungen der Hausstaubmilbe hingegen führen vornehmlich zur Verengung der Atemwege („Obstruktion“).
In der Behandlung gilt die Drei-Säulen-Therapie:
– Vermeiden der Allergieauslöser
– Medikamente wie Antihistaminika zur Linderung der Symptome
– Immuntherapie zur Hypo- oder Desensibilisierung
Durch die Therapie kann das Risiko auf Asthma bronchiale („Etagen-wechsel“ von den oberen Atemwegen in die Lunge) auf 10-20 % gesenkt werden.
Allerdings erleichtern auch einige selbst durchgeführte Massnahmen das Leben etwas:
– Aufenthalt im Freien an Tagen mit starkem Pollenflug meiden – Besonders gut sind Spaziergänge nach kräftigem Regen
– Rasen kurz halten – Stets vor seiner Blüte mähen.
– Pflanzen Sie Lippenblütler wie Lavendel oder Salbei an – Sie besitzen im Vergleich zur Birke oder der Haselnuss keine oder nahezu keine Pollen
– Fenster (auch im Auto) zum Lüften nur an belastungsarmen Tagen öffnen – Ein Pollenfilter kann ansonsten helfen
– Gewaschene Wäsche nicht im Garten zum Trocknen aufhängen – Die Pollen bleiben an der noch feuchten Wäsche kleben und werden so in’s Haus getragen
– Sonnenbrillen – Viele der Pollen landen im Auge. Hier sortiert keine Schleimhaut vor, sie prallen direkt auf die Bindehaut und verursachen dadurch eine allergische Bindehautentzündung
– Tägliche Dusche und Haarewaschen – Auch dabei geht es darum, die anhaftenden Pollen los zu werden – vor allem vor dem Schlafengehen
– Getragene Bekleidung nicht im Schlafzimmer lagern
– Hören Sie mit dem Rauchen auf – Rauchen verschlechtert den Zustand der Schleimhäute im Mund- und Rachenbereich bzw. der Nase
Ab einer Seehöhe von 1.500 m bzw. am Meer fliegen die wenigsten Pollen. Glücklich also jene Menschen, die ihren Urlaub während der drei Blüteperioden dort verbringen können:
.) Blüteperiode 1
Zwischen Februar bis April blühen vornehmlich die Bäume. Dabei dauert die lästige Birkenperiode von Mitte März bis Mitte April an.
.) Blüteperiode 1
Zwischen Februar bis April blühen vornehmlich die Bäume. Dabei dauert die lästige Birkenperiode von Mitte März bis Mitte April an.
.) Blüteperiode 2
Zwischen Mai und Juli blühen hauptsächlich die Gräser und das Getreide – beide sind botanisch miteinander verwandt
.) Blüteperiode 3
Zwischen Juli und September blühen die Kräuter, wie auch Beifuß und Ragweed
Für die Anamnese durch den Arzt ist ein geführtes Allergie-Tagebuch sehr hilfreich. Notieren Sie dabei die Symptome (Art, Dauer und Schwere), die Ernährung und etwaige Umwelteinflüsse. Dadurch lässt sich unter Herbeiziehung des Pollenflugkalenders das Allergen auch ohne Allergie-test erkennen. Dieser ist bei einer ärztlichen Diagnose hingegen unab-dingbar. Er setzt sich aus sog. „Provokationstests“ sowie der Abnahme von Blut zusammen. So weisen beispielsweise Allergiker einen erhöhten Immunglobinwert (IgE) auf, ein spezieller Antikörper, der zur Bekämpfung der Allergene gebildet wird. Beim Provokationstest (Hauttests wie etwa der Pricktest) werden Lösungsmittel mit den entsprechenden Allergenen auf die Haut getröpfelt und mit einer Nadel in diese eingeritzt. Durch die Rötung der Haut oder einer Quaddelbildung lässt sich das entsprechende Allergen ausfindig machen.
In der anschliessenden „Hyposensibilisierung“ (auch „Spezifische Immun-therapie“ SIT) wird dem Körper eine ständig steigende Dosis des Aller-gens verabreicht, sodass sich dieser langsam daran gewöhnt und mit keiner starken immunologischen Abwehr reagiert. Nur diese Massnahme bekämpft die tatsächliche Ursache. Die Therapie wirkt meist für rund 11 Jahre.
Medikamentös werden alsdann nur die Symptome, nicht jedoch die Ursache selbst behandelt. So helfen Antihistaminika oder Mastzell-stabilisatoren gegen die Produktion des Histamins. Die können als Tabletten, Nasensprays oder auch Augentropfen eingeführt werde. Mittel gegen die Anschwellungen, wie Sympathomimetika oder Glukokortikoide, sollten hingegen nur für einen kurzen Zeitraum verwendet werden, da sie etwa die Nasenschleimhäute schädigen oder zu Diabetes mellitus führen.
Bleiben Sie gesund!
ACHTUNG:
Dieser Text dient nicht der Selbstbehandlung. Bei Heuschnupfen sollte auf jeden Fall der Hausarzt hinzugezogen werden!
Lesetipps:
.) Angewandte Allergologie; Johannes Ring; MMV Medizin Verlag 2003
.) Pollenallergie erkennen und lindern; Katharina Bastl, Uwe E. Berger; Manz 2015
.) Das Anti-Heuschnupfen Protokoll: Anleitung zur Ernährungsum-stellung, Darmsanierung und Entgiftung: Für ein Leben ohne Pollen-allergie, Allergie Tabletten und Nasenspray; Christian Kollitsch; Independently published 2018
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