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Südamerika brennt!

Es ist ein mehr als trauriges Bild, das ich dieser Tage entdeckte:

Ein Mann kniet in Riberalta, einer Stadt im Norden Boliviens, weinend auf dem abgebrannten Feld vor seinem ebenfalls brennenden Haus. Sein Lebenswerk – ein Raub der Flammen!

Wahrhaft keine guten Nachrichten, die uns in den letzten Wochen aus Südamerika erreichten: Tausende Feuer loderten und lodern nach wie vor auf dem lateinamerikanischen Kontinent. Millionen Hektar sind bereits niedergebrannt, viele mehr werden folgen! Ursache Nummer 1 sind nach wie vor Brandstiftungen!

Beginnen wir am besten – na klar – in Brasilien! Im Bundesstaat São Paulo im Südosten des Landes wüteten alleine im vergangenen August 3.480 registrierte Feuer (mehr als doppelt so viele wie im ganzen Jahr zuvor) – in 45 Gemeinden wurde der Notstand ausgerufen, mehr als 15.000 hauptamtliche und freiwillige Feuerwehrleute standen im Einsatz. Beim Kampf gegen die Flammen starben auch mehrere Menschen. Bislang (Stand: Ende August) gab es zwei Festnahmen wegen Brandstiftung. In Brasilien ist die Lage besonders fatal: Seit Wochen herrscht im ganzen Land eine Extrem-Dürre, von der rund 60 % des Landes betroffen ist. Dem Einen oder Anderen werden die Bilder des ausgetrockneten Amazonas-Gebietes aufgefallen sein.

„Dies ist das erste Mal, dass sich eine Dürre vom Norden bis in den Südosten des Landes erstreckt!“

(Ana Paula Cunha, Forscherin am Nationalen Zentrum für die Über-wachung und Frühwarnung von Naturkatastrophen)

Die Trockenzeit dauert in Brasilien normalerweise von August bis Okto-ber. Doch haben Wissenschaftler der World Weather Attribution (WWA) errechnet, dass bereits der Juni der „trockenste, heisseste und windigste“ Monat des Landes seit dem Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1979 war.

Neben dem Bundesstaat São Paulo traf es auch die Hochebene vom Cerrado und das Feuchtgebiet Pantanal. Der Cerrado gilt als „Wiege des Wassers“. Viele der grossen Flüsse Südamerikas entspringen hier. Während die Feuer im Amazonasgebiet seit dem Beginn der Regierung da Silvas zurückgingen, nahmen sie am Cerrado zu. Das Feuchtgebiet Panta-nal liegt zwischen dem Amazonas und São Paulo, ist das grösste und artenreichste Binnen-Feuchtgebiet der Erde, zirka halb so gross wie Deutschland. Alleine im Juni verbranten dort 6.000 Quadratkilometer. Die Experten des WWA warnten aufgrund der vorliegenden Daten im August, dass die Regenfälle dort in den letzten 40 Jahren kontinuierlich zurückgegangen und die Brände um rund 40 % intensiver ausgefallen sind. Nach Berechnungen des Naturschutzökologen Carlos Peres von der University of East Anglia in Großbritannien erlitt das Ökosystem des Pantanal einen Rückgang der Wasserfläche um 61 % im Vergleich zum historischen Durchschnitt von 1985 – dies jedoch alleine im Jahr 2023! Im Jahr 2020 zerstörte schon ein riesiger Brand rund ein Drittel Pantanals – nach Schätzungen starben 17 Millionen Wirbeltiere in den Flammen. Auch dieses Feuer wurde gelegt! In der ersten Hälfte des Septembers kamen im Amazonas-Gebiet noch weitere mehr als 20.000 Waldbrände hinzu. Verstärkung vonseiten der Regierung kam im Juni – zu dem Zeitpunkt aber waren die Brände bereits ausser Kontrolle. Präsident Luiz Inacio Lula da Silva kündigte die Einrichtung einer neuen Behörde an, die sich mit extremen Klimarisiken befassen und Lösungen liefern soll. Zuvor wurde die Regierung durch den Obersten Gerichtshof aufgefordert, Massnahmen zu setzen. Die Grossstadt São Paulo traf es mit extremem Smok.

„Bis vor etwa 25 Jahren brannten die Wälder im Amazonasgebiet nicht, selbst wenn sie auf Sandböden und saisonal trockenen Gebieten lagen, es sei denn, es gab irgendeine Art von Störung durch den Menschen, wie z.B. Holzgewinnung. Aber das hat sich geändert.“

(Carlos Peres, University of East Anglia/GB)

Werden nun Brände in einem ohnedies schon ausgedürrtem Gebiet gelegt, so hat dies meist fatale Folgen. In Europa ist dies seit Jahren v.a. aus Griechenland, aber auch aus Portugal und Spanien bekannt. Und das ist leider nach wie vor der Fall. Es gilt auch für die nachfolgenden Bei-spiele der anderen Länder: Wurde der Wald gerodet, werden Feuer gelegt, um die Flächen von den Baumstümpfen zu befreien, damit das Land als Acker, Plantage oder Weideland genutzt werden kann, bis es komplett ausgelaugt ist (dauert rund 2 Jahre). Und – dass mit dem Amazonas nicht nur die grüne Lunge unseres Plantene stirbt, weiss Luciana Gatti vom brasilianischen Institut für Weltraumforschung:

„Wir beschleunigen den Klimakollaps. Der verbleibende Wald ist nicht mehr derselbe; es ist, als wäre der Amazonas krank.“

Sie stellte mit ihrem Team fest, dass die Abholzung wesentlich mehr zur Temperaturerhöhung im Amazonasgebiet beiträgt, als der Klimawandel selbst. Logisch – denn: Wo keine Bäume, da auch kein Schatten, da auch kein Wasserspeicher, da in Folge staubtrocken! Zur Erklärung: jeder Regenwald ist ein Biotop. Dort dient nicht nur der Boden als Wasser-speicher, sondern die Bäume und anderen Pflanzen geben auch Wasser über die Blätter ab (Evotranspiration). Das sorgt für eine hohe Luft-feuchtigkeit – es regnet öfters. Peres betont, dass jeder Waldbrand bessere Bedingungen für den nächsten bringt!

Nach Bolivien: Vornehmlich in der östlichen Region Santa Cruz wüteten im Naturschutzgebiet Valle de Tucabaca 85.500 Brände. Sie vernichteten nach Angaben des Nationalen Instituts für Agrarreform (Inra) eine Fläche von mehr als 10 Millionen Hektar – das ist mehr als die Landesfläche von Portugal. Schon im Vorjahr vernichteten Feuer rund 6,3 Millionen Hektar – 60 % Wälder und 40 % Weiden. La Paz spricht von der schlimmsten Umweltkatastrophe in der Geschichte des Landes. Das Land hat den nationalen Katastrophenzustand ausgerufen und um internationale Hilfe gebeten. Auch dort sind die Ursachen der Klimawandel, Brandstifter und auch „El Niño“.

In Argentinien ist Ende September hauptsächlich die Region Cordóba betroffen. 700 Feuerwehrleute standen im Einsatz. Auch hier wurden die Brände gelegt – für 2 Personen klickten die Handschellen. Die Flammen kennen dabei keinen Unterschied zwischen Wald, Plantage, Feld oder Dorf.

Ecuador – Flammen tobten Ende September in der Hauptstadt Quito. Sie wurden offenbar am Stadtrand gelegt und frassen sich durch die Stadt. 100 Familien mussten in Sicherheit gebracht werden. Auch in Ecuador ist es staubtrocken! Präsident Noboa versprach auf X, dass die Brandstifter wegen Terrorismus vor Gericht gestellt werden, sofern es sich um Vorsatz handelte.

Chile – schon im Februar forderten Waldbrände mehr als 50 Todesopfer – über 21.000 Hektar waren davon betroffen.

Durch diese verheerenden Brände werden nicht nur wichtige Sauerstoff-produzenten zerstört – auch der CO2-Ausstoss befindet sich in diesem Jahr auf Rekordniveau. Um aufzuzeigen, um welche Ausmaße es geht – im Februar meldete der Atmosphärenüberwachungsdienst von Coper-nicus diese Emissionen für das Jahr 2023: Brasilien 4,1 Megatonnen CO2, Venezuela 5,2 Megatonnen, Bolivien 0,3. Im Vergleich dazu die Zahlen vom Februar 2003: 3,1 in Brasilien, 4,3 in Venezuela und 0,08 in Bolivien. Das ganze Ausmaß der Brände ist auf Satellitenbildern erkennbar. Auf-genommen durch den NASA-Satelliten DSCOVR verdecken grosse Rauch-wolken Teile Ecuadors, Perus, Boliviens, Brasiliens und auch Paraguays!

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Hurricanes – Fingerzeig des Todes

In der Nacht auf Donnerstag (KW 41) hat Europa den Hurrikan „Kirk“ kennenlernen dürfen bzw. das, was von ihm übrig geblieben ist. Orkan-böen auf den Bergen, teils starke Windböen im Tal und viel Regen! Europa ist eigentlich so gar nicht das Zielpublikum der Monster-Unwetter, doch schafft es immer mal wieder eines dieser Naturereignisse auf den alten Kontinent, wenn auch nicht mehr als Hurrikan, so doch als Sturmfront.

Inzwischen aber tobte jenseits des Atlantiks „Milton“.

Erste Berechnungen gingen davon aus, dass er mit einer Geschwindigkeit von 270 km/h auf Land treffen würde. Das wäre tatsächlich fatal gewesen! Doch hat er sich im Golf von Mexiko „abgeschwächt“ und traf Florida mit 200 Stundenkilometern. Das reichte um eine Spur der Verwüstung zu hinterlassen. Floridas Gouverneur Ron DeSantis meinte:

„Was wir sagen können: Der Sturm war beträchtlich, aber dankens-werterweise nicht das Worst-Case-Szenario.“

Nur 14 Tage zuvor wütete dort „Helen“ mit einer Sturmflut von sechs Metern Höhe (bei Milton waren es vier Meter). Allerdings waren die Regenmengen gigantisch: „Milton“ brachte teilweise 410 l Wasser auf den Quadratmeter. Drei Millionen Menschen hatten keinen Strom, in der Stadt St. Petersburg auch kein Trinkwasser. Trümmer soweit das Auge reicht. „Milton“ machte aber eines noch gefährlicher: Im Gepäck hatte er 37 Tornados, die niemand vorhergesehen hatte. Diese Windhosen trafen etwa St. Lucie County an der Atlantikküste heftig – ein Seniorenwohnheim kam in den Sog – vier Menschen starben, viele wurden vermisst. Milton forderte mindestens sechzehn Menschenleben (bei „Helen“ waren es mehr als 230) und richtete Milliardenschaden an.

Wie aber entstehen solche Monster-Unwetter und was macht sie so gefährlich?

Hurrikane sind tropische Wirbelstürme, die vornehmlich in der Karibik und dem Golf von Mexiko aber auch dem Nord- und Südpazifik entstehen. Hurrikan-Zeit ist zwischen Mai bis Dezember – die meisten aber wüten zwischen Juli und September. Um als Hurrikan anerkannt zu werden, muss zumindest Orkanstärke (Windstärke 12 auf der Beau-fortskala) erreicht werden, das etwa 118 Stundenkilometern entspricht. Die Bezeichnung selbst geht wohl auf die indianischen Einwohner der Grossen Antillen („Taino“) zurück, die Griechen bezeichneten dies als „Typhṓn“ (Taifun). Das betrifft aber heute nurmehr die Wirbelstürme in Süd- und Südost-Asien. Im Indischen und südlichen Pazifischen Ozean werden diese als „Zyklon“ benannt. Die Enstehung der Stürme ist recht kompliziert. Übersteigt ein gleichmäßiges Temperaturgefälle ein bestimmtes Maß im Vergleich zu grossen Höhen, so kann dies die Geburtstsunde eines Hurrikans sein. Dies geschieht zumeist in einer Passatwindzone über dem Atlantik oder östlichen Pazifik bei einer Wassertemperatur von zumindest 26,5 Grad Celsius. Dadurch verdunstet das Wasser und steigt auf. Daraus bilden sich durch die Kondensation riesige Wolken. Unglaubliche Energie wird freigesetzt. Über dem Meeresspiegel bildet sich Unterdruck, der grosse Mengen an verdunstetem Wasser aus der Umgebung ansaugt. Über den Wolken herrscht Überdruck, das verursacht einen Wirbel in entgegengesetzter Richtung. Das sind die sog. „Antizyklone“. Typisch für tropische Zyklone hingegen sind die spiralförmigen Regenbänder, in welchen thermische Aufwinde herrschen. Die feuchten Luftmassen steigen auf und schiessen immer mehr Wasser und Energie nach. In den dazwischen liegenden Zonen strömt kühlere und trockene Luft nach, die absinkt. Am Meeresspiegel fliesst weiter feuchte Luft nach, die durch die Corioliskraft einen Wirbel verursachen.

Trifft nun einer dieser grossflächigen Wirbel auf Land, wird das System gestört, es fliesst anstatt der feuchten Meeresluft trockene Landluft nach. Dadurch erhält der Wirbelsturm kein Wasser und keine Energie mehr – er wird schwächer und endet schliesslich als tropisches Tief. Übrigens – die Energie oberhalb der Wolken wird zu grossen Teilen ins Weltall abge-strahlt. Die Intensität eines solchen Hurrikans hängt von der Ober-flächentemperatur des Wassers ab: Je höher, desto gefährlicher wird der Hurrikan. Die Wassertemperatur steigt aufgrund des Klimawechsels stark an, somit muss vermehrt mit heftigen und wasserreichen Hurrikans/Taifunen gerechnet werden.

Die Klima- und Hurrikan-Forscher beobachteten in der Vergangenheit ein weiteres sehr interessantes Detail: So wechselt die sog. „Atlantic Multi-decadal Oscillation“ (AMO) in einem Abstand von 40 bis 80 Jahren zwischen „warm“ und „kalt“. Seit 1995 läuft im Nordatlantik die Warm-Phase – voraussichtlich noch bis rund 2035. Das erhöht die Hurrikan-Wahrscheinlichkeit. Zu sehen ist dies auch bei den Ereignissen der Vergangenheit: Der bisher tödlichste Hurrikan (Hurricane San Calixto II) wütete 1780 in der Karibik. Mehr als 22.000 Menschen kamen um’s Leben! Viele davon auf See, da zu diesem Zeitpunkt gerade der amerikanische Unabhängigkeitskrieg tobte. So fielen viele britische und französische Soldaten dem Hurrikan auf hoher See zum Opfer. „Mitch“ zog seine tödliche Spur zwischen dem 22. Oktober und 8. November 1998 in Mittelamerika – bis zu 18.000 Menschen starben. Wir alle kennen noch „Katrina“ aus dem Jahr 2005 mit Windgeschwindigkeiten von 250-300 km/h und 1.836 Toten. Der durch sie verursachte Sachschaden belief sich auf 125 Milliarden US-Dollar. Im Vergleich dazu „Helen“: 88 Tote – Sachschaden 110 Milliarden $. Der schnellste jemals gemessene war „Patricia“ mit 345 km/h, in Böen gar 400 Sachen – er traf im Oktober 2015 vom Pazifik kommend bei Mexiko auf Land. Der „Spanien-Hurrikan“ von 1842 war der erste erfasste Hurrikan, der Europa erreichte.

Die Zerstörungskraft eines dieser Ungeheuer steigt übrigens mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit. Unglaublich aber wirklich wahr ist die Tatsache zum Schluss, dass das Azorenhoch mit seinen Luftdruck- und Strömungsverhältnissen für die Laufbahn der Karibik-Hurrikane verantwortlich zeichnet: Golf von Mexiko oder amerikanische Atlantik-küste! Die Azoren liegen rund 5.000 km Luftlinie von Miami entfernt.

Filmtipp:†

– Tropenwelt Karibik – Sturm im Paradies; NDR-Doku 2007

Lesetipps:

.) The Five-Hundred-Year History of America’s Hurricanes; Eric Jay Dolin; Liveright 2020

.) Sea of Storms: A History of Hurricanes in the Greater Caribbean from Columbus to Katrina; Stuart B. Schwartz; Princeton University Press 2015

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Hydrotherme Karbonisierung – die Zukunft aus dem 20. Jahrhundert?

Der bayerische Kabarettist Gerhard Polt hat einst sinngemäss gemeint, dass man vieles verändern könne – nur will es niemand!

Leider symptomatisch für unsere Gesellschaft – in allen Belangen. Im heutigen Blog möchte ich ein Beispiel aus der Energiewirtschaft erläutern, das viele der heutigen Krisen im Vorhinein angewendet hätte verhindern können – doch wollte es niemand!

Der deutsche Chemiker Friedrich Carl Rudolf Bergius forschte bereits in jungen Jahren an der Herstellung von Benzin und Diesel aus Kohle und Wasserstoff. Dafür setzte er die Grundlage für das chemische Hochdruckverfahren, für das er 1931 den Nobelpreis für Chemie erhielt (neben Carl Bosch) – „… für ihre Verdienste um die Entdeckung und Entwicklung der chemischen Hochdruckverfahren“. Bei der Entgegen-nahme des Preises meinte Bergius, er habe sich „… das Ziel gesetzt, Erkenntnisse zu suchen, die der Menschheit nutzen sollten“! Dies könnte nun – mehr als hundert Jahre später – durchaus der Fall sein und eine mögliche Lösung für die derzeitige panische Suche nach neuen Energie-trägern darstellen!

Bergius arbeitete an der Herstellung von Braunkohle im Labor! Das, wofür die Natur Jahrtausende braucht („geomorphologische Wirkung“), soll innerhalb kurzer Zeit industriell geschaffen werden: Biomasse wird unter Ausschluss von Sauerstoff auf hohe Temperaturen erhitzt. Das Resultat: Biokohlenstoff! Bergius‘ Mitarbeiter Hugo Specht führte den Versuch weiter: Er erhitzte das Inkohlungsprodukt des Torfs auf 450 Grad Celsius bei einem Wasserstoffdruck von 150 atm – heraus kam eine benzolartige organische Flüssigkeit. Diese Hydrierung von Kohle wurde 1913 als Patent angemeldet. Hierauf baute dann das Bergius-Pier-Verfahren auf: Durch hohen Druck und direkte Hydrierung werden die Makromoleküle der Kohle in kleinere Molküle abgebaut. Die Produkte, die entstehen, sind gasförmige und flüssige Kohlenwasserstoffe, die als Kraftstoff oder Schmiermittel verwendet werden können.

Bergius übernahm 1914 das wissenschaftliche Labor der Theodor Gold-schmidt AG in Essen. Der 1. Weltkrieg und die anschliessende Inflation führten zu erheblichen finanziellen Problemen. 1925 verkaufte deshalb Bergius seine Patente an den BASF-Konzern, bei dem er eigentlich für weitere zehn Jahre als Berater agieren sollte. Davon wurde aber nie Gebrauch gemacht, weshalb sich Bergius aus der weiteren Verfahrens-entwicklung ausklinkte. Diese wurde durch Matthias Pier fortgeführt.

Wie aber könnte dies nun förderlich für die Gegenwart und Zukunft sein? Die Abhängigkeit der industrialisierten Welt von den Erdöl und Erdgas fördernden Ländern ist frappierend! Können vorort in industriellen Groß-anlagen synthetische Kraftstoffe hergestellt werden, so ist dies ein grossen Schritt raus aus dieser Abhängigkeit von den OPEC-Ländern!

Und nun wird’s interessant: Heutzutage wird der „Torf“ als Ausgangs-produkt selbst hergestellt! Aus biogenen Reststoffen und Abfall-biomassen wie Klärschlamm, Grünschnitt, Destillationsrückständen usw. So etwa arbeitet in Relzow/Mecklenburg-Vorpommern seit 2017 eine Anlage zur Herstellung von Bio-Kohle aus Abfällen – damals weltweit die erste! Eine weitere steht im chinesischen Jining, wo Klärschlamm zu Biokohle verarbeitet wird – nach eigenen Angaben 14.000 Tonnen jährlich. Die Kohle wird im lokalen Kraftwerk verbrannt. Diese Bio-Kohle kann als Brennstoff, als Dünger oder als Erdöl-Ersatz verwendet werden. Dazu bedarf es keiner Jahrhunderte oder Jahrtausende mehr, sondern nurmehr weniger Stunden (rund 12 h!). Zudem wird weniger als 5 % CO2 freigesetzt. Koppelt man dies mit der Biogas-Produktion oder dem Einsatz von Gärresten als Einsatzstoff, so spricht der Experte von „Kaskadennutzung“.

Die Hydrothermale Karbonisiering sollte nicht mit der „Pyrolyse“ verwechselt werden. Während inzwischen bei Ersterer Temperaturen von 180-200 Grad Celsius ausreichen, bedarf es bei der Pyrolyse wesentlich höherer Temperaturen, die – je nach eingesetztem Grundstoff – schon mal bis zu 700 Grad erreichen müssen. Das Endprodunkt der Pyrolyse ist zumeist Holzkohle. Dazwischen liegt noch die „Torrefizierung“ bei Temperaturen bis zu 300 Grad. Auch die Vergasung ist ein anderer Vorgang. Das schliesslich fünfte Verfahren heisst „Vapothermale Karbonisierung“, bei dem der Grundstoff mit heissem Wasserdampf behandelt wird.

Nach Angaben des Deutschen Bundesumweltamtes fielen im Jahr 2021 zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen nicht weniger als 16,1 Mio Tonnen Bioabfälle an: Abfälle aus der Biotonne, Grünschnitt aus Garten und Park, Destillationsrückstände und auch Klärschlamm-Kom-post. In Österreich waren es 2019 alleine durch die Sammlung biogener Abfälle aus Haushalten und ähnlichen Einrichtungen knapp 1,059 Mio Tonnen (Statusbericht 2021 zum BAWP). Dies zeigt auf, über welche Mengen, über wieviel Energie hierbei gesprochen werden kann. Doch kann der künstlich erzeugte Humus auch zur Wiederbegrünung erodierter Flächen verwendet werden, was in weiterer Folge zum weiteren Entzug von CO2 aus der Luft durch die Photosynthese sorgt (negative CO2-Bilanz). Übrigens: Der US-Forscher Dominic Woolf hat berechnet, dass in den Boden eingearbeitete Pflanzenkohle nach 100 Jahren noch rund 70 % des Kohlenstoffs im Acker bindet. Geht man davon aus, dass zwei bis drei Kilogramm CO2 in einem Kilogramm Pflanzenkohle gespeichert sind, könnten nach Schätzungen der Wissenschafter im besten Falle jährlich und weltweit bis zu 6,6 Milliarden Tonnen CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden – bei einem Gesamt-Ausstoss von beispielsweise 36,4 Milliarden Tonnen 2021 (Angaben: Global Carbon Project).

Natürlich sind nicht nur deutsche Forscher in diesem Bereich tätig. So arbeiten Wissenschafter der Harvard-Universität an der Nutzung des Kohleschlamms entweder durch Verbrennung oder zum Antrieb spezieller Brennstoffzellen bei einem Wirkungsgrad von rund 60 %. Dabei wird das Kohle-Wasser-Gemisch erhitzt – es entsteht das sog. „Synthesegas“ (Gasgemisch aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff).

C 6 H 2 O + 5 H 2 O → 6 C O + 6 H 2

Aus diesem Gas liesse sich in weiterer Folge durch das „Fischer-Tropsch-Verfahren“ (ein grosstechnisches, heterogenkatalytisches Polymeri-sationsverfahren zur Herstellung von Kohlenwasserstoffen) Benzin her-stellen. Sie sehen also: Die Möglichkeiten wären da, die Grundstoffe zweifelsohne in riesigen Massen vorhanden, doch bleiben die meisten Staaten noch bei den fossilen Brennstoffen! Schade eigentlich – für unser Klima!!!

Lesetipps:†

.) Hydrothermale Karbonisierung; Tobias Helmut Freitag; Studienarbeit 2011 .) Einfluss von HTC-Biokohle auf chemische und physikalische Bodeneigenschaften und Pflanzenwachstum; Ana Gajić; Cuvillier Verlag 2012 .) Teerbildung und Teerkonversion bei der Biomassevergasung – Anwendung der nasschemischen Teerbestimmung nach CEN-Standard; Michael Kübel; Cuvillier Verlag 2007

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Technologie der Zukunft – Wieso nicht schon heute damit beginnen?

„Das ist einfach Unsinn!“

(Herbert Diess, VW-Vorstandschef 2019)

Als ich dieser Tage hinter dem Tankzug eines grossen Gase-Produzenten herfuhr, dachte ich mir so nebenbei: „Was wäre wohl, hätte ich zuhause und im Auto jeweils eine Brennstoffzelle? Wäre der vor mir fahrende LKW mein Jahresbedarf?“ Dann kehrte ich jedoch zu meiner früheren Ansicht zurück und verwarf den Gedanken sofort wieder. Im Chemie-Unterricht der Oberstufe demonstrierte der Lehrer damals die Gefahr von Knallgas (Oxyhydrogen). Dieses hochexplosive Gas entsteht, sobald sich Wasser-stoff (H2) und Sauerstoff (O2) vermischen. Es reicht nun bereits ein kleiner Funken, um das Ganze mit einem lauten Knall detonieren zu lassen! Somit wäre mir dieser Energielieferant also auf jeden Fall zu gefährlich, da jede Autofahrt einem Ritt auf einem Fass Dynamit gleich käme. Das ist wohl auch die Meinung vieler Anderer, weshalb die Mög-lichkeit einer Brennstoffzelle von vornherein ausgeschlossen wird.

Was aber viele nicht wissen: Liegen die Volumensanteile des Wasserstoffs in der Luft bei unter 18 oder über 76 % (bei atmosphärischem Druck), so ist diese Verbindung nicht mehr explosiv! Da jedoch der obere Grenzwert rasch sinken kann, wäre dies wohl erneut ein zu grosses Risiko! Also kommt für die Nutzung von Wasserstoff nur die erste Variante in Frage. Luft-Wasserstoffgemische mit einem Wasserstoffanteil von 4-18 % sind brennbar, aber nicht detonationsfähig! Erfolgt die Verbrennung kon-trolliert über eine Mischdüse, so kann eine dauerhafte Knallgas-Flamme (keine Explosion) entstehen. Während das Knallgas bereits im Jahr 1620 durch Théodore Turquet de Mayerne entdeckt wurde, ist die Entdeckung der Knallgasflamme etwas jüngeren Datums. Aufgrund der hohen Tem-peratur von bis zu 3.000 Grad Celsius eignet sich diese Flamme für Schweiss- oder Schneidarbeiten bzw. findet Anwendung in einer Gold-schmiede oder bei der Herstellung oder der Schmelze von Glas.

Der deutsche Chemiker Christian Friedrich Schönbein führte 1838 erst-mals in Basel einen Versuch mit zwei in Salzsäure eingelegten Platin-drähten durch, die er mit Wasser- und Sauerstoff umspülte. Dabei ent-stand elektrische Energie und Wärme. Sir William Grove präsentierte 1839 die sog. „Galvanische Gasbatterie“ und damit den Vorgänger der Brennstoffzelle. In dieser galvanischen Zelle erfolgt die sog. „Kalte Verbrennung“. Dabei werden Wasser- und Sauerstoff zusammengefügt – es entsteht elektrische Energie und Wärme, die auf unterschiedlichste Weise genutzt werden können. Das Abfallprodukt ist Wasserdampf. Eine solche Brennstoffzelle besteht aus zwei Teilen, die durch einen Elektrolyt voneinander getrennt sind, der Ionen-durchlässig und somit für den Ionen-Transport zuständig ist. In Teil 1 wird über die Kathode Sauerstoff eingeleitet, in Teil 2 umströmt Wasserstoff die Anode. Zwischen Kathode (Minuspol) und Anode (Pluspol) baut sich aufgrund der ablaufenden chemischen Prozesse (auf die ich im Detail nicht eingehen möchte) eine geringe elektrische Spannung auf. Werden nun mehrere solcher Brenn-stoffzellen in Serie aneinandergebaut, so erhöht sich dadurch die Spannung.

Derzeit sind vor allem zwei Brennstoffzellen im Einsatz, die sich einzig durch den Elektrolyten unterscheiden: In der Polymerelektrolyt-Brenn-stoffzelle (PEMFC), besteht dieser Elektrolyt aus der Polymer-Membran, einer dünnen, aber festen Kunststoffhaut. In der Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC) aus der Hightech-Keramik Zirkondioxid, die hitze- und korro-sionsbeständiger ist.

Der grosse Vorteil dieser Brennstoffzellen liegt im Wirkungsgrad: Er bewegt sich zwischen 70-80 %! Soll heissen, dass 60-70 % der verwendeten Energie in Strom umgewandelt werden kann. Bei einer Gasturbine etwa liegt dieser nur bei rund 40 %

bei einem Benziner bei rund 24 und einem Diesel bei rund 40%. Wird nun der Wasserstoff mit Hilfe von Photovoltaik-Strom produziert, so ist die Brennstoffzelle die umweltfreundlichste Art, Energie zu produzieren. In der Raumfahrt kam die Brennstoffzelle bereits in den 1960er-Jahren zum Einsatz.

Bleibt das Problem, wie ich den Wasserstoff in den Tank bekomme, da es eines unheimlichen Mehraufwandes bedarf, den Wasserstoff pur zu tanken. In gasförmiger Form wird ein Druckbehälter von 700 bar benötigt – hier bleibt das Problem mit der geringen Reichweite. Möglich ist also nur das Tanken von flüssigem Wasserstoff. Dieser aber muss in einem Tiefsttemperaturtank auf -253 Grad Celsius gekühlt werden. So wiegt ein Liter Wasserstoff gerade mal 70 Gramm. Beides nicht wirklich wirt-schaftliche Lösungen.

Es muss also eine Verbindung gefunden werden, die sich rasch und leicht tanken lässt, die nicht explosiv oder brennbar ist und die sich rasch wieder trennen lässt. Dibenzyltoluol lautet eine mögliche Lösung: Eine substituierte, aromatische Kohlenwasserstoffverbindung. Diese Flüssig-keit lässt sich mit Wasserstoff „aufladen“ (LOHC). An der Tankstelle lässt es sich wie Benzin oder Diesel tanken. Im Auto wird der Wasserstoff von seinem Trägermedium abgespaltet (endotherme Dehydrierungsreaktion), das beim Tankvorgang abgepumpt und beispielsweise in sonnigen Gebieten mit Photovoltaiktechnologie durch eine exotherme Hydrierungsreaktion wieder „aufgeladen“ wird. Da Dibenzyltoluol jedoch wasser- und gesundheitsgefährdend ist (Wassergefährdungsklasse 2), wird derzeit vornehmlich auf eine andere Art der Wasserstoffgewinnung zurückgegriffen: Aus Erdgas durch einen sog. „Reformer“. Damit sind wir aber erneut bei den fossilen Brennstoffen angelangt, da der Reformer mit Erdgas beheizt werden muss. Allerdings kann hierfür auch CO2-neutrales Bio-Erdgas verwendet werden. Weitere Trägermedien wären: Toluol/Methylcyclohexan, N-Ethylcarbazol, Benzyltoluol, Naphthalin und Azaborine – die beiden Letzteren scheinen allerdings nicht wirklich ausgereift zu sein!

Dennoch finden sich mehr Erdgas-Zapfanlagen als Wasserstofftankstellen (in Deutschland 82 – in Planung weitere 11/in Österreich 5/in der Schweiz 17). Auf 100 km wird rund 1 kg H2 benötigt, der Tank eines PKW fasst derzeit rund 5 kg Wasserstoff. Der Preis etwa in Österreich liegt bei rund 9,- Euro/kg.

Die Vorteile der Brennstoffzellen liegen also ganz klar auf der Hand:

– hoher Wirkungsgrad

– praktisch schadstofffrei

– wartungsarm

Allerdings gibt es auch Nachteile:

– hohe Kosten

– hohe technische Anforderungen

– begrenzte Brennstoffzellen-Lebensdauer

Die Lebensdauer der Brennstoffzelle hängt von der Haltbarkeit der Polyelektrolytmembranen (PEM) ab – das Fraunhofer-Institut arbeitet mit Hochdruck neben anderenen auch an einer Optimierung. Sie liegt bei knapp über 10.000 Stunden – das kommt einer Reichweite von 400-450.000 Kilometern gleich. Als Heizung im Haus kann eine Brennstoffzelle für rund zehn Jahre verwendet werden – sie wird zumeist mit einer Gasheizung kombiniert. In Japan finden solche Heizsysteme aufgrund einer hohen staatlichen Subventionierung reissenden Absatz – seit 2010 ist das System auch für Einfamilienhäuser erhältlich. Hierzulande gilt das „Langweid-Village“ als federführend. In Langweid bei Augsburg werden 62 Wohneinheiten in 30 Doppel- und Reihenhäuser durch Brennstoffzellen beheizt und mit Strom ausgestattet. Die staatliche Förderung in Deutschland wurde gestrichen, die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gewährt unter gewissen Voraussetzungen einen Zuschuss von bis zu 40 % für „Energieeffizient Bauen und Sanieren – Zuschuss Brennstoffzelle“! In Deutschland wird die Brennstoff-zellenheizung inklusive Montage für 30-35.000 Euro angeboten

Folgende Autohersteller haben das Brennstoffzellen-Auto bereits zur Serienreife gebracht:

  • Honda (CR-V FCEV derzeit nur in Japan und Kalifornien erhältlich)
  • Hyundai (Nexo ca. € 77.000 €)
  • Hyundai (iX35 – nurmehr als Gebrauchtwagen)
  • Toyota (Mirai II ca. € 64.000)
  • Renault (Scenic Vision H2-Tech Concept Car – kein Preis entdeckt)
  • Mercedes-Benz (GLC Fuel Cell – aus dem Verkauf genommen)

BMW führte als erster eine Weltumrundung mit einem Wasserstoff-Prototypen (BMW †iX5 Hydrogen – als Pilotflotte seit 2023 im Einsatz – kein Preis bekannt)

Brennstoffzellenautos werden in Österreich im Rahmen der E-Mobilität 2024 vom †Staat gefördert (Bundesländerförderungen sind unterschied-lich).

Im Vergleich zu Elektrofahrzeugen entstehen alsdann bei der Produktion weniger umweltschädliche Abfallstoffe, da der Strom für den Elektromotor nicht aus Batterien stammt, sondern direkt erzeugt wird. Zudem kann durch das Abfallprodukt Wasser auch der Boden gekühlt und das Klima verbessert werden – es wird auch in Trockenzonen zu mehr Regenfällen kommen.

Brennstoffzellen-Fahrzeuge werden künftig vor allem im Personen- und Gütertransport eine gewichtige Rolle spielen. Auch sind mit dem Mireo Plus H von Siemens bei der Deutschen Bahn (seit bereits 2016 auf verschiedenen Strecken – die Werke in Ulm und Tübingen werden derzeit gerade wasserstofftauglich gemacht) und der ÖBB (mit dem Coradia iLint von Alstom seit 2020 auf verschiedenen Strecken) bereits Züge im Linieneinsatz – sehr zufriedenstellend übrigens. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelte bereits im Jahre 2016 einen Flugzeugprototyp mit PEMFC-Brennstoffzellen („HY 4“) – mit der Dornier 328 soll 2025 ein Demonstrationsflugzeug für klimaneutrale Flüge in der Großflugzeugklasse der EASA („CS25“) in Einsatz gehen.

Während die Heizung mit Brennstoffzellen immer interessanter wird, besteht nach Brennstoffzellenautos kaum Nachfrage. Der Hauptgrund hierfür sind vornehmlich die hohen Anschaffungs- und Betriebsmittel-kosten.

Lesetipps:

.) Wasserstoff & Brennstoffzellen – Die Technik von morgen; Sven Geitmann; Hydrogeit Verlag 2004

.) Brennstoffzellentechnik; Peter Kurzweil; Vieweg 2003

.) Brennstoffzellen in der Kraft-Wärme-Kopplung – Ökobilanzen, Szenarien, Marktpotenziale; Krewitt, Pehnt, Fischedick, Temming; Erich Schmidt Verlag 2004

.) Fuel Cells; Noriko Hikosaka Behling; Elsevier B. V. 2013

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Österreich wählt – Chance für die Zukunft oder Rückfall in die Vergangenheit?

Am 29. September wählt Österreich seine politische Vertretung des Nationalrates (28. Nationalratswahl) und somit auch indirekt eine neue Regierung, da wohl jene Partei mit der Regierungsbildung beauftragt werden wird, die die meisten Stimmen erhält. Das wäre wohl, gemessen an den letzten Umfragen, die FPÖ.

Viele Wahlbürger werden wieder nicht zur Urne gehen, viele andere das wählen, was sie seit Jahren wählen. So manch Anderer wird Protest wählen. Doch gehört es wohl zur Mündigkeit des Wählers, sich vorher genau zu erkundigen, welche Zukunft er sich mit dem Kreuz auf dem Wahlzettel ausgesucht hat bzw. erhalten wird. Deshalb möchte ich in diesem Blog jeweils einen kurzen Blick in das Wahlprogramm der Parteien wagen und dies genauer beleuchten. Ob sich dann die Parteien später daran halten werden, ist – wie schon so oft in der Vergangenheit erlebt – ein ganz anderes Kapitel.

Einige der Parteien haben es mir leicht gemacht, und vieles auf den Punkt gebracht, sodass das Programm auch tatsächlich lesbar ist! Vielen Dank dafür! Andere haben Wert auf Quantität gelegt – man möge mir ver-zeihen, wenn ich hier über einen Grossteil nur hinweggelesen habe – Politikerdeutsch. Doch eines ist mir aufgefallen: Die Österreichische Volkspartei ist mit Unterbrechung der Expertenregierung Bierlein (vom 3. Juni 2019 bis zum 7. Januar 2020) seit 21. Januar 1987 (Regierung Vranitzky II) in den unterschiedlichsten Konstellationen an der Regierung beteiligt (nicht selten federführend) und wirft jetzt einen Wälzer mit 270 Seiten unter’s Volk! Mir persönlich stellt sich da die Frage: Hat denn die ÖVP so vieles falsch gemacht oder liegengelassen, dass es dermassen viele Baustellen im Land gibt?

Ach ja – wenn wir schon gerade dabei sind: Dieser Blog erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit und Objektivität! Das überlasse ich den Kolleginnen und Kollegen, die (hoffentlich vom Richtigen) für diese Objektivität bezahlt werden, und den alternativen Medien, die ohnedies den Alleinanspruch auf die wirkliche Wahrheit stellen. Der Blog ist viel-mehr eine kritische Auseinandersetzung und somit vergleichbar mit einem Kommentar, in welchem ohnedies stets eigene Meinung einfliesst. Nicht, dass ich wieder mit Protesten überhäuft werde! Wen es interessiert, der ist dazu eingeladen, die sicherlich auch nicht wirklich objektive Infor-mation in den jeweiligen Wahlprogrammen nachzulesen!

Alsdann – auf geht’s in alphabetischer Reihenfolge!

.) Die Grünen („Nationalratswahlprogramm 2024 – Wähl, als gäb’s ein Morgen!“)

Spitzenkandidat: Werner Kogler

†https://gruene.at/nrwprogramm24/††

†Die Grünen sehen ihre Schwerpunkte wie zu erwarten im Klima- und Naturschutz, der Mobilität und dem Wohlstand. Dafür muss ein Büro-kratieabbau erfolgen – für schnellere Genehmigungsverfahren bei Wind-kraftanlagen und Sonnenstromanlagen sowie verpflichtende Sonnenkraft-werke auf jedem neuen Gewerbeparkplatz. Weg von den fossilen Brenn-stoffen! Bereichsüberschreitend bedeutet dies den Ausbau des Klima-Tickets und der Nachtzüge in ganz Europa, die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene und ständige Vorfahrt für ÖPNV-Projekte. Der Naturschutz bedeutet v.a. eine verbindliche Bodenschutzstrategie mit einer Beschränkung des Flächenverbrauchs auf 2,5 ha pro Tag. Hand in Hand mit dieser Bodenschutzstrategie gehen Trinkwasserschutz, Hoch-wasserschutz, Nahrungsmittelschutz sowie Tierschutz (Erhalt der natürlichen Lebensräume). Fliessgewässer sollen wieder in ihren ursprünglichen Zustand renaturisiert und kleine sowie mittelgrosse land-wirtschaftliche Betriebe unterstützt werden. Im Bereich der Mobilität soll der öffentliche Vertkehr auf Kosten des Individualverkehrs ausgebaut werden. Daneben denken die Grünen über Steuervorteile für jene Menschen nach, die täglich mit dem Rad zur Arbeit pendeln. Dringend erforderlich wäre auch der Ausbau der Bahn, damit die Kurzstreckenflüge eingestellt werden können. Der Wohlstand bezieht sich vornehmlich auf die Wirtschaft: Einbeziehung der gut ausgebildeten Migranten, die derzeit grossteils noch nicht arbeiten dürfen, Rückholung der Wertschöpfungs-ketten nach Europa, klimaneutraler Wohnbau bis 2040 und die Umstellung auf eine nachhaltige Wirtschaft. Für den Einzelnen würde sich die grüne Regierung wie folgt auswirken: 35-Stunden-Woche, eine faire Millionärssteuer zugunsten des Gesundheitssystems und ein nachhaltiger Tourismus mit Qualität anstelle der Quantität. Ebenso wie die NEOS fordern auch die Grünen eine Pensionsreform. Daneben leistbaren, ökologischen Wohnbau und gesetzlich festgelegte Höchstmieten, aber auch eine Wasser-Versorgungsgarantie. Besonders „durstige“ Grossver-braucher aus Industrie und Landwirtschaft sollen schrittweise auf die Regen- und Nutzwassernutzung umgestellt werden. Weitere Punkte: Entsiegelung in den Städten, Ackerschutz und Kampf gegen die Kinderarmut. Einiges davon hätte durchaus in den vergangenen Jahren in kleinen Schritten umgesetzt werden können, auch wenn sich die ÖVP quergestellt haben sollte. Dann hätte sich zumindest etwas getan!

Die Grünen erklären sich erneut als regierungsbereit!

.) Freiheitliche Partei Österreichs FPÖ („Festung Österreich, Festung der Freiheit“)

Spitzenkandidat: Herbert Kickl†

https://www.fpoe.at/artikel/fpoe-praesentierte-wahlprogramm-festung-oesterreich-festung-der-freiheit-1/

Mit 92 Seiten ist auch das Programm der FPÖ nicht der kleinsten einer. Ganz am Ende übrigens steht die Forderung, den Gebrauchshundesport beibehalten zu wollen! Und ganz am Anfang: „Als Volkskanzler …!“ Nun – daneben liegen die Schwerpunkte der Freiheitlichen in der Wiederer-langung der Verfügungsgewalt der Republik, mehr Selbstbestimmung des Bürgers durch beispielsweise die direkte Demokratie in Form von Volksinitiativen. Interessant in diesem Zusammenhang war die hohe Zahl an Volksbegehren während der türkis-blauen Regierung, die zuhauf mit den Stimmen der Regierungsparteien zurückgewiesen wurden – beim 2. GIS-Volksbegehren enthielt sich die FPÖ (das 1. GIS-Volksbegehren kam von den damals noch oppositionellen Freiheitlichen – auch in diesem Programm als „Zwangsabgabe“ bezeichnet). Auch wurden viele Gesetzes-entwürfe ohne Begutachtung durch die Regierungsparteien durchge-wunken. In diesem Zusammenhang favorisieren sie heute die Volks-befragung – ähm? Das Thema „Demokratie“ soll an den Schulen unterrichtet werden. Wer seit Jahren in Österreich lebt und nicht um die Staatsbürgerschaft ansucht, wird nach Ansicht der FPÖ nicht integrationswillig sein. Gefordert wird zudem eine Aufarbeitung der Corona-Zeit und eine komplette Rückerstattung der verhängten Strafgelder. Jeder solle die Möglichkeit haben, sich unabhängig informieren zu können. Hierbei fordern die Freiheitlichen eine ORF-Reform. Es sei erwähnt, dass das ORF-Gesetz ebenfalls während der türkis-blauen Regierung ohne Begutachtung im Nationalrat durchgeboxt wurde. Die FPÖ bekennt sich zur traditionellen Familie und erwähnt in diesem Zusammenhang das Wort „permanente Transgender-Gehirn-wäsche“! Im selben Kapitel ist auch die Rede von der Remigration „der wesentlich grösseren Gruppe am Menschen, …, die uneingeladen nach Europa gekommen sind!“ (siehe hierzu mein vorhergehender Blog zu diesem Wort!). Die FPÖ spricht sich zudem gegen die volle Digitalisierung der Gesellschaft zum Zwecke der Überwachung und für den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel aus – allerdings nicht auf Kosten der Individualmobilität. Erst dann geht es in die Forderungen auch der anderen Parteien: Leistbarer Wohnraum, Lockerung der Kredit-Vergabe-Kriterien, … Im Gesundheitsbereich müsse jeder Einzelne durch die Eigenverantwortung ohne Bevormundung entscheiden können. Im Sicher-heitsbereich wird eine Rekrutierungsoffensive gefordert, damit sich die Bürger wieder sicher fühlen können. Auch hier agierte die Regierungs-partei FPÖ ganz anders als die Oppositions-FPÖ: Der damalige Innenminister Kickl ordnete eine Razzia beim Bundesverfassungsschutz (BVT) an, da dieser im rechtsextremistischen Milieu nachrichtendienstlich ermittelte. In Sachen Arbeitspolitik lehnt die FPÖ die Trennung in Arbeitgeber- und Arbeitnehmerpolitik ab, es müsse vielmehr als „kommunizierende Gefässe“ betrachtet werden. Auch die FPÖ fordert eine Entlastung für Klein- und Ein-Personen-Unternehmen. Und das Sub-sidiaritätsprinzip: Höhere Institutionen sollen nur dann zuständig sein, „wenn für die Erledigung einer Aufgabe die Kompetenzen und Möglichkeiten auf den unteren Ebenen nicht ausreicht“! Auch hier bestehen Diskrepanzen zwischen der Regierungs-FPÖ, die damals alles in Wien zentral lenken wollte, und der Oppositions-FPÖ!

Die FPÖ stellt Regierungsanspruch!

.) Kommunistische Partei Österreichs KPÖ („Programmatische Eckpunkte“)

Spitzenkandidat: Tobias Schweiger

https://www.kpoe.at/wp-content/uploads/2024/08/2024-08_A5_Wahlprogramm.pdf

Die Kommunisten beginnen mit dem Grundrecht Wohnen, gehen über in ein leistbares Leben, dem Klima, der Neutralität bis zur Gesundheit! Im Einzelnen: Das „Wohnparadies Österreich“ ist ein Mythos, der auf längst vergangenen Errungenschaften aufbaue. Wohnpolitik ist Sozialpolitik, meint die KPÖ, und ein Grundbedürfnis! Derzeit verfügen nach Angaben der Partei die reichsten 10 % der Bevölkerung über 80 % der vermietbaren Wohnimmobilien. Die KPÖ fordert deshalb die Aufnahme des Wohnens als Grundrecht in die Verfassung. Das führt zu einem Rechtsanspruch auf Wohnraum. Die Forderung, wonach die Wohnkosten ein Viertel des zur Verfügung stehenden monatlichen Budgets betragen dürfen, ist dabei wohl nur ein sehnlicher Wunschtraum für viele. Parallel dazu gehöre das Mietrechtsgesetz reformiert – es müsse weniger ver- als vielmehr mieter-konform ausgerichtet werden. Weitere Schwerpunkte: Mietpreis-deckelung, keine befristete Verträge und offensiver öffentlicher Wohnbau. Im leistbaren Leben gehe es um das Prinzip: „Löhne rauf, Preise runter!“. Hierfür sollten die Preise reguliert werden und die Löhne bei guten Arbeitsbedingungen steigen (Mindestlohn: 2.400 €). Zudem bedürfe es einer Grundversorgung bei Energie, Pflege und Kinderbetreuung. So müsse der Energie-Grundbedarf kostenlos zur Verfügung stehen, danach die Kosten progressiv steigen. Dies führe zu einem sparsameren Umgang bei Energie und Heizen. Die Arbeitszeit müsse auf 30 Stunden pro Woche reduziert werden, damit mehr Zeit für Familie und Erholung übrig bleibe. Zudem müssten die Sozialleistungen wie auch die Pensionen, das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe auf ein Mindestniveau ange-hoben werden. Das würde aber ein riesiges Loch ins Budget reissen! Wie dieses gestopft werden könnte, zeigen die bereits gewählten Mandatare der KPÖ auf: Sie behalten von ihren Gehältern ein Facharbeitersalär, der Rest geht an Menschen in Not. Apropos Pensionen: Nein zur Erhöhung des Eintrittsalters und eine Durchrechnung über 15 Jahre. Hiervon würde v.a. Frauen profitieren. Ferner könnten durch eine erhöhte Körper-schaftssteuer auf Übergewinne und eine Unternehmens-Beteiligung des Staates bei Subventionen in Betriebe sinnvollere Wirtschaftsakzente gesetzt werden. Ganz allgemein will die KPÖ „die Reichen zur Kasse bitten und die Massen entlasten“! Die kommunistische Klimapolitik sähe so aus: Anstatt der Subventionen an Private und Unternehmen (wovon am meisten die Reichen profitieren), sollen die Gemeinden eine jährliche Milliarde für erneuerbare Energieprojekte im kommunalen Eigentum (etwa Energiegenossenschaften) erhalten. Der Strom der Erzeuger soll in einen Strompool fliessen, der in einen regulierten Bereich und einen nach Marktpreisen unterteilt wird. So könnten sich die Kunden entscheiden, welcher Preis ihnen sympathischer erscheint. Auch die KPÖ fordert den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und ein soziales Klimaticket. Umweltschädliche Industrien (allen voran Rüstungsbetriebe) sollten zu sozial- und ökologisch nachhaltigen, grünen Betrieben umgebaut werden. Auch die Landwirtschaft muss nachhaltiger und kleine bis mittelgrosse Bauernhöfe mehr gefördert werden. Die Neutralität ist rasch erklärt: „Frieden durch aktive Neutralität“! Nein zur Aufrüstung und zurück zum ursprünglichen Gedanken der immerwährenden Neutralität. Im Gesundheitsbereich fordert die KPÖ eine klassenlose Medizin, eine Stärkung der Pflege zuhause sowie eine Entlohnung für Pflegepersonal bereits in der Ausbildung. Ferner sollte die Höchstbeitragsgrundlage gestrichen werden, sodass jene, die sehr gut verdienen, auch mehr in das Gesundheitssystem einzahlen müssten („Solidarische Finanzierung des Gesundheitssystem“).

†Die KPÖ möchte in den Nationalrat einziehen!

.) NEOS („Manifest für die Nationalratswahl 2024“)

Spitzenkandidatin: Beate Meinl-Reisinger

https://www.neos.eu/_Resources/Persistent/2e07290a086b7a56de6086abf83a3fc1a28685fc/NEOS_

†Die NEOS setzen ihre Schwerpunkte auf „enkelfit“, „clever“, Fortschritt und „unternehmerisch“. Ein Österreich, das durch Reformkraft in Wohlstand, Freiheit und sozialem Zusammenhalt wieder aufblühen soll. Lassen Sie mich das etwas genauer erläutern! „enkelfit“ bedeutet, eine andere Bildungspolitik, damit alle Kinder etwas vom Bildungs-Kuchen haben sollen. Das Budget soll komplett saniert werden, damit nicht jedes Ungeborene bereits mit einem riesigen Schuldenrucksack zur Welt kommt („Ausgabenbremse“). Allerdings ohne neuer Steuern oder Steuerer-höhungen! Wie das gemacht werden soll – das ist dann wohl „clever“! Hierfür bedarf es nicht zuletzt einer Pensionsreform zu einem gerechten und nachhaltigen Pensionssystem: Individuell flexibel und unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung! Au Backe – hehre Ziele, an welchen seit Jahrzehnten gewerkelt wird, doch eine wirkliche Lösung blieb bislang aus. Berücksichtigt man, dass aktuell und in den kommenden Jahren die Baby-Boomer und damit ein Grossteil der bislang in die Pensionskassen einzahlenden Menschen in die Pension gehen bzw. gehen werden, wohl eine schier unlösbare Aufgabe, da der Generationenvertrag mehr als hinkt: Gut bezahlte Fachkräfte, die fleissig in die Pensionskassen einbezahlt haben, gehen wohlverdient in den Ruhestand und werden durch teils unausgebildete Schulabbrecher als Hilfskräfte ersetzt! Gut ausgebildete Migranten dürfen in den meisten Fällen nicht in ihrem Ausbildungsjob tätig sein! Um dies zu verhindern, fordern die NEOS einen Deckel für Pensionszuschüsse, eine Teil- und flexible Pension und ein automatisches Pensionssplitting. In die Budgetsanierung sollen auch die Länder mehr eingebunden werden: Aufgabenorientierter Finanzausgleich, Steuerautonomie, Einnahmen- und Ausgabenverantwortung stärker zusammenführen (führt das nicht zu neun anstatt bislang einem ausufernden Schuldenbudget?) und einer Verwaltungsreform inklusive der Abschaffung des Bundesrates. Das befürworte ich seit Jahren, da der Bundesrat schon längst nicht mehr die Länderkammer als vielmehr eine gut bezahlte Politikerpension ist und Entscheidungen wie im Nationalrat nach Fraktionen gefällt werden. Welchen Sinn macht da die Landeshauptleutekonferenz, die nur als informelles Gremium gilt und keinerlei Entscheidungsvollmacht hat? Im Gesundheitsbereich fordern die NEOS eine Pflegereform sowie die Entlastung der Spitäler durch die niedergelassenen Ärzte und Heilberufe. Die Finanzierung dieses Bereiches soll zentral geführt werden! Aus der Pflichtversicherung soll eine Versicherungspflicht werden – bei freier Kassenwahl! Ähm – aufgrund der sündhaft teuren Zusammenführung vieler Versicherungen durch die türkis-blaue Regierung gibt es nicht wirklich viele Alternativen mehr – etwa im Vergleich zu Deutschland! Positiv zu erwähnen: Die geforderten Primärversorgungszentren! Daneben werden flächendeckende Impfungen in der Schule gefordert! Und ja: Eine kontrollierte Abgabe von Cannabis für die Großen.

Die NEOS erklären sich für regierungsbereit!

.) Österreichische Volkspartei ÖVP („Österreichplan: Das Programm“)

Spitzenkandidat: Karl Nehammer

https://www.karl-nehammer.at/das-programm

Volle Granate schiessen die Türkis/Schwarzen bereits im Vorwort die Schwerpunkte ihres Programmes raus: Überstunden steuerfrei, Arbeit in der Pension abgabenfrei, Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer, Nein zu Vermögens- und Erbschaftssteuern, Senkung der Lohnneben-kosten um 0,5 % pro Jahr, Gesetze und Regeln mit Ablaufdatum (weniger Bürokratie!), KI-Anwendungen im öffentlichen Dienst, starke Landwirt-schaft etc. etc. Mich wundert dabei, dass die Volkspartei all diese Punkte nicht schon in ihren (wie vielen Legislatur-Perioden) Regierungsjahren umgesetzt hat!? Vieles davon ist – so ganz nebenbei erwähnt – überhaupt mir nichts, dir nichts nicht umzusetzen! Als Beispiel – die Lohnneben-kosten: Wie soll das entstehende Loch gestopft werden, wenn diese Versprechungen eingehalten werden? Von den Reichen kann das Geld nicht kommen, da eine Vermögens- und Erbschaftssteuer abgelehnt wird. Arbeit in der Pension abgabenfrei, Senkung der Lohnnebenkosten – das bedeutet ja wohl auch, dass Kranken- und Pensionsabgaben gekürzt werden! Auch wenn die entsprechenden Kassen bisher noch riesige Glaspaläste errichteten, geht’s bereits seit Jahren um die Sicherung der staatlichen Pensionen! Wie bereits vorher beschrieben, werden die Babyboomer in den kommenden Jahren in Pension gehen – somit fehlen dann auch deren Beiträge in der Pensionskasse. Die Krankenkassen schreiben schon aktuell tiefrote Zahlen – Tendenz: Steigend! Durch die Zusammenlegung der Sozialversicherungen unter der türkis-blauen Regierung ist es noch schlimmer geworden. Auf die versprochene Milliarde Einsparung wartet Österreich noch heute – die Defizite hingegen werden immer grösser! KI-Anwendungen im Öffentlichen Dienst bedeutet dementsprechend auch Wegfall der Stellen! Trotzdem sollen neue Stellen geschaffen werden! Beisst sich da die Katze nicht in den eigenen Schwanz? OK – weg vom Vorwort – hin zum Wahlprogramm! Im Wissenschaftsbereich fordert die ÖVP mehr MINT- und FH-Studienplätze! MINT bedeutet Mathematik/IT/Naturwissenschaften und Technik. Studienplätze wären im Alpenland eigentlich genügend vorhanden. Doch belegen diese zu einem nicht unwesentlichen Teil ausländische Studierende, die nicht gehalten werden können, da sie wieder in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Oder – einheimische Studienabgänger werden direkt von der Uni weg ins Ausland abgeworben. Ist Österreich etwa zu wenig attraktiv für Akademiker? Im Tourismus wird mit Qualität vor Quantität geworben! Frage eines Unbedarften: Sind das etwa die beheizten Sitze beim Sessellift? Anstatt dessen werden Grossprojekte durchgewunken, die einzig dazu führen, dass wesentlich mehr Urlauber angelockt werden sollen: Zusammenlegungen von Schigebieten, riesige Beschneiungsanlagen, …! Die Preise sind inzwischen derart gestiegen, sodass sich auch Einheimische keinen Urlaub mehr in Österreich leisten können. Das Ranking der Herkunftsländer führt nach wie vor Deutschland an. Dort hat inzwischen auch der Mittelstand Existenzängste! Übrig bleiben die Reichen, die heute mal da, morgen mal da ihren Urlaub verbringen – was gerade angesagt ist! Österreich ist bekannt für seine Kultur. Die Türkisen versprechen eine „soziale Absicherung für Künstlerinnen und Künstler“. Kulturschaffende an der Basis wissen um die Probleme beim Ansuchen um Förderungen. Dafür werden zig-Millionen in die angebliche „Hochkultur“ geschossen. Viele dieser Organisatoren sind hingegen betriebswirtschaftlich geführte Unternehmen, die ohne öffentlicher Gelder nicht mehr auskommen können, da der Anspruch des Publikums nach internationalen Stars immer grösser wird, die selbst-verständlich auch nicht günstiger werden. Nicht dass ich missverstanden werde: Das Geld der sog. Hochkultur sollte nicht unter den Volkstanz- oder Schuhplattlergruppen aufgeteilt, sondern wesentlich besser verteilt werden. Zum Thema „starke Frauenpolitik“: Hier muss ein starkes Lob ausgesprochen werden: Schliesslich sind unter 26 Vorschlägen der Bundesliste 13 Frauen – gereiht jeweils nach einem Mann! Natürlich wird sich hier nicht zuletzt aufgrund der Vorzugsstimmen und parteiinternen Personalentscheidungen noch einige ändern! Dennoch: Ein Schritt in richtiger Richtung!

Die ÖVP stellt erneut den Regierungsanspruch!

.) Sozialdemokratische Partei SPÖ („Unser Plan für Österreich“)

Spitzenkandidat: Andreas Babler

https://www.spoe.at/wahlprogramm2024/

Die SPÖ verweist als erstes auf den Ende 2023 durch den Bundes-vorsitzenden Babler eingesetzten Expertenrat mit Mitgliedern aus allen Bereichen der Gesellschaft. Ein Grossteil des Programms stamme aus diesem Ursprung. An erster Stelle ist die Entlastung der österreichischen Bevölkerung gelistet. Dies solle durch die Einfrierung der Mietpreise, dem Zinspreisdeckel für Häuslebauer (auf 3 %), dem Vorrang des gemeinnützigen Wohnbaus, der Regulierung der Energiepreise, einer verstärkten Preisaufsicht und der Senkung der Preise für Grund-nahrungsmittel erreicht werden. Aufbauend auf einer OXFAM-Studie, wonach eine durchschnittliche österreichische Familie mehr Steuern als ein Millionär bezahlt, fordert die Sozialdemokratie die Einführung von gerechten Millionärssteuern, sowie der Erbschafts- und Schenkungs-steuer auf Millionenvermögen. Daneben soll in der staatlichen Verwaltung gespart werden, insbesondere bei Beraterstäben und Regierungs-PR. Ein weiterer Schwerpunkt betrifft die Wertschätzung v.a. in den Berufssparten Gesundheit, Pflege und Sozialdienste. Projekte in Portugal, Island und Deutschland haben nachgewiesen, dass die 4-Tage-Woche zu mehr Produktivität führen. Deshalb tritt die SPÖ in diesem Wahlkampf dafür ein – wird allerdings in den Gesundheits- und Pflegeberufen wohl zu noch mehr Personalnot führen. Hier könnten allerdings vereinfachte Nostri-fizierungsverfahren helfen: Die Anerkennung der im Ausland erworbenen Studienabschlüsse und Berufsausbildungen. Im Bereich des Klima- und Naturschutzes wird ein effektiver Wasserschutzplan gefordert, damit sauberes Trinkwasser auch weiterhin garantiert ist. Ähnlich wie bei den Grünen soll bei Grossverbrauchern wie Industrie und Landwirtschaft eine Lösung gefunden werden. Apropos: Gegen die Abnahme der Biodiveristät (Artenvielfalt) müsse sofort vorgegangen werden, da sich lt. Studien 82 % aller Arten „in einem ungünstigen Erhaltungszustand“ befänden. Die SPÖ empfiehlt hierzu ein Biodiversitäts-Budget, ein -Monitoring und einen -Check für Gesetze. In der Mobilität soll ebenfalls dem öffentlichen Verkehr Vorrang eingeräumt werden: Kostenloses Klimaticket für Unter-18-Jährige, Stärkung von Bus- und Bahnlinien, Schiene vor LKW (flächendeckende LKW-Maut), Besteuerung von Flugkerosin und mehr E-Ladestellen durch die öffentliche Hand. In der Landwirtschaft sollte das Fördersystem reformiert werden. Anstatt der grossen industriellen Landwirtschaftsbetrieben sollen die mittleren und kleinen Betriebe mehr Subventionen erhalten. Vehement gegen Privatisierungen im Gesundheitsbereich setzen sich die Sozialdemokraten ein: Es dürfe nicht sein, dass Beitrags- oder öffentliche Gelder „in die Taschen privater Finanzinvestoren“ fliessen.

Die SPÖ stellt Regierungsanspruch!

Sie sehen: Es wird von vielen erneut das Blaue vom Himmel herunter versprochen, vieles ist gar nicht umsetzbar! Die Vergangenheit hat bewiesen, dass viele Wahlprogramme zwar gut klingen, jedoch meist das Papier nicht wert sind, auf das sie geschrieben wurden.

Aktuelle Umfragen zwei Wochen vor der Wahl besagen, dass sich viele noch uneins sind, wen sie wählen wollen – das könnte unter Umständen auch an denselben ähnlichen Forderungen der Parteien und dem parteienübergreifenden (ausser der KPÖ) Wunsch nach Wohlstand liegen. Zu sehr ähneln sich die Parteien, unterscheiden sich dann aber immens bei der Umsetzung des Programmes. 40 % der Befragten wissen allerdings, wen sie nicht wählen!

Meine Bitte an Sie: Gehen sie am 29. September zur Wahl! Nutzen Sie ihr demokratisches Recht – in vielen anderen Ländern wünscht sich das die Bevölkerung, darf aber nicht! Wählen sie die Volksvertreter Ihres Vertrauens, welchen Sie es zutrauen, den Anforderungen gewachsen zu sein und Österreich in den kommenden fünf Jahren in eine gute Zukunft führen werden. Sollten Sie hingegen Protest wählen, so sollten Sie davor zumindest in groben Zügen darüber informiert sein, für welche Grund-sätze die Partei steht!

Vielen Dank hierfür!

PS:

Verzeihen Sie mir, den von mir gewählten Konjunktiv (Möglichkeitsform); die Zukunft wird’s weisen, was davon wie umgesetzt werden wird!

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Zu sauber – zu ungesund!

Mein Gott – was würde denn der gute alte „Meister Propper“ dazu sagen, dass er plötzlich arbeitslos wurde und möglicherweise als Strassenkehrer in der Gosse landet?! Mehrere Studien haben – unabhängig voneinander – aufgezeigt, dass aggressive, chemische Reiniger nichts im Haushalt zu suchen haben sollten. Dies hat unterschiedliche Gründe, auf die ich im Folgenden etwas genauer eingehen werde. Fakt aber ist:

„Zu sauber ist ungesund!“

Wir verwenden sie nahezu täglich in unseren eigenen vier Wänden: Reinigungs- und Waschmittel! Es sind unglaubliche Zahlen: Alleine in Deutschland pro Jahr rund 319.000 Tonnen Reinigungs- und Pflegemittel (Allzweck- oder Sanitärreiniger beispielsweise), 173.000 Tonnen Geschirrspülmittel für die Maschine und etwa 139.000 Tonnen Geschirr-spülmittel für die Hand! Material im Wert von 4,8 Milliarden Euro! Haben Sie sich vielleicht schon mal Gedanken darüber gemacht, dass viele dieser Produkte nicht nur starker Tobak für die Kläranlagen sind, sondern auch direkt unsere Gesundheit angreifen? Experten empfehlen deshalb das „Nachhaltige Reinigen“! Das bedeutet, dass beim Kauf der Produkte Wert auf Reiniger gesetzt werden sollte, die zwar eine hygienische Reinigung ermöglichen, aber die Gesundheit und Umwelt nicht angreifen und zudem sparsam verwendet werden können. Besonders empfehlenswert sind Produkte mit dem deutschen Level „Blauer Engel“, dem „Öster-reichischen Umweltzeichen“ oder der europäischen „Euroblume“! Aber auch hier gilt: Die Dosierung richtet sich nach dem Grad der Verschmutzung!

Zu den Einzelheiten:

.) Gesetzlich geregelt ist, dass die Tenside, die in jedem Putz- und Waschmittel enthalten sind, biologisch abbaubar sein müssen, da sie etwa in der Kläranlage ansonsten grossen Schaden anrichten können. Unter einem Tensid versteht man eine Substanz, die die Oberflächen-spannung bzw. Grenzflächenspannung zwischen zwei Phasen in einer Flüssigkeit herabsetzt und dadurch eine Vermengung zweier ansonsten nicht mischbarer Flüssigkeiten ermöglicht (Wasser und Öl etwa). In früheren Zeiten erledigte dies die Seife – inzwischen werden die unterschiedlichsten Stoffe dafür eingesetzt. Tenside, um genauer zu sein „Detergentien“ sind synthetisch-organische Verbindungen als wasch-aktive Substanzen, die beispielsweise in Wasch- und Spülmitteln, aber auch in Haarwaschmitteln enthalten sind. Die „harten Detergentien“ sind in Deutschland seit dem 01. Dezember 1962 verboten (in Österreich ebenfalls mit dem aktuellen §71 ChemG 1996) sowie in der EU durch die Verordnung (EG) Nr. 648/2004 über Detergenzien vom 8. Oktober 2005 strafbar, da sie durch Pilze oder Bakterien nicht abgebaut werden können. Die „weichen“ allerdings können zu rund 80 % abgebaut werden.

Neben diesen Tensiden sind allerdings auch Stickstoff- und Phosphor-Verbindungen sowie Duftstoffe in Reinigungsmittel enthalten, deren Konzentration nur durch die Grenze zum Industriereiniger gesetzlich limitiert sind (und somit nur mit entsprechender Ausbildung verwendet werden dürfen).

.) Phosphor- und Stickstoffverbindungen

Diese führen zu einer Überdüngung (Eutrophierung) der Gewässer. Der nächste Schritt sind grosse Algenteppiche in den als Auffangbecken dienenden Seen oder dem Meer. Bestes Beispiel: Der Bodensee! Durch den flächendeckenden Einsatz von Kläranlagen entlang der Zuleitungs-flüsse wie Rhein oder Bregenzerach konnte das Wasser so von Phosphor bzw. Stickstoff gesäubert werden, sodass nicht mal mehr die Fische genug Algen als Nahrung finden.

.) Duftstoffe

In vielen Duftstoffen können Allergene enthalten sein, die direkt zu gesundheitlichen Prolemen führen können. Bis zu 200 unterschiedliche Stoffe gehören zur Mixtur. Chemikerin Dr. Silvia Pleschka vom Deutschen Allergie- und Asthmabund warnt davor, dass einige davon zu Atemnot, Schwindel, Hautjucken und tränenden Augen führen können. Und Reinigungseffekt – ist nischt! Auch andere „Raumbedufter“ wie Raum-spray sind nicht sinnvoll. Besser gegen Gerüche ist mehrmaliges Stoss-lüften am Tag!

„Einen Haushalt bekommt man nie keimfrei – und das ist auch gar nicht nötig. Man kann viel Chemie einsparen, wenn man das richtige Putzmittel für seinen bestimmten Zweck einsetzt.“

(Bernd Glassl vom dt. Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel)

Was nun kann im normalen Haushalt verwendet werden?

Allzweckreiniger oder spezielle Reinigungsmittel wie Bad- oder Küchen-reiniger bzw. Spülmittel sind durchaus ausreichend. Scheuermilch oder ein saures Reinigungsmittel auf Zitronensäurebasis zählen ebenfalls dazu. Nur in wirklich seltensten Fällen sollten Desinfektionsmittel oder Reiniger mit einem hohen Säure- oder Laugenanteil unter unbedingter Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen verwendet werden (Sprühnebel etwa eines Chlormittels gelangt durch Tröpfchen auch in die Lunge!). Vor allem professionelle Reinigungskräfte leiden deshalb vermehrt unter gesundheitlichen Problemen. Alle drei (Säure, Lauge, Desinfektion) sind nur schwer abbaubar und belasten die Kläranlagen sehr stark. So töten sie etwa auch die „guten“ Bakterien ab, die in der biologischen Reinigung des Abwassers eingesetzt werden.

Der Schwamm hat ausgedient – Experten raten zur Mikrofaser, da diese über eine zusätzliche Bürstenfunktion verfügt, die auch mechanisch dem Schmutz an den Kragen geht.

Wie belasten nun die Reiniger die Gesundheit? Studien haben nach-gewiesen, dass in Haushalten, die peinlichst rein gehalten werden, vielfach Allergien auftreten. Dies liegt einerseits in den in den Putzmitteln und Duftstoffen enthaltenen Enymen. Andererseits bekommt das Immunsystem nichts mehr zu tun und schaltet auf Reservebetrieb. Kommt nun ein Schwall von Allergenen wie bei Pollen oder Hausstaub auf den Menschen nieder, reagiert das Immunsystem zu stark! Es kann zu entzündlicher Erkrankungen wie Allergien, Autoimmunitäts- und entzündlichen Darmerkrankungen kommen. Vor allem das kindliche Immunsystem benötigt den Kontakt zu Krankheitserregern wie auch Mikroben, um sich auf derartige störenden Umwelteinflüssen einzu-stellen. So schreiben Graham Rook vom University College London und Sally Bloomfield von der London School of Hygiene and Tropical Medicine, dass eine zu intensive Bodenreinigung nicht förderlich ist (Bodenflächen gelten als weniger mit Mikroben kontaminiert). Hier gelte es, zwischen sinnvoller Sauberkeit und übertriebener Massnahmen abzuwägen. Die beiden Wissenschaftler zogen einen sehr interessanten Vergleich: So unterschieden sich in früheren Zeiten (Höhlenmenschen, Häusern aus Tierdung, Stroh, Holz, Erde, Lehm oder Stein) die darin lebenden Mikroben (wenn überhaupt) dann nur unwesentlich von den Mikro-organismen der natürlichen Umgebung. Das aber hat sich mit dem modernen Hausbau (vornehmlich in der Stadt) geändert. Deshalb sollte man den Kontakt zu den natürlichen Mikroorganismen ausserhalb des Hauses suchen! Ergo: Die penible Reinlichkeit im Haus schützt keines-wegs vor Allergien!

„Panik vor Staub und Keimen ist genauso falsch wie Gleichgültigkeit!“

(Hanne Tügel, Journalistin und Buchautorin)

Hanne Tügel warnt ebenfalls davor: Staub auf Möbeln ist zwar unschön, doch weitaus harmloser als das ungenügend abgespülte Schneidbrett in der Küche. Das kommt mit rohem Fleisch, Fisch oder auch ungeputztem Gemüse in Kontakt! Eine Brutstätte für Krankheitserregern wie etwa den Salmonellen.

Weiters:

  • Reinigungsmittel mit quartären Ammoniumverbindungen können Ursache für asthmatische Erkrankungen sein
  • Viele Reinigungsmittel enthalten Enzyme, die vom Körper als Allergene wahrgenommen werden
  • Das Waschen von Obst und Gemüse vor dem Verzehr ist ebenso wichtig, wie das Händewaschen mit Seife nach dem Toilettengang (um entzündlichen Darminfektionen vorzubeugen)
  • Bei der Verwendung von Desinfektionsmitteln können sich Resistenzen bilden, die noch weitaus gefährlicher sein können, als ihre Vorgänger
  • Bei zu hohem Säure- oder Laugengehalt kann es zu Verätzungen der Hände, aber auch der Schleimhäute durch das Einatmen der Dämpfe kommen.

Bitte beachten Sie dabei auch die Herstellerangaben: Essig-Essenzen beispielsweise greifen Bade- oder Spültisch-Armaturen an!

Zuletzt möchte ich noch eine sehr interessante Theorie vorstellen:

Als Kind wusste ich, dass der Samstag der grosse Putztag war. Da mussten auch wir Kinder richtig anpacken. Auch eine meiner Lebensgefährtinnen hielt es so – zwar nicht unbedingt am Samstag, aber dennoch alles an einem Tag! Das ist ein grosser psychischer Klotz, der das Saubermachen irgendwann zum Halse raushängen lässt. Das Putzkonzept „Simply Clean“ (Erfinderin: Becky Rapinchuk) entspricht auch meiner Einstellung, wenn ich vor grossen Projekten stehe: Jeden Tag nur soweit ich will, ansonsten lerne ich mir eine Abscheu vor der Arbeit an. In diesem heutigen Content heisst dies: Täglich 10-15 min Putzen – das schafft auch einen freien Samstag für die Familie! Jeden Tag – vor oder nach der Arbeit – etwas Putzen nach einen genauen Plan und das Haus ist super sauber ohne grosse, zumeist gehasste Putztage! Hat man sich erstmal dran gewöhnt, so greift man sogar gerne zum Wischtuch. Im Plan sollte vermerkt werden, was jeden Tag (Betten machen,…), wöchentlich (Staubsaugen,…) oder monatlich (Backofenreinigung,…) gemacht werden sollte. Jeden Tag etwas, gibt am Ende auch ein Ganzes – und um genau das geht es ja!

Übrigens: Zum Putzen verwende ich meine Lieblingsmusik – ein kleines bisschen lauter als Zimmerlautstärke, damit ich mitsingen kann (wenn nicht ausgerechnet in den frühen Morgenstunden!)!

PS: Etwaige in diesem Blog enthaltenen Markennamen wurden nicht finanziell abgegolten und als Product-Placement in den Text eingefügt! Der Autor der Zeilen erhielt keinen müden Cent dafür!

Lesetipps:

.) Sind wir noch ganz sauber?; Hanne Tügel; Edel Books 2019

.) Simply Clean; Becky Rapinchuk; Unimedia 2019

Links:

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Asse – eine strahlende Zukunft für Wolfenbüttel

Bereits mehrfach an dieser Stelle habe ich über die Gefahr der Atom-strom-Produktion informiert! Einige Schlagworte zur Wiederholung: Erdbeben, Terrorismus, Kernschmelze, marode Meiler, … – ja und selbst-verständlich auch der Atommüll. Dennoch fordern immer mehr die Rückkehr zum Atomstrom! Mit Ausnahme von letzterem Schlagwort möchte ich mich in diesem heutigen Blog nicht mehr über diese Risken auslassen!

Die meisten unter Ihnen werden sich noch an die umstrittenen Castor-Transporte erinnern. Atommüll, der in den Wiederaufbereitungsanlagen von La Hague/Frankreich bzw. Sellafield/Grossbritannien auf seine Heim-reise wartete, aber auch in Ahaus oder Gorleben zwischengelagert wurde. Insgesamt 1.900 Castor-Behälter mit hoch-radioaktivem Material. Nach wie vor gibt es keine Lösung für ein Endlager, in dem die Problemstoffe ohne Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt die weiteren Jahrtausende hin-weg friedlich vor sich hinstrahlen können! Also lagert das Zeug’s noch in Erdlöchern, die grossteils gar nicht dafür vorgesehen sind und zu grossen Problemen führen können: Ehemalige Kohle- oder Salzbergwerke etwa. So beispielsweise auch im marodeb Atommülllager Asse II in Remlingen/Niedersachsen. Die Schachtanlage wurde bereits 1965 durch die Bundes-republik Deutschland um 600.000 D-Mark gekauft um dort die End-lagerung des Mülls zu erforschen! Tatsächlich diente zwischen 1967 und 1978 das ehemalige Kali-Bergwerk als bloße Lagerstätte für Abfälle aus 13 Atomkraftwerken, Versuchsreaktoren, Krankenhäusern und Labora-torien! 1978 stoppte der damalige niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht das Treiben unter Tage, da er ein nicht genehmigtes Endlager befürchtete und damit durchaus richtig lag. Zuerst wurden die Fässer mit dem gefährlichen Inhalt hochkant gestapelt, später flach, da angeblich dadurch die Strahlung geringer sein sollte. Der wirkliche Grund: Es passte mehr rein und die Lagerung kam dadurch günstiger! Damals sprach man von einer Strahlung, die nicht stärker als jene eines Fernseher sein sollte. Gegen Ende der Lagerstätte wurden allerdings die Fässer nurmehr abgekippt und Salz daüber verteilt, was durchaus zu Schäden der Fässer führte.

Schon in den 1960ern drückte schon Wasser in die Stollen des Bergwerks – das wurde jedoch gegenüber der Öffentlichkeit verschwiegen. Erst 1988 erfolgte die Information der Bevölkerung, dass inzwischen der Wasser-einbruch zugenommen habe. Ein Horror – betrachtet man sich die Aus-maße des Lagers: Inzwischen lagern dort in 131 Abbaukammern 126.000 Fässer mit schwach- bis mittelradioaktiven Abfällen (104 to Uran, 81 to Thorium, 29 kg Plutonium), nicht mehr zugelassene Pestizide und Arsen (500 kg).

Immer wieder kam es zu Protesten von Bürgerinitiativen (wie etwa der „Wolfenbütteler Atomausstiegsgruppe (WAAG)“, die dieses Lager nicht haben wollten oder darauf pochten, dass zumindest ein Vier-Kilometer-Abstand eingehalten werden sollte. Berechnungen ergaben, dass bei-spielsweise bei einem Brandereignis im Lager die Werte der radioaktiv kontaminierten Luft ab dieser Entfernung abnehmen würden. Asse II-Mitarbeiter wurden durch die aufgebrachten Demonstranten sogar verbal und handgreiflich attackiert – teilweise mussten Pfarrer als ruhestiftende Vermittler einschreiten, obgleich sie ja selbst zu den Besorgten gehören. Nicht zuletzt aufgrund dieser ständigen Protesten wollte der Betreiber, das Helmholtz-Zentrum München, die Kammern mit Beton fluten und das Lager schliessen. Als 2009 das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) Betreiber der Lagerstätte wurde, keimte zumindest ein Funken Hoffnung auf, dass all die Bedenken nun der Vergangenheit angehören sollten.

Vor ein paar Jahren ist der Worst Case eingetreten – nicht durch Feuer sondern vielmehr durch eintretendes Salzwasser: 2019 waren es in ca. 500 m Tiefe rund 12.000 Liter pro Tag! Über lange Zeit hinweg konnte der Eintritt nicht lokalisiert werden. Das Wasser wurde durch Folien abgefangen und über Rohre in andere Schächte des Bergwerks umge-leitet. Problematischer allerdings sind Wassereintritte in 750 m Tiefe – sie haben unmittelbaren Kontakt mit dem Nuklearmüll. Täglich sind dies rund 20 l! Ein komplettes Absaufen des Lagers konnte nicht ausge-schlossen werden. Dies geschah in dieser Region schon öfters – etwa in Hedwigsburg, wo ein oberirdischer See entstand. Dieses Szenario wäre auf Asse fatal: Ein radioaktiver oberirdischer See, der das komplette Grundwasser verseucht. Das BfS sah als einzige Lösung die Rückholung des Atommülls.

Heutiger Betreiber ist das Bundesamt für Endlagerung (BGE), ein von der Politik beauftragtes Bundesunternehmen, das nur begrenzt entschei-dungsbefugt ist. Mitte 2020 stellte das BGE das Rückholungskonzept vor: Die ober- oder unterirdische Lagerstätte der neu verpackten Fässer sollte bei Asse bleiben, allerdings um 750 m wegverschoben werden.

Die Entscheidung ist gefallen: Das Zwischenlager kommt auf die Asse! Egal was die Region dazu meint.“

(Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit)

Die Rückholung gestaltet sich jedoch als sehr schwierig. Es müsse ein weiterer Schacht in die Tiefe gebohrt werden, damit die Fässer sicher und in grosser Menge geborgen werden können. Dies könne durchaus noch 14 Jahre dauern, heisst es bei der BGE.

Für nahezu ausgeschlossen bezeichnete schon 2012 der frühere Vor-sitzende der Entsorgungskommission des Bundes, Michael Sailer, die Bergung des strahlenden Abfalls:

„Die Rückholung entwickelt sich immer mehr zur ,Mission Impossible‘!“

Er schlug Dichtbarrieren vor den Lagerkammern und eine Auffüllung mit Feststoffen vor.

Der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies reagierte auf die Vor-würfe, wonach die Arbeiten zu langsam vonstatten gehen würden, dass pro Jahr 100 Mio € dafür ausgegeben würden.

Aber auch ohne Wasser bleibt keine Zeit mehr. Über ein rund 30 m langes Bohrloch wurden Messfühler und eine Kamera in Kammer 7 eingeführt. Dort konnte man sehen, dass Fässer nur durch den Druck unter Tage bereits kaputt gingen und der gefährliche Inhalt ausgetreten ist, da die Erdschichten in dieser Tiefe arbeiten und sich stets verändern.

Seit etwa 2023 übrigens fliessen rund 13.500 Liter pro Tag ein, die 1997 ausgelegte Auffangfolie auf 658 m ist undicht geworden – das Wasser versickert. Der Wassereintritt auf 725 m stieg von 0,8 auf 3 Kubikmeter (gemessen im April 2024) – 25 m tiefer – in den Lagerkammern – sei noch kein weiterer Wasseranstieg bemerkt worden!

„Die Vorfälle zeigen, dass die Rückholung der radioaktiven Abfälle beschleunigt werden muss.“

(Der niedersächsische Umweltminister Christian Meyer von den Grünen)

Vonseiten der BGR wird betont, dass die bereits installierten und arbeitenden Pumpen auch einen Wassereintritt von 500 Kubikmetern pro Tag verarbeiten könnten. Das aber muss vorher aufgesammelt werden. Sollten noch grössere Mengen einfliessen, müsste das Bergwerk kontrolliert geflutet werden, damit es nicht in sich selbst zusammen-bricht. Dies brächte dann ebenfalls das Grundwasser in Kontakt mit dem radioaktiv verseuchten Wasser.

Nach zwei Szenarien könnte die Suche nach einem Endlager für den deutschen Atommüll noch bis 2046 oder gar 2068 andauern. Bis zu dieser Endlagerung werden die Gesamtkosten (Rückbau der AKWs, Transport und Lagerung der Abfälle) rund 48,8 Milliarden € ausmachen. Das in einen Fonds der AKW-Betreiber 2017 überwiesene Geld für diese Massnahmen beläuft sich jedoch auf nur 24 Milliarden!

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Kamelreiten – NEIN DANKE!!!

†Bei Tripadvisor heisst es:

„Entspricht den Tierwohl-Richtlinien!“

Ob das tatsächlich so ist – dem werden wir heute auf den Zahn fühlen!!!

Aufmerksam wurde ich auf den Kamelmarkt von Birqash durch den Newsletter der Tierschutz-Lobbyisten von PETA.

In der Werbung der Reiseveranstalter heisst es:

„Die Kaufleute sehen ernst aus, sind in Galabiya (Tuniken) und Turbanen gekleidet und stehen in Gruppen oder sitzen auf Matten um Tabletts mit Teekannen und verhandeln über den Preis, während die Hirten die Bestien in der Schlange halten.“

(Cairo Top Tours)

„Die Bestien“?

Hier die offiziellen Werbebilder.

Tatsächlich kommen die meisten der armen Tiere zu tausenden in Kara-wanen aus dem benachbarten Sudan. Der erste Halt ist der Markt in Daraw nördlich von Assuan. Von dort aus werden die meisten der Tiere mit dem LKW nach Birqash transportiert. Bis nach Kairo sind es 636 Kilometer, Birqash liegt weitere 35 km nordwestlich von Kairo! Dass diese Fahrt keineswegs mit hiesigen Transportvorschriften und -forderungen nach Tierschutzmassnahmen vergleichbar ist, kann sich wohl jeder vor-stellen.

Wie in diesem Video zu sehen, sind die meisten Tiere abgemagert, verdreckt und teils auch verletzt. Von Wassertränken ist weit und breit nichts zu sehen. Bei PETA ist zu lesen:

„… aber der Ägypter hat zu Tieren nicht so ein romantisches und ethisches Verhältnis wie wir es gewohnt sind. Tiere sind Nutztiere und nur solange sie funktionieren erbringen sie auch ihren Nutzen. Esel, Pferde oder Kamele werden geprügelt und das ist völlig selbst-verständlich.“

Und damit endet auch das romantische Abenteuerbild für den Tourismus! Beim grössten Kamelmarkt Ägyptens gehört die Tierquälerei zur Tagesordnung. Fast alle Kamele weisen blutende Wunden auf. Schliesslich sind sie für die Einheimischen keine fühlenden Tiere sondern vielmehr Dinge, die – sofern sie in der Landwirtschaft oder dem Touristenreiten nicht mehr verwendet werden können – beim Schlachter landen. Die Beine der Tiere sind eng zusammengebunden, sodass sie sich kaum bewegen können. Manche werden schreiend vor Schmerz von LKWs oder Pickups über den Platz gezogen, andere immer wieder mit Stöcken brutalst geschlagen. Offenbar denken die Leute, die man nicht mehr als Menschen bezeichnen kann, dies amüsiere die Touristen, die den weiten Weg aus aller Welt bis nach Birqash gekommen sind. Es sind schreckliche Bilder die PETA Asia zusammengetragen hat!

Als ich die folgenden drei Videos erstmals sah, kamen mir die Tränen!

ACHTUNG: Die Aufnahmen enthalten brutale Bilder, die durchaus verstören können!

Doch nicht nur den Kamelen wird ihr Leben zur Hölle gemacht – auch Esel und Pferde werden auf das bestialischste misshandelt:

Dieser Blog beinhaltete ausnahmsweise weniger Text, da ich denke, dass solche erschreckenden Bilder wesentlich mehr aussagen als alle Worte. Gerade aus diesem Grund empfiehlt etwa der Reiseführer Lonely Planet den Markt in Birqash nicht für Touristen.

Was kann man nun gegen diese Grausamkeiten unternehmen?

  • Reiten Sie als Ägypten-Urlauber niemals auf Kamelen, Pferden oder Eseln. Nahezu jedes Tier hat unter der Decke oder dem Sattel schwere Wunden, die zumeist entzündet sind oder noch bluten
  • Zeigen Sie diese Bilder Bekannten und Verwandten, die eine Reise nach Ägypten planen
  • Kaufen Sie keine Produkte aus Kamelhaar – es stammt zuhauf aus schrecklich ausgebeuteten Tieren
  • Unterzeichnen Sie die Petition von PETA – ich habe es soeben getan! www.peta.de/aktiv/aegypten-pferdekutschen-petition

Jede einzelne Unterschrift kann Erfolg bringen. Nach der Veröffentlichung der ersten Bilder durch PETA sollen drei Kamelhändler festgenommen worden sein. Der Gouverneur von Gizeh, Ahmed Rashed, liess Über-wachungskameras installieren, versprach ein tierärztliches Team während der Marktzeiten und eine Aufklärung über den richtigen Umgang mit Tieren. Wie die erneuten Bilder aufzeigen, geschah freilich nicht wirklich viel!

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Mpox – Ein weiterer Gruß aus der Parallelwelt?

Es ist in der Tat erstaunlich, wie viele Erkrankungen es inzwischen auf der Welt gibt. Noch weitaus erstaunlicher sind die Übertragungswege: Von Mensch auf Mensch, von Mensch auf Tier und von Tier auf Mensch! CoVid etwa wurde von einer Fledermaus auf den Menschen übertragen, Ebola von Menschenaffen und Fledertieren, die Schweinegrippe von na no net Schweinen, Malaria durch Stechmücken, FSME durch Zecken, Borreliose durch Pferde, … Offenbar gibt es sie tatsächlich: Die Parallelwelt, in der keinerlei Unterschied mehr zwischen Mensch, Tier und Insekt gemacht wird. Muss man sich ernsthaft fragen, vor welchen Tieren ist Mensch denn noch sicher? Ist der gesunde Mensch nurmehr eine Idealvorstellung? Kein Wunder, dass in früheren Zeiten so viele Zweibeiner vor dem Erreichen ihres 35. Lebensjahres starben. Oh mein Gott – schlägt da etwa der Hypochonder in mir durch?

Tatsächlich ist mit solchen sog. „Zoonosen“ nicht zu scherzen. Hierunter werden Viren verstanden, die von Tier auf Mensch und retour übertragen werden können. Den Viren selbst ist der Wirt offenbar vollkommen gleichgültig. Sie können sich anpassen – das macht sie auch so gefähr-lich. Tagtäglich wehrt das menschliche Immunsystem Millionen von Krank-heitserregern ab. Sei es durch die Antikörper, durch Phagozyten wie den Makrophagen (weisse Blutkörperchen), das Talgdrüsensekret der Haut, … Doch mit diesen Zoonosen tut sich der menschliche Körper immer wieder schwer, da sich die Viren verändern, sie mutieren bzw. verändern die genetische Sequenz. Die Erreger durchdringen all diese Schutzschilde und können teilweise ernstzunehmende oder gar schwere Krankheiten auslösen. Oftmals ist die Humanmedizin damit überfordert – eine Epidemie oder gar Pandemie ist die Folge.

Auch der aktuelle Fall ist ein Problem – Mpox, oder auch Affenpocken. Obgleich für den erwachsenen oder heranwachsenden Menschen eigent-lich nicht gefährlich, da der Krankheitsverlauf zumeist mild verläuft, kann die Krankheit für beispielsweise ein Kleinkind lebensbedrohlich werden.

Ausgelöst wird die Krankheit durch das Orthopoxvirus siminae (auch Monkeypox virus MPXV). Nachgewiesen wurde dieser Erreger erstmals bei Affen, inzwischen geht die Wissenschaft aber davon aus, dass es seinen Ursprung bei Nagern und Hörnchen hat. Zwei Typen werden unter-schieden:

.) Der westafrikanische Typ

.) Der Kongobecken-Typ (zentralafrikanische Clade)

In Europa tritt vornehmlich der harmlosere westafrikanische Typ auf. Symptome sind zumeist Fieber, sowie Kopf-, Muskel- und Rücken-schmerzen. Die Lymphknoten schwellen an. Einige Tage später kommt es zu Hautveränderungen, wie Flecken oder Pusteln im Gesicht, den Handflächen, den Fusssohlen und auf den Genitalien. Diese verkrusten und fallen ab. Wenn auch nicht wirklich appetitlich, so hat der Spuk normalerweise nach einigen Wochen (maximal vier Wochen) ein Ende. Soweit zum harmlosen Verlauf. Bei schwerem Krankheitsverlauf kann es zu Geschwülsten, Augeninfektionen mit Sehverlust, Lungenentzündung und Gehirnentzündung kommen. Deshalb sind Kleinkinder, ältere Menschen oder Menschen mit Immunschwächen besonders gefährdet. Die deutsche Ständige Impfkommission empfiehlt alsdann bei einigen Personengruppen die Impfung. Wurde bereits in früheren Jahren gegen Pocken geimpft, so reicht eine Impfdosis, ansonsten werden für die Grundimmunisierung zwei Dosen im Abstand von 28 Tagen benötigt. Zu den Risikogruppen zählen Mitarbeiter des Gesundheitswesens, Ange-hörige einer bereits infizierten Person und Menschen mit ständig wechselnden Geschlechtspartnern.

Die Übertragung von Mensch zu Mensch erfolgt durch Körperflüssig-keiten, Tröpfchen oder Kontakt zu erkrankten Hautstellen bzw. konta-miniertem Material wie Kleidungsstücken, Bettwäsche oder Handtüchern. Das Virus kann hierauf Wochen oder gar einige Monate überleben. Durch den Verzehr von infizierten Tieren ist eine Übertragung auch von Tier auf Mensch möglich. Das Robert Koch-Institut empfiehlt dann eine Isolation von Erkrankten, wenn die Ausschläge nicht etwa durch Bekleidung bedeckt werden bzw. Fieber, Husten und Halsschmerzen auftreten. Zu Erkrankten sollte kein enger Kontakt erfolgen und Oberflächen regel-mässig desinfiziert werden. Ansonsten werden dieselben Hygiene-Massnahmen wie bei der Influenza oder CoVid empfohlen.

Bis in jüngste Vergangenheit trat diese Erkrankung nur auf dem afri-kanischen Kontinent auf, zumeist in der gefährlicheren Kongobecken-Version. Seit Mai 2022 allerdings immer mal wieder auch in Deutschland. So wurde der erste Mpox-Patient am 24. Mai 2022 im Uni-Klinikum Frankfurt aufgenommen. In diesem Jahr wurde dem Robert Koch-Institut 217 Fälle nur aus Hessen gemeldet, ein Grossteil davon aus dem Raum Darmstadt. Nicht etwa ausgelöst von Touristen, die zuvor in davon betroffenen Gebieten ihren Urlaub verbrachten. In Österreich ist noch kein Affenpockenfall bekannt. Die meisten bestätigten Fälle ausserhalb Afrikas melden die USA mit 24403, gefolgt von Brasilien mit 7300. In Deutschland sind es 3590. Der erste Fall mit dem Kongobecken-Virus wurde am 15. August aus Schweden bekannt. Der Patient hatte sich in Afrika angesteckt.

Die Weltgesundheits-Organisation WHO hat seit Mitte August aufgrund der Ausbruchs-Vorkommnisse in Afrika eine „gesundheitliche Notlage internationaler Reichweite“ (PHEIC) ausgerufen. Dies bedeutet, dass die Länder dazu aufgerufen werden, sich mit Impfstoffen und antiviralen Medikamenten einzudecken und die Bevölkerung zu sensibilisieren.

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Remigration – schon wieder eine Erfindung aus Österreich?

Selten zuvor hat ein Begriff aus der Sozial- und Wirtschaftswissenschaft für eine derart kontroversielle Diskussion gesorgt: „Remigration“! Wie bei so vielen anderen auch politisierte das rechte Lager den Ausdruck und vereinnahmte diesen für sich. So wurde aus diesem das „Unwort des Jahres 2023“!

Der Begriff selbst ist schon einige Jahrhunderte alt. 1608 verwendete ihn Andrew Willet von der Church of England in seinen Schriften, 1885 Ernst Ravenstein in einem seiner Publikationen. Doch erst im 20. Jahrhundert wurde er genauer definiert. In seiner ursprünglichen Bedeutung bezeich-net „Remigration“ die Rückkehr eines Gastarbeiters bzw. eines Migranten in sein Herkunftsland – völlig frei von Emotionen oder politischem Hinter-gedanken. Schliesslich kehren viele Gastarbeiter nach einem zumeist harten Arbeitsleben in ihr Herkunftsland zurück, um dort ihren Ruhe-stand geniessen zu können. Oder im anderen Falle Russland- und Sudetendeutsche oder auch Deutsche aus Siebenbürgen werden in Deutschland remigriert! Auch viele der 3,4 Mio deutschen Auswanderer (2,7 Mio davon im erwerbstätigen Alter) kehren wieder in die Heimat zurück. So kamen schon im 19. Jahrhundert rund 10 % der zuvor in die USA ausgewanderten Deutschen wieder in ihr Heimatland zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es sehr viele Rückkehrer – einer der bekanntesten davon war Herbert Ernst Karl Frahm – Willy Brandt! 1933 emigrierte er über Dänemark nach Norwegen. Von der Nazi-Regierung in Berlin wurde er als staatenlos erklärt! Als das Land von den Deutschen okkupiert wurde, gelangte Brandt in Gefangenschaft. Allerdings trug er zum Zeitpunkt der Festnahme eine norwegische Uniform, zudem kannte niemand das Pseudonym „Willy Brandt“, das er sich erst in seiner Zeit in Norwegen zugelegt hatte. Er wurde wieder freigelassen und flüchtete nach Schweden, 1945 kehrte er nach Deutschland zurück und berichtete als Korrespondent für mehrere skandinavische Zeitungen über die Nürn-berger Kriegsverbrecher-Prozesse. Millionen Kriegsgefangene oder Zwangsarbeiter wurde remigriert. Ja – ich würde sogar auch jene heute Bundesdeutsche als Remigranten bezeichnen, die seinerzeit aus der DDR geflohen oder ausgewandert und nach dem Fall der Mauer wieder zurückgekehrt sind. In der Migrationssoziologie exisiert auch eine Weiterführung: „Remigration der zweiten Generation“.

Ich musste bei der Recherche zu diesem Blog alsdann gar nicht lange suchen und stiess auf den Beitrag „Remigration von Gastarbeitern – Eine Analyse mit nichtparametrischen Schätzverfahren“ von Beatrix Brecht und Paul Michels im Buch „Acta Demographica 1993“ (Physica Verlag 1994). Eine wertefreie Studie, die auf den Zahlen vergangener Jahre aufbaut. Zwanzig Jahre zuvor hatte schon der italienische Soziologe Francesco P. Cerase eine Studie zur Remigration italienischer Auswanderer aus den USA erstellt. Seine auch heute noch gültige Typisierung unterscheidet zwischen einer „Rückkehr aus Konservatismus“ (der Betroffene bewahrt sich seine Identität und Heimatkultur) und „Rückkehr zur Innovation“ (Ideen aus dem anderen Land sollen in der Heimat umgesetzt werden). Oft können auch sog. „Pushfaktoren“ dahinter stecken: Heimweh, gesundheitliche Probleme, Diskriminierung bzw. Rassismus. Oder auch „Pullfaktoren“ wie soziale oder familiäre Bande.

Über 30 Jahre hinweg stellte der Terminus der „Remigration“ kein Problem dar. Dann aber kam es am 25. November des Jahres 2023 zu einem Geheimtreffen in einem Landhaus in der Nähe von Potsdam. Organisiert von einem ehemaligen Zahnarzt aus Düsseldorf, trafen sich dort vornehmlich rechtsextreme Vertreter, aber auch der Sprecher der AfD-Bundestagsabgeordneten Alice Weidel und zwei Politiker der Werteunion der CDU. Hauptredner des Abends war Martin Sellner, der in Österreich als Kopf der „Identitären Bewegung“ unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht. Er stellte dabei sein „Strategiekonzept im Sinne eines Masterplans“ vor. Dessen Kern: Die Remigration von Millionen Menschen aus Deutschland und Österreich! Massenabschiebungen nicht nur von Ausländern, sondern auch von Deutschen und Österreichern, um damit den angeblich durch die Eliten geplanten „Bevölkerungsausstausch“ wieder rückgängig zu machen. Die Teilnehmer an dieser illustren Runde mussten eine „Mindestspende“ von 5.000,- € berappen. Sellners Ideologie: Beide Worte („Bevölkerungsaustausch“ und „Remigration“) müssen in die Mitte der Gesellschaft gebracht werden. Unnütz zu betonen, dass beides gegen das Grundrecht/die Verfassung und die Menschenrechtskonvention der UN verstösst! Schliesslich würde es ja auch Menschen mit Migrationshintergrund treffen, die eine deutsche oder österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und sich perfekt in die Gemeinschaft integriert haben!

In früheren Zeiten wurden sie auf eine ferne Insel verbannt oder als vogelfrei zum Abschuss freigegeben, heutzutage ist es gar nicht mal so einfach. So müsste ihnen die Staatsbürgerschaft aberkannt und sie als staatenlos erklärt werden! Nein – das geht gar nicht: Die beiden Staaten würden dann selbst einen Flüchtlingsstrom verursachen! Dazu zwei Zahlen: 2022 lebten nicht weniger als 23,8 Mio Menschen mit Migrationshintergrund zwischen Flensburg und Berchtesgaden, 12,2 Mio allerdings waren deutsche Staatsbürger! Für sie wäre das Wort „Abschiebung“ nicht der richtige Ausdruck – „Vertreibung“ oder das historisch vorbelastete „Deportation“ wären ja dann wohl passender. Wer deutscher oder österreichischer Staatsbürger wird, plant jedoch zumeist auch sein Leben in einem der beiden Ländern zu absolvieren.

Übrigens wurde „Remigration“ bereits vor dem Treffen durch Mitglieder der AfD (etwa MdB Gottfried Curio und MdEP Irmhild Boßdorf), aber auch dem Vorsitzenden der österreichischen FPÖ, Herbert Kickl, verwendet. Die FPÖ forderte im Juni des Jahres gar einen eigenen EU-Remigrations-kommissar. Allerdings distanzierte sich die AfD von diesem November-Treffen – Weidels Sprecher habe nicht gewusst, wer zu der Zusammen-kunft alles geladen war. Dennoch reichte es etwa der französischen Gallionsfigur des Rassemblements National (RN), Marine Le Pen, sich nach dem zusätzlichen SS-Sagers des AfD-Spitzenkandidaten zur EU-Wahl, Wolfgang Krah, von den deutschen Rechtspopulisten zu distanzieren. Interessant dabei ist jedoch, dass auch Herbert Kickl bereits im Jahr 2010 einen ähnlichen Spruch in einem ATV-Interview von sich gab, der jedoch ohne Konsequenzen blieb. Auch verwendete der thüringische Parteichef Björn Höcke 2018 den Terminus eines „grossangelegten Remigrattions-projektes“.

Der Rechtsradikalismus marschiert inzwischen wieder ideel und sprach-lich in die Vergangenheit zurück („Kampfbegriffe“). So wird in diesem Zusammenhang von „Passdeutschen“ und „Biodeutschen“ unterschieden, auch von „Verabschiedungskultur“ ist die Rede. „Remigrationspläne“ übrigens wurden bereits in der Vergangenheit (1940) veröffentlicht. Auch Donald Trump schliesst sich dieser Ausdrucksweise an, nachdem er meinte, dass Migranten „das Blut der USA vergiften“ würden. Martin Sellner übrigens prägte zudem den Begriff der „ethnokulturellen Iden-tität“. Dieser setzt allerdings eine Leitkultur voraus, die nicht näher ausgeführt wird. So ganz nebenbei erwähnt: In der AfD selbst bzw. deren näherem Umfeld sind nicht wenige „Passdeutsche“ vorhanden.

Übrigens zum Schluss meiner heutigen Gedanken noch eine Begriffs-bestimmung: Das lateinische „remigrare“ ist ein aktives Verb. Soll heissen, dass jemand nur selbst zurückkehren oder -wandern kann! Wird er dazu gezwungen, so ist die Remigration im Sinne des lateinischen Ursprungswortes grammatikalisch falsch!

Lesetipps:

.) Acta Demographica 1993; Hrsg.: Heinz Galler/Gerhard Heilig/Gunter Steinmann; Physica Verlag 1994

.) Deutsche Gesellschaftsgeschichte Bd. 4 – Bundesrepublik und DDR 1949–1990; Hrsg.: Hans-Ulrich Wehler; C.H. Beck 2008

.) Vertriebene Eliten. Vertreibung und Verfolgung von Führungsschichten im 20. Jahrhundert; Hrsg.: Günther Schulz; Oldenbourg 2001

.) Exil und Remigration; Hrsg.: Claus-Dieter Krohn; edition text + kritik 1991

.) Remigration und Demokratie in der Bundesrepublik nach 1945. Ordnungsvorstellungen zu Staat und Verwaltung im transatlantischen Transfer; Margrit Seckelmann/Johannes Platz; Transcript 2017

.) Handbook of return migration; Hrsg.: Russell King/Latie Kuschminder; Edward Elgar Publishing 2022

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