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Wenn ein Haustier gut tut

Alleine zu sein muss man mögen – vor allem aber können! Viele Menschen – etwa nach einer jahrzehntelangen Partnerschaft – möchten sich nicht mehr an einen neuen Menschen gewöhnen. Andere haben es satt, sich Zeit ihres Lebens nach anderen richten zu müssen. Aber es gibt auch andere: Jene, die gerne wieder eine Beziehung haben würden, sich aber nicht trauen! Wer mit solchen Lebenssituationen nicht umzugehen weiss, verfällt nicht selten in eine Depression! Dann sollten alle Alarm-glocken läuten – auch bei den unmittelbaren Bezugspersonen wie Familie oder Freunde!

Nein – keine Angst: Das wird kein wissenschaftlicher, schwer verdaulicher sozialpsychologischer Blog. Obgleich: Etwas Psychologie ist dabei! Nämlich jene Erkenntnis, dass Tiere solchen Situationen vorbeugen können! Ganz nach dem Motto: Mein bester Freund hat vier Pfoten!!! Und dies gilt nicht nur für einsame Menschen, sondern durchaus auch für Kinder und Familien, in welchen die Katze oder der Hund ein Familien-mitglied und nicht nur ein Haustier ist! Mein bester Freund hiess Chico, eine Mischung aus Deutschem Schäfer- und Berner Sennhund, mit ihm bin ich aufgewachsen!

Die harten wissenschaftlichen Fakten gleich vorweg! Viele wissenschaft-liche Studien, wie auch zuletzt jene der University of Florida bzw die Umfrage aus West Cheshire/UK aus dem Jahr 2015 haben inzwischen klargestellt: Haustiere haben einen positiven Effekt auf die menschliche Gesundheit. Physisch, aber auch psychisch! Daneben feiern immer mehr tiergestützte Therapien Behandlungserfolge, wo alles andere bereits versagt hat.

Zur physischen Gesundheit: Dies betrifft vornehmlich die Besitzer eines Hundes, die zumeist locker die von der WHO empfohlenen Bewegungs-ziele erreichen. Bereits 150 Minuten Bewegung in der Woche erzielen einen positiven gesundheitlichen Effekt. So auch das Ergebnis einer Untersuchung des Kardiovize 2030 Projects, wonach Haustierbesitzer eine höhere körperliche Aktivität aufweisen und sich alsdann gesünder ernähren. Vollkommen egal ob es regnet, schneit oder die Sonne scheint – dieses Familienmitglied kann nicht einfach auf’s Klo gehen um sich zu erleichtern: Er muss drei- bis fünfmal pro Tag raus! Gassi gehen! Das sorgt nicht nur für Bewegung, die Herz-Kreislauf-Problemen, zu hohem Blutdruck oder Cholesterinspiegel, Übergewicht entgegenwirken kann und das Immunsystem stärkt, sondern auch für soziale Kontakte mit anderen Hundebesitzern und Spaziergängern! Wie schaut’s mit einem Aquarium oder Terrarium aus? Die Antwort hierauf überlasse ich Ihnen! Übrigens: Im Sommer sollten Sie entweder selbst den Barfuss-Test auf dem heissen Asphalt machen oder Ihrem Vierbeiner gleich Überzieher für die Pfoten besorgen! Was für Ihre Füsse zu heiß ist, ist es auch für den Hund! Im Winter müssen nach jedem Spaziergang Salzreste von den Pfoten gewaschen werden, da sich ansonsten nicht zuletzt aufgrund des Leckens des Hundes üble Entzündungen entwickeln können! Und: Hunde gehören im Wald und beim Wandern im Gebirge angeleint! Achten Sie gerade bei Zweiterem auch auf die Hinweise zur Muttertierhaltung!

Bei der „mentalen Gesundheit“ (psychischen Gesundheit) geht es weit tiefer! Dies sollten wir getrennt voneinander betrachten – und am Ende zu einem Ganzen zusammenfügen.

.) Emotionale Bindung

Wie zuvor beschrieben, sollte ein Haustier stets (nicht nur im besten Falle!) ein Mitglied der Familie sein! Wissenschaftliche Studien zum Sozialverhalten des Menschen haben schon vor Jahrzehnten nachge-wiesen, dass Gesprächspartner und Freunde immens wichtig sind für die jeweilige Entwicklung jedes Einzelnen. Das soll nicht heissen, dass jeden Abend nach der Arbeit bis in die frühen Morgenstunden im Stammlokal gebechert wird. Allerdings sollte Mann sich einen solchen Gesprächs-abend einmal die Woche durchaus gönnen! Auch Frau sollte den Mädels-abend wöchentlich einplanen! Ein(e) gute(r) Zuhörer(-in) erspart so manchen teuren Psychotherapeuten. Für all jene Menschen, die das nicht (mehr) machen möchten bzw. können oder alleine sind, ist das Haustier ein geduldiger Zuhörer! Das betrifft durchaus auch die Fische oder Leguane! Die Psychoanalyse baut auf dieser Therapie auf: Reden über Probleme, Erlebnisse, Traumata … – es entlastet! Auch wenn der Hund während eines mehrminütigen menschlichen Monologs eigentlich nur auf sein Leckerli wartet. Freunde hören zu – das schafft emotionale Bindung! Bewusst oder unbewusst. Doch Vorsicht: Vergreifen Sie sich mit Ihrem Vierbeiner nicht im Ton: Werden Sie laut, denkt Ihr Freund, dass er einen Fehler gemacht hat! Dieser Schuss geht nach hinten los!

.) Verantwortungsbewusstsein

Jeder, der sich ein Tier zulegt, muss sich um dieses kümmern – es sorgt für einen geregelten Tagesablauf! Auch Tiere haben Bedürfnisse! Werden sie nicht entsprechend gehalten (Meerschweinchen etwa stets zu zweit), so sollte man dies besser anderen Menschen überlassen. Heisst aber keineswegs, dass man sie aussetzt und darauf verlässt, daß dies andere übernehmen! Das betrifft die Würgeschlange gleichermassen wie den Hund, der an der Leine an einem Baum oder Strassenpfahl angebunden wird. Psychologisch gesehen: Jeder, der Verantwortung übernimmt, hat neben dem Gefühl gebraucht zu werden auch ein Ziel und eine Aufgabe! Viele gehen darin auf! Manche allerdings zu sehr, wie immer wieder in den Gazetten zu lesen ist! Eine Vermenschlichung des Haustieres zählt für mich bereits zur Tierquälerei! Wenn etwa der Chihuahua (der Lieblingshund vieler Stars und Sternchen) bekleidet wird wie das Frauchen oder der Pudel nach seinem wöchentlichen Coiffeur-Besuch eher bemit-leidenswert ausschaut!

.) Wohlbefinden

Interaktion mit dem Tier beugt Stress vor (Abbau des Stresshormons Cortisol) und steigert das Wohlbefinden. Eine entsprechende Studie der Ruhr-Universität Bochum zeigt auf, dass Haustiere glücklich machen. So wirkt das Schnurren der Katze bei vielen Menschen als beruhigend und angstlösend. Das gilt selbstverständlich auch am Arbeitsplatz, obgleich die Vorstellung eines Fliessbandarbeiters mit seinem Vogel in der Produktionshalle etwas komisch anmutet – so gilt dies vornehmlich für Büroumgebungen (Bürohund). Allerdings muss zuvor abgeklärt werden, dass der Chef und die Kollegen nichts dagegen haben und die Hygiene-vorschriften eingehalten werden. Keiner Zustimmung übrigens benötigen Assistenzhunde. Auch das Kuscheln mit dem Haustier kann für ein positives Wohlbefinden sorgen und Depressionen vorbeugen. Dabei wird das Glückshormon Oxytocin ausgeschüttet, das ein Gefühl der Geborgenheit und Nähe vermittelt sowie Blutdruck und Puls senkt. Allerdings bewies die Studie aus Bochum auch, daß eine finanzielle Belastung durch das Haustier und damit eine persönliche Einschränkung genau das Gegenteil bewirken kann. Daneben verringern Tiere das Ein-samkeits- und stärken das Sicherheitsgefühl. Interessant auch die Erkenntnis, daß Bewohner von Seniorenheimen, die einen Wellensittich halten, oftmals mehr Besuch der Hausmitbewohner bekommen, als die anderen.

.) Erhalt der kognitiven Fähigkeiten

Dies betrifft neben anderen etwa die Wahrnehmungs-, Lern- und Konzentrationsfähigkeit, ebenso wie die Aufmerksamkeit, das Gedächtnis und die Kreativität! Tiere können die Konzentration fördern – so das Ergebnis einer EEG-gestützten Untersuchung, die im März dieses Jahres veröffentlicht wurde. So nahmen beim Spielen oder Gassigehen mit dem Therapiehund die Alpha-Wellen zu (entspannte Wachheit), beim Streicheln und Kuscheln hingegen die Beta-Wellen (erhöhte Konzen-tration). Bei allen Probanten war der Stresslevel deutlich niedriger.

.) Tiergestützte Therapien

Einige Tagesschulen sind inzwischen dazu übergegangen, v.a. während der Hausaufgaben Therapiehunde im Klassenzimmer einzusetzen. In so manchen Krankenhäusern oder Pflegeheimen wurden ebenfalls Erfolge damit erzielt. In der Suchtklinik Vielbach in Rheinland-Pfalz dienen Tiere als Motivationskatalysatoren – Patienten, die während der Therapie Kontakt zu Tieren haben, halten länger durch. Und nicht zuletzt: Tiere in der Therapie können den Zugang zu einem Patienten erleichtern. Allerdings müssen solche Therapeuten gut ausgebildet bzw. qualifiziert sein, damit beispielsweise nicht das Tierwohl unter der täglichen Aufgabe leidet!

Das Haustier kann sich durchaus zum Partner und Stütze im Alltag entwickeln. Und genau so sollte es auch sein! Manches Mal ist es ein Partner- oder Kindesersatz – gerade bei älteren Menschen. Allerdings gilt es, vor einer solchen Anschaffung einige Fragen zu klären. Bin ich der Verantwortung gewachsen? Was geschieht mit dem besten Freund im Urlaub oder im Krankenfall? Ist das Tier den ganzen Tag über alleine zuhause etc.!?

Das Haustier muss ins Leben passen!!!

Lesetipps:

.) Die Wirkung von Haustieren auf das Leben alleinstehender, älterer Menschen; Astrid Mayerhofer; Diss. Universität Wien 2013

.) Tiere als Therapie – Mythos oder Wahrheit? Zur Phänomenologie einer heilenden Beziehung mit dem Schwerpunkt Mensch und Pfer; Andrea Förster; ibidem-Verlag 2005

.) Der Mensch und seine Haustiere. Die Geschichte einer jahrtausendealten Beziehung; Michael Baales/Norbert Benecke; Archäologische Informationen 1997

.) Das Haustier: Vom Nutztier zum Familientier; Maren Möhring; De Gruyter 2014

Links:

www.nature.com/articles/s41598-019-41254-6

academic.oup.com/eurjpc/article/25/1/54/5926083?login=false

journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0298384

www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/08927936.2019.1569907

habri.org/international-hab-survey/

pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38287372/

www.cdc.gov/pcd/issues/2015/15_0204.htm

fachkrankenhaus-vielbach.de/

www.vdh.de/home/

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Ouch – gestochen!!!

Der Sommer ist in unseren Breiten die wohl schönste Jahreszeit: Baden am See oder Meer, Gemütlichkeit im Biergarten oder auch mit Nachbarn und Freunden beim Grillen den Abend auf der heimischen Terasse geniessen: Was gibt es herrlicheres!!!
Als ich meinen Dienst bei einer Radiostation an der Adria versah, wunderte ich mich am ersten Abend nicht schlecht, daß ein LKW durch Grado fuhr, der ganz gewaltig Dampf abzulassen schien. Am nächsten Morgen wusste ich auch weshalb. Es schien, als hätten die kleinen Blut-sauger geradezu auf mich gewartet und alle Stechmücken der nördlichen Adria zum feierlichen Festtagsmenü geladen haben – ein Flashmob der Stechbiester! Alter Schwede – habe ich ausgesehen! Mein erster Gang führte mich dann auch direkt in der Supermarkt, wo ich mir ein Fläschchen für die Steckdose besorgte. Zu Beginn meines dritten Tages am italienischen Meer weigerte ich mich anfangs noch vor dem Blick in den Spiegel, konnte jedoch dann erfreut aufatmen. Jeder, der dies alles schon mal mitgemacht hat, kann sich in meine Haut versetzen.
Insekten haben durchaus ihre Existenzberechtigung, wenn auch für viele unverständlich. Sie spielen in den meisten Fällen eine wichtige Rolle im Kreislauf des Lebens auf unserem Planeten. Schliesslich sorgen sie dafür, dass wir nicht alle im Bio-Müll untergehen, indem sie die biogenen Abfälle verarbeiten. Das gilt im Speziellen für die Ameisen, aber auch für Mistfliegen oder Borkenkäfer. Deshalb ist ihre Aufgabe dermaßen ernst zu nehmen und das Insektensterben als eklatantes Warnsignal von Mutter Natur zu verstehen. Dennoch denken die meisten bei dem Wort „Insekt“ sofort an die Stechmücken oder Wespen, da viele bereits mehr als negative Erfahrungen mit diesen Biestern haben machen müssen.
Für die Population v.a. der Stechmücke spielt der Winter eine immens wichtige Rolle: Gibt es nur wenige oder gar keine Frosttage mit scharfen Minusgraden, so überleben die meist in Pfützen oder Feuchtgebieten abgelegten Eier – der nächste Sommer verspricht ein Mückensommer zu werden. Aufgrund des Klimawandels müssen wir künftig vermehrt damit rechnen. Ganz vermeiden lässt sich das auch im heimischen Garten kaum – dennoch können im Spätherbst einige Präventivmassnahmen getroffen werden, auf die ich später etwas genauer eingehen werde.
Im Mittelpunkt dieses heutigen Blogs jedoch stehen die Insektenstiche: Wie man erkennt, welches Insekt gerade zugestochen hat, wie man das Geschehene am besten übersteht und in welchen Fällen der Gang zum Arzt ratsam erscheint.
Eines gleich vorweg: Sofern Sie nicht zur Gruppe der Allergiker zählen, sind in den meisten Fällen Stiche harmlos. Allergiker sollten jedoch Orte mit v.a. verstärktem Wespen- oder Bienenaufkommen meiden und stets ihr Alarmpaket (Epi Pen) mit sich führen. Daneben ist es wichtig, daß die Mitmenschen von der Allergie wissen, damit sie entsprechend handeln und notfalls rasche ärztliche Hilfe herbeirufen können. Eine Sensibili-sierung erfolgt mit dem ersten Stich – erst auf den zweiten erfolgt dann die allergische Reaktion. Etwa drei Prozent der Bevölkerung erleiden einen allergischen Schock (Bewusstlosigkeit, Blutdruckabfall, Kreislauf-versagen). Problematisch sind vornehmlich Wespen und Honigbienen, weniger Hornissen, Hummeln oder Ameisen. Nur ganz vereinzelt kommt es bei Stechmücken, Gelsen oder Bremsen zu allergischen Reaktionen.
Allerdings können gerade Wespen auch für Nicht-Allergiker lebens-gefährlich werden. Schliesslich lieben sie ebenso wie wir Menschen Eis, Obst und kühlende Getränke. Sticht eine solche Wespe oder auch eine Biene in den Hals oder wird gar mitgegessen oder geschluckt, so besteht höchste Gefahr für die Atemwege. Kommt es zu einer Schwellung, kann dies durchaus Atemnot oder gar Erstickung bedeuten. Dementsprechend muss raschest möglich gehandelt werden. Erfolgt der Stich in den Arm oder das Bein, so ist dies zwar eine sehr schmerzhafte Erfahrung, jedoch nicht lebensbedrohend. Hierbei sollte bekannt sein, dass bei einem Bienenstich der Stachel in der Haut verbleibt, die Biene reisst sich diesen mitsamt der Giftblase vom Leib und verstirbt danach. Den Stachel sollten Sie deshalb mit einer Pinzette vorsichtig entfernen, damit diese Giftblase nicht zerstört wird und auch das restliche Gift in die Stichwunde fliesst. Anders bei einer Wespe oder Hornisse. Diese ziehen den Stachel wieder heraus und geben somit auch nur einen Teil ihres Giftes ab. Kämpft das Insekt jedoch um sein Leben, heisst es auch hier: Alles oder nichts! Dies bekam ich bei einer Hornisse zu spüren, die es sich auf der Armlehne meines Bürosessels gemütlich gemacht hatte. Ich hatte sie nicht gesehen und sie förmlich erdrückt. Noch Tage danach plagten mich starke Schmerzen im Sticharm.
Übrigens stehen Wespen und Hornissen unter Artenschutz. Wer sie also erschlägt oder chemisch bzw. biologisch vernichtet, macht sich strafbar, was schon recht teuer werden kann. Wespennester dürfen von Laien nur im Winter entfernt werden, da sie ausschliesslich einjährig genutzt werden und die Wespen im Herbst sterben oder im Winter erfrieren. Sie stechen, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen, angepustet oder durch wilde Bewegungen abgewehrt werden! Es hilft eine Sprühflasche mit Wasser. Wird die Wespe angesprüht, geht sie von Regen aus und fliegt in’s Nest zurück.
Stechmücken sind hierzulande meist harmlos. Allerdings sollte nicht übersehen werden, daß sich gerade jene Arten (wie beispielsweise die Tigermücke oder die Asiatische Buschmücke) auch auf Mitteleuropa ausbreiten und Virusinfektionen weitergeben können. In südlicheren Gefilden bzw. Asien ist mit ihnen nicht zu spaßen, da Krankheiten wie Malaria, das Dengue- oder auch das Gelbfieber durch den Stich auf den Menschen übertragen werden.
In den meisten Fällen führt ein Insektenstich zu Rötungen, Jucken, Brennen und auch leichten Schwellungen. Das klingt zumeist bereits nach einigen Stunden, spätestens aber einigen Tagen wieder ab. Wichtig hierbei ist es, die Stelle nicht durch Kratzen zu bearbeiten. Das führt zu Beschädigungen der schützenden Haut wodurch Erreger in den Körper eindringen können. Eine Entzündung ist meist die logische Konsequenz. Klingen diese Symptome jedoch nicht ab und die Schwellung bleibt bestehen oder wird gar grösser, es folgen Unwohlsein oder Fieber, so sollte dringend ein Arzt aufgesucht werden. Der Mediziner spricht hierbei von einem „Lymphödem“ – soll heissen, daß sich an der Einstichstelle zu viel Lymph-Flüssigkeit ansammelt, die nicht mehr abtransportiert werden kann. Wird dies entsprechend medizinisch behandelt, geht auch die Schwellung zumeist wieder rasch zurück. Die Lymph-Flüssigkeit ist eigentlich für den Transport von Wasser, Eiweissen, Fett, Zellen und Bakterien durch unseren Körper verantwortlich. Entsteht ein Stau kommt es zu einer solchen Schwellung. Bei Patienten mit einer angeborenen oder chronischen Lympherkrankung ist deshalb nach einem Stich besondere Vorsicht geboten, da sich das Bindegewebe verhärten kann und sich die Einstichstelle stets entzündet.
Beim Stich einer Stechmücke werden Gifte auf Proteinbasis in die Haut gespritzt. Sie fordern meist das Lymphsystem heraus, da sie nicht abtransportiert werden können. Hier hilft – Sie werden es nicht glauben – Hitze. Eiweisse werden ab ca. 40 Grad Celsius zerstört. Zur Eigenbehand-lung (nicht bei anderen Personen, da Verbrennungs- oder Verbrühungs-gefahr besteht) empfiehlt sich deshalb das Abtupfen der entsprechenden Stelle mit einem Löffel, der zuvor in sehr warmes, nicht aber kochendes Wasser gehalten wurde. Das Jucken bzw. der Schmerz sollte sehr rasch nachlassen, da die Proteine dadurch zerstört werden und das Gift nicht mehr wirkt. Auch ein Kompressionsverband hilft, da er die Flüssigkeit durch den Druck in nicht beschädigte Gefässe weiterleitet, sodass die Schwellung nicht größer werden kann. Tja – und schliesslich Gross-mutters Notfalltipp: Kühlen! Am besten ein kleines Handtuch oder einen Waschlappen aus dem Eisfach auf die Stelle legen – das verschafft in den meisten Fällen Linderung. Auch essigsaure Tonerde wirkt schmerz-lindernd. Das Auflegen einer aufgeschnittenen Zwiebel hilft nur gegen Entzündungen. Das Gift selbst bleibt davon unbeeindruckt.
Erste Hilfe-Massnahmen bei erfolgten Stichen – sofern keine Allergie vorliegt:


– Wespenstich – Stelle kühlen
– Bienenstich – Entfernung des Stachels – Stelle kühlen
– Gelsen oder Bremsenstiche – Stelle kühlen
– Zeckenbiss – die Zecke mit einer stumpfen Pinzette senkrecht zur Biss-stelle entfernen – die Stelle über zehn Tage hinweg beobachten – bildet sich ein roter Wundkreis sollte eine Borreliose-Behandlung durch einen Arzt erfolgen
– Ameisenbiss – Stelle kühlen – hält der Schmerz an sollte ein Arzt aufgesucht werden, der zumeist Kortison verschreibt
– Bettwanzen – mehrere Stellen an einer Körperregion – Auftragen eines Aloe Vera-Gels


Übrigens kann die Reaktion auf einen Stich auch bis zu acht Stunden später auftreten. Setzt ein Gefühl der Beklemmung, ein Kribbeln in den Händen oder Füssen bzw. gar Atembeschwerden, durch beispielsweise eine geschwollene Zunge ein, muss der Notarzt gerufen werden – das kann ansonsten lebensgefährlich werden.
Zuletzt nun noch einige Tipps, wie Sie unter Umständen den Sommer ohne Insektenstich überstehen können:


– Vermeiden Sie Essen oder Abfalleimer im Garten
– Decken Sie Gläser, Dosen oder Flaschen stets ab
– Schliessen Sie den Mund, wenn eine Wespe oder Biene in Ihrer Umgebung ihre Kreise zieht
– Besonders bei Kindern Hände und Gesicht waschen, da oftmals Essens- oder Eisreste auf der Haut verbleiben
– Ziehen Sie keine Blumenhemden oder -blusen an, vermeiden Sie zudem die Farben rot, gelb und blau in Ihrer Bekleidung
– Sammeln Sie Fallobst so rasch als möglich ein
– Verwenden Sie Schuhe
– Benutzen Sie keine Parfüms und stark riechenden Sonnenschutzmittel bzw. Body-Lotions, wesentlich besser sind sog. „Repellents“, wie Diethyl-benzamid, Icaridin, Dimethylphthalat oder Permethrin
– Meiden Sie Insektennester (Wespen- oder Hornissennester müssen von Experten entfernt bzw. umgesiedelt werden)


Übrigens lockt Obst, das schon langsam zu gären beginnt, auch im Haus Insekten an. Sie können aber auch Duftnoten setzen: Wespen können gar nicht mit Nelkenduft, Ameisen mögen keinen Zimt und Motten hassen Zirbenduft!
Im heimischen Garten sollten Sie im Herbst mögliche Brutstätten trocken-legen oder abbauen. Dazu zählen Weiher oder Teiche, aber auch Pfützen oder offene Regentonnen. Allerdings ist Vorsicht geboten, schliesslich nehmen Sie dadurch auch den Nützlingen die Brutstätte weg. Wenn Sie also wissen, welche nützliche Insekten sich bei Ihnen eingemietet haben, sollten Sie sich zuvor erkundigen, wie und wo diese überwintern oder die nächste Generation abgelegt haben. Alle anderen können Sie auch mit biologischen Waffen, wie etwa Räuber, Schmarotzer oder Krankheits-erregern schlagen. Pestizide und Insektizide sollten nicht verwendet werden, da sie auch Nützlinge wie die Honigbiene töten. Und schliesslich können Sie die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich Vögel und Fledermäuse in Ihrem Garten ansiedeln. Vögel bevorzugen die Raupen, Fledermäuse vertilgen pro Tag bis zu 2000 der bei Einbruch der Dunkel-heit aktiv werdenden Stechmücken.

Lesetipps:

.) Warum juckt der Mückenstich?: 99 Fragen, die die Welt bewegen; Dieter Thierbach; Ullstein Taschenbuch 2006
.) Großmutters Gesundheitstipps: Band 19; Autor unbekannt; Rhino 2014
.) Der KOSMOS Insektenführer; Dr. Heiko Bellmann; Franckh Kosmos Verlag 2018

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Marine Le Pen – die Wunderfrau von rechts

Ihr Name jagt derzeit regelrecht(e) kalte Schauer über die Rücken der europäischen Politiker! Zurecht(s)? Wie gefährlich ist Marine Le Pen tatsächlich für die Europäischen Demokratien? Fühlen wir heute doch mal der Zweifach-Wahlsiegerin Frankreichs auf den Zahn!!!

Marion Anne Perrine Le Pen wurde am 5. August des Jahre 1968 in Neuilly-sur-Seine als eine von drei Töchtern des rechtsextremen und mehrfach wegen Antisemitismus und Rassismus verurteilten Politikers Jean-Marie Le Pen und seiner Frau Pierette Lalanne (einem ehemaligen Fotomodell) geboren. Nach der Schule studierte sie Rechtswissenschaften an der Universität Panthéon-Assas/Paris II. Dieses schloss sie im Strafrecht mit dem „Diplôme d’études approfondies“ (DEA) an. Von 1992 bis 1998 arbeitete sie als Rechtsanwältin in Paris.

Ihr praktisch ganzes Leben ist vom Front National (FN) geprägt, der von ihrem Vater 1972 gegründet wurde. Die beiden Ehemänner Franck Chauffroy und Eric Lorio sowie der Lebensgefährte Louis Aliot entstammten dem FN. Letzterer ist seit 2020 Bürgermeister von Perpignau, das Paar trennte sich 2019.

Von 1998 bis 2004 betreute Le Pen den juristischen Dienst der Partei und belegte parallel dazu einen der acht Vizepäsidentenposten. Im Jahr 2003 wurde sie stellvertrtetende Vorsitzende. 2011 folgte sie ihrem Vater als Vorsitzende des FN nach. Bei der innerparteilichen Wahl setzte sie sich mit 67,65 % der Stimmen gegen Bruno Gollnisch durch, der v.a. durch antisemitische Sprüche traurige Bekanntheit erlangte.

In den Jahren 2012, 2017 und auch 2022 trat Le Pen zu den französischen Präsidentschaftswahlen an. In den beiden letzten Wahlen schaffte sie es jeweils bis zur Stichwahl gegen den derzeit amtierenden Emmanuel Macron. Politische Erfahrung hat die toughe Frau allemal. Zwischen 1998 und 2004 sowie im Jahr 2010 belegte sie die Position einer Generalrätin von Nord-Pas-de-Calais, im Regionalrat der Île-de-France war sie von 2004 bis 2009 vertreten. Le Pen war Mitglied des Europaparlaments und ist seit Juni 2017 Abgeordnete der französchischen Nationalversammlung,

Marine Le Pen versuchte stets die Partei zur gesellschaftlichen Mitte zu öffnen („Entdiapolisierung“). Antisemitische Mitglieder drängte sie an den Parteirand, den Holocaust verurteilte sie im Gegensatz zu ihrem Vater. Im April 2015 veranlasste sie eine Repositionierung des FNs. Ihren Vater forderte sie offiziell zum Parteiaustritt auf, im August wurde er wegen „schwerer Verfehlungen“ aus der Partei ausgeschlossen. 2019 änderte sie den als rechtsextrem assoziierten Parteinamen „Front National“ in „Rassemblement National“ (Nationale Sammlung, RN). Den Clou lieferte sie jedoch kurz vor den diesjährigen EU-Wahlen, als sie sich für die Ausschliessung der deutschen AfD aus dem EU-Rechtsbündnis ID einsetzte – die Deutschen seien inzwischen zu rechtsradikal geworden. Diese Entscheidung machte sie zur Matchwinnerin bei den EU-Wahlen und den nachfolgenden französischen Parlamentswahlen. Viele Wähler meinten wohl, dass aus der einst rechtsradikalen Partei eine Volkspartei geworden wäre, die wesentliche Veränderungen in Frankreich erwirken könne. Rechts wurde plötzlich salonfähig.

Doch für viele bleibt Marine Le Pen die gefährlichste Frau Europas. Sie forderte den Austritt Frankreichs aus dem Euro. Inzwischen vertritt sie die Position eines losen Bündnisses der Nationalstaaten. Kritiker aber befürchten, dass sofort nach einer solchen Änderung ein Austritt der Grande Nation folgen würde – ein Frexit.

„Ihr Projekt würde die EU zerstören, wie sie heute ist!“

(Der Rechtsextremismus-Experte Jean-Yves Camus)

Französisches Recht soll über europäisches Recht gestellt werden. Den Kapitalismus und die Globalisierung will sie zugunsten Frankreichs bekämpfen („Links-Lepenismus“). Multi-Kulti lehnt sie strikt ab – die Ein-wanderung bezeichnet Le Pen als schädlichen Einfluss auf die französische Gesellschaft. Kriminelle Ausländer sollen sofort ausgewiesen und ein Referendum zur Einführung der Todesstrafte abgehalten werden. Wer eine französische Staatsbürgerschaft haben möchte, solle sich diese verdienen. Im Gegensatz zu ihren europäischen Gesinnungsgenossen respektiert Le Pen zumindest offiziell inzwischen das Pariser Klima-schutzabkommen. Auch die zuletzt durchgeführte Kurve, als sie dem ukrainischen Volk ihren Respekt aussprach, brachte ihr viele Stimmen. Gemeinsam mit ihrer Partei enthielt sie sich bei der Abstimmung über das Sicherheitsabkommen für die Ukraine in der Nationalversammlung ihrer Stimmen. Ihre Unterstützung der Ukraine halte sie von einem Nein ab – dabei war alles nur Wahlkampftaktik!

Für die anderen Parteien in Frankreich ist Le Pen deshalb so gefährlich, da sie einen Zustrom der weissen Wählerinnen in der Bevölkerung zum RN bewirkt. Die anderen Grossparteien sind männlich geführt. All diese Punkte (mit Ausnahme der Todesstrafe) hätten die grossen Mitte-Parteien schon längst zumindest teilweise umsetzen können. Deren Trägheit stärkt nun Marine Le Pen.

Das Sprachrohe des RN bekennt sich immer wieder zum russischen Kriegsaggressor Wladimir Putin. So bestritt sie die 2014 erfolgte Annexion der Krim als unrechtmässig (auch 2023 bezeichnete sie die Krim nach wie vor als „russisch“), fordert nach dem russischen Angriffskrieg eine intensivere Partnerschaft Frankreichs mit Russland (Wochen zuvor hatte sie Russland noch als „Aggressor der Ukraine“ bezeichnet) und spricht sich gegen Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland aus. Offizielle Begründung:

„Gewisse Sanktionen haben unsere Wirtschaft deutlich geschwächt und die französischen Haushalte mit voller Kraft getroffen.“

(Marine Le Pen)

Waffenlieferungen an die Ukraine schwächen die französische Armee im Falle einer „Krise hoher Intensität“! Das müsste ja dann wohl innerstaatlich sein, da Russland La France keinesfalls angreifen würde und die USA Verbündeter Frankreichs ist. Im Jahre 2014 gar wurde bekannt, dass der FN nicht weniger als 40 Mio € an Wahlkampf-Krediten aus Russland erhalten hatte. Investigativ-Journalisten der Washington Post deckten unter Bezugnahme von Geheimdienstquellen auf, dass der russische Präsident Putin den RN dazu verwendet, russische Argumente und Kriegspropaganda in Frankreich zu verbreiten („Transmissions-riemen“, Wortschöpfung des Politikwissenschafters Gilles Ivaldi). Nichts neues, sind doch auch die anderen europäischen Gesinnungskollegen ebenso recht erfolgreich darin.

Immer mal wieder schoss Le Pen über das Ziel hinaus. So verglich sie 2010 die muslimischen Strassengebete mit der Okkupation Frankreichs durch Nazi-Deutschland (Folge: Aufhebung der Immunität im EU-Parlament); 2014 hatte sie via Twitter Fotos von Greueltaten der islamis-tischen Terrormiliz IS verbreitet – erneut wurde ihre Immunität aufge-hoben und gegen Le Pen wegen Verbreitung von Gewaltbildern ermittelt; 2017 weigerte sie sich, 342.000 € an das EU-Parlament zurückzugeben. Sie hatte damit rechtswidrig Mitarbeiter des FN entlohnt. Le Pen wurde wegen Veruntreuung zweitinstanzlich zur Rückzahlung von 300.000 €verurteilt. Vor zwei Jahren wurde schliesslich bekannt, dass die ehe-malige Vorsitzende des RN in Ihrer Zeit als Mitglied des EU-Parlaments weitere 137.000 € für innenpolitische und/oder private Ziele zweckent-fremdet haben soll.

Ist der RN eine „Normale Partei“, als die er v.a. in ländlichen Regionen eingeschätzt wird? Was wird wohl aus Frankreich, was aus der EU, wenn diese Frau wirklich dermassen gefährlich ist, wie Experten sie ein-schätzen?

„Ich strebe eine absolute Mehrheit an, um das Land wieder aufzu-richten. Ich bin der einzige, der in der Lage ist, den linken Anführer Jean-Luc Melenchon zu schlagen!“

(Jordan Bardella, Vorsitzender des RN und dessen Spitzenkandidat für die Position des Premierministers)

Lesetipps:

.) Frankreich zwischen Le Pen und Macron; Julia Amalia Heyer; dtv 2017

.) Marine Le Pen: Tochter des Teufels. Vom Aufstieg einer gefährlichen Frau und dem Rechtsruck in Europa; Tanja Kuchenbecker; Herder 2017

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Die Gefahr lauert im Gras

Kleine Biester, die jedoch sehr grossen Schaden anrichten können. Wer schon mal von einer Zecke gestochen wurde, kann ein Lied davon singen. Auch mich hat ein solches Ungetier mal erwischt. Den Stich selbst habe ich nicht bemerkt – allerdings tagelang danach Schmerzen – doch gottlob war sie nicht infiziert, ich immunisiert oder hatte einfach nur Glück!
Zecken sind meist im Unterholz, Gebüsch, Gras oder Laub zu finden – dass sie von den Bäumen fallen, entspricht nicht der Realität. Die Blutsauger gibt’s in unseren Breiten nahezu das ganze Jahr über – sie sind ab 7 Grad aktiv. Der Wortteil „Frühsommer“ in Frühsommer-Meningo-Enzephalitis lässt sich auf die russische Taiga-Zecke zurück-führen, die dort vornehmlich zu dieser Jahreszeit ständig neue Menschen kennenlernt.

Zumeist ist es der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus), der die Borreliose und die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME – englisch: „tick-borne encephalitis“ TBE) überträgt, eine spezielle Entzündung der Hirnhäute und des Gehirns. Allerdings bereitet die durch Zugvögel aus den Tropen eingeschleppte Art (Invasor) Hyalomma immer mehr Sorgenfalten. Sie kann zudem das Zecken-Fleck- oder das Krim-Kongo-Fieber übertragen. Zweiteres führt (je nach Virusstamm) bei 2-50 % zum Tode durch Multiorganversagen. Zudem besteht die Gefahr nicht in einer zufälligen Ansteckung (zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort – dem Gemeinen Holzbock ist der Wirt gleichgültig), sondern in einer Zielsuche: Diese spezielle Zecke erkennt einen geeigneten Wirt durch die Augen auf rund 10 Metern Entfernung und verfolgt ihn – wenn es sein muss auch über einige hundert Meter. Sie ist deutlich grösser als die heimischen Arten und saugt bis zu acht Milliliter Blut.

Obwohl derartige Erkrankungen eher selten sind, sollte dennoch mittels einer Impfung mit ständigen Auffrischungen einer möglichen Erkrankung vorgebeugt werden. Risikogebiete in Deutschland sind Baden-Württem-berg, Bayern, Südhessen, Teile Sachsens und Brandenburgs sowie das südöstliche Thüringen. Oberhalb von 2000 Metern Seehöhe (Klimaer-wärmung – bis vor wenigen Jahren waren es noch 1.000 m!) wurden noch keine infizierten Insekten gesichtet. Insgesamt sind 180 Landkreise in Deutschland als Risiko-Gebiete vermerkt (vor zwei Jahren waren es noch 175) – inzwischen vereinzelt auch in Mittelhessen, dem Saarland, Rhein-land-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen (Robert Koch-Institut – Epidemiologisches Bulletin 9/2023). Als Risiko-Gebiet gilt ein Kreis dann, wenn über den Zeitraum von fünf Jahren eine Person von 100.000 Einwohnern (Risiko > 1:500.000) an FSME erkrankt ist (Nachweis einer intrathekalen Antikörpersynthese). Diesen Status behält der Kreis über 20 Jahre hinweg – auch wenn es zu keinerlei Neuerkrankungen mehr im Anschluss kam.

Österreich gilt als das Quellgebiet der Zecken – hier leben die meisten entlang der Flüsse und Ströme: Donau (Oberösterreich, Niederösterreich und Wien) oder dem Inn (Tirol), aber auch dem Burgenland, der Steier-mark und Kärnten. Jährlich mehr Erkrankungsfälle meldet auch der Bezirk Feldkirch in Vorarlberg. Nachdem im Alpenland jedoch die Durch-impfungsrate bei rund 90 % liegt, gibt es hier nurmehr wenige Erkrankungen. Und so ganz nebenbei: Sollte Ihnen gegenüber ein Österreicher den Spruch „Du bist lästiger als an Zeck’!“ äussern, so ist das nicht unbedingt liebevoll gemeint! In der Schweiz sind inzwischen alle Kantone betroffen, die über üppige Laubwälder verfügen – von den 26 Kantonen somit nicht weniger als 24 – nur Genf und das Tessin sind noch ausgenommen!!! Stiche wurden allerdings auch schon in China, Japan und Russland gemeldet. In Risikogebieten übrigens liegt der Anteil an infi-zierten Zecken bei 0,1 bis fünf Prozent, in Hochendemiegebieten jedoch auch schon mal bei bis zu 20 %.

Eine Übertragung ist zudem über nicht pasteurisierte Kuh-, Ziegen- oder Schafsmilch bzw. -käse möglich (biphasisches Milchfieber). In früheren Zeiten gar wesentlich häufiger als durch einen Zeckenstich. Infiziert sich ein Tier, so verläuft eine Erkrankung vornehmlich „subklinisch“. Dies bedeutet, das Tier wird sehr rasch anhaltend immun. Allerdings werden während dieser sog. „akut virämischen Phase“ bis zur Immunität Viren mit der Milch ausgeschieden. Wird diese nicht-pasteurisiert getrunken oder beispielsweise in Form eines Rohmilchproduktes verzehrt, so infiziert sich die Person mit dem FSME-Virus. In den baltischen Ländern Lettland, Litauen und Estland wird häufiger rohe Ziegen- oder Schafsmilch getrunken – hier sind auch wesentlich mehr Antikörper im Blut der Menschen zu finden.

Zwischen 70 bis 95 % der Infizierten bleiben beschwerdefrei. Die anderen machen zumeist zwei Krankheitsphasen durch: Die erste beginnt drei bis 30 Tage nach dem Stich mit einer rund 5 cm-grossen Wanderröte um die Stichstelle, zeigt sich dann ein bis zwei Wochen nach dem Stich durch Fieber, Kopf- und Gelenkschmerzen sowie Schwindel, Übelkeit und Erbrechen. Danach folgen 1-3 fieberlose Wochen. Schliesslich beginnt die zweite Phase: Fieber, Übelkeit, Erbrechen und Ausfälle des Nerven-systems. Das wird durch die Entzündung der Hirnhaut verursacht. Lähmungen, Koma sowie die Entzündung des Rückenmarks können folgen. Einer von 100 Infizierten stirbt an den Folgen der Entzündung, drei bis 11 Prozent leiden an bleibenden Schäden, wie Konzentrations-störungen, chronische Kopfschmerzen, Müdigkeit, selten auch Lähmungen. In den nicht so heftig verlaufenden Fällen können Kopf-schmerzen und Lähmungen noch Monate nach dem Abklingen der Krankheit bleiben, dann jedoch verschwinden. Bei Kindern heilt die Erkrankung meist schneller und besser aus – bei älteren Menschen kann sie zu dererlei bleibenden Schäden führen. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich. Erkrankungen müssen im deutsch-sprachigen Raum vom behandelnden Arzt gemeldet werden.

Das FSME-Virus ist ein behülltes Einzelstrang-RNA-Virus aus der Familie der Flaviviridae und der Gattung Flavivirus. Derzeit sind drei Subtypen bekannt! In Mitteleuropa ist es vornehmlich der Western-Subtyp. Die Übertragung erfolgt beim Einstich durch die Speicheldrüse der Zecke.
Eine FSME-Infektion kann übrigens nicht mit Hilfe der Medizin geheilt werden. Sie behandelt lediglich die Beschwerden. Wer sich schon mal infiziert hat, ist in der Regel immun gegen das Virus – im Blut finden sich IgM und IgG-Antikörper, die bei einer neuerlichen Infektion die Arbeit aufnehmen. Allerdings sollte sicherheitshalber alle drei bis fünf Jahre eine Auffrischungsimpfung absolviert werden. Die Ärzte empfehlen eine solche Impfung, sofern Sie in Risikogebieten leben und häufig in der Natur zu tun haben. Oder dort den Urlaub verbringen. Der Impfschutz selbst besteht erst nach drei Impfungen. Danach reicht alle 5 Jahre eine Auffrischungsimpfung – ab dem 50. Lebensjahr sollte diese alle drei Jahre erfolgen. Sollte zu lange ausgesetzt worden sein, so muss die Prozedur nicht wieder von vorne begonnen werden. Auch hier reicht normalerweise eine Auffrischungsimpfung.


Einige Schutzmassnahmen können schon im Vorfeld durch jeden selbst vorgenommen werden:
– helle Bekleidung, damit eine Zecke schneller entdeckt wird
– geschlossenen Schuhe
– lange Hosen
– die Socken am besten über die Hose ziehen
– langärmelige Hemden
– keine Tiere wie etwa Igel berühren (die Zecken lieben sie als Wirt)
– nach jeder Wanderung absuchen des Körpers (v.a. der Kniekehlen, Leisten, Achseln, am Ohr- sowie am Haaransatz)
– Zeckenschutzmittel (Vorsicht: Hält nur für 2 bis 3 Stunden!)
Ich dusche mich nach jeder Wanderung oder Gartenarbeit inkl. dem festen Abreiben mit dem Handtuch!


Sollte eines der Biester tatsächlich gestochen haben, entfernen Sie die Zecke am besten mit einer Zeckenzange oder einer Pinzette möglichst nah an der Haut. Ziehen Sie sie gerade und vorsichtig heraus. Zuletzt noch die Stichstelle desinfizieren und möglicherweise markieren. Wenn das Insekt mit Öl oder Klebstoff übergossen wird, bekommt es Todes-angst und entleert den kompletten Mageninhalt – auch den Virus, sollte dieser noch nicht bis zu diesem Zeitpunkt übertragen worden sein.
Wesentlich häufiger als eine FSME-Erkrankung ist allerdings die Borreliose. In Deutschland erkranken in den Meldegebieten unter 100.000 Einwohner zwischen 20 bis 90 pro Jahr (in einigen wenigen Regionen bis zu 150) an dieser bakteriologischen Krankheit, die von den Borrelien übertragen wird. Hiervor gibt es keine schützende Impfung – im Infektionsfall müssen Antibiotika verabreicht werden. Wer also gegen FSME geimpft ist, kann trotzdem an Borreliose erkranken.

Der FSME-Impfstoff wurde 1976 erstmals durch den österreichischen Pharma-Konzern Immuno auf den Markt gebracht. Als Zielgruppe galten v.a. die Forstarbeiter. Als das Unternehmen Ende der 1990er-Jahre durch den US-amerikanischen Konzern Baxter geschluckt wurde, verschwand das österreichische Präparat nahezu aus dem Apothekenregal, da diese ihr eigenes Serum verkaufen wollten. Erst als viele Menschen sich aufgrund der Nebenwirkungen weigerten, eine Impfung über sich ergehen zu lassen, wurde der Impfstoff verbessert. Aus diesem Grund ist die FSME-Impfung nicht ganz unumstritten, da einige Nebenwirkungen auch weiterhin bestehen. Gespritzt werden inaktive, abgetötete Viren und Aluminiumhydroxid in den Oberarm. Die Grundimmunisierung besteht aus zwei Impfungen (ein bis drei Monate voneinander getrennt) und einer dritten fünf bis neun Monate nach der zweiten. Danach sollte – je nach Risiko bzw. Alter des Patienten – alle drei bis fünf Jahre aufgefrischt werden. In der Schweiz empfiehlt das Bundesamt für Gesundheit eine solche Auffrischungsimpfung erst nach zehn Jahren. Eine Passiv-Impfung (Impfung mit Antikörpern nach einem Stich) wird nicht mehr durch-geführt. An der Impfstelle kann es vermehrt zu Reaktionen wie etwa Schmerzen, Rötungen und Anschwellungen kommen, leichtes Fieber ist ebenfalls möglich wie Sehstörungen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Müdigkeit und Schüttelfrost. Vergleichbar etwa mit den Reaktionen bei einer Tetanus-Impfung. Kleinkinder können mit Fieberschüben reagieren. Menschen mit allergischer Reaktion auf Hühnereier sollten sich nicht impfen lassen, da die Herstellung des Serums auf embryonierten Hühnereiern (CEC – chick embryo cells) erfolgt.

In Deutschland wurden im Jahr 2023 475 Neuinfektionen gemeldet (2020 waren es noch 704), in der Schweiz 245 (Stand: Ende September 2023) und in Österreich 109 (hospitalisiert). Nachdem sich die Erkrankung bei nur 5 % der Infizierten zu einer Meningoenzephalitis entwickelt, lehnen Gegner die Impfung ab. Auch bei Kindern heilt die Erkrankung zumeist rasch aus, ohne Schäden zu hinterlassen. In der deutschen Fachliteratur ist nur von einem Kind die Rede, das Folgeschäden wie Lähmungen, epileptische Anfälle oder andere Auffälligkeiten aufzeigte. In Deutschland übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Impfkosten, sofern sie in einem Risikogebiet leben. Bei Urlaubsreisen in ein solches innerhalb Deutschlands jedoch steigen viele Kassen aus, bei Auslandsreisen in der Regel alle. In der Schweiz werden die Impfkosten (rund 200 Schweizer Franken) nur dann durch die Krankenkasse übernommen (ausgenommen der Selbstbehalt von 10 %), wenn die Impfung durch einen Arzt in einem Risikogebiet vorgenommen wird. Bei Impfungen in der Apotheke müssen die Kosten selbst getragen werden. In Österreich muss der Patient für die Impfung aufkommen (die Kosten dafür legt der Arzt selbst fest). Die Gesundheitskasse gewährt einen Zuschuss von 4,80 €. Wurde allerdings eine FSME-Erkrankung durchgemacht, so bietet die Immunisierung ein Leben lang Schutz. Ergo: Ein Antikörper-Bluttest vor einer Impfung kann – nicht nur bei FSME – durchaus Aufschluss bringen, was demnächst vom Arzt Ihres Vertrauens verabreicht werden sollte. Und übrigens: Impfungen bei chronisch kranken Menschen zeigten in vielen Fällen auch Besserungen bei diesen Erkrankungen, da das Immunsystem etwas zu tun bekommt.

Lesetipps:

.) Zecken – Was man über FSME und Borreliose wissen muss; Jochen Süss; Irisiana-Hugendubel 2006
.) Epidemiologie und Prophylaxe der Frühsommermeningitis; Roggendorf, M., Girgsdies, O. E.Rosenkranz, G; DIe gelben Hefte 1994
.) Zecken und Zeckenerkrankungen; Ralph Peters; Borreliose und FSME Bund Deutschland e. V. 2006
.) Lyme-Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis; Patrick Oschmann/Peter Kraiczy; UNI-MED 1998

Links:

– www.zecken.de
– www.zecken.at
– www.zecken.ch
– zecken-stich.ch
– www.rki.de
– www.pei.de
– www.apotheker.or.at
– www.gbe-bund.de
– www.bag.admin.ch
– www.blv.admin.ch
– survstat.rki.de/
– infektionsnetz.at
– www.infektionsschutz.de
– dgk.de
– www.sanitaetsdienst-bundeswehr.de
– www.impfen.de
– www.eurosurveillance.org
– www.careplus.eu
– www.infektionsschutz.de
– www.virologie.meduniwien.ac.at/
– www.borreliose-bund.de
– reisemed.at

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Es darf wieder spioniert werden

Zitherklänge zu Verfolgungsjagden in den Wiener Kloaken – viele werden ihn noch kennen, den Spionage-Thriller „Der dritte Mann“ von Carol Reed mit Orson Welles in der Hauptrolle aus dem Jahre 1949. Seither hat die österreichische Bundeshauptstadt den Ruf als Dreh- und Angelpunkt der Ost-West-Spionage. Vor allem zu Zeiten des Kalten Krieges waren nicht nur unzählige hochrangige Vertreter des CIAs oder KGBs in den Strassen-schluchten zu finden, auch andere wie der israelische Mossad, der britische SIS oder französische Securité Militaire (heute DPSD), aber zudem die Stasi der DDR. Mit der Auflösung des russischen KGBs auf-grund des Endes der Sowjetunion und der folgenden Öffnung zum Westen dachte man, dies beendet zu haben und als Kapitel der Geschichte zuschlagen zu können! Weit gefehlt! Die illegalen Aufbauten auf der russischen Botschaft zum Zwecke der Abhörung in der Reisner Strasse im 3. Wiener Bezirk beurkunden dies – sozusagen als sichtbares Zeichen der Fortsetzung des Dritten Mannes! Allerdings unter anderen Vorzeichen: Der KGB wurde in der zivilen Auslandsaufklärung durch die Federalnaja Sluschba Ochrany Rossijskoi Federazii (FSO) und in der militärischen durch den Militärgeheimdienst GRU ersetzt; hochrangige Politker und Verwaltungsbeamte werden angeworben (machte damals vornehmlich die Stasi); Nutzung der Digitalisierung; dem Aufrüsten des Agententums auch durch andere Zielstaaten wie China oder Nordkorea, …! Doch eines blieb offenbar gleich: Der chiffrierte Kurzwellenfunk als Transportmittel!

Ein durchaus spannendes Thema, in das ich mich nicht zu tief einarbeiten möchte, damit schlafende Hunde nicht geweckt werden. Deshalb beschränke ich mich in dieser Ausgabe des Blogs auf durch die Medien bereits veröffentlichte Informationen mit aufgedeckten russischen Fällen vornehmlich in Deutschland, nicht in Wien. Kämen jene etwa aus China hinzu, würde dies wohl den Umfang dieses heutigen Blogs sprengen. Ich werde dies in einem anderen Text nachholen!

Seit der Krim-Annexion 2014, v.a. aber mit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine investiert Wladimir Putin viel Geld und Arbeit in seine „Wunderkinder“: Beamte, Wissenschaftler und Studenten, die hierzulande ein unauffälliges Dasein fristen, aber durchaus wertvolle Informationen aus Politik, Wirt- und Wissenschaft, aber auch der Stimmung des Westens fleissig in Richtung Moskau absetzen. Manche kamen schon vor Jahren nach Deutschland und Österreich, andere sind Natives, also dort Geborene und Aufgewachsene. Werden sie aufgedeckt, drohen sehr lange Haftstrafen, die Abschiebung und/oder die Ächtung in ihrem Heimat- bzw. Wohnland

„Ja, wir gehen davon aus, dass es auch in Deutschland weitere Illegale gibt!“

(Thomas Haldenwang, Präsident des deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV))

Hier nun einige Fälle.

Im Jahr 2011 flog in Deutschland das Paar Heidrun und Andreas Anschlag auf. Angeblich in Südamerika aufgewachsene Österreicher, deren Arbeit-geber über Jahre hinweg im Moskauer Kreml zu finden war. Nach deren Aufdeckung wurden sie zu langen Haftstrafen verurteilt und später nach Russland abgeschoben. Ihr Verbindungsmann war ein niederländischer Diplomat, der Zugang zu wichtigen und geheimen NATO-Akten hatte.

Carsen L. war ein mehr als wertvoller Geheimnisübermittler: Gehalts-empfänger beim Bundesnachrichtendienst und der deutschen Bundes-wehr. Er kommt aus Weilheim, einer Kreisstadt in Oberbayern, nicht weit entfernt von Garmisch-Partenkirchen. Dort befindet sich der Ausbil-dungs- und Erholungsstandort der US-Heeresgarnison Bayern sowie das deutsch-amerikanische George C. Marschall Europäisches Zentrum für Sicherheitsstudien. Im benachbarten Mittenwald ist zudem das Gebirgs-jägerbataillon 233 in der Edelweiss-Kaserne stationiert. Die Infor-mationen soll der Geschäftsmann Arthur E. in Richtung Osten abgesetzt haben. Beiden drohen lange Haftstrafen wegen Landesverrates in besonders schweren Fällen.

Auch ein Reserveoffizier aus NRW, Ralph G., wurde 2022 durch das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilt. Er soll sich regelmässig in der russischen Botschaft in Berlin u.a. auch mit Mitarbeitern des GRU getroffen haben. Seine Strafe allerdings wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Daniil B. war Handelattaché der russischen Botschaft in Berlin. Er vernetzte sich ausgezeichnet mit jungen Politikern und brachte die AfD auf ihren derzeitigen russlandfreundlichen Kurs. Zugleich gründete er in Mecklenburg-Vorpommern das „Ostinstitut“. Hier zu finden war lange Zeit eine grosse Anzahl von russischen Lobbyisten. Ob dort auch der russische Autor und Aktivist Wladimir Wladimirowitsch Sergijenko angeworben wurde, oder ob dieser bereits vorher als Kontaktmann ein-geschleust worden ist, ist derzeit nicht ganz geklärt. Sergijenko arbeitete für den Russlanddeutschen AfD-Bundestagsabgeordneten Egon Schmidt. Nach Recherchen des Magazins „Der Spiegel“ soll sich Sergijenko mehrfach mit dem Oberst des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, Ilja Wetschtomow, getroffen haben. Das Ziel dieser Zusammenarbeit: Eine Verfassungsklage gegen die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine. Schmidt ist in Kasachstan geboren und u.a Beauftragter für Russlands-deutsche. In einem Interview mit der NZZ betonte er, dass Sergijenko infolge der Medienberichterstattung seine Tätigkeit für Schmidt einstellte. Eine weitere Zusammenarbeit mache „die gegen Sergijenko gerichtete Medienkampagne“ unmöglich. Zudem leitete er rechtliche Schritte gegen das grossformatige Boulevardmagazin ein, das mit „Russen-Spion enttarnt“ titelte. Sergijenko trat auch als Redner auf einem vom rechts-radikalen Magazin „Compact“ veranstalteten Treffen auf. Er soll neben der deutschen Staatsangehörigkeit auch eine ukrainische und russische besitzen.

Nach wie vor ist der Fall rund um den AfD-EU-Parlamentsabgeordneten Maximilian Krah nicht geklärt. Während der Einreisekontrolle in die USA wurde Krah im Dezember 2023 durch das FBI einvernommen. Dabei wurden rund 3.000,- € Bargeld vorgefunden. Wie nach Recherche des WDR, NDR und der Süddeutschen Zeitung bekannt, wollte er damit Hotel und Essen bezahlen sowie seinem Bekannten David Bendels eine von ihm ausgelegte Summe für einen Sitzplatz bei der Veranstaltung der Young Republicans in New York zurückerstatten. Bendels ist Chefredakteur des rechts-populistischen Deutschland-Kurier. Das FBI hatte Krah offenbar verdächtigt, das Bargeld von einem prorussischen Aktivisten erhalten zu haben.

In die Niederlanden: Dort flog ein angeblicher Brasilianer auf, der in den USA und Irland studierte und im Land der Deiche und Grachten offiziell ein Praktikum am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag absol-vierte. Es war ein Russe, der mit einer brasilianischen Identität ausge-stattet worden war.

An der norwegischen Universität von Tromsø beschäftigte sich ein brasilianischer Wissenschaftler mit der geopolitischen Bedeutung der Arktis. Besonders interessant, da Norwegen gar nicht Mitgliedsland der EU ist.

2022 griffen in Ljubljana die slowenischen Sicherheitsbehörden bei einem Paar zu, das offenbar die Gehälter in Europa verteilt hatte. Sie kamen bei ihren vielen Reisen nach Deutschland in den Fokus des Verfassungs-schutzes. Bei der Hausdurchsuchung stiessen sie auf immens hohe Bar-geldbeträge. Der Namibier war im IT-Sektor tätig, seine Frau aus Argentinien als Galeristin in der Kunst.

„Wir gehen davon aus, Russland nutzt den vollen Werkzeugkasten aller Spionagewerkzeuge, die vorstellbar sind, bis hin auch zur Tötung von Gegnern!“

(Thomas Haldenwang, Präsident des deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV))

Allerdings ist es nicht nur die Weitergabe von relevanten Informationen, die die Russen interessieren, sondern offenbar auch das Ausführen von Sabotagenakten an wichtigen Einrichtungen, warnen unisono alle euro-päischen Geheimdienste. So wurden erst vor kurzem zwei Bayern festgenommen, die verdächtig sind, Behörden zu sabotieren, die sich mit der militärischen Unterstützung der Ukraine beschäftigen. Daneben sollen sie auch wichtige Informationen zu den Sanktionen gegen Russland und der deutschen bzw. europäischen Rüstungspolitik weiter-geleitet haben.

Manches Mal jedoch bissen sich die Russen die Zähne aus. So etwa bei dem CDU-Abgeordneten zum Bundestag, Roderich Kiesewetter. Der Oberst a.D. im Generalstabsdienst und derzeitige Vorsitzende des Reservistenverbandes berichtet von Einladungen in die russische Bot-schaft, welchen er jedoch nicht nachkam.

Ich für meine Person musste mich bei meiner zweiten Verpflichtung als Zeitsoldat beim Österreichischen Bundesheer nachrichtendienstlich über-prüfen lassen, da meine Wurzeln in Deutschland liegen und ich zu diesem Zeitpunkt noch viele Verwandte dort hatte. Offenbar galt dies nur unzu-länglich in Form der Sicherheitsüberprüfungen bei der deutschen Bundeswehr und den Geheimdiensten. Das wurde inzwischen nachgeholt: Nach Angaben des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) wurden alleine im Jahr 2022 rund 57.000 Überprüfungen durchgeführt. In 300 Fällen bestand ein Sicherheitsrisiko, in weiteren kanpp 2.000 Fällen wurden Einschränkungen bzw. personenbezogene Sicherheitshinweise ausge-geben. Weitere 68.000 Prüfungen standen bereits zu Silvester 2023 in Arbeit. Geheimnisträger oder Mitarbeiter in Schlüsselfunktionen werden zudem regelmässig alle fünf Jahre gecheckt.

Auch die Politik reagiert sehr empfindlich auf Spionage-Vermutungen. 2022 wurden in nur einer Aktion 40 mit Diplomatenpass ausgestattete Mitarbeiter der russischen Botschaft Unter den Linden in Berlin ausgewiesen. Sie sollen dem russischen Militärgeheimdienst GRU ange-hören. Nach nicht bestätigten Angaben sollten 100 ausgewiesen werden – europaweit waren es 400. Ferner wurde die Zahl der akkreditierten russischen Diplomaten in Berlin und Diplomaten in der deutschen Botschaft in Moskau reduziert. Der russische Botschafter in Deutschland ist bereits mehrfach durch die Aussenministerin Annalena Baerbock in das Auswärtige Amt zitiert worden.

Zuletzt möchte ich noch einige Fragen unbeantwortet im Raum stehen lassen: Wieso wurde der AfD-Chef Tino Chrupalla im Dezember 2020 durch den russischen Aussenminister Sergej Lawrow in Moskau empfangen (dplomatisch mehr als ungewöhnlich)? Wofür planten mehrere AfD-Abgeordnete im September 2022 eine Reise nach Moskau, obwohl der russische Überfall auf die Ukraine bereits im Februar 2022 begonnen hatte? Weshalb besuchten am 9. Mai 2023 Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), Tino Chrupalla (AfD) und Alexander Gauland (Ehrenvorsitzender der AfD) sowie Klaus Ernst (Die Linkspartei) anlässlich der Gedenk-veranstaltung zum Sieg der Sowjetunion über Nazi-Deutschland die russische Botschaft in Berlin, obgleich in der Ukraine der russische Angriffskrieg tobt? Im Zweiten Weltkrieg hatte Hitler trotz Nichtangriffs-paktes die Sowjetunion überfallen.†

Quellen-Hinweis:

Alle hier erwähnte Fälle sind bereits durch Medien veröffentlicht worden!

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PFAS – geschaffen für die Ewigkeit

Nun – wohl jeder hat mit ihnen schon zu tun gehabt, man kommt ihnen einfach nicht aus. „Per- und Polyfluorierte Alkylsubstanzen“, erlauben Sie mir bitte die Abkürzung: PFAS! Ohne sie ist vieles im normalen, alltäg-lichen Leben nicht mehr machbar. Zu finden sind sie in Pfannen und Halbleitern, in der Outdoor-Bekleidung, in der Lebensmittel-Verpackungsindustrie und ja sogar in der Zahnseide.

Ihre Kennzeichen: Wasser- und schmutzabweisend, hitze- und druck-beständig – auch die meisten Säuren können ihnen nichts antun.

Die Gefahr: Sie machen krank und bleiben nahezu „ewig“ in der Umwelt („Forever Chemicals“)! Die biologische Halbwertszeit von PFOA liegt bei ca. 2,7 Jahren, von PFOS bei ca. 4,7 und bei PFHxS bei ca. 5,3 Jahren. Nachdem sie bereits im Trinkwasser vorkommen, werden sie zum akuten Problem!

Die Chemie gleich vorweg: Bei diesen organischen Substanzen wurden die Wasserstoff- industriell durch Fluoratome ersetzt! Inzwischen gibt es mehr als 10.000 dieser chemisch-zusammengesetzten Stoffe – nahezu täglich werden es mehr.

Und nun wird’s heftig: Seit bereits den 1960er-Jahren ist es bekannt und wissenschaftlich nachgewiesen, dass bestimmte PFAS im menschlichen Körper Krankheiten wie etwa Krebs auslösen können!

„PFAS können auf die Fruchtbarkeit wirken, auf die Spermaqualität oder auch auf die Entwicklung des Kindes im Mutterleib. Sie können die Reaktion bei Impfungen herabsetzen. Einige werden als krebs-erzeugend eingestuft.“

(Marike Kolossa-Gehring, Chef-Toxikologin am dt. Umweltbundesamt)

Inzwischen werden PFASs neben dem Wasser auch in Pflanzen, Böden, Tieren und im Blut des Menschen nachgewiesen. Auch übrigens in der Arktis und Antarktis. Zu Beginn des letzten Jahres haben vier EU-Staaten neben Deutschland den Vorschlag bei der EU-Chemikalienbehörde ECHA eingebracht, den Einsatz dieser PFASs zu beschränken oder gar zu verbieten. Ein halbes Jahr lang hätten alle EU-Bürger die Möglichkeit gehabt, diesen Vorschlag zu unterstützen. Geschehen ist freilich so gut wie gar nichts. Ganz im Gegenteil: Die Industrie nutzte die Möglichkeit, um weiterhin auf die „Positiven Eigenschaften“ hinzuweisen und ein Szenario aufzustellen, wie das Leben wohl wäre, gäbe es die PFASs nicht mehr. Klar – weshalb kompliziert, wenn es einfach auch gehen könnte! Erst eine Greenpeace-Kampagne zeigte auf, dass Outdoor-Bekleidung auch ohne PFAS wasserdicht oder Küchenpfannen antihaftend werden können. Übrigens auch der Löschschaum der Feuerwehr. V.a. Flughäfen sind nach wie vor stark PFAS-belastet. Nicht unbedingt durch reale Ein-sätze, sondern oftmals durch die Lösch-Trainings. Die Chemikalien versickern oder kommen ins Abwasser und bleiben dort für Jahre hinweg. Derartige Schäume (auch in Feuerlöschern) sind seit heuer in der EU nicht mehr zugelassen – es gelten allerdings erneut Übergangsfristen. An den Altlasten allerdings haben wir schwer zu beißen.

„Man kann ohne Übertreibung sagen, dass es die problematischste Stoffgruppe ist, die wir bisher im Rahmen der Industriechemikalien haben.“

(Prof. Martin Scheringer, Umweltchemiker an der ETH Zürich)

Doch damit noch lange nicht genug: PFAS ist auch eng verbunden mit der Energiewende. So sind sie enthalten in den Trennschichten der Lithium-Batterie bzw. den Membranen der Brennstoffzellen. Die möglichen Alternativen hierzu werden – wie üblich – nur ganz vereinzelt genutzt, da zu teuer oder schlichtweg zu aufwendig. Propan als Kältemittel in Wärmepumpen oder Klimaanlagen wäre sogar leistungsfähiger als PFAS-Gas! Zwar erfolgt dessen Verwendung immer öfter, doch könnte es wesentlich rascher umgesetzt werden! Treten dann die Gesetze endlich in Kraft, sind lautstarke Proteste aus Wirtschaft und Industrie zu vernehmen, da all dies zu schnell gehe, zu teuer werde und schliesslich Arbeitsplätze koste.

Wie gefährlich können diese Chemikalien aber wirklich werden? Hier ein Beispiel!

1999 erhielt der Umweltrechtsanwalt Robert Bilott einen Anruf des Viehbauern Wilbur Tennant aus Parkersburg/West Virginia. Der Farmer meinte, dass ihm reihenweise das Vieh wegsterben würde. Billot ver-teidigte bis zu diesem Zeitpunkt vornehmlich Chemiekonzerne, weshalb er mit dem Kommenden seine eigene Karriere und den Ruf seiner Kanzlei auf’s Spiel setzte. Der Anwalt, der damals in der Kanzlei Taft, Stettinius & Hollister beschäftigt war, nahm die Recherchen auf und überzeugte seinen Arbeitgeber mit einem Video, das verendete Kälber mit verfärbten Eingeweiden, aus der Nase blutende tote Wildtiere, Kühe mit Schaum am Maul sowie missgebildete Hufe zeigte. Es stellte sich heraus, dass die Tennants in den 1980er-Jahren ein Stück Land an den benachbarten Chemiekonzern DuPont verkauft hatten. Dieser nutzte es offenbar als Mülldeponie. Durch diese Deponie verläuft ein Flüsschen, dem die Tennants weiter flussabwärts Wasser für ihre Farm entnahmen. Bilott reichte Klage beim Bundesgericht ein. Diese wurde abgewiesen mit dem Hinweis auf schlechte Haltungsbedingungen des Viehs bei den Tennants. In einem Schreiben fiel die Abkürzung „PFOA“ (Perfluoroctansäure). Der Anwalt klagte den Chemiekonzern auf Herausgabe entsprechender Unterlagen, da dieser sich zuvor weigerte, und bekam Recht.

1951 erwarb DuPont das Patent auf PFOA von 3M, das es zur Herstellung von Teflon verwendete. 3M hatte DuPont davon informiert, dass PFOA-Reste bzw. -abfälle als Sondermüll zu behandeln sind. Dieser aber pumpte offenbar seither Tonnen davon in den Ohio-River und deponierte rund 7.100 to PFOA-haltigen Schlamm in den Sickergruben auf diesem Gelände in Parkersburg. Dadurch gelangte die Chemikalie auch in das Grund- und somit Trinkwasser für mehr als 100.000 Menschen aus der Umgebung.

Der Chemiekonzern hatte selbst weitere Forschungsstudien zu PFOA durchgeführt, dessen Ergebnisse jedoch nie veröffentlicht: Geburtsfehler bei Ratten, Hoden-, Leber- und Bauchspeicheldrüsenkrebs bei Versuchs-tieren, hohe Konzentrationen im Blut der Mitarbeiter, Augenfehler bei neugeborenen Kindern sowie mehr als 3 ppb (Parts per Billion) im Trink-wasser, obgleich die Wissenschaftler des Unternehmens selbst den Grenzwert von max. 1 ppb empfohlen hatten. Somit tranken teils über Jahrzehnte hinweg zig-tausende Menschen verseuchtes Wasser. 1993 hatte der Konzern ein weitaus weniger gefährliches Ersatzprodukt ent-wickelt, das finanzielle Risiko allerdings war den Verantwortlichen zu hoch. Durch die Schornsteine wurde alsdann fleissig weiter PFOA-Gas und -staub in die Luft geblasen, die selbstverständlich auch entferntere Regionen erreichten. Im Jahre 2000 stellte 3M die PFOA-Verwendung gänzlichst ein, Dupont allerdings hielt auch weiterhin daran fest.

„Wir haben bestätigt, dass Chemikalien und Schadstoffe, die von DuPont bei Dry Run Landfill und anderen nahegelegenen DuPont-Anlagen in die Umwelt abgegeben wurden, eine unmittelbare und substanzielle Gefahr für Gesundheit und Umwelt darstellen.“

(Robert Bilott 2001 in einem 972 Seiten starken offenen Brief an alle entsprechenden Behörden)

Nach diesem Schreiben musste nun auch die US-Umweltbehörde EPA reagieren, die bislang entsprechende Kontrollen den Konzernen selbst überlassen hatte. 2001 reichte Bilott eine Sammelklage gegen den Konzern ein. Dieser zahlte den Klägern 70 Mio Dollar und liess Filteranlagen in sechs Wasserdistrikten installieren. 2005 kam es zu einem Vergleich zwischen DuPont und der EPA im Wert von 16,5 Mio Dollar. Billott und weitere mit der Sache beschäftigte Anwälte erhielten 21,7 Mio Dollar. Damit erhoffte sich der Konzern, dass endlich wieder Ruhe einkehren würde. Die Anwälte finanzierten damit allerdings eine umfassende Untersuchung, deren Ergebnisse 2011 vorgelegt wurden. Eine durchaus mögliche Verbindung zwischen PFOA mit Nieren- und Hodenkrebs sowie Schilddrüsenerkankungen, Schwangerschaftshyper-tonie, Colitis ulcerosa (eine chronisch-entzündliche Erkrankung im End-darm) etc. galt als erwiesen.

PFOA dockt an Blutplasmaproteine an und gelangt dadurch nicht nur in einzelne, sondern in alle

Organe und lagert sich im ganzen Körper ab. Neben den bereits beschriebenen Erkrankungen kann dies auch zu Fruchtschädigungen und Geburtsdefekten sowie Organanomalien führen.

3.535 Personen verklagten daraufhin den Konzern. Zwei Jahre später legten Bilott und seine Kollegen den Fall zu den Akten. 2013 beendete DuPont die Verwendung von PFOA in der Produktion, alle anderen Hersteller verpflichteten bis 2015 sich ebenfalls dazu. Noch heute übrigens warnen Experten davor, Teflon-beschichtete Pfannen zu stark zu erhitzen, da es hierbei zu giftigen Dämpfen kommen kann. Ebenso sollten Pfannen mit beschädigtem Belag nicht mehr verwendet werden.

2015 unterzeichneten nicht weniger als 200 Wissenschaftler die „Madrider Erklärung“, in welcher der Ersatz aller PFAS- durch ungiftigere Chemikalien gefordert wird. Erst jetzt hat Brüssel mit Grenzwerten reagiert – gesteht der Industrie jedoch Übergangsfristen von 18 Monaten bis zu 12 Jahren ein. Das reicht durchaus aus, sich zu vergiften und an den Folgen zu sterben. Umso wichtiger sind Informationen hierüber, die den Konsumenten möglicherweise dazu veranlassen, auf andere Produkte umzusteigen. Fehlt der Absatz, reagieren auch die Hersteller schneller darauf!

Im Mai 2023 stellte die Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB) erhöhte PFAS-Werte im Schwäbischen Meer fest und forderte das sofortige Verbot dieser Fluor-Polymere.

Weitere Hotspots:

.) Südostoberbayern 2006

.) Ruhr und Möhne/NRW 2006

.) Rhede/NRW 2006

.) Brillon/NRW 2009

.) Flughafen Nürnberg 2012

.) Flughafen München 2012

.) Flugplatz Bitburg/Rheinland-Pfalz) 2012 und 2015

.) Fliegerhorst Ingolstadt/Manching 2012

.) Rastatt/Baden-Württemberg 2013

.) Flughafen Frankfurt-Hahn 2014

.) Allgäu Airport Memmingen

.) Fliegerhorst Landsberg/Lech

.) Flugplatz Büchel/Rheinland-Pfalz

.) Air-Base Spangdahlem/Rheinland-Pfalz

.) Ochtum (Quellfluss der Weser in Niedersachsen bzw. Bremen) 2019

.) Bezirk Leibnitz/Steiermark 2019

.) Flughafen Salzburg 2022

.) Tullnerfeld/Niederösterreich 2022

.) Leonding/Oberösterreich 2022

.) Wagram und Pasching/Oberösterreich 2023

.) Kanton St. Gallen

Filmtipps:

.) PFAS – Gift für die Ewigkeit! Wie abhängig sind wir? (ARD-Doku)

.) The devil we know (Dokumentarfilm zu Parkersburg) 2018

.) Dark waters – Vergiftete Wahrheit (Doku-Drama zu Parkersburg) 2019

.) GenX – A chemical cocktail (US-amerikanische Doku) 2019

Lesetipps:

.) Schwerpunkt 1-2020: PFAS: Gekommen, um zu bleiben; Umwelt-bundesamt 2020

.) Berichte aus der Forschung – Perfluorierte Tenside; Bundesinstitut für Risikobewertung 2013

.) Fluorinated Surfactants and Repellents; Erik Kissa; CRC Press 2001

Links:

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Großpleiten – wieso gehen die Fusionen weiter?

Riesenaufregung diese Woche im Blätterwald: FTI ist pleite – zigtausende Menschen davon betroffen! Dem Bund entgehen dadurch rund 500 Mio an nicht zurückbezahlter Corona-Unterstützung. Dabei hat ein US-Inves-tor erst noch vermeintliche 125 Millionen reingesteckt!

Des Deutschen liebstes Steckenpferd ist – selbstverständlich nach seinem Auto – das Verreisen in ferne Länder. Ich bekam dies bitterst zu spüren, als der Flughafen Köln/Bonn im März 2022 durch die Gewerkschaft Verdi bestreikt wurde und viele Flüge (auch in Urlaubsdestinationen) ausfielen. Ich meinte in den Sozialen Medien, dass die finanzielle Not in Deutsch-land doch nicht so gross wie berichtet und auch die Heimat sehr schön sein kann. Daraufhin wurde ich wüstest beschimpft, so ganz nach dem Motto, dass ich hart arbeitenden Menschen den wohlverdienten Urlaub nicht gönnen würde! Und dies ausgerechnet nach dem Corona-Katas-trophenjahr! Gottlob habe ich die Angstzustände inzwischen über-wunden!

Aber mal ganz im Ernst: Unsere Eltern und Grosseltern fuhren zumeist mit dem Auto zu Verwandten und verbrachten dort ihren Urlaub. Das schweisste nicht zuletzt die Familie zusammen. Fliegen? Damals finanziell nicht machbar. Es blieb der Oberklasse vorbehalten. Heute ist ein Flug mit einer Billig-Airline in eine europäische Hauptstadt bereits ab 76,- € möglich, also auch durch die Unterklasse buchbar! Inzwischen ist über unseren Köpfen nahezu mehr los als auf den Eisenbahn-Schienen. Kein Wunder, ist das Verreisen mit dem Zug seit Jahren gar teurer als mit dem Flieger!

Zurück zur FTI-Insolvenz! FTI wurde 1980 durch Dietmar Gunz und Partnern gegründet. Sechs Jahre später wurde mit der Übernahme der CA Ferntouristik GmbH der Einstieg in das Fernreisegeschäft vollzogen. In den nächsten Jahren wuchs das Unternehmen und wurde immer grösser. Im Mai 1998 stieg der damals zweitgrösste Reiseveranstalter Europas, die Airtours plc mit Sitz in Grossbritannien, mit 30 % bei der FTI ein – zwei Jahre später kam es zur Elefantenhochzeit – Airtours übernahm alle Anteile an der FTI, deren Gründer sich zurückzog. Airtours wurde 1972 durch David Crossland gegründet. Er schluckte nach und nach viele kleinere britische Mitbewerber, 1994 auch die Scandinavian Leisure Group und 1996 die Simon Spies Holding in Dänemark. 2002 erfolgte das Rebranding – aus der Airtours Group plc wurde die My Travel Group plc, die später mit Thomas Cook fusioniert wurde. 2003 kam Dietmar Gunz wieder zu FTI zurück, indem er die vorher verkauften Anteile gemeinsam mit einer Investorengruppe wieder zurückerwarb. Er hatte sich inzwischen auf den Verkauf von Billigreisen konzentriert. So richtete er auch FTI neu aus. 2012 schluckte FTI den britischen Reiseveranstalter Youtravel, 2016 auch den Luxusreiseveranstalter Windrose Finest Travel. 2020 steigert im Zeichen der Corona-Krise der ägyptisch-montenegrinische Unternehmer Samih Onsi Sawiris sein Engagement an FTI auf insgesamt 75,1 % der Anteile, nachdem er zuvor bereits zu einem Drittel beteiligt war. Im darauffolgenden Jahr zieht sich Dietmar Gunz erneut zurück. 2024 schliesslich übernimmt – so ist auf der FTI-Website zu erfahren – ein von Vertares geführtes Konsortium 100 % der Geschäftsanteile und verspricht eine Finanzspritze von 125 Mio Euro. 50 Mio davon sollen sozusagen als Anzahlung bereits geflossen sein. Gleichzeitig kaufen die Investoren auch die Schuld der Corona-Unterstützung vom Bund zu einem deutlich niedrigeren Preis. Zum Zeitpunkt der Insolvenz der Dachgesellschaft war FTI nach TUI und DER Toruristik drittgrösster Reiseveranstalter in Europa, beschäftigte weltweit 11.000 Mitarbeiter und machte im Geschäftsjahr 2022/23 einen Umsatz von 4,1 Mrd. Euro (+10 %). Fragt sich, wo dieses Geld gelandet ist, da viele Hotelbetreiber Urlauber, die über FTI das Hotel gebucht haben, auf die Strasse setzen, wenn sie die ausstehenden Kosten nicht bar bezahlen. Bei Pauschalreisen kommt die Reiseversicherung (Deutscher Reise-versicherungsfonds) dafür auf. Alle anderen werden es schwer haben – sie müssen sich als Gläubiger beim zuständigen Gericht melden und in das Insolvenzverfahren eintragen lassen. Gilt übrigens auch für Österreicher, da sie in diesem Falle nach Angaben der Arbeiterkammer dem Deutschen Insolvenzrecht unterliegen. Wie viele der Tochter-gesellschaften nun Folgeinsolvenz anmelden müssen, wird sich zeigen. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, will ich hier nicht zu genau auf die Zusammenhänge eingehen.

FTI ist nicht der einzige Reisekonzern, der durch Übernahmen dermassen gross wurde und bei seiner Insolvenz für derart Probleme am Markt sorgt. Die Thomas Cook Group plc – zuvor schon kurz erwähnt – ging 2019 pleite. In der Nacht vom 22. auf 23. September wurde die Zwangsliquidation beantragt. Diese Geschichte ist noch weitaus bunter als jene der FTI! Das Unternehmen enstand 2007 durch den Zusammen-schluss der Thomas Cook AG mit der My Travel Group. Thomas Cook selbst wurde am 22. November 1808 in Melbourne/Australien geboren. Ab 1845 organisierte er erste Reisen nach Liverpool, 1855 Europa-Rundreisen für britische Touristen, Cook gilt deshalb als Erfinder der Pauschalreisen. 1992 übernahmen die Westdeutsche Landesbank (WestLB) und die LTU International Airways das Unternehmen. 1995 kaufte die WestLB die 10%-Anteile von LTU. 1999 erwarb die WestLB-Tochter Preussag (der Vorläufer von TUI) 24,9 % der Thomas Cook-Aktien und fusionierte mit der britischen Carlson Leisure Group. 2001 wurde Thomas Cook durch den Konkurrenten C&N Touristic übernommen, TUI hatte zuvor seinen Konkurrenten Thomson Travel übernommen. Auch die Arcandor AG (früher Karstadt/Quelle) war bis 2009 Anteilseigner an Thomas Cook. Nach dessen Pleite wurden seine Anteile für Kredite verpfändet. Unter dem Dach von Arcandor waren u.a. Karstadt, Hertie, die Neckermann Textilversand AG etc. vereint. Zusammenschlüsse en masse. Zum Zeitpunkt der Liquidation gehörten touristisch zu Thomas Cook auch die Tochtergesellschaften Neckermann-Reisen, Condor-Flugdienst und etwa die BucherReisen & Öger-Tours GmbH.

Doch ist dieses Prozedere nicht nur in der Reise-Branche der Fall, wie das derzeit ebenso in Schwebe befindliche Insolvenzverfahren der Signa Holding des österreichischen Unternehmers Benko aufzeigt. Neben vielen Immobilien-Tochtergesellschaften gehörten hierzu auch Galeria Karstadt Kaufhof und die KIKA/Leiner-Gruppe. Benko wurde als Arbeitsplatz-Retter gefeiert, nun geht es um fünf Milliarden Euro Schulden. Auch im Lebensmittel-Einzelhandel sind solche Übernahmen Gang und gäbe. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck hat solche Macht-Monopole im Lebensmittel-Einzelhandel bereits auf das Schärfste kritisiert. Hier eine kleine Auflistung nach Netto-Umsätzen 2022 (Quelle: statista.de):

.) Edeka-Gruppe

†1995 wurden etliche Konsum- und HO-Verkaufsstellen übernommen, 1999 zudem die Nanz-Gruppe mit rund 400 Geschäften im süddeutschen Raum. 2005 erfolgte die Integration der Spar Deutschland in den Konzern – mit ihm auch jene der rund 2.100 Spar-Einzelhändler. Zugleich wechselten 25 % der Anteile am Spar-Diskonter NETTO den Besitzer. Zum 1. Januar 2022 durfte mit dem Goodwill des damaligen Bundeswirt-schaftsministers Gabriel, nachdem das Bundeskartellamt eine Fusion untersagt hatte, Kaiser’s Tengelmann in das Unternehmen eingegliedert werden.

.) Schwarz-Gruppe

Zur Neckarsulmer Schwarz-Gruppe gehören Lidl und Kaufland. Von der insolventen Real-Gruppe wurden 92 Standorte übernommen. Ansonsten kam es zu Käufen in der Müllbranche (Tönsmeier, PreZero/Frankreich) und des israelischen IT-Security Unternehmens XM Cyber.


.) Rewe-Gruppe
Die Rewe-Group schluckte u.a. HL, penny, MiniMAL, Stüssgen, Petz und toom-Markt. In Österreich ferner Billa, Merkur und ADEG. 2023 erlaubte das deutsche Bundeskartellamt nur die Übernahme von 15 Real-Stand-orten.


.) Aldi-Gruppe

Zur Aldi-Gruppe zählen Aldi-Nord und Aldi-Süd. Zu zweiterem auch etwa die Hofer-Gruppe in Österreich. Aldi investiert vornehmlich in den internationalen Ausbau, so gibt es etwa auch in China bereits rund 30 Geschäfte.


.) Metro-Gruppe

Die Metro-Gruppe umfasste die Metro C&C, real sowie Media-Saturn. real wurde 2020 an die SCP-Group verkauft und ging ein Jahr später pleite. 1996 erfolgte eine Verschmelzung von „Deutsche SB-Kauf AG“, „Kaufhof Holding AG“ und „Asko Deutsche Kaufhaus AG“ in die Metro AG. †2021 wurden die Gastronomie- und Grossküchen-Einrichtungsexperten, die Günther-Gruppe, übernommen. Ansonsten konzentriert sich auch die Metro-Gruppe auf den internationalen Ausbau etwa in Russland, Japan und China. †Metro Österreich übernahm zuletzt die AGM-Grossmärkte (von ADEG) und die C&C-Abholmärkte GmbH.

Bei all diesen Fusionen und Übernahmen fragt man sich als Otto-Normalbürger durchaus berechtigt, weshalb das Kartellamt bzw. -gericht diese zuliessen, kam es doch zu einer durchaus marktbestimmenden Position der Folgeunternehmen. Rutscht nun die Holding eines solchen Konzerns mit den unterschiedlichsten Tochtergesellschaften in die Insol-venz, so werden zumeist auch diese in die Pleite mitgerissen. Tausende Arbeitsplätze gehen verloren, Milliarden Euro ebenso. Ein bunter und vielfältiger Markt – darunter verstehe ich etwas anderes!!!

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Abnehmen – die Spritze hilft! Oder auch nicht!!!

Lassen Sie mich heute – zu Beginn des Blogs – mal folgende Frage stellen:

Wir leben in einer Welt, in der sich die Kiddies mit dem neuen Party-Hype Lachgas das Hirn rausballern, in dem Fastfood und kiloweise weisser Zucker konsumiert und mit einer Spritze die Kilos wieder bekämpft werden, in der Verfassungsgegner auf die Strasse gehen, pochend auf ihr verfassungsrechtlich gegebenes Recht der Meinungs- und Demonstra-tionsfreiheit, …!

Ein aussenstehender Beobachter dürfte sich sicherlich denken: „Die spinnen, die Wessies!“

Politisch war ich vergangene Woche, Lachgas finde ich zwar tragisch, dennoch aber zum Lachen – also: Die Spritze, die sich zum Milliarden-geschäft entwickelt!!!

Angeblich hat Elon Musk schon darauf zugegriffen, Kim Kardeshian es ebenfalls getan haben und viele andere sowieso: Die „spezielle Behandlung zur Gewichtsreduktion“, wie es offiziell heisst. „Wegovy“ oder „Ozempic“ von Novo Nordisk (wertvollstes Unternehmen Europas) oder „Zepbound“ von Eli Lilly (wertvollster Pharmakonzern der Welt), ein sog. „GLP-1-Agonist“, basierend auf Peptiden! Ein Medikament, das eigentlich für die Behandlung von Diabetes Typ-2 entwickelt wurde. Dessen Verabreichung soll ein längeres Sättigungsgefühl vermitteln und gemein-sam mit Sport und entsprechender Ernährung zu einer Gewichtsreduktion von bis zu 15 % führen. Für Diabetiker enorm wichtig! Doch für den gesunden, übergewichtigen Normalo? Übrigens – eine ähnliche Ver-sprechung machte auch vor ein paar Jahren eine spezielle Hormon-Kur. Inzwischen aus den Schlagzeilen wieder verschwunden. War recht teuer – danach gab’s wohl den JoJo-Effekt und man musste die Kur erneut beginnen. Auch diese Spritzenbehandlung ist teuer – mehrere hundert Euro monatlich. Die Versicherungen in Deutschland und Österreich erstatten hierzu nichts, da es sich nach deren Gedankengängen um ein „Lifestyle-Medikament“ handelt. Bleibt die Hoffnung der Hersteller, dass sich das in Zukunft ändern wird. Schliesslich ist Adipositas (Übergewicht) der Grund für viele anderen Erkrankungen, deren Behandlung in weiterer Folge ein Vielfaches kosten würde.

Dieser Tage nun erschien eine Studie des Marktforschungsinstitutes IQVIA, wonach im Jahr 2023 weltweit rund 24 Milliarden US-Dollar für Adipositas-Mittel ausgegeben wurden – bis 2028 könnten dies gar bis zu 131 Milliarden werden.

„Es ist sehr ungewöhnlich, dass ein Medikament die Fantasie von Millionen von Menschen beflügelt!“

(Michael Kleinrock, Senior Research Director IQVIA)

Die Nachfrage sei enorm. BMO Capital Markets geht von einem jährlichen Umsatz von 150 Milliarden Dollar bis 2033 aus. Begründet wird dies mit Schätzungen, wonach mehr als 100 Mio US-Amerikaner bzw. weltweit fast eine Milliarde Menschen übergewichtig sind. Man kann also durchaus von einem sehr steilen Anstieg der Umsatzkurve sprechen. Der US-Pharmakonzern Eli Lilly soll nach einem Bericht des „Managermagazins“ rund neun Milliarden Dollar in den Bau eines neuen Werks im US-Bundes-staat Indiana investieren. Hier soll auch das Diabetes-Mittel Mounjaro produziert werden. Übrigens sollen auch in Alzey (Rheinland-Pfalz) rund 2,5 Milliarden Dollar investiert werden. Novo Nordisk will nach eigenen Angaben heuer nicht weniger als 6,5 Milliarden Dollar in den Ausbau der Werke in Dänemark, Frankreich, den USA und China stecken, nach 4,4 Milliarden in den beiden vergangenen Jahren. Ob dieser Hype nun begründet oder nicht begründet ist? Diese Frage möchte ich nicht beantworten. Schliesslich werden ja auch Sport und Ernährung in die Behandlung eingebunden. Wer hierbei nicht mitmacht, wird wohl auch keinen Erfolg haben. Nein – heute sei vielmehr hinter die Kulissen geblickt.

Novo Nordisk betonte im Rahmen einer dieswöchigen Pressekonferenz, dass die Produktionskapazitäten derzeit nicht ausreichen. Gegenwärtig würden wohl 45 Mio Menschen die Abnehmspritze nutzen. Es ist also mit Wartezeiten in den Apotheken zu rechnen, da der Konzern die Abgabe im Moment rationiert. Bevorzugt werden Kunden, welche die 16-wöchige Therapie bereits begonnen haben. Der Hintergrund: In den USA wurde beobachtet, dass Behandlungsabbrecher sehr rasch wieder an Gewicht zugelegt haben. In Österreich, Frankreich und Italien ist Wegovy übrigens noch nicht zugelassen. Allerdings wird es wohl nicht mehr lange dauern, schliesslich hat die EU bereits 2022 ihr OK gegeben, ein Jahr davor die USA.

Hinter Wegovy und dem älteren Ozempic steckt der Wirkstoff Semagludit, ein GLP-1-Rezeptoragonist. Es wurde Anfang 2022 in Deutschland zugelassen. Doch muss anscheinend jeder für sich die Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen. So berichtet beispielsweise das Fachmagazin „International Journal of Impotence Research“ von einer Studie der University of Texas Medical Branch School of Medicine, wonach Nicht-Diabetiker unter 50 Jahren im Zusammenhang mit diesem Wirkstoff möglicherweise mit Erektionsstörungen bzw. Testosteronmangel (TT-Wert) rechnen müssen. Zusammengefasst wurden die Patientendaten von 3094 Männern im Alter von 18-50 Jahren, die nicht unter Diabetes leiden und vor Beginn der Kur bzw. Therapie weder unter Testosteromangel noch einer erektilen Dysfunktion litten. Alle waren adipös. Bereits einen Monat nach der Verschreibung kam es zu einem Anstieg des Risikos einer erektilen Dysfunktion um den Faktor 3,5, eines Hormonmangels um 2. Schon im Februar war dies auch Inhalt einer anderen Studie: Aufgetreten bei einem von 75 Nutzern! Durch Ausdauersport etwa kann jedoch solchen Potenzstörungen entgegengewirkt werden. Apotheker warnen zudem, dass weitere schwerwiegende Probleme wie ein erhöhtes Herz-infarkt- bzw. Darmverschlussrisiko auftreten können. Dem allerdings steht ein Artikel aus der Mai-Ausgabe des Fachmagazins „Nature Medicine“ gegenüber, wonach das Herzinfarktrisiko um 20 % gesenkt werden konnte. Ist allerdings kein Wunder, schliesslich ist Übergewicht eines der Ursachen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Zu Beginn der 16-wöchigen Kur steht eine niedrige Dosis, die Woche für Woche erhöht wird. Die meisten Kurabbrecher gab es bei Woche 12, oft-mals aufgrund von Übelkeit. Der Konzern beeilt sich jedoch zu betonen, dass das Medikament im Allgemeinen gut vertragen werde. Nach den 16 Wochen allerdings ist offenbar nicht Schluss. So zeigten Erhebungen auf, dass der Durchschnitt in den USA bei sieben Monaten, in Dänemark bei einem Jahr liegt, in dem Wegovy nach wie vor verwendet wird. So ganz nebenbei: In den USA ist das Medikament um einiges teurer als in Good Old Europe. Bleiben wir noch etwas beim Zahlenspiel! Im ersten Quartal 2024 stieg der Umsatz von Novo Nordisk um 22 % auf rund 8,7 Milliarden Euro.

Doch auch andere nutzen diesen Hype: Nestlé aus der Schweiz arbeitet bereits an Tiefkühlpizzen und Nudeln, die mit Proteinen, Ballaststoffen, Eisen, Kalzium und Vitamin C angereichert sind und ab Oktober als „Vital Pursuit“ für die geeignete Ernährung während der Kur verkauft werden soll. Die Entwicklung begann bereits im vergangenen Jahr. Auch Mondelez (Milka, Oreo) hat bereits einen entsprechenden Snackriegel auf den Markt gebracht. Herbalife verkauft alsdann Shakes und Ballaststoff-präparate als Begleiter der normalen Ernährung.

Proteine sind deshalb enorm wichtig, da weitaus weniger gegessen wird. Dadurch erhält auch die Muskulatur weitaus weniger Nährstoffe. Somit besteht die Gefahr, dass neben der Fettreduktion auch eine Abnahme der Muskelmasse einhergeht. Schliesslich greift der Körper unter normalen Umständen erst dann auf das Speicherfett zurück, wenn er zu wenig versorgt wird.

Es liegt also an Ihnen, eine solche Kur bzw. Therapie zu überdenken, wobei Sie auf jeden Fall die Meinung des Arztes Ihres Vertrauens einholen sollten. Zudem dürfen derartige Medikamente nur von Fachkundigen gespritzt werden!

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Europa wählt – “Nutze Deine Stimme, sonst entscheiden andere für Dich!“

Soweit der Slogan des Europaparlaments zur diesjährigen EU-Wahl zwischen dem 06. und 09. Juni 2024. Durchaus richtig, liegt doch hierzu-lande traditionell die Wahlbeteiligung bei etwa 35 %. Gesamteuropäisch waren die letzen Wahlen ein Ausreisser: Immerhin gingen 2019 über 50 % der Wahlberechtigten europaweit zur Urne – soviel wie seit 20 Jahren nicht mehr. Wer also nicht wählen geht, hat seine Chance vertan, etwas verändern zu wollen und auch zu können! Zur Erklärung: Je niedriger die Wahlquote ist, desto mehr kommt dies den linken und rechten Rändern des politischen Spektrums zugute, die ihre Wähler zu mobilisieren wissen und ihr Wahlprogramm bzw. ihre Gesinnung danach gnadenlos umzu-setzen wissen. Da helfen dann auch keine Demonstrationen mehr – das haben die nationalen Wahlen in vielen der 27 Mitgliedsstaaten der EU bereits mehrfach aufgezeigt. Auch Protestwählen ist insofern sinnlos, sitzen doch dann einzelne Abgeordnete im Europaparlament, die ohne Zugehörigkeit zu einem der Blöcke/Bündnisse nichts ausrichten können. Zur Bildung einer Fraktion sind mindestens 23 Abgeordnete vonnöten, in welcher jeweils wenigstens ein Viertel der Mitgliedsstaaten vertreten sein müssen. Einzelne Abgeordnete zählen somit als fraktionslos – sie können sich Entscheidungen nur anschliessen oder dagegen voten. Deshalb ist es auch wichtig, sich die Programme der wahlwerbenden Parteien im Vorfeld anzuschauen und mitzubestimmen, wie sich das Europa in den nächsten fünf Jahren der kommenden Legislaturperiode entwickeln wird. In diesem Blog möchte ich deshalb die Aufgaben des EU-Parlaments vorstellen und einen Einblick in die Vorgänge in Brüssel und Strassburg gewähren.

Das EU-Parlament ist das offizielle Parlament der Europäischen Union (Art. 14 EU-Vertrag). Stammsitz ist Strassburg. Bisher zählte es 705 Abgeordnete, heuer kommen 15 neue dazu. Die Zahl der Abgeordneten wird proportional zur Einwohnerzahl jedes Mitgliedsstaates errechnet – Deutschland (als grösstes Mitgliedsland) verfügt etwa über 96, Österreich über 19 Volksvertreter. Sie werden direkt gewählt – übrigens die einzige Möglichkeit für Herrn Müller und Frau Warlitschek direkt eingreifen zu können. Die ersten Direktwahlen fanden erst 1979 statt, obgleich das EU-Parlament schon seit 1952 (damals noch als „Gemeinsame Versammlung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl“) bestand. Alle anderen Organe werden nur indirekt gewählt! So auch die Präsi-dentschaft, die bei der konstituierenden Sitzung des EU-Parlaments durch die Abgeordneten heuer im Juli bestimmt wird. Derzeitige Präsi-dentin ist Roberta Metsola aus Malta. Wie in den meisten nationalen Parlamenten erfolgt ein Grossteil der Arbeit in den 27 Ausschüssen – während der Plenarsitzungen wird nurmehr entschieden. Zwar gibt es im EP keinen Fraktionszwang – allerdings voten die meisten entsprechend der Vorgabe der Fraktion. Soll heissen, dass sich die Abgeordneten nach der Meinung des Blocks entscheiden, dem sie angehören.

Diese Blöcke sind:

  • Fraktion der Europäischen Volkspartei/Christdemokraten (EVP)
  • Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten
  • Renew Europe Group
  • Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz (EFA)
  • Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer
  • Fraktion Identität und Demokratie (ID)
  • Fraktion Die Linke im Europäischen Parlament (GUE/NGL)

Die Webseiten sind im Anschluss an den Blog angeführt – dort finden Sie zumeist auch das Wahlprogramm der Fraktionen. Die deutsche AfD gehörte zuletzt der Fraktion ID an, wurde von dieser jedoch ausge-schlossen und muss sich nun einen neuen Bündnispartner suchen, ansonsten sitzen die gewählten Abgeordneten als Fraktionslose im Parla-ment.

Am Beispiel Deutschlands:

.) CDU/CSU 30 Abgeordnete – Spitzenkandidaten Ursula von der Leyen/Manfred Weber

.) Bündnis 90/Die Grünen 25 Abgeordnete – Spitzenkandidatin Terry Reintke

.) SPD 16 Abgeordnete – Spitzenkandidatin Katarina Barley

.) AfD 9 Abgeordnete – Spitzenkandidat Maximilian Krah

.) Die Linke 5 Abgeordnete – Spitzenkandidaten Karola Rackete und Martin Schirdewan

.) FDP 2 Abgeordnete – Spitzenkandidat Marie-Agnes Strack-Zimmer-mann

.) Freie Wähler 2 Abgeordnete – Spitzenkandidat Christine Singer

.) Fraktionslos 3 Abgeordnete

Die FDP und Die Freien Wähler gehören der Fraktion „Renew Europe“ an, die AfD bislang der ID! Alle anderen Spitzenkandidaten, wie etwa Fabio De Masi und Thomas Geisel (Bündnis Sahra Wagenknecht) oder Manuela Ripa (Ökologisch-Demokratische Partei) waren möglicherweise bereits als Abgeordnete anderer Parteien vertreten, kandidieren heuer aber erstmals für ihre neue Partei.

In Österreich:

.) ÖVP 7 Abgeordnete – Spitzenkandidat Reinhold Lopatka

.) SPÖ 5 Abgeordnete – Spitzenkandidat Andreas Schieder

.) FPÖ 3 Abgeordnete – Spitzenkandidat Harald Vilimsky

.) Grüne 3 Abgeordnete – Spitzenkandidatin Lena Schilling

.) NEOs 1 Abgeordneter – Spitzenkandidat Helmut Brandstätter

Die beiden anderen Spitzenkandidaten Günther Hopfgartner (KPÖ) und Maria Hubmer-Mogg (DNA) sind mit ihren Parteien bislang nicht vertreten gewesen. Die FPÖ gehört zur ID, der NEOs-Vertreter zur Renew.

Die drei zentralen Aufgaben des Europäischen Parlaments sind rasch erklärt:

  • Gesetzgebung Die Vorschläge der EU-Kommission für neue Gesetze werden gemeinsam mit den jeweiligen Fachministern (Rat der EU) verabschiedet. Letztes Beispiel, wie das Parlament gegen die Kommission entscheiden kann, war das Lieferkettengesetz. Die Prüfung solcher Gesetzesvorschläge und auch die Diskussion darüber erfolgt zumeist in den Ausschüssen.
  • Kontrolle der EU-Organe
  • EU-Haushalt Der Haushalt wird gemeinsam mit den Fachministern (Rat der EU) aufgestellt – Ausgaben für die unterschiedlichen Politik-Bereiche werden ebenfalls hier entschieden. Zuletzt etwa auch +ber die 50 Milliarden Euro, welche die Ukraine als Hilfeleistung erhalten soll.

Ausserdem entscheidet das EU-Parlament mit über die Aufnahme neuer möglicher Mitgliedsstaaten und wählt auf Vorschlag der Kommission auch den Präsidenten der Kommission. Zudem muss jedem einzelnen Kandidaten des Kollegiums der Kommission zugestimmt werden.

Sie sehen also, dass das EU-Parlament durchaus eine Existenz-berechtigung hat und entscheidend zum Erscheinungsbild der EU beiträgt. Nahezu alle Entscheidungen der Kommission, so sinnvoll oder unnütz sie auch sein mögen, sind durch das EP mitentschieden worden.

Deshalb zuletzt meine Bitte:

Gehen Sie am 09. Juni zur Wahl! Ihnen obliegt es, ob Europa auch weiterhin demokratisch frei (Meinungs- und Pressefreiheit, ohne Grenzen), rechtsstaatlich (Gewaltenteilung etwa) und friedlich regiert wird, oder ob die Autokratie wieder Einzug hält, mit Einschränkungen und defacto Abschaffungen, Landesgrenzen, Konflikten der einzelnen Staaten untereinander etc. Dann wäre die gesamte Arbeit unserer Eltern und Grosseltern seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges sinnlos gewesen.

Vielen Dank – von Herzen!

Lesetipps:

.) Das Europäische Parlament. Institution, Vision und Wirklichkeit; D. Dialer, H. Neisser, E. Lichtenberger; University Press 2010

.) Griff nach den Sternen. Die Geschichte der Europäischen Union, Christoph Driessen; Verlag Friedrich Pustet 2024

.) Das Europäische Parlament und seine Funktionen. Eine Erfolgs-geschichte aus der Perspektive von Abgeordneten; Stephan Dreischer; Nomos 2006

.) Kürschners Handbuch Europäisches Parlament, Hrsg.: Andreas Holzapfel; NDV Neue Darmstädter Verlagsanstalt 2019

.) Das Europäische Parlament. Supranationalität, Repräsentation und Legitimation; Andreas Maurer/Dietmar Nickel; Nomos 2005

.) The European Parliament; R. Corbett, F. Jacobs, M. Shackleton; John Harper Publishing 2011

.) Democratic Politics in the European Parliament; S. Hix, A. Noury, G. Roland; Cambridge University Press 2007

Links:

elections.europa.eu/de/

www.europarl.europa.eu/portal/de

the-president.europarl.europa.eu/en/

www.europarl.europa.eu/about-parliament/de/organisation-and-rules/organisation/political-groups

www.europarl.europa.eu/meps/de/home

www.europarl.europa.eu/committees/de/home

www.europarl.europa.eu/delegations/en/home

www.eppgroup.eu/

www.socialistsanddemocrats.eu/de

www.reneweuropegroup.eu/

www.greens-efa.eu/de/

ecrgroup.eu/

de.idgroup.eu/

left.eu/

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Wie wär’s denn mit uns beiden???

Der Monat Mai wird auch gerne als der Wonnemonat, der Monat der Liebenden bezeichnet. Tatsächlich blüht die Natur nach einem zumeist harten Winter richtiggehend auf, die Vögel kommen aus ihren Winter-quartieren zurück, es wird auf Teufel komm heraus gebalzt. Verständlich – das Jahr ist kurz, die Zeit kostbar. Auch bei so manchem Menschen gehen die Hormone durch. Hat nicht zuletzt auch etwas mit der Bekleidung zu tun: Die dicken Winterklamotten werden durch Luftigeres ersetzt, mit dem v.a. Frau auch schon mal sexy Akzente setzen kann.

Doch – wie ist das wirklich mit der Partnerschaft und v.a. dem Werben um einen Partner? Sollte eigentlich eine simple Sache sein, da der einzige Zweck unseres Erdendaseins (auch wenn es so mancher Chef nicht so gerne hört!) – rein evolutionsbiologisch betrachtet – das Zeugen von Nachwuchs zur Arterhaltung und die Weitergabe der Gene an nach-folgende Generationen darstellt. Allerdings steckt in Wirklichkeit ein sehr komplexes Thema mit unheimlich vielen Auswirkungen und Einflüssen dahinter, wobei die natürliche Selektion durchaus von kulturellen Gewohnheiten im Laufe der Zeit verändert wurde. Und wer – nachdem er diese Zeilen gelesen hat – noch behaupten sollte, dass einzig die inneren Werte zählen, dürfte wohl irgendetwas nicht richtig verstanden haben.

Es gibt sie wirklich – die Liebe auf den ersten Blick! Allerdings nicht unbedingt so, wie sie immer verstanden wird: Man hat einen Gleich-gesinnten gefunden, schaut ihm tief in die Augen und „Zzzboing“ hat der Blitz eingeschlagen. Aber sowas von!!! Auch wenn Mann und Frau dermaßen unterschiedlich sind, so haben sie dennoch eines gemeinsam: Ein äusserliches Bild vom Wunschpartner! Wenn auch nicht bewusst, so auf jeden Fall unbewusst, instinktiv sozusagen. Die körperliche Attrak-tivität spielt nämlich in der Partnerwahl die wohl grösste Rolle. Dabei gehen allerdings Frauen eine Spur weiter als Männer. Während der Mann von den primären und in weiterer Folge auch sekundären Geschlechts-merkmalen wie einem grossen Becken, dem Brustumfang und dem Po ausgeht (mit einem „tollen Fahrgestell“ wird das Verhältnis zwischen Hüfte und Becken verstanden, erst dann kommen die endlos langen Beine dazu), denkt Frau vornehmlich an den Nachwuchs. Jener Partner, mit welchem sich Frau die Arterhaltung verspricht, sollte gesund, wider-standsfähig und jugendlich sein (athletischer Körperbau und symme-trische Gesichszüge). Die Frau verspricht sich dadurch die Weitergabe dieser Attribute an die späteren Zöglinge.

Tja und diese Eigenschaften sind zumeist auch verantwortlich für die Vielzahl der Seitensprünge, denn nicht immer ist der Lebenspartner auch der Wunsch-(Er-)Zeuger. Während es beim Mann grossteils um den Jagd-instinkt und Spieltrieb geht, kommen bei der Frau zur Zeit des Eisprungs genau diese Überlegungen hoch: Braungebrannt, sportlich, weisse Zähne und strahlender Blick – das ist auch mit ein Grund, weshalb sehr häufig für solche Liebschaften neben der eigentlichen Lebens-Beziehung die typischen Macho-Typen ausgesucht werden, auch wenn Frau ansonsten gar nicht auf diese spezielle Spezies von Mann abfährt.

Apropos: Haben Sie gewusst, dass statistisch gesehen jedes zehnte Kind in Deutschland ein Kuckuckskind ist, also bei einem Seitensprung gezeugt und dem Lebenspartner untergeschoben wurde? Der Scheinvater hat jedoch in deutschen Landen nach einem Richterspruch des Bundes-gerichtshofes vom 18. April 2008 das Recht, von der Partnerin Auskunft über den leiblichen Vater zu erhalten und kann diesen in weiterer Folge auch zu einem Vaterschaftstest und der Rückzahlung des Unterhaltes zwingen. Das Urteil bezog sich auf einen Fall, bei dem einem Mann drei Kinder untergeschoben wurden, die Frau dann auch zu Ihrem Liebhaber zog, dieser jedoch die Vaterschaft in allen Fällen abstritt. Gleiche Quote in etwa auch für Österreich – doch war dies im Alpenstaat ein Offizial-delikt, also eine Straftat. In früheren Jahren gab es hierfür eine Verjährungsfrist, die drei Jahre nach der Geburt endete (ehedem § 158 AGBG):

„Hat der Mann die Ehelichkeit eines Kindes nicht innerhalb eines Jahres seit der Geburt bestritten, oder ist er gestorben oder ist sein Aufenthalt unbekannt, so kann der Staatsanwalt die Ehelichkeit bestreiten, wenn er dies im öffentlichen Interesse oder im Interesse des Kindes oder seiner Nachkommenschaft für geboten erachtet.“

Heutzutage kann der Nachwuchs selbst einen Antrag auf Prüfung der Vaterschaft stellen (Außerstreitgesetz AußStrG und Allgemeines Bürger-liches Gesetzbuch ABGB). Zum Amüsement hier der Auszug aus dem entsprechenden § 148 Abs. 2(2) ABGB:

„Auf Antrag des Kindes kann der Mann als Vater festgestellt werden, welcher der Mutter innerhalb von nicht mehr als 300 und nicht weniger als 180 Tagen vor der Geburt beigewohnt hat oder mit dessen Samen an der Mutter in diesem Zeitraum eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt worden ist, es sei denn, er weist nach, dass das Kind nicht von ihm abstammt. Eine solche Feststellung ist nach Ablauf von zwei Jahren nach dem Tod des Mannes nicht mehr möglich, es sei denn, das Kind weist nach, dass ihm der Beweis nach Abs. 1 aus Gründen auf Seiten des Mannes nicht gelingt.“

Hebammen sind im Alpenland gar dazu verpflichtet, eine mögliche Unter-schiebung anzuzeigen (§ 200 StGB bzw. §6a Abs. 2 Hebammengesetz HebG). In der Schweiz bewegt sich die Zahl der Kuckuckskinder bei rund einem Prozent! Sagt uns dies nun etwas über die Treue der eidge-nössischen Frauen aus oder eher über die Verantwortung, bei einem Seitensprung zu verhüten? Viel zu tun haben hingegen die Briefträger und Milchlieferanten in der sozialen Unterschicht von Liverpool. Hier liegt die Quote bei unglaublichen 32 % – gemessen durch die Vaterschaftstests in jenen Krankenhäusern, die für die Slums zuständig sind, Experten schätzen dies gar auf 53% (in der Oberschicht 1 %)!!! Soweit das Ergebnis einer 2004 im „Journal of Epidemiology and Community Health“ veröffentlichten Studie der Universität John Moores, in deren Rahmen 17 Studien aus den Jahren 1950 bis 2004 durch das Forscherteam unter Mark Bellis ausgewertet wurden.

Durchaus unterschiedlich hingegen sind die einzelnen Ergebnisse anderer Studien. So erstaunt beispielsweise eine Meta-Studie, die nicht weniger als 67 Studien zusammengefasst hat: Zwischen 15 bis 50 % der Vater-schaftstest-Männer zweifeln zurecht. Der Evolutionsbiologe Maarten Larmuseau von der Universität Leuven zeigte mit Hilfe anderer Mitglieder der Belgischen Historischen Gesellschaft (Ahnenforscher) auf, dass in den vergangenen 500 Jahren nur rund 1 % der Kinder einen anderen als den registrierten Vater aufwiesen.

Bitte missverstehen Sie mich jetzt nicht – auch Mann geht selbstver-ständlich fremd! Aufgrund solcher Vaterschaftstests können allerdings offizielle Zahlen präsentiert werden! Dies ist bei einem männlichen Sidestep etwas schwerer. In der Ornithologie spricht man diesbezüglich übrigens von „Brutparasitismus“. Dies trifft auch in der Humanethologie den Nagel auf den Kopf. Im Gesetzeskauderwelsch wird hierfür die Bezeichnung „Personenstandsfälschung“ gewählt. Sie kann nach einer Scheidung auch zur Kürzung oder Streichung des Unterhaltes bei der Frau führen, im Speziellen, wenn Mann sich aufgrund des Kindes beruf-lich eingeschränkt hat. Nicht gerade das beste Licht wirft eine Unter-suchung der University of Michigan auf das Tun v.a. aber Treiben von Herrn und Frau Christ. Bei einer Vergleichsstudie im afrikanischen Volk der Dogons, in welchem Vertreter der Katholiken und Protestanten, aber auch des Islam und der monotheistischen Stammesreligion vertreten sind, schnitten die christlichen Paare bei insgesamt 1.317 Vaterschafts-Tests am schlechtesten ab. Damit aber nun genug mit dem Exkurs zum Thema „Kuckuckskinder“, die nicht unbedingt ein Zeichen der Zeit sondern der fortschrittlichen Entwicklung der Gen-Technik sind.

Fazit: Schönes Aussehen ist also durchaus wichtig für die sexuelle Attraktivität einer Person. Soweit auch das Ergebnis einer Forschungs-arbeit von Fink/Samson von der Universität Göttingen. So bevorzugt Frau bei der Wahl des leiblichen Vaters ihrer künftigen Kinder grosse und bestens mit Testosteron ausgestattete Exemplare dieser (Be-)Gattung. Die Untersuchung, wohin Frau bzw. Mann als erstes beim geschlecht-lichen Gegenüber schaut, ergibt nach dieser Göttinger Studie eigentlich immer dasselbe, bereits erwähnte Ergebnis. Doch hat jede Frau/jeder Mann andere Vorstellungen vom Traumpartner.

Sehr interessante Erkenntnisse brachten hier auch Vergleiche bei Speed-Datings in New York. Innerhalb von Sekunden entscheidet es sich auf-grund der Optik, des Geruchs, der Haptik und Motorik des Gegenübers, ob es zu einer zweiten Chance kommt oder nicht. Während Männer mehrere Frauen gerne wiedersehen würden, ist die Auswahl der Frauen stark eingeschränkt. Alles Nonsens, meinen Eli J. Finkel und Paul W. Eastwick. Sie stellten solche Speed-Datings auf den Kopf: Anstelle der Frauen blieben die Männer sitzen und die Damen wechselten. Bei der anschliessenden Auswertung gab es ähnliche Werte wie bei den klassischen Speed-Datings, jedoch geschlechtlich verdreht. Ergebnis: Der „Wanderer“ trifft eine grössere Auswahl – egal ob Frau oder Mann. Die Untersuchung von Online-Datings jedoch untermauert die erste These: Während männliche User zumeist die Füllhorn-Methode anwenden (nach dem Motto: Die Richtige wird schon dabei sein!), konzentrieren sich weibliche User auf einige wenige.

Und damit sind wir bereits bei einem Phänomen angelangt, das Evolutionstheoretiker als „Sequentielle Schwellenwerttheorie“ bezeichnen. Die Suche nach dem Traumprinzen! Frauen suchen bis zu zehnmal nach der Beantwortung der wichtigsten aller Fragen, ob es denn wirklich den passenden Deckel zum Topf gibt. Wer nach dem zehnten Versuch nichts entsprechendes gefunden hat, bleibt solo. Interessant jedoch ist die Tatsache, dass zumeist der dritte Mann geheiratet wird, Frau aber weitersucht und zumindest die Annäherung an das Idealbild mit dem siebten oder achten Mann findet! Somit ist auch die dermassen hohe Scheidungsrate durchaus erklärbar – die Wahl war einfach ein Irrtum! C’est la vie! Ergo: Die wichtigste Information für den Mann bei einer neuen Partnerin ist somit die Antwort auf die Frage: „Der wievielte bin nun ich?“ Zumindest, wenn er sich eine längere Beziehung erwartet.

Was aber nun bedeutet in der Biologie der Begriff der „elterlichen Investition“? Dies ist jener Aufwand der mit der Produktion der Eizellen und Spermien beginnt und aufgrund der Brut, der Geburt, sowie der anschliessenden Versorgung des Nachwuchses für Frau ungleich höher ist als für Mann. Während eines Grossteils dieser Zeit ist Frau somit weg vom evolutionsbiologischen Marktplatz. Alsdann sucht sie sich normalerweise einen Partner, für den sich dieser Aufwand auch lohnt. Dieser sollte die Familie gut verteidigen und ernähren können. Zudem – und dies stammt ganz eindeutig noch aus der Tierwelt – werden Männchen mit grossem Territorium bevorzugt. So – und da haben wir den Schlamassel. Diese Attribute fallen sehr häufig nicht mit den für einen sexuellen Seitensprung bevorzugten Eigenschaften zusammen. Wie entscheidet sich nun Frau?

Eine weitere gute Frage lautet: „Ist der Mensch in der Liebe ein Wieder-holungstäter?“ Es heisst immer, dass sich Frauen Männer aussuchen, die ihrem Vater gleichen bzw. umgekehrt! Somit werden die bekannten und dermassen geschätzten Eigenschaften über Generationen hinweg über-tragen. Oder aber auch: Bevorzugt Mann immer denselben Frauentyp? Richard Lugner (Die besten Wünsche zur Hochzeit am 01. Juni! Wie lange dauert die Ehe dieses Mal?, Anm. des Schreiberlings), Dieter Bohlen und besonders Boris Becker – bei letzterem konnte man ja beinahe nicht mal die Namen den Frauen zuordnen, da sie sich nahezu wie Zwillinge glichen – na ja zumindest wie Schwestern. Der Sozialpsychologe Manfred Hasse-brauck von der Bergischen Universität Wuppertal hält allerdings ein solches „Beute-Schema“ à la Becker für die Ausnahme. Normalerweise unterscheiden sich die Nachfolger deutlich von den Exen. Dadurch soll die eigene Entwicklung durch den Partner unterstützt werden. Immer dieselbe Beute bedeutet Stillstand in der Persönlichkeitsentwicklung. Somit kann also durchaus eine Richtungsänderung nach dem Scheitern einer Beziehung empfohlen werden. Nach blond brünett, oder gar rot???

Besitzt eine Frau eine gewisse soziale Stellung, so sucht sie meist einen Partner mit zumindest derselben Herkunft, Bildungsgrad bzw. Werte-vorstellung. Dem Mann hingegen ist dies relativ egal. So kommt es durchaus nicht selten vor, dass ein Rechtsanwalt eine Anwaltsgehilfin heiratet oder der Arzt ein tête-à-tête mit der Krankenschwester hat. Umgekehrt hingegen ist dies eher selten.

Auch im Alter unterscheiden sich Frau und Mann. Während Mann bis zum zirka 35. Lebensjahr gleichaltrige Lebenspartnerinnen bevorzugt, kon-zentriert er sich danach auf jüngere Partnerinnen. Jene Frauen, die aufgrund ihrer körperlichen Attraktivität noch einen hohen Grad an Fruchtbarkeit versprechen lassen. Frauen hingegen evaluieren bei Männern das Alter, den gesellschaftlichen und beruflichen Erfolg. Die finanzielle Absicherung! Lugner und Hefner lassen grüssen! Soweit das biologische Grundprinzip. Alles andere haben die soziokulturellen Einflüsse verursacht.

Eine Beziehung sollte sich durch die Unterschiede entwickeln. Die Partner lernen gegenseitig jenen Part des Anderen, den sie selbst nicht unbedingt gut beherrschen, aber durchaus an ihm schätzen. Funktioniert dies nicht, so können die Gegensätze zum Scheitern der Beziehung führen. Wer hierzu Informationen benötigt, ist bei Hans-Georg Birkenfeld und seinem Werk „Aus und vorbei? Noch lange nicht!“ gut aufgehoben.

Viele Psychologen sehen es zudem als erwiesen, dass Beziehungen auf-grund spezieller Lebens- und Liebesthemen funktionieren. Somit werden sehr viele Partnerschaften zum Abnabeln vom Elternhaus begründet – das ist bei beiden Geschlechtern gleich. Ist Mann bzw. Frau dann flügge geworden, verstehen es viele nicht mehr so recht, wofür sie in einer Partnerschaft leben und lösen diese auf.

Für all jene unter Ihnen, die noch nicht wissen, wie sie eine Beziehung beginnen sollen, sei hier zuletzt noch die Methodik erwähnt, wie sie Ellen Fein und Sherrie Schneider in ihrem Werk „Die Kunst, den Mann für’s Leben zu finden“ (Piper; 2. Auflage 1996) beschreiben: Das erste Treffen findet zwischen Montag bis Donnerstag in einer Bar statt, endet vor Mitternacht und dient dem Abtasten. Gesprächsthemen sind Beruf, Bildung, Einkommen und Hobbies. Überraschend früh findet hier bereits die Abfrage des Kinder-Themas statt. Zum Abschied gibt’s ein Busserl auf die Wange. Das zweite Date wird vom Mann im Restaurant organisiert. Will Frau keine weiteren Treffen mehr, ignoriert sie einfach seine Anrufe. Normalerweise bezahlt der Mann, in Europa ist es aber üblich, dass Frau die Hälfte dazugibt. Fein/Schneider sprechen dabei vom Begriff „Going Dutch“, das eigentlich in den USA sehr selten stattfindet. Nach dem Essen gibt’s dann die ersten Zärtlichkeiten. Bei einer recht hohen Rechnung kann durchaus auch schon nach dem zweiten Treffen die Spielwiese Bett im Mittelpunkt stehen. Das aber ist normalerweise erst nach dem dritten Treffen bzw. allen weiteren der Fall. Der Frau bleibt es also jederzeit überlassen, den Gang der Dinge zu beenden, wenn sie denkt, nicht beim Richtigen gelandet zu sein, der schon mal eine Sünde wert sein könnte. Hierzu ist es ausreichend, wenn Frau drei seiner Anrufe ignoriert. In den USA gilt es durchaus als normal, maximal drei Partner gleichzeitig zu daten. Dies entspricht aber nicht den Vorstellungen auf dem alten Kontinent. Psychologen sprechen hier vom sog. „sexuellen Monopol“. In der amerikanischen Variante wird das erst während der Stufe „The Talk“ besprochen. Welche der beiden Dating-Modalitäten gewählt wird, sollte beim zweiten Treffen abgeklärt werden. Schliesslich ist es nicht jedem der beiden Partner angenehm, wenn der Gegenpart noch mit anderen zur gleichen Zeit sexuell aktiv ist. Entfällt dieser Talk, so gibt es auch keinen „Deal“, also keine Absprache zur Monogamie.

Wie das Ganze dann weitergeht, ist in Europa unterschiedlich. In den USA folgt nach einem Jahr der Verlobungsring (mindestens drei Netto-Monatsgehälter des Mannes – in Texas gar vier!!!). Sollte dies nicht geschehen oder entsprechen, so kann Frau die Beziehung sofort beenden. Das Salz in der Suppe machen übrigens sog. „Booty Calls“ aus; mitternächtliche Anrufe mit dem Ziel des sofortigen Sex.

Vielleicht noch ein kurzer Tipp: Mann sollte nicht stets auf das hören, was Frauen sagen (ausser beim Sex – wenn Frau „Nein“ sagt, heisst dies auch nein!!!). Ansonsten ist auch Grossvater oftmals schwerhörig gewesen, als Grossmutter etwas sagte – aber das ist ein ganz anderes Thema! Beobachten Sie anstelle dessen, wie Frauen zeigen, was sie gerne hätten!

Seh’n Sie – ist alles nicht ganz so einfach!!! Und wer nach wie vor die Möglichkeit des Online-Datings verdammen sollte, dem sei hier eine evolutionstheoretische Überlegung an’s Herz gelegt: In der internetfreien Zeit kam es vornehmlich zur „Nachbarschaftsehe“. Durch das globale Dorf im Internet findet eine durchaus empfehlenswerte genetische Durch-mischung quer über die Kontinente statt. Neue Gene, die evolutions-biologisch ein besseres Überleben des Nachwuchses erwarten lassen. Denn: Der Homo erectus war ebenso nur eine Momentaufnahme der menschlichen Evolution wie der Homo sapiens!

PS:

Die Evolution hat’s erfunden. Normalerweise werden etwas mehr Jungen geboren, da diese risikofreudiger als die Mädchen sind und nicht wenige von Ihnen vorzeitig sterben bevor sie das Erwachsenenalter erreicht haben. Bei der Befruchtung liegt dieser Überschuss bei ca. 30 %. Während Hungersnöten allerdings werden mehr Mädchen geboren. Hierdurch kann sich eine Population schneller von einer Krise erholen (Dr. Fiona Mathews & Kollegen in ihrer Studie, veröffentlicht im Fachmagazin „Proceedings of the Royal Society B“ vom Januar 2012). Die Natur – wer hat sich das alles ausgedacht???

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