Niemals wieder Krieg!!!

Die ersten Tage des soeben begonnenen Wonnemonats Mai waren mit Sicherheit die wichtigsten des 20. Jahrhunderts. Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg – Hitler und seine Schergen begingen entweder Selbst-mord oder wurden gefangen genommen. Europa lag zwar in Schutt und Asche, doch kam mit dem Ende der Nazis zumindest wieder ein Hoff-nungsschimmer auf. Grund genug, heute mal wieder einen History-Blog zu verfassen. Dabei möchte ich vornehmlich die Befreiungen wichtiger Städte in’s Auge fassen.

Die Schlacht um Berlin war sicherlich die blutigste und grauenvollste. Sie endete nach rund 14 Tagen am 02. Mai. Wie durch das russische Verteidigungsministerium veröffentlichte Unterlagen beweisen, stiess die Rote Armee dabei auf erbitterten Widerstand, mit dem auch der Oberbe-fehlshaber der russischen Truppen in Deutschland, Marschall Georgij Schukow, nicht gerechnet hatte. In seinen Ausführungen schreibt dieser, dass jeder Straßenzug und jedes Haus erbittert verteidigt wurden. Dabei kamen über 170.000 Soldaten und zehntausende Zivilisten um’s Leben. Hitler hatte sich mitsamt seiner Frau Eva Braun bereits im Führerbunker umgebracht. Seine letzte Hoffnung, ein Durchbruch der 12. Armee nach Berlin fand nicht statt. Deren Oberbefehlshaber, Panzergeneral Walter Wenck, hatte die Aussichtslosigkeit erkannt und befreite anstatt dessen zersprengte Wehrmachtsverbände aus russischen Kesseln um sie in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft zu bringen.

Sechs Tage später, am 08. Mai 1945 kapituliert mit der Unterschrift von Generaloberst Alfred Jodl die Wehrmacht bedingungslos – der Zweite Weltkrieg ist – zumindest für Europa – beendet. Die ersten Verhandlungen für eine Übergabe der Stadt Berlin fanden am 01. Mai ab 03.50 Uhr statt, zwischen dem Generalstabschef Hans Krebs, Oberst von Dufving (Chef des Stabes des LVI. Panzerkorps) und dem sowjetischen Generalleutnant Wassili Iwanowitsch Tschuikow, der bereits mit der 62. Armee Stalingrad befreite. Stalin lehnte jedoch Verhandlungen ab – Berlin sollte bedingungslos kapitulieren. Dies lehnte der zu diesem Zeitpunkt noch lebende Goebbels ab. Erst nachdem sich dieser mit seiner Frau am 01. Mai selbst umgebracht hatte, wurde am 02. Mai um 01.00 Uhr ein Funk-spruch abgesetzt. Darin bat die deutsche Führungsspitze um die Einstellung der Kampfhandlungen. Am 02. Mai 1945 ordnete General Helmuth Weidling die Einstellung aller Kampfhandlungen an und unter-schrieb um 13.00 Uhr die Kapitulationserklärung. Die letzten Waffen wurden gegen 17.00 Uhr niedergelegt.

Bereits zuvor hatte sich Wien ergeben. Die Schlacht um die öster-reichische Hauptstadt dauerte vom 16. März bis zum 15. April. Am 06. April 1945 hatte das 39. Schützenkorps der 6. Armee unter General Tichonow und die 4. Gardearmee die 2. und 3. SS-Panzerdivision zurückgeschlagen. Das 21. Garde-Schützenkorps unter General Kozak und das 20. Garde-Schützenkorps unter General Birjukow drangen in Simmering und Schwechat in Wien ein. Mehrere deutsche Offiziere wollten Wien zur „Offenen Stadt“ erklären und damit kampflos über-geben. Dies scheiterte jedoch am Reichsstatthalter und Gauleiter Baldur von Schirach. Dieser liess durch den Volkssturm und die Hitlerjugend Barrikaden errichten. Erbitterte Kämpfe lieferten sich Teile der 3. SS-Panzerdivision mit der Roten Armee beim Wiener Arsenal. Vor allem auf Seiten der Sowjets gab es hohe Verluste. Auch in Wien kam es zu einem intensiven Häuserkampf um jeden Strassenzug. Bereits in den ersten Apriltagen hatten sich der Wiener Untergrund und einige Offiziere mit den Sowjets in Verbindung gesetzt. Sie wollten grössere Kämpfe und damit auch Schäden in der Stadt verhindern („Operation Radetzky“). Nachdem das Vorhaben verraten wurde, sind drei beteiligte Offiziere am 08. April an Strassenlaternen in Floridsdorf gehängt worden. Am Morgen des 13. April stürmten Einheiten der 7. Garde-Luftlande-Division vom Prater her kommend gemeinsam mit dem Schützenregiment 217 die Reichsbrücke. Von Schirarch hatte sich schon am 09. April zur 2. SS-Panzerdivision nach Floridsdorf geflüchtet und dann später abgesetzt. Er tauchte unter dem Namen Richard Falk in Tirol unter, stellte sich dann aber am 05. Juni 1945. Er erhielt in den Nürnberger Prozessen 20 Jahre Haft. Nach kurzen aber heftigen Kämpfen auf dem Gürtel zwischen der SS, der Wehrmacht und dem Volkssturm auf der einen sowie und der 4. Gardearmee auf der anderen Seite erklärten die Sowjets am 13. April um 14.00 Uhr die Kämpfe für beendet. Gegen Abend wurden allerorts die Waffen niedergelegt. Die West-Alliierten übrigens marschierten erst am 28. April über Tirol in Österreich ein.

Innsbruck blieb nahezu gänzlich von Kampfhandlungen verschont. Am 02. Mai hatte Gauleiter und Reichsstatthalter Franz Hofer in seiner letzten Rundfunkansprache betont, dass man den vorrückenden Alliierten im Gebirge, nicht jedoch in der Stadt erbitterten Widerstand leisten werde. Die Brücken wurden deshalb auf seinen Befehl hin nicht gesprengt. Hofers Alpenfestung erwies sich jedoch als Lug und Trug – er versuchte selbst nach der Kapitulation der Heeresgruppe C in Italien ohne grossen Schaden aus dem Krieg zu kommen. Auch die von ihm aufgestellten Standschützen, ein Tiroler Traditionsverband, kamen nicht mehr als Volkssturm zum Einsatz. Hofer war es auch, der verhindern wollte, dass sich die Reste der 19. und 1. Armee der Heeresgruppe G in Vorarlberg und Tirol verschanzen sollten. Dies jedoch ohne Erfolg. Allerdings waren diese Einheiten stark ausgedünnt und grossteils demoralisiert. Die 19. Armee wurde im Tiroler Oberland, die 1. Im Unterland eingesetzt. Über Vorarlberg kämpfte sich die 1. Französische Armee vor, über das Ausser-fern und Mittenwald drei Divisionen der 7. US-Armee. Die 103. Infanteriedivision der Amerikaner sollte Innsbruck einnehmen. In der Scharnitzer Klause standen sie 15- und 16-jährigen der Hitlerjugend „HJ Bann Innsbruck“ gegenüber. Nach deren Aufgabe ging es nahezu kampflos bis vor die Tore Innsbrucks.

Am Fernpass gab es bei starkem Wintereinbruch am 01. und 02. Mai die heftigsten Kämpfe in Tirol. Dort hatten sich 1.200 Mann der 19. Armee der 44. Infanteriedivision in den Weg gestellt. Erst der 2. Umgehungs-versuch gelang den Amerikanern, die mit Hilfe von österreichischen Soldaten aus dem Tiroler Widerstand durchbrachen. Inzwischen hatte sich in Innsbruck unter Dr. Karl Gruber der Widerstand formiert. Am 02. Mai nahmen Stosstrupps die Wehrmachtskasernen und die Gendarmerie-kaserne in Innsbruck ein. Auf der Hungerburg wurde General Johannes Böheim, der Kommandeur der Divisionsgruppe Innsbruck-Nord, mitsamt seines Stabes festgenommen. Dieser hatte bereits mit den Amerikanern über eine Kapitulation verhandelt. In der Nacht zum 03. Mai kämpfte sich Ludwig Steiner zu den Amerikanern vor und informierte diese, daß sie in Innsbruck mit keinerlei Gegenwehr zu rechnen hätten. In der Stadt selbst gab es immer wieder Schießereien des Widerstands mit versprengten Wehrmachtssoldaten und Mitgliedern der SS. Als die 103. Amerikanische Invanteriedivision („Cactus-Division“) kampflos gegen Abend in Innsbruck einrückte, wurde sie von begeisterten Menschenmassen mit Fahnen und Blumen empfangen.

„Die Kaktus-Männer konnten kaum ihren Augen trauen. Es war wie die Befreiung von Paris. Der Jubel war ungeheuer. Männer, Frauen und Kinder schrieen den einmarschierenden Truppen Begrüßungsworte zu und streuten ihnen Blumen.“

(Kriegsberichterstatter der 103. Infanteriedivision)

In Frankfurt/Main trafen die US-Truppen auf keinerlei Widerstand. Die strategisch wichtige Stadt lag nach nicht weniger als 75 Luftangriffen in Schutt und Asche. Wehrmachts-Pioniere hatten am 26. März alle Brücken gesprengt – einzig die Wilhelmsbrücke (heute: „Friedensbrücke“) war noch intakt – über sie gelangten am 29. März die Amerikaner in die Innenstadt. Die Bevölkerung hauste zum grössten Teil in ihren Kellern, von den Häusern war v.a. in der Innenstadt nicht mehr viel übrig geblieben. Die 5. US-Infanteriedivision und die 6. US-Panzerdivision gehörten zu den Truppen der 3. US-Armee unter General George Patton. Sie war am 23. März bei Oppenheim über den Rhein vorgestossen. Schon am 24. März hatten die 300 Mann des Volkssturms kapituliert und Darmstadt kampflos übergeben. In Frankfurt selbst hielten sich nurmehr rund 1.000 Mann des Volkssturms und kampfunerfahrene junge Soldaten unter Generalmajor Friedrich Stemmermann auf. Gauleiter Jakob Sprenger hatte sich schon Tage zuvor nach Thüringen abgesetzt. Er flüchtete schliesslich nach Tirol, wo er sich kurz vor der Festnahme durch die Amerikaner selbst vergiftete. Vor seiner Flucht hatte er noch den „Kampf bis zum letzten Blutstropfen“ befohlen. Der Oberbefehlshaber West, Albert Keßel-ring, hatte daraufhin den Kommandeur des Grenadierregiments 57 aus Marburg, Oberstleutnant Erich Löffler, nach Frankfurt beordert. Als dieser am 27. März in der Taunusanlage 12, der Frankfurter Kommandantur, eingetroffen war, zerfetzte eine Granate den kompletten ersten Stock des Gebäudes. Dabei starb auch Löffler. Stemmermann geriet schwer verletzt in US-Kriegsgefangenschaft. Er hatte nach der Ablösung auf ein Auto vor dem Gebäude gewartet.

Hamburg schlenderte haarscharf an einer kompletten Zerstörung vorbei. Ende April 1945 stand die 7th Armoured Division 15 km vor der Hanse-stadt. Diese britische Division hatte sich ihre Sporen im Afrika-Krieg erworben – daher auch die Wüstenspringmaus im Emblem der Panzer-division) und war an der Landung in der Normandie beteiligt. Zuvor hatten die Streitkräfte von der Insel die Lüneburger Heide erobert, das KZ Bergen-Belsen am 15. April befreit – Lüneburg selbst hatte sich am 18. April kampflos ergeben. Bremen verteidigte sich bis auf den letzten Mann, die Stadt glich einem grossen Trümmerhaufen – die Verluste auf beiden Seiten waren sehr hoch. Am 27. April schliesslich ist auch hier der Krieg nach großem Blutvergießen vorbei. Hitler hatte Hamburg zur Festung erklärt und den Kampf bis zum bitteren Ende befohlen. Am 22. April beginnen mit der Aufstellung von Panzersperren die Vorbereitungen hierzu. 20.000 Soldaten und der Volkssturm sollten die Stadt vor den Briten retten. Den Oberbefehl hatte Hitlers Stellvertreter, Großadmiral Karl Dönitz. Kampfkommandant Alwin Wolz jedoch erkannte die Sinnlosigkeit und kapitulierte, wodurch er die Reste Hamburgs retten konnte. Neben dem Hafen standen auch die Phoenix-Werke unter ständigem britischen Artillerie-Beschuss. Dort wurden die Reifen für die Wehrmachtfahrzeuge hergestellt. Zudem befand sich hier ein Lazarett, in dem auch britische Kriegsgefangene medizinisch behandelt wurden. Stabsarzt Hermann Burchard konnte dessen Generaldirektor Albert Schäfer überzeugen, die Stadt zu retten. Nach der Genehmigung durch Wolz gingen die beiden am 29. April mit einer weissen Fahne den royalen Truppen entgegen. Offiziell durften die Soldaten (Burchard und Kampfkommandant Wolz) nur über die Rettung des Lazaretts Verhandlungen führen. Albert Schäfer hingegen überreicht dem britischen Captain Thomas Martin ein Schreiben mit dem Inhalt einer möglichen kampflosen Kapitulation. Darin wurde auch erwähnt, daß sich Gauleiter Karl Kaufmann „vernünftig“ verhalte. In der Antwort forderte Generalmajor Lewis Lyne die kampflose Kapitulation Hamburgs. Schäfer hatte dieses Schreiben in seinem rechten Schuh versteckt. Er überreichte es am 30. April Wolz. Dieser besprach sich mit Gauleiter und Reichsstatthalter Kaufmann, der in die kampflose Übergabe der Stadt angesichts der aussichtslosen Situation einwilligte. Am 3. Mai marschierten britische Truppen in Hamburg ein. Allerdings hing tatsäch-lich alles an einem seidenen Faden: Mit einem Tag Verspätung wurde der Selbstmord Hitlers über den Reichssender Hamburg bekannt. Nun sollte Kampfkommandant Wolz abgelöst werden. Dieser beorderte, nachdem er davon in Kenntnis kam, am 1. Mai zwei Wehrmachtsoffiziere zur Überbringung der Kapitulationserklärung. Grossadmiral Dönitz erfuhr über die Zeitung davon. Doch willigte er, nachdem die Briten Lübeck und die Amerikaner Wismar eingenommen hatten, als Stellvertreter Hitlers wider Erwarten ein. Hamburg musste seit dem Sommer 1943 ganze 190 Luftangriffe überstehen – nahezu kein Mauerstein stand mehr auf dem anderen. Kampfkommandant Wolz begab sich am Abend des 2. Mai zu Generalmajor Lyne und unterschrieb am darauffolgenden Morgen die Kapitulationsurkunde. Nach einer Rede von Gauleiter Kaufmann im Reichssender Hamburg, die die Bevölkerung der Stadt von der bevor-stehenden Besetzung durch die Briten informieren sollte, übergab Wolz am 3. Mai um 18.25 Uhr Hamburg an den britischen Brigadegeneral John Michael Sperling. Kaum vorzustellen, was mit Hamburg geschehen wäre, hätten nicht Wolz, Schäfer und Lindsay klaren Kopf bewahrt. Wolz war übrigens zwei Jahre lang in britischen Kriegsgefangenschaft. Danach erwarb er einen Bauernhof in Bayern; Schäfer wechselte in die Handels-kammer.

Der 8. Mai sollte deshalb nicht nur als Gedenktag für das Ende des Zweiten Weltkrieges in die Geschichtsbücher eingehen. Er sollte vielmehr als Heldengedenktag für all jene gefeiert werden, die den Mut und die Intelligenz aufbrachten, sich kampflos zu ergeben. Sie retteten dadurch viele Städte und Gemeinden vor deren Auslöschung und verhinderten weiteres Blutvergiessen in der Zivilbevölkerung. An Frauen, Kindern und alten Menschen. Es ist zudem ein Tag der Befreiung! Nicht von dem bösen Deutschen oder Österreicher. Viele gehorchten nur den Befehlen, da sie ansonsten selbst exekutiert worden wären. Es ist die Befreiung von einem menschenunwürdigen Regime, das niemals wieder eine solche Macht bekommen darf. Dabei spielt das politische Lager (rechts oder links) keine Rolle!

Der 8. Mai sollte zudem als Feiertag für ein friedliches, gemeinsames Europa begangen werden. Ob West oder Ost, Süd oder Nord! Europa hatte noch nie in seiner Geschichte eine dermaßen lange Ära des Friedens. Lasst uns deshalb auch weiterhin an einem grenzüberschreitenden, demokratischen Miteinander arbeiten! Wer aus der Geschichte nichts gelernt hat („Ein Fliegenschiss!“), sollte nicht die Zukunft eines Landes beeinflussen können!

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