Jeder Traum ein Abbild des Lebens?

Neulich hatte ich einen gar komischen Traum: Ich war im Studio um einen Song einzusingen. Dabei hatte ich ein schwerwiegendes Problem: Es war nicht meine Tonlage! Deshalb musste ich mehrere Passagen wieder und wieder nachsingen. Kam mir wie eine Ewigkeit vor. Als ich dann das Lied meiner Freundin vorspielen wollte, wachte ich schweissgebadet auf – und hörte im Radio den Song, dessen Titel ich vorher nicht kannte: „Chasing Pavement“ von Adele! Wow – mehr als grosse Schuhe, die sich mein Gehirn für mich ausgedacht hat – ob nun bewusst oder unbewusst! Der Traum konnte also gar nicht so lange angedauert haben! Wahrscheinlich nahm ich im Unterbewusstsein den Adele-Titel, der im Radio-Wecker lief, wahr und zimmerte mir etwas daraus zurecht! Damit herzlich will-kommen in einer mehr als interessanten Thematik, die nach wie vor sehr umstritten ist: Der Traumdeutung!

Millionen Menschen aller Kulturen dieser Erde glauben seit Jahrhunderten, dass Träume Hinweise auf Ereignisse der Zukunft und auch Lösungswege für deren Probleme geben können. Alsdann hat die Esoterik nicht wirklich viel mit dem Ursprung der Traumdeutung zu tun. Schon im Alten Testament konnte neben anderen Josef den Traum des Pharaos deuten und die Zukunft vorhersagen. Zudem beschäftigten sich die grossen Philosophen der griechischen Antike wie Aristoteles, Platon oder auch Artemidor von Dalis mit der Traumdeutung. Letzterer brachte hierzu gar ein Buch raus, das bis ins Mittelalter als „Bibel der Traumdeutung“ galt. Weitere grosse Namen wie Thomas von Aquin, Rabanus Maurus und Johannes Hartlieb etc. haben sich in die Traumdeutung verirrt! Oftmals gegen die Kirche, dafür jedoch sehr beliebt im Volk. Sigmund Freud (Richtiger Name: Sigismund Schlomo Freud) schliesslich baute seine Theorien darauf auf, dass Träume nicht die Verarbeitung der Tages-erlebnisse sind, sondern ein Tor zum Unbewussten. Sie zeigen versteckte Wünsche, die aufgrund gesellschaftlicher Zwänge nicht geäussert werden dürfen. Der Grundstein der Psychoanalyse! Durch die Reduzierung der kognitiven Hemmung gelangt ein Teil des Unbewussten als Traum ins Bewusstsein. Dabei kommt den symbolischen Botschaften eine besondere Bedeutung zu. Bei Carl Gustav Jung ist es etwas schwieriger: Er meinte, dass das explizite Traumbild umkreist und die begleitenden Traum-symbole ebenfalls analysiert werden sollen. Der Traum ist die innere Wirklichkeit, deren Symbole durch persönliche Assoziationen analysiert werden sollten. In den 1970er Jahren erhielt die Traumdeutung einen neuen Anschub durch die australische Traumforscherin Ann Faraday einen neuen Anschub. Können die verschiedenen Traumbilder aus dem Unbewussten des Menschen tatsächlich wissenschaftlich relevante Lösungsansätze aufweisen? Eine vollkommen wissenschaftliche Erfor-schung wird es wohl nicht geben!

Nun – ganz so falsch lagen sie alle nicht! Schliesslich ist der Schlaf die Ruhephase des Körpers. Physisch werden die Funktionen auf ein Mini-mum heruntergefahren, damit die ganze Kraft in Schwachstellen fokus-siert werden kann. Deshalb ist auch der aus Doktorserien allseits bekannte Spruch „Wenn er die Nacht durchkommt, hat er’s überstanden!“ gar nicht mal so falsch. Psychisch sieht die Lage schon etwas anders aus. Die Neurobiologie hat durch Studien, u.a. durch Zuhilfenahme der Elektroenzephalografie (EEG), nachgewiesen, dass das Gehirn vornehm-lich in der REM-Phase wahre Feuerwerke abschiesst. Kurz zur Erklärung: Bis 2007 galt die Nomenklatur von Allan Rechtschaffen und Anthony Kales aus dem Jahr 1968, jetzt wird wissenschaftlich (American Academy of Sleep Medicine) unterschieden zwischen:

  • Wachliegen
  • REM-Schlaf
  • Leichtschlaf – Stufe 1
  • Leichtschlaf – Stufe 2
  • Tiefschlaf

Betrachten wir uns das etwas genauer:

Die Phase kurz vor dem Einschlafen wird als „Wachliegen“ bezeichnet. Manche Forscher unterscheiden hier nochmals zwischen der Aufmerk-samkeitsphase mit bewusster Wahrnehmung der Umgebung und der Entspannungsphase, wenn die Augen bereits geschlossen werden.

Der Leichte Schlaf Stufe 1 folgt auf das Wachliegen. Die Muskeln entspannen sich, das bewusste Wahrnehmen schwindet.

Der Leichte Schlaf Stufe 2 verbraucht etwa 50 % des Schlafes. Immer wieder zwischen den Schlafphasen wird jegliche Wahrnehmung gehindert.

Die „REM-Phase“ oder auch der „REM-Schlaf“ ist der Traumschlaf. Hier spielen sich Dinge ab, die niemand alleine wahrnimmt: Adrenalin-ausschüttung, erhöhter Blutdruck, Magenaktivität und auch das sog. „Rapid-Eye-Movement“, das Rollen der Augäpfel, das dieser Schalfphase den Namen verlieh. Während Neugeborene nahezu ausschliesslich in dieser Phase schlafen, beschränkt sich die bei Erwachsenen auf rund 104 Minuten pro Nacht – alle 90 Minuten gibt es eine REM-Phase!

Der Tiefschlaf tritt ebenso immer wieder zwischen den Phasen ein – er nimmt alsdann auch einen Grossteil des Gesamtschlafes ein. Hier übrigens sprechen manche Menschen, andere schlafwandeln.

Die Dauer bzw. der Übergang zwischen den Phasen ist von Mensch zu Mensch verschieden. Aufgrund dieser unterschiedlichen Abschnitte wird ein solcher Schlaf auch als „Polyphasischer Schlaf“ bezeichnet. Das Powernapping nach dem Mittagessen bzw. der Mittagsschlaf zählen nicht dazu – sie sind zu kurz auch für Träume.

Zurück zur Traumdeutung:

Träume sind grundsätzlich ein Produkt des Unbewussten. Erlebnisse, Geschichten und ja sogar Gefühle werden während des Traumes im Kopf verarbeitet. Das Unbewusste (Unterbewusstsein) kommuniziert mit dem Bewusstsein! Hierüber sind sich die Wissenschafter einig. Bei der Deutung allerdings gehen die Meinungen weit auseinander: So beschäftigt sich die „Oneiromantie“ mit der Analyse der Probleme und den anschliessenden Lösungsmöglichkeiten. Wer sich in dieser Richtung interessieren sollte, kann gerne eines der vielen Traumdeutungs-Lexika online abrufen oder nachblättern. Doch Vorsicht – zwischen 1 bis 16.500 Traumsymbolen ist alles möglich – oneiromantisch, tiefenpsychologisch oder spirituell.

Folgend nur ein paar Beispiele:

.) Feuer bedeutet Licht, Wärme und Schutz, aber auch Zerstörung

.) Zahnausfall – Verluste im Geschäftsleben, weniger Verdienst

.) Die Zahl 2 steht für Zweisamkeit (Paar), aber auch Gegensätze

.) Hinabgehen der Kellerstiege – Geduld und Ausdauer sind in nächster Zeit im Job und Privatleben gefordert

Sie sehen also – eine allgemeine Regel für solche Erscheinungsbilder gibt es nicht. Wichtig ist der persönliche Bezug dazu. So gibt es etwa auch geschlechterspezifische Unterschiede. Träumt eine Frau von einer Geburt, so kann dies als neue Einstellung zum Leben gesehen werden, bei Männern hingegen als das Ergebnis, die Vollendung ihrer Pläne.

Die psychologische Traumdeutung (empirische Traumdeutung) hingegen ist zumeist die Grundlage für eine Therapie zur Traumabewältigung. In nahezu allen Fällen eines Traumas (Unfall, Krieg, Verlust von Angehörigen, Gewalt in der Familie, …) leiden die Betroffenen unter Albträumen. Die richtige Analyse dieser Träume kann einen wesentlichen Beitrag zur Besserung liefern. Dazu aber müssen die Betroffenen ihre Träume auch noch nachvollziehen können, was am kommenden Morgen sehr schwer ist. Deshalb wird grundsätzlich empfohlen, dass man Träume notiert. Gerade bei Alpträumen wacht man zumeist schweissgebadet auf. Dann ist es wichtig, einen Notizblock zur Hand zu haben, da meist nur der letzte Traum am kommenden Morgen noch in Erinnerung ist.

Diese Art der Traumdeutung muss Experten überlassen werden, da ansonsten alles nur noch mehr verschlimmert werden kann.

Welche Träume werden nun in der Nomenklatur unterschieden?

– REM-Traum

Hierbei handelt es sich um einen intensiven und zumeist langen Traum, der emotional durchlebt wird

– Non-REM-Traum

Diese Träume treten in den beiden Phasen Leichter Schlaf 1 und 2 auf und sind zumeist kurz

– Einschlaftraum

Sehr kurze Träume in der Einschlafphase

– Albtraum

Ein emotional höchst aufreibender REM-Traum, der meist zu einem durch Angst oder Panik verursachten Aufwachen führt.

– Pavor nocturnus

Dieser Traumtypus tritt vornehmlich bei Kindern bis zum siebten Lebens-jahr auf. Es ist ein panikartiges Aufwachen aus dem Tiefschlaf und wird gerne als „Nachtangst“ bezeichnet.

Traumdeutungs-Experten scheinen weitestgehend bei folgenden Traum-typen überfordert zu sein:

.) Posttraumatische Träume

Wie zuvor angedeutet, liegen die Ursachen dieser Träume in schlimmen Wacherlebnissen des Betroffenen, die er im Traum immer wieder erlebt. Deshalb können sie mit der klassischen Traumdeutung auch nicht analy-siert werden.

.) Klarträume (auch luzide Träume)

Auch dieser Traumtypus kann nur schwer gedeutet werden, da der Träumende seinen Traum bewusst erlebt und ihn stets selbst verändern bzw. umgestalten kann. Diese bewusst hinzugefügten Traumbilder können nicht gedeutet werden, wenn das bewusste Umfeld des Betroffenen nicht bekannt ist.

.) Wahrträume

Hierbei bewegen wir uns unter Umständen im Esoterikbereich, da dieser Traumtypus einer Vorhersehung gleich kommt. Dem Träumenden ist voll bewusst, dass dieser Traum, dieses unbeschreibliche Gefühl gerade irgendwo in der realen Welt geschieht bzw. zeitnah geschehen wird. Derartige Träume bedürfen keiner Deutung. Obgleich die Wissenschaft für solche Vorhersehungen keine Erklärung hat, gibt es sie dennoch. Allerdings nur bei einer sehr kleinen Anzahl der Menschheit!

.) Warnträume

Warnträume unterscheiden sich nur sehr gering von normalen Träumen, wirken jedoch zumeist wie Wahrträume. Befragt man Menschen nach einem solchen Warntraum nach ihrem Gefühlszustand, so können sie diesen meist nicht definieren.

.) Wunschträume

Bestimmt eine Vorstellung meinen Alltag (etwa ein Urlaub auf Tahiti) so sehr, dass ich intensiv daran denke, so wird dieser Wunsch auch mein Traumleben beeinflussen. In diesen Träumen kommen Traumbilder vor, die nicht gedeutet werden können, da sie zur Traumkulisse zählen.

Auch bei Kindern ist eine Traumdeutung eher als problematisch anzu-sehen, da sie einen komplett anderen Bezug zu Traumsymbolen haben bzw. ihnen die vollständigen Assoziationen zu den Traumbildern fehlen.

Übrigens können Sie schlechten Träumen vorauswirken:

  • Konsumieren Sie keinen Alkohol oder Drogen bzw. starke Medikamente vor dem Schlafengehen
  • Extreme Müdigkeit führt sehr häufig zu schlechten Träumen
  • Gehen Sie niemals hungrig oder durstig zu Bett
  • Toilettengang vor dem zu Bett-Gehen ist Pflicht
  • Besprechen Sie Tageserlebnisse zuvor mit einer Person ihres Vertrauens
  • Keine emotional aufputschenden Bücher oder Filme am Abend
  • Ein Schlafzimmer an einer stark befahrenen Strasse ist keine wirklich gute Lösung
  • Eine zu kleine Bettdecke führt zum Verrutschen und somit zum Auskühlen des Körpers

Jeder Mensch träumt, doch können sich viele nicht mehr daran erinnern. Pro Nacht sind es zirka vier bis sechs lange Träume und mehrere Kurzträume bzw. Sequenzen. Eine Möglichkeit für ein schlechtes Erinnerungsvermögens ist, dass der Betroffene zu wenig Schlaf, eine andere etwa dass er zu viel Stress im Alltag hat, Alkohol, Essen, …! Dem Erinnerungsvermögen kann allerdings auf die Sprünge geholfen werden: Meditative oder Entspannungsübungen vor dem Schlafengehen, nehmen Sie sich dabei fest vor, sich an die Träume erinnern zu können. Sollte es nicht gleich von Anfang an funktionieren, verlieren Sie nicht den Mut. Wenn es dann aber klappt, schreiben sie alle Traumerlebnisse in ein Traumtagebuch und nehmen Sie sich die Zeit, diese Symbole auszu-werten.

Ich wünsche Ihnen süsse Träume!

Links:

Lesetipps:

.) Träume: Die Wissenschaft enträtselt unser nächtliches Kopfkino; Michael Schredl/Georg Rüschemeyer; Ullstein Buchverlage 2007

.) Deine Träume – Schlüssel zur Selbsterkenntnis; Ann Faraday; FISCHER Taschenbuch 1980

.) Schlaf und Traum; Hans Winterstein; Springer Berlin 1932

.) Schlaftagebuch; Lutz Graumann/Utz Niklas Walter/Fabian Krapf; riva 2019

.) Der Schlaf – Neurophysiologische Aspekte; Hrsg.: U.J. Jovanovic; Springer Berlin 2012

.) Schlafcoaching – Wer wach sein will, muss schlafen; Gerhard Klösch/Brigitte Holzinger; Goldegg Verlag 2013

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