Noro – Der Dauerplatz auf der Toilette

Mit dem Frühling beginnt allerorts wieder die Volksfestzeit! Egal ob gross – wie der Augsburger Plärrer, das Münchner Frühlingsfest auf der Theresienwiese oder das Maifest im Wiener Prater – oder klein – wie das Radieschenfest in Hall i.T. oder das Wasserburger Frühlingsfest – Millionen Menschen, ob klein oder gross, strömen in die Festzelte, um den Beginn der warmen Jahreszeit mit grosser Gaudi zu feiern. Und am Montag geht’s dann wieder in die normale Welt zurück! In diesem Jahr allerdings nicht unbedingt bei allen. Beim Stuttgarter Frühlingsfest auf dem Cannstatter Wasen geschah der „Worst Case“ eines jeden Fest-organisators und Gastronomen: Noro! Bis Freitag waren rund 730 Fälle beim Stuttgarter Gesundheitsamt gemeldet – eines der wohl grössten Ausbruchsgeschehen der baden-württembergischen Landeshauptstadt. Viele davon besuchten ein bestimmtes Festzelt auf dem Wasen und infizierten dann Angehörige, Freunde und Arbeitskollegen. Deshalb muss davon ausgegangen werden, dass sich die Zahl der Erkrankten noch weiter erhöhen wird. Bei der Stadt schrillten die Alarmglocken, ein Heer von Experten wurde ausgeschickt, die Sache zu überprüfen. Das Ergebnis: Den Festzeltbetreiber trifft keine Schuld – die hygienischen Vorgaben wurden allesamt eingehalten. Ergo: Der Virus musste von einem oder mehreren Gästen eingebracht worden sein. Es war also keine Infizierung durch Essen oder Getränke, sondern eine sog. „Schmierinfektion“! Übrigens: Im vergangenen Jahr besuchten nicht weniger als 1,4 Mio Menschen dieses Frühlingsfest.

Noro – eine wirklich eklige und nicht zu unterschätzende Gefahr. In der internationalen Auflistung der Erkrankungen, der ICD, wird diese akute Magen-Darm-Infektion unter der Klassifizierung A08.1 geführt (eine spezielle Art der Gastro-Enteritis). Die Infektion geschieht durch Speisen und Getränken, aber auch durch Ansteckung, wenn beispielsweise ein Infizierter einen Gegenstand wie den Haltegriff in der Strassenbahn oder ein Glas berüht (fäkal-orale Infektion). Es kann aber auch auf der Toilette geschehen. Bereits wenige Stunden nach der Ansteckung (sechs bis manchmal 50 Stunden) erscheinen die ersten Symptome. Der Krank-heitsverlauf ist zumeist kurz (ein bis drei, manches Mal auch bis zu fünf Tage), dafür umso heftiger: Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen. Nicht selten gesellen sich auch Kopf- und Gelenkschmerzen sowie leichtes Fieber hinzu. Aufgrund des Flüssigkeitsverlustes besteht gerade für ältere bzw. vorerkrankte Menschen, aber auch für Kinder die grosse Gefahr der Dehydration und einhergehend das Kippen des Elektrolydhaushaltes (Salzhaushalt), das schlimmsten Falles zu einer Bewusstseinsstörung, Krampfanfällen oder gar Nierenversagen und einem Kreislaufkollaps führen kann. Betroffene sollten deshalb viel Mineral-wasser, Kräutertees trinken sowie dünne Brühen, wie zum Beispiel Oma’s Hühnerbrühe, schlürfen bzw. Früchte essen. Bei Schwangeren besteht für das ungeborene Kind direkt keine Gefahr! Allerdings kann der hohe Druck durch Erbrechen und Durchfall ein vorzeitiges Eintreten der Wehen verursachen.

Dabei ist der Noro-Virus gar nicht mal so selten. Nach Angaben des Robert-Koch-Institutes ist er für rund 50 % der Magen-Darm-Erkrankungen bei Erwachsenen verantwortlich, bei Kindern für 30 %. Er ist hochinfektiös, es reichen bereits zwischen 10 bis 100 Viruspartikel! So geschehen die meisten Infektionen von Mensch zu Mensch, also durch direkte oder indirekte Berührung (wie Türklinken oder Treppengeländer). An Oberflächen (ausser bei Kupfer – das tötet viele Krankheitserreger ab) bleibt der Virus mehr als 12 Stunden lang infektiös. In Speisen oder Getränken übersteht er auch mehrere Minuten lang Temperaturen von 60 Grad und kommt zudem in gekühlten Speisen vor (Achtung vor Eis-würfeln und Leitungswasser in südlicheren Ländern). Schlechte Nach-richten für alle Austern-Fans: Im Gewebe der Muscheln können sich die Viren besonders lange halten.

Vorbeugen kann man einer Infektion durch gute Hygiene, wie etwa dem richtigen (!) Händewaschen. Das sollten wir jedoch bereits in der Grippe- und Coronazeit kennengelernt haben. Erhöhte Vorsicht allerdings besteht bei Händetrocknern. Sie verteilen die Viren im ganzen Raum, wenn die Hände nicht ordentlich gewaschen wurden („Tröpfcheninfektion“). Zudem sollten im Bad Toilette, Wasserhähne und Waschbecken bei Verdacht gut desinfiziert werden. Besteck, Gläser und Teller dürfen nicht gemeinsam genutzt werden. Speisen sollten gekocht oder längere Zeit hinweg bei über 60 Grad Celsius erwärmt werden. Aber auch natürlich kann man sich vor einer Infektion schützen: Durch Zitronen, Orangen oder Granatäpfeln! Das Citrat der Zitronensäure koppelt sich an die Viren an und verhindert dadurch wiederum das Anheften derselben an die Körperzellen, in welchen die Vermehrung erfolgt. Allerdings ist dies kein umfassender Schutz – den gibt es nicht!

In Deutschland besteht bereits bei Verdacht auf eine Noroerkrankung aufgrund des Infektionsschutzgesetzes ISG Meldepflicht! Mit Medika-menten können lediglich die Symptome behandelt werden – in schweren Fällen auch durch eine Elektrolyd-Infusion. Erkrankte sollten sich unmittelbar nach Hause zurückziehen, Kinder dürfen nicht mehr Gemein-schaftseinrichtungen wie Kindergärten oder Schulen besuchen. Eine Immunisierung gegen die Noro-Viren gibt es nicht, auch eine über-standene Erkrankung schützt nicht vor einer weiteren. Es bilden sich nämlich stets verändernde Subtypen des Virus.

Passen Sie gut auf sich auf!

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