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30 Jahre – trotzdem kein Grund zum Feiern

†In diesen Tagen feierten die Tafeln Deutschland 30 Jahre Dienst am Menschen. Doch ist den vielen Mitarbeitern und den noch wesentlich mehr Ehrenamtlichen nicht wirklich zum Feiern zumute. 30 Jahre Tafeln bedeutet 30 Jahre Lebensmittelverschwendung und 30 Jahre Armut im ansonsten so reichen Deutschland. Zudem wird es immer schwieriger, das Angebot aufrechtzuerhalten. Supermärkte kalkulieren strenger, die Preise steigen und mit ihnen auch die Zahl der Hilfesuchenden – gerade jetzt nach einem Jahr Ukrainekrieg.

1993 wurde in Berlin durch die Initiativgruppe Berliner Frauen e.V. mit Sabine Werth die erste Tafel mit dem Ziel gegründet, nicht mehr verkauf-bare, überschüssige Lebensmittel v.a. an die vielen Obdachlosen in der Stadt weiterzugeben. Unterstützung erhielten die Frauen dabei durch die Lebensmittelproduzenten und Einzelhändler. Die Medien griffen dies auf und es dauerte nicht lange, bis ähnliche Organisationen gegründet wurden. Die beiden ersten davon in München und Neumünster. Inzwischen sind es deutschlandweit über 960 mit nicht weniger als 60.000 Helferinnen und Helfern – das grösste sozio-ökonomische Unter-nehmen zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen. 90 % dieser Helfer agieren ehrenamtlich, also unentgeltlich, wie auch der ehemalige deutsche Fussballinternationale Paul Breitner mit Frau jeweils am Montag bei einer Tafel in München.

Unterstützt wurden im Jahr 2022 dadurch zwei Mio Menschen – Tendenz stark steigend (ein Plus von 50 % im Vergleich zum Vorjahr)! Ein Drittel davon sind übrigens Kinder und Jugendliche.

„Zeitweise hatten in diesem Jahr rund 30 Prozent der Tafeln einen Auf-nahmestopp. Mehr als 70 Prozent der Tafeln haben zudem angegeben, dass sie weniger Lebensmittel haben.“

(Bundesvorsitzender Jochen Brühl)

Sie alle gehören dem Dachverband „Tafel Deutschland e.V.“ an. Jährlich werden durch sie rund 265.000 Tonnen Lebensmittel gerettet, die ansonsten wohl im Müll gelandet wären. Hinzugekauft wird nichts, gekaufte Sachspenden von Helfenden werden jedoch gerne angenommen. Auch dem Ausland blieb das Erfolgsrezept nicht verborgen: In der Schweiz gründeten sich die „Stiftung Schweizer Tafel“ und „Tischlein deck‘ Dich“, in Österreich die „Wiener Tafeln“, die „Salzburger Tafeln“, die „Pannonische Tafel“ bzw. in Vorarlberg „Tischlein deck‘ Dich“. Im süd-afrikanischen Kapstadt wurden mit „Feedback“, im australischen Sydney mit der „Food Bank“ ähnliche Organisationen gegründet.

Unzählige Spender und Sponsoren (wie die Unternehmensberatung McKinsey oder die Stiftung Deutsche Klassenlotterie) unterstützen die Tafeln finanziell, sodass Mieten und auch Betriebskosten bzw. Fahrzeuge bezahlt werden können. Die öffentliche Hand hielt sich (mit Ausnahme einiger Gemeinden) lange mit Zuwendungen zurück. Verweisen aber sehr wohl darauf. Wie etwa bei jenem Arbeitslosen, der im Jobcenter meinte, wie er mit diesem Geld überleben solle. Darauf meinte der Berater: „Dann gehen Sie doch zur Tafel!“

„Tafeln unterstützen manchmal nicht nur, sondern werden schon fest einkalkuliert.“

(Bundesvorsitzender Jochen Brühl)

Inzwischen werden einzelne Projekte des Dachverbandes durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundes-ministerium für Bildung und Forschung sowie indirekt durch Zahlungen der Europäischen Union gesponsert.

Berechtigte (Berechtigungsausweis als Nachweis lt. Abgabenordnung § 53 und lokalen Begebenheiten) können nicht nur billiger oder gar kostenfrei bei den Tafeln einkaufen. Das Angebot wurde dank der vielen Freiwilligen erweitert: Mancherorts gibt es einen Mittagstisch (17 % der Tafeln bieten eine Suppenküche), Kinderbetreuung und Nachhilfeunterricht. Kein gutes Zeichen für die vielen überbezahlten Volksvertreter, die nach wie vor der falschen Auffassung sind, dass die Sozialmassnahmen des Bundes und der Länder ausreichen, ein Fallnetz zu bilden.

„Über 70 Prozent der Tafel bekommen weniger Lebensmittel – ich sage es nochmal – bei immer mehr Kundinnen und Kunden. Da sehen wir die Politik in der Verantwortlichkeit, denn es ist nicht unsere Aufgabe, Menschen zu versorgen.“

(Bundesvorsitzender Jochen Brühl)

Und – in den immer länger werdenden Schlangen vor den Tafeln sind nicht nur Flüchtlinge oder Arbeitsfaule zu finden. Immer mehr allein-erziehende Mütter, Senioren und Menschen, die einer Arbeit nachgehen, deren Gehalt aber zum Überleben nicht ausreicht, stehen ebenfalls teils stundenlang an. Viele weigerten sich bislang aus Stolz oder Scham, das Angebot anzunehmen. Durch die durch die Gierflation eingeleitete Teuerungswelle bleibt ihnen aber nichts anderes mehr übrig.

Die Tafeln selbst unterscheiden sich regional. Nicht nur im Angebot, sondern zudem in den Öffnungszeiten und den Serviceleistungen. So werden neben der Lebensmittelausgabe auch Projekte (wie eine kosten-lose Schulspeisung) oder Möbelbörsen angeboten.

Im Jahr 2006 gründete Claudia Hollm die Tiertafel Deutschland e.V., die Futter kostenlos an mittellose Tierbesitzer verteilt. Solche Tiertafeln gibt es inzwischen in den meisten deutschen Bundesländern – in Österreich bekannt als „Futterbox“. Auch eine Medikamententafel für verschrei-bungsfreie Arzneimittel unterstützt die Armen.

30 Jahre Lebensmittel retten und Menschen helfen (die Mission der Tafeln) – das gebührt grössten Respekt gegenüber der dort kostenlos Arbeitenden, sollten aber dennoch zum Überlegen anregen. Milliarden werden jedes Jahr in die Entwicklungshilfe für Afrika, Asien und Latein-amerika gesteckt, doch zuhause wird weiterhin verschwendet und trotz-dem steigt die Armut. Umso irrsinniger ist die Rechtssprechung: Con-tainern ist zwar inzwischen erlaubt, nicht jedoch auf dem Betriebsgelände des Unternehmens (Besitzstörung, Hausieren,…). Hier geht es nach wie vor um juristische Spitzfindigkeiten wie:

„… der Entsorgung überführt werden“ sollten, aber noch nicht in einen Abfallcontainer geschafft wurden, sondern ohne Überdachung in hohen, nach oben hin offenen Gitterwagen auf dem vollständig umzäunten „Gelände des R-Marktes“ lagerten.“

(Amtsgericht Düren)

Stellt also ein umsichtiger und humaner Marktleiter die nicht verkauften Lebensmittel möglicherweise in einem eigenen Karton auf die Strasse, so lockt er damit Ungeziefer wie Ratten an und wird insofern belangt. In einem nicht verschlossenen Container auf der Strasse agiert er gegen das Abfallwirtschaftsgesetz. Zudem könnte er ja auch belangt werden, wenn eine Person aufgrund des Containern zu gesundheitlichen Schäden kommt.

Das ist also die Vorstellung über soziale Absicherung der Bevölkerung aus der Bundes- und den Landeshauptstädten!

Die Produktion von Lebensmitteln ist sehr aufwendig und teuer. Millionen Menschen hungern auf anderen Kontinenten. Ihnen kann mit diesen Lebensmitteln nicht geholfen werden. Den Armen hierzulande jedoch sehr wohl. Nahrungsmittel sind zu wertvoll um weggeworfen zu werden. Die Tafeln übernehmen durch ihre Arbeit soziale Verantwortung – ein Wert, der vielen Menschen inzwischen abhanden gekommen ist. Auch Sie können helfen. Nehmen Sie einfach Kontakt mit der nächsten Tafel in Ihrer Umgebung auf. Geld- oder Sachspenden – aber auch Arbeit und Zeit – die Tafeln sind froh über jede Hilfe. Jochen Brühl übrigens, der Vorstand des Bundesverbandes, ist Sozialarbeiter, Diakon und Fundraiser. Er übt seine Funktion ehrenamtlich aus – dafür stellt ihn sein Arbeitgeber stundenweise frei.

Filmtipp:

– DAS! – NDR vom 09.12.2022

Lesetipps:

.) Tafeln im flexiblen Überfluss, Ambivalenzen sozialen und ökologischen Engagements; Hrsg.: Stephan Lorenz; transcript Verlag 2012

.) Tafeln in Deutschland – Aspekte einer sozialen Bewegung zwischen Nahrungsmittelumverteilung und Armutsintervention; Stefan Selke; VS Verlag für Sozialwissenschaften 2009

.) Zwischen Mitleidsökonomie und Professionalisierung – Tafeln in wirtschaftsethischer Perspektive; Hrsg.: Alexander Dietz/Stefan Jung/ Daniel Wegner; LIT 2021

.) TafelGesellschaft. Zum neuen Umgang mit Überfluss und Ausgrenzung; Hrsg.: Stephan Lorenz; transcript verlag 2010

.) Fast ganz unten – Wie man in Deutschland durch die Hilfe von Lebens-mitteltafeln satt wird; Stefan Selke; Verlag Westfälisches Dampfboot 2009

Links:

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Das blutige Schlachten geht weiter

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Ich liebe Kanada! Ja, ganz ehrlich. Das Land lebt unter dieser Regierung vor, wie es gehen könnte. Doch in einem Bereich bin ich ein scharfer Gegner und erbitterter Kritiker: In der Fischerei und im Speziellen im „Seal Harvest“ – der Robbenjagd!

Wenn es um kleine Babies oder Kinder geht, wird sogar das Herz des härtesten Mannes weich! Tja – leider ein Irrglaube! Auch in diesem Jahr werden in Kanada Sattelrobben-Babies, sog. „Heuler“, auf die grausamste Art und Weise getötet! Die EU verhängte im Jahr 2009 ein Importverbot für „Waren“ aus dem kommerziellen kanadischen Robbenmassaker (Ver-ordnung (EG) Nr. 1007/2009). Nach Schätzungen konnten dadurch seit-her rund 4 Mio Robbenbabies gerettet werden. Zum Vergleich: Die russische Regierung hat die Jagd im Frühjahr 2009 per Gesetz verboten, zwei Jahre später folgte ein Einfuhrverbot für Robbenprodukte. Russland war der grösste Abnehmer der Felle.

„Das Fehlen internationaler Märkte, die zunehmend unsichere Eissituation und zuletzt Corona haben zu einer drastischen Verkleinerung der Jagd bei-getragen.“

(Andreas Dinkelmeyer, Campaignsmanager IFAW)

Norwegen strich 2014 alle Subventionen. Damit rentiert sich die kommer-zielle Jagd nicht mehr. Doch nimmt hier das blutige Treiben bizarre Züge ein: Unter https://www.bookyourhunt.com/de/grey-seal-hunting kann zwischen 19. Januar und 19. Februar eine Jagd auf Kegel-robben gebucht werden. Für 850,- € in Kanada, Norwegen oder Finnland, wo die Jagd nach wie vor erlaubt ist! Nicht das einzige Angebot: Auch TTA-Jagdreisen bietet derartige blutige Erlebnis-Urlaube an!

Nur in Kanada, auf den Faröern/Grönland und in Namibia werden die vermeintlichen Fischräuber noch kommerziell in grosser Zahl auf gross-teils bestialische Art und Weise getötet – in Jahren ohne Corona mehrere Zigtausend jedes Jahr!

Die Sattelrobbe (lat.: Phoca groenlandica ) entstammt eigentlich der Familie der Hundsrobbe und lebt bevorzugterweise in der Arktis, also in der Grönlandsee, dem Weissen Meer und im Golf des Sankt-Lorenz-Stromes. Die Säugetiere ernähren sich vornehmlich von Fischen und Krebsen, sind hervorragende Schwimmer und tauchen bis zu 200 m tief. Dies alles aber hilft ihnen auf dem Land nicht weiter – dort sind sie hilflos. Während die männliche Sattelrobbe ein silbergraues Fell mit einem schwarzen Kopf und einer schwarzen, hufeisenförmigen Markierung von den Schultern führend über beide Flanken besitzt, sind die Weibchen viel blasser und neigen ab und an zur Fleckenzeichnung. Dies macht das Fell der erwachsenen Tiere für die Jäger uninteressant! Sie haben es auf das weiche und weisse Fell der Jungtiere im Alter von zwei Wochen bis drei Monaten abgesehen. Diese Tiere können noch nicht schwimmen und sind deshalb ihren Mördern unmittelbar und hilflos ausgeliefert.

Robben wurden immer schon durch die Völker der Nordregionen (wie etwa den Inuits) wegen ihres Fleisches und des Fells gejagt. Doch sie taten dies um zu überleben. Und das unterscheidet die Inuits von den kommerziellen Robbenjägern: Die Ureinwohner töten keine Tier-Babies! Die kommerzielle Jagd hingegen begann im 16. Jahrhundert und erreichte ihren Höhepunkt im 19. Jahrhundert. So wurde nicht selten auf Neu-fundland der komplette Nachwuchs, eine ganze Generation ausge-löscht.

Um den Pelz nicht zu schädigen, werden die Tiere durch einen oder mehrere Hiebe mit der stumpfen Seite des Hakapiks auf den Kopf geschlagen. Dadurch soll der Schädelknochen brechen. Danach erfolgt ein tiefer Stich mit der spitzen Seite in das Gehirn. Durch einen Schnitt in die vorderen Gliedmaßen soll das Tier verbluten! Doch viele halten sich nicht daran! Damit das Fell nicht verschmutzt, wird meist nur der erste Schlag ausgeübt und das Kleine bei lebendigem Leib gehäutet. Es geht elendigst zu Grunde. Auch das Abschiessen ist nicht besser – oftmals werden die Tiere nur verletzt und können fliehen. Schätzungsweise treffen 50 % der Schüsse nicht richtig. Sie krepieren dann an der Verwundung oder ertrinken.

2009 wurden auf diese Art und Weise offiziell 338.200 Tiere gemordet – 2011 wurde mit 468.200 die höchste Quote freigegeben – massakriert wurden allerdings „nur“ 38.000 Tiere. Im Jahr 2017 waren es 82.341 Tiere (80.924 Sattelrobben, 1.417 Kegelrobben), 2019 32.102 – offiziell, die Dunkelziffer liegt weitaus höher! Im Jahr 2020 coronabedingt 388 – die Robbenjagd wurde am 15. März durch die Regierung gestoppt. Den Muttertieren sollte dadurch Zeit für die Aufzucht der Kleinen gegeben werden. Das aber sorgte für lautstarke Proteste der Jäger. Dieses Mal argumentierten sie jedoch nicht mit den Fellen der Jungtiere, sondern mit dem Fett der Mutterrobben, das in weiterer Folge zu Öl verarbeitet wird. Ein Barrel erzielt einen Preis von bis zu 257,- US-Dollar. Ist die Stillzeit vorüber, haben die meisten Muttertiere im wahrsten Sinne des Wortes „abgespeckt“! Dennoch ist dieses Massaker sinnlos, da der Verkauf von Robbenprodukten (inklusive des Öls) in der EU und den USA seit Jahren verboten ist, nur China nahm derartige Produkte noch ab – jedoch zuletzt immer weniger. Die Felle stapeln sich in riesigen Lagerhallen und vermodern. Einzige Ausnahme von diesem Einfuhrverbot der EU: Produkte der Inuits! Sie sind auch nicht Inhalt der scharfen Proteste der Tierschützer.

www.youtube.com/watch?v=E2nuyGa109o

Bereits in den 1960er Jahren kam erste Kritik an diesem blutigen Treiben auf. In den 80er Jahren wurde die breite Öffentlichkeit durch die Franz Weber Foundation aus der Schweiz auf diese Unmenschlichkeit aufmerk-sam gemacht, eine weltweite Unterschriftenaktion gestartet, das Ergebnis der kanadischen Regierung auf den Tisch gelegt. Doch jenseits des grossen Teiches rührte sich nichts! Protestkundgebungen gab es erneut während der Olympischen Winterspiele in Vancouver – auch auf das hin tat sich freilich nichts. Das ansonsten so hilfreiche und gast-freundliche Kanada verbittet sich eine Einmischung von ausserhalb – die Robbenjagd wird nach wie vor jährlich mit 2,5 Mio Dollar subventioniert – dies führte 2022 zu einem Gesamtpreis von rund 27 CAD$ (20 €) pro Robbe (2006 waren es noch 102 CAD$)! Die Rechtfertigung des Fischereiministeriums: Robben und Seelöwen fressen zu viel Fisch – v.a. Kabeljau. Dabei ist einzig und allein der Mensch für die Überfischung der Weltmeere verantwortlich (siehe hierzu die Fangquote Labradors und Neufundlands 2022 unter

https://www.inter.dfo-mpo.gc.ca/publications/reports_rapports/†Cod_Morue_2022_eng.htm)!

Die Kabeljau-Bestände auf den Grand Banks vor Neufundland brachen bereits in den 1990er Jahren wegen Überfischung zusammen. Daneben wären tausende Menschen auf das Einkommen aus der Robbenjagd angewiesen – immerhin mache dies rund 25-35 % der Einkommen der Fischer aus. Dann stellt sich mir jedoch die Frage, weshalb die zumeist noch lebenden Tiere enthäutet und blutverschmiert, grauenvoll krepierend auf den Eisschollen zurückgelassen werden. Ab März werden jedes Jahr innerhalb nur weniger Tage offiziell zigtausende Tiere abge-schlachtet. Für 2022 belief sich die die Fangquote des Fischerei-ministeriums auf 400.000 (mehr als 1/3 der gesamten Jungtier-population) – Zahlen für heuer sind noch nicht bekannt.

Weshalb es im 2020 und 2021 „nur so wenige“ waren, liegt nicht etwa an den weltweiten Protesten, sondern vielmehr an den Auswirkungen der Corona-Pandemie. So mussten viele der Workshops und Trainingscamps abgesagt werden – ein Präsenzbesuch ist jedoch für die Jäger verpflichtend. Die beiden Pelz-Verarbeitungsbetriebe auf Neufundland waren ebenfalls wegen CoVID-19 geschlossen. Daneben hatte im April 2020 das Fischereiministerium das Fischen in Küstennähe bis zum 01. Mai untersagt. Umwelt- und Tierschutzaktivisten deuten dies als ein positives Zeichen dafür, dass ein Ende der Robbenjagd endlich bevor-stehen könnte. Vor allem, da auch die Tiere sehr unter den Klima-änderungen zu leiden haben – 2021 starben bereits viele der Neugeborenen, die auf dem Eis zur Welt gebracht wurden. Das Eis im Golf des St. Lorenzstroms war schlichtweg zu dünn.

Das Einfuhrverbot für Produkte aus der kommerziellen Robbenjagd besteht seit Anfang 2010. Deren Inkrafttreten war von heftigen Protesten aus Kanada begleitet. 2013 allerdings entschied die Welthandels-organisation (WTO), dass dieses Einfuhrverbot mit den WTO-Gesetzen übereinstimme, da öffentliche, moralische Bedenken dem zugrunde liegen. Kanada unternahm im Rahmen des Freihandelsabkommens CETA einen erneuten Versuch, das Ganze zu kippen, scheiterte jedoch. Erhielt ein „Jäger“ vor diesem Verbot noch rund 100,- € pro Fell, so waren es zuletzt nurmehr 9,- €. Das macht dies auch nicht mehr unbedingt lukrativ – 2006 gingen noch 5.594 auf die Jagd – zehn Jahre später waren es nurmehr 1.000 – offiziell!

Auch die Modeindustrie reagierte darauf – als erster der verstorbene Karl Lagerfeld, der schon 2010 in seinen Shows Kunstpelze präsentierte und betonte, dass dies ein hervorragendes Ausgangsmaterial für die Produktion wundervoller Bekleidung wäre. Trotzdem gibt es nach wie vor Menschen, die sich ein totes Tier um den Hals oder über die Schultern hängen! Bitte verstehen Sie mich dabei nicht falsch: Ich will den Berufsstand der Kürschner hiermit nicht verteufeln! Es liegt in der Natur des Menschen, dass er sich das Tier zum Untertan macht und es im wahrsten Sinne des Wortes auch „verwertet“. Hat ein solches Geschöpf ein erfülltes Leben gehabt, lasse ich mit mir reden! Doch: Werden kleine Babies abgeschlachtet, nur um damit die vollen Rendite zu machen, dann hört zumindest bei mir der Spass auf. Das gilt auch für Namibia, wo ab dem 01. Juli wieder tausende Robben am Strand abgeschlachtet werden (jährlich bis zu 100.000 – zuletzt ebenfalls weniger).

Viele Umweltorganisationen haben auf die alljährlich stattfindenden Grausamkeiten hingewiesen, doch blieb ihr Ruf meist ungehört. Der IFAW hat vor acht Jahren eine Petition gestartet – die 97.144 Unterschriften wurden jedoch in Ottawa offenbar ignoriert. Ich habe – im Rahmen der damaligen Unterschriftenaktion von Franz Weber – auch meine Schule mit eingebunden – mit Ausnahme von zwei Personen haben inklusive des Lehrkörpers alle unterschrieben – die Foundation bedankte sich in einem Schreiben persönlich bei mir. Einige Jahre später protestierten auch Paul McCartney und Pamela Anderson gegen die Robbenjagd. Bereits 1976 war es Brigitte Bardot, die sich für die Heuler stark machte. Aufgrund der heutigen Möglichkeiten ist dies doch weitaus besser und komfortabler online zu bewerkstelligen! Deshalb bitte ich Sie: Unterstützen sie Organisationen wie den IFAW oder die Franz Weber Foundation bei deren Arbeit – es muss nicht immer unbedingt mit Geld sein! Zeitweise hilft auch eine einfache Unterschrift in einer Petition!!!

https://www.peta.de/themen/robbenjagd-kanada-petition/

oder

www.tierschutzbund.de/information/hintergrund/artenschutz/robbenjagd

Bitte – im Sinne der kleinen Heuler!!!

PS: Ich habe auf Facebook eine Gruppe mit dem Titel „Schluss mit dem Massaker“ gegründet. Ein Beitritt von Ihnen würde mich sehr freuen.

Links:

– www.harpseals.org

– www.ffw.ch

– www.tierschutzbund.de

– www.ifaw.org

– www.peta.de

– www.robbenschutz.de

– www.stopptdierobbenjagd.de

– www.greenpeace.de

www.greenpeace.ca

– www.oceancare.org

– www.animal-spirit.at

– www.fondationbrigittebardot.fr

– www.rspca.org.uk

– www.humanesociety.org

www.seashepherd.org.uk

– www.nfl.dfo-mpo.gc.ca/

– www.gov.nl.ca/ffa/fishaq/sealing/

– www.nhes.org/will-canada-end-seal-hunting/

– www.sealharvest.ca

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Die Show der Shows

Ganz Amerika fiebert derzeit auf ein Ereignis hin – auch hierzulande werden bereits massenweise Bier und Snacks eingekauft und die Plasma-TVs bzw. Beamer in den Party-Kellern oder Garagen zurechtgerückt: In der Nacht von Sonn- auf Montag (12. auf 13. Februar) wird der LVII. Super Bowl über die Bühne gehen – Kickoff ist um 00.30 Uhr MEZ bzw. 16.30 Uhr Ortszeit. Dabei treffen im Stade Farm Stadium in Glendale/ Arizona die Philadelphia Eagles auf die Kansas City Chiefs. Das Stadion ist die Heimstätte der Arizona Cardinals.

Die Kansas City Chiefs verloren 2021 das Finale gegen die Tampa Bay Buccaneers (mit Tom Brady als Quarterback) mit 31:9, gewannen jedoch das Jahr zuvor mit 31:20 gegen die San Francisco 49ers. Etwas rarer machten sich da die Philadelphia Eagles – sie gewannen 2018 mit 41:33 gegen die New England Patriots.

In diesem Jahr gibt es zudem eine Premiere: Den „Kelce Bowl“! Der Tight-End bei den Chiefs, dem Vertreter der NFC, ist Travis Kelce – sein Bruder Jason Kelce hingegen spielt als Center bei den Eagles in der AFC. Das gab’s noch nie in der ganzen Geschichte des Super Bowls. Jason meinte noch anlässlich des NFC-Finales der Mannschaft seines Bruders gegen die Cincinnati Bengals:

„Ich habe ein Kansas-City-Sweatshirt, das ich für die nächsten drei Stunden tragen werde. Das war’s dann aber auch für den Rest des Jahres!“

Der Super Bowl ist unumstritten die grösste Sportshow der Welt mit rund 800 Millionen TV-Zusehern bis ins hinterste Eck dieses Globusses, ja sogar bis ins Dorf Namenlos in Tirol!

Heute möchte ich allerdings weniger über Football berichten, obgleich sich zwei sehr attraktive Mannschaften gegenüber stehen. In den Wett-büros haben die Eagles mit einer Quote von 1,75 noch leichten Favoriten-Status – die Chiefs werden mit 2,15 gehandelt. Sehr knapp – es dürfte also eine äusserst interessante Partie werden. Nein – es gilt vielmehr, diese Veranstaltung etwas genauer zu beleuchten, denn beim Super Bowl ist alles etwas grösser, fulminanter und rekord-verdächtig. Superlative eben!

Zur Geschichte:

Der Super Bowl ist das Finalspiel des Saisonsiegers der Western Conference gegen den Saisonsieger der Eastern Conference in der National Football League. Das erste NFL Championship Game wurde im Jahre 1932 zwischen den Chicago Bears und den New York Giants ausgetragen – die Bears gewannen mit 23:21. Der Super Bowl wie wir ihn heute kennen, fand erstmals 1967 statt, als der Sieger der NFL gegen den Sieger der neu gegründeten American Football League (AFL) antrat. Die beiden Ligen wurden 1970 fusioniert. Seither wird das Finale zwischen der American Football Conference und der National Football Conference ausgetragen. Gespielt wird stets in südlichen Bundesstaaten, da es klimatisch wärmer ist. Wer schaut sich schon gerne ein Game bei Schneetreiben an. Bislang konnte noch nie eine Mannschaft ein Heim-Endspiel abliefern, also im eigenen Stadion spielen. Das Heimrecht wechselt jedes Jahr – heuer hätten die Eagles als NFC-Champion Heim-recht. Die Vergabe jedoch erfolgte bereits am 23. Mai 2018 nach Glendale. Das Stadion wurde 2006 eröffnete, kostete die Cardinals rund 500 Mio Dollar und fasst 70.000 Zuschauer – zum Super Bowl wurde die Kapazität auf 100.000 aufgestockt. Gleich im Anschluss wurde auch der Austragungsort für den nächsten Super Bowl bekannt gegeben: Er sollte eigentlich in New Orleans/Louisiana stattfinden. Da dies jedoch mit dem dortigen Karneval/Fasching „Mardi Gras“ zusammenfällt, wurde das NFL-Finale dem Allegiant Stadium in Paradise/Nevada zugesprochen.

Als Spieltermin fungiert zumeist der erste Sonntag im Februar – in den USA ist dies der Super Bowl Sunday – ein inoffizieller Feiertag. Eintritts-karten sind heiss begehrt – sie werden jedoch zwischen den NFL-Teams aufgeteilt: 17,5 % gehen jeweils an die Endspielteams, 5 % an die veranstaltende Mannschaft (heuer die Arizona Cardinals) und 34,8 % an die restlichen NFL-Mannschaften. Einige wenige Karten werden durch die NFL selbst verlost.

Jeweils sechs Mal gewannen die New England Patriots und die Pittsburgh Steelers die Vince Lombardi Trophy – ein Pokal, der nach dem Trainer des ersten Super Bowl-Gewinners, den Green Bay Packers benannt wurde und eigens von Tiffany & Co angefertigt wird (Sterling-Silber, 3,5 kg schwer, 55 Zentimeter hoch). Preis: 25.000,- US-Dollar – für Football-Fans jedoch unbezahlbar. Zudem erhält der wertvollste Spieler des Abends (MVP) einen Extrapreis, die Pete Rozelle Trophy und jeder Spieler aus dem Siegerteam einen Ring aus Gold und Diamanten, den Super Bowl-Ring (Wert: Jeweils 5.000,- $). Auch sie haben einen unheimlichen Lieblings-wert bei den Fans – so sollen einzelne Ringe bereits für eine sechsstellige Summe verkauft worden sein.

Bislang erfolgreichster Teilnehmer ist der Head Coach der New England Patriots, Bill Belichick, der acht dieser Finals für sich entscheiden konnte (2x Giants und 6x Patriots). Erfolgreichster Spieler ist der Quarterback Tom Brady mit sieben Ringen (6x für die New England Patriots, den letzten gewann er mit den Tampa Bay Buccaneers).

Bis zu 140 Millionen TV-Zuschauer sind an den US-amerikanischen TV-Geräten zuhause, bei Super Bowl Parties oder in Clubs an den Fern-sehgeräten versammelt. Der übertragende TV-Sender ist in diesem Jahr Fox – er verlangt für einen 30 Sekunden-Spot erstmals teils über 7 Mio Dollar (fast 6,7 Mio €) – vor drei Jahren waren es noch 5,5 Mio. Werbespots werden eigens für dieses Event produziert. Der teuerste dieser Clips kam 2018 von Amazon – alles in allem kostete er 15 Mio Dollar. Zwischen den beiden Hälften findet die Halbzeitshow statt. Hier gibt sich zumeist das Who is Who der Pop- und Rockmusik das Mikrophon in die Hand: Aerosmith, Bruce Springsteen, Lady Gaga, Michael Jackson, Prince, Rolling Stones, U2, … Heuer wird die aus Barbados stammende R’n’B- und Pop-Sängerin Rihanna ihr Bestes geben. Die Nationalhymne „The Star-Spangled Banner“ singt Chris Stapleton, der sich in die Liste grosser Stars einreiht: Whitney Houston, Mariah Carey, Lady Gaga, Alicia Keys, Pink oder auch Neil Diamond. Babyface wird den Song „America the beautiful“ intonieren.

Der Super Bowl hat sich, wie überhaupt der US-amerikanische National-sport, zum Politikum entwickelt. Viele werden wohl noch jene Spieler vor Augen haben, die während des Abspielens der Nationalhymne knieten. Diese Aktion rief der bis zum Jahr 2016 bei den 49ers spielende Quarterback Colin Kaepernick als Protest gegen die Unterdrückung der afroamerikanischen Bevölkerung und die Polizeigewalt im Lande aus. Ex-Präsident Trump forderte damals die Entlassung all jener Spieler, die sich diesem Protest anschlossen. Inzwischen müssen sich Spieler und Publikum positionieren. Allerdings auch die Promis, die die Halbzeitshow abliefern sollen. Angeblich sagten die Superstars Rihanna, Jay Z und Pink deshalb den Ritterschlag eines Auftritts vorerst ab – doch wie in diesem Jahr zu sehen: Nichts ist für ewig! Auch Jennifer Lopez meinte vor drei Jahren im Magazin „Variety“ mit einem ordentlichen Seitenhieb auf die Regierung Trump:

„Ich denke, es ist sehr wichtig für zwei Latino-Frauen in diesen Zeiten – in denen Latinos in diesem Land auf eine bestimmte Art und Weise behandelt oder gesehen werden – auf dieser Bühne zu stehen und zu zeigen, dass wir eine wunderschöne wertvolle Kultur haben, und in diesem Land etwas notwendiges beisteuern.“

Gegen Live-Proteste in der Halbzeitpause haben sich allerdings die TV-Sender seit dem Nippelgate-Skandal von Janet Jackson und Justin Timberlake im Jahre 2004 gesichert: Die Halbzeitshow wird zeitversetzt ausgestrahlt, damit derartige „Unannehmlichkeiten“, die nicht ins Bild passen, herausgeschnitten werden können. Auch haben selbstver-ständlich die Politiker die Gelegenheit und Zugkraft dieser Veranstaltung erkannt. So strahlte Fox bei seiner letzten Live-Übertragung 2020 vor dem Spiel eine Rede Donald Trumps aus. Zudem buchte er zwei 30-Sekunder, der für die Demokraten startende Michael Bloomberg kaufte sich eine Minute – Kostenpunkt: 11 Millionen Dollar! Der Milliardär wird’s wohl aus seiner Portokasse beglichen haben.

Rund 6.000 Medienvertreter berichten jedes Jahr über diesen Super Bowl Sunday vorort. Im vergangenen Jahr übertrug CBS das Spektakel, im Jahr zuvor NBC. In Deutschland liegen die Übertragungsrechte bei ProSieben, in Österreich bei Puls4 – ab kommender Saison dann bei RTL.

Ran präsentiert für all jene, die sich für den Montag nicht freinehmen konnten, ein Relive des Spektakels. Den Livestream (wahlweise auch mit Original-Kommentar) gibt es bei DAZN oder direkt bei der NFL – hierfür ist jedoch ein NFL Game Pass erforderlich.

Siegerin des Super Bowls 2023 ist so oder so die Mutter von Travis und Jason Kelce. So meinte etwa der 33-jährige Travis:

„Ein cooles Szenario – unsere Mutter kann nicht verlieren!“

Übrigens wurden beide Kelce-Brüder von demselben Mann in die Liga geholt: Der Head-Coach der Chiefs, Andy Reid, verpflichtete 2011 Jason Kelce nach Philadelphia, zwei Jahre später dann Travis für Kansas City. So schaut auch Andy Reid dem Ereignis mit Freude entgegen:

„Ich habe in beide Zeit investiert. Ich fühle mich also wie ein Teil der Familie!“

Doch steht und fällt im American Football das Spiel mit den Quarter-backs, den Spielmachern der Teams. Mit Jalen Hurts steht bei den Eagles ein Starvertreter seines Könnens im Mittelpunkt. Er lieferte mit seiner Mannschaft eine geradezu grandiose Saison ab und kam durch einen überzeugenden 31:7-Sieg gegen die San Francisco 49ers im AFC-Finale in den Superbowl. Hurts spielte im College Football für Oklahoma und Alabama, während der Highschool wurde er zum „Most Valuable Player“ gewählt. Seit 2020 steht er in Diensten der Phillys. Als Senior warf er für 2.384 Yards auch 26 Touchdown-Pässe und rannte für 1.391 Yards (darunter 25 Touchdowns). Auf der anderen Seite steht Patrick Mahomes, der trotz Knöchelverletzung mit seinen Kansas City Chiefs in der NFC gegen die Cincinnatti Bengals mit 23:20 gewonnen hat. Mahomes spielte bei Texas Tech College Football. Seit 2017 steht er in Diensten bei den Chiefs – sein Vertrag wurde anno 2020 bis 2032 verlängert – bis dahin könnte dieser ihm die Summe von 503 Mio Dollar einbringen. In seinem Abschlussjahr in der Highschool warf er für 4.619 Yards mit 50 Touch-downs und rannte für 948 Yards mit 15 Touchdowns. Doch war er auch im Baseball sehr erfolgreich: So warf er für die Whitehouse Highschool einen No Hitter mit 16 Strikeouts. In der Saison 2013/14 wurde er zum Maxprep-Athlet des Jahres gewählt. Auch bei den Quarterbacks gibt es eine Premiere: Erstmals stehen keine weissen, sondern zwei schwarze Quarterbacks im Finale.

Insgesamt werden acht Schiedsrichter das Spiel leiten – der „Referee“ (Hauptschiedsrichter) ist in diesem Jahr Carl Cheffers. Er wurde nach 2017 und 2021 zum bereits dritten Mal für den Super Bowl berufen. Vier weitere haben ebenfalls Finalerfahrung.

Nicht nur hierzulande melden sich viele am folgenden Montag nach dem Spiel krank – in den USA ist das nahezu gang und gebe (+6 % – viele erscheinen zwar zur Arbeit, sind jedoch nicht ansprechbar!). Und das verdrücken die Amerikaner vor, während und nach dem Spiel: 1,25 Milliarden Chicken Wings, 120 Millionen Liter Bier, 14.000 Tonnen Chips und 4.000 Tonnen Popcorn – mit anderem macht dies rund 10 Milliarden US-Dollar, die sich Herr und Frau Smith landesweit zum Highlight des Jahres gönnen. Übrigens machen die Pizza-Lieferdienste mit rund 11 Mio Pizzen rund ein Drittel ihres Jahresumsatzes an nur diesem einen Tag.

Etwas teurer geht’s im Stadion her. Während die Karten regulär in der NFL-Verlosung für 600,- Dollar erhältlich sind, kosten sie am zweiten Markt schon mal zwischen 5-6.000,- Dollar – die teuersten gar das Zehnfache.

Hoffen wir auf ein faires und spannendes Spiel!

Link:

www.nfl.com

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Altersarmut – Eine katastrophale Situation

Kaum eine Nachrichtensendung in TV und Rundfunk kommt seit Wochen an der derzeitigen Situation der Tafeln in Deutschland und Österreich vorbei. Die Nachfrage auf Waren des täglichen Bedarfs und v.a. Lebens-mitteln ist grösser als das Angebot. Viele können sich die stark angestiegenen Preise im Handel schlichtweg nicht mehr leisten. Für sie ist das normale Leben zu teuer geworden. Daran zeichnet nicht nur der Ukraine-Krieg, sondern oftmals die Gier der grossen Konzerne nach mehr Gewinn verantwortlich. Und – es sind nicht nur Flüchtlinge, sondern immer mehr auch Senioren, die sich in den endlosen Schlangen anstellen. Die Rente/Pension reicht nicht mehr aus – und dies, obwohl die meisten Betroffenen sparen, wo sie nur können. Jene Menschen also, die den Wohlstand aufgebaut und nun selbst nichts davon haben.

Im September hat das Statistische Bundesamt Deutschland Zahlen zur Altersarmut vorgelegt – jetzt erfolgte der Nachschlag. Es sind wahrhaft erschreckende Daten.

In medias res: Die Zahl der Altersrentenbezieher stieg von 16,6 Mio im Jahr 2011 auf 17,6 Mio im Jahr 2021. 12,9 % der 65- bis 75-jährigen sind noch erwerbstätig. 2011 waren es 7 %! Viele, weil sie es wollen (40,8 % – etwa Personen mit Hochschulabschluss), doch die Zahl derer, die es müssen steigt stark an. Im Dezember 2021 erhielten 589.000 ältere Menschen Grundsicherung (2,6 % Deutsche, 17,5 % Ausländer). 2022 mussten gar 12 % mehr um Grundsicherung ansuchen – der tatsächliche Bedarf wäre wesentlich höher, doch beschreiten viele diesen Weg aus Stolz oder Scham nicht. Zahlen? Alleine zwischen Juni und September 2022 waren dies nach Angaben des Redaktionsnetzwerks Deutschland unter Bezugnahme auf das Statistische Bundesamt 18.945 Anträge mehr.

27,8 % der Rentner, das sind rund 4,9 Mio Männer und vor allem Frauen, hatten 2021 ein monatliches Netto-Einkommen von weniger als 1.000,- €. Nach Geschlecht geteilt: 38,2 % der Rentnerinnen und 14,7 % der Rentner. Im Vergleich dazu die Zahlen zur Gesamtbevölkerung: 2011 lebten zwischen Nord- und Ostsee bis zu den Alpen 80,3 Mio Menschen, zehn Jahre später waren es bereits 83,4. Der Anteil der 65+-Bevölkerung stieg von 20,7 auf 22,1 %. All diese Zahlen stammen aus einem Bericht des deutschen Statistischen Bundesamtes vom 29. September 2022. Durch die Preistreiberei und Inflation hat sich jedoch in den letzten Monaten die Lage zugespitzt.

„Die Altersarmut jagt von Rekord zu Rekord. Zwölf Prozent mehr seit der Bundestagswahl – die Inflation kommt im Sozialamt an.“

(Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linkspartei)

Bartsch fordert deshalb verschärfte Preisbremsen und eine konsequente staatliche Preis-Kontrolle bei Lebensmitteln und Energie.

Diese demographische Entwicklung stellt die Politik, aber auch die Wirtschaft vor schwierige Aufgaben. Dargestellt wird dies mit dem sog. „Altenquotienten“. Die Experten verstehen darunter den Anteil der potentiellen Rentenbezieher 65+ auf 100 Menschen im erwerbsfähigen Alter von 20 bis 65 Jahren. Dieser Altenquotient lagt 1991 bei 24, 30 Jahre später bei 37 und im Jahr 2031 (nach der Pensionierungswelle der Baby-Boomer) bei 48, bis er 2060 mit rund 54 bereits über die Mitte gesprungen sein wird. Nicht zuletzt deshalb hat die Politik einen schrittweisen Anstieg des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre beschlossen. Unternehmen müssen mehr Arbeitsplätze für ältere Arbeit-nehmer einrichten – den Jugendboom werden viele nicht mehr überleben. Er ist zu einem grossen Teil für die derzeitige Situation verantwortlich. Schon jetzt ist der Schrei der Firmeninhaber nach Fachkräften nicht mehr zu überhören, bilden jedoch keine aus und schicken die Älteren vorzeitig in die Pension.

Auch Österreich präsentiert ähnliche Zahlen – die Alpenrepublik liegt bei der Altersarmut gar unter dem OECD-Duchschnitt. Im Jahr 2021 hatten rund 75.000 Männer (11 % – ein Plus von 6,5 %) und gar 157.000 Frauen (18 % – ein Plus von 7,6 %) mit der Altersarmut zu kämpfen. Das sind 15 % der 65+-Gruppe, die akut betroffen sind. Insgesamt waren 2021 1.546.000 Menschen im Alpenstaat 65 Jahre alt und älter. 17,80 % davon müssen jeden Cent zweifach umdrehen, bevor sie ihn ausgeben. Viele sind gar „materiell depriviert“, haben also Zahlungsrückstände bei Krediten, den Betriebskosten oder beispielsweise der Miete. Die Pension-sversicherungsanstalt errechnete für das Jahr 2020 die Durchschnitts-pensionen von 1.622,- € bei den Männern und 1.016,- € bei den Frauen. Die grössten Unterschiede zwischen Mann und Frau („Pension Pay Gap“) gibt es mit 46,4 % in Vorarlberg. Die Armutsgefährdungsschwelle liegt bei 1.371,- € bei einem Einpersonenhaushalt. Auch mit den Anpassungen der Pensionen blieben die Frauen mit 1.294,- € unter dieser Schwelle. Liegt die monatliche Pension unter 1.030,49 € in einem Einpersonen-haushalt, so greift das Sozialsystem mit einer Ausgleichszulage ein.

Wo aber nun liegen die Ursachen für die Altersarmut?

Es sind sowohl in Deutschland als auch Österreich dieselben Gründe: Frauen arbeiten oftmals aus Rücksicht auf die Familie nur Teilzeit oder gar geringfügig. Zudem pflegen sie oftmals unentgeltlich Familien-mitglieder. Nach Angaben der österreichischen Arbeiterkammer sind rund 64 % der weiblichen Arbeit nicht bezahlt. Beide Geschlechter arbeiten zu Gehältern, die zwar während der Erwerbszeit geradeso ausreichen, für die Altersvorsorge oder gar der Anhäufung eines Vermögens oder schluss-endlich die Rente jedoch zu gering sind. Daneben werden bei der lebenslangen Durchrechnung (Österreich) bzw. dem Äquivalenzsystem in Deutschland (wer mehr in der Erwerbszeit einzahlt, bekommt alsdann eine grössere Rente) auch schlechte Erwerbsphasen oder gar Arbeits-losigkeit einbezogen. Um dies auszugleichen, bedürfte es also mehrerer gut bezahlter Jobs, was oftmals nicht der Fall ist. Zudem gehen viele zu früh in Pension. So waren etwa in Deutschland 2021 66 % der Männer zwischen 60-64 Jahren erwerbstätig, bei den Frauen gar nur 57 %. In Österreich etwa tritt nur jede zweite Frau aus einer Beschäftigung in die Pension über. Dadurch werden die notwendigen Versicherungsjahre nicht erreicht, nicht selten muss deshalb mit erheblichen Abzügen gerechnet werden. Zudem sind die meisten Frauen vor dem Pensionsantritt arbeitslos – im Schnitt sieben Jahre lang. Bei harter körperlicher Arbeit (etwa Metallbauer bzw. Pflegeberufe – Schwerarbeiter) oder den Körper anderweitig beanspruchender Arbeit (Berufskraftfahrer beispielsweise) ist ein niedrigeres Pensionsantrittsalter durchaus verständlich. Für jemanden allerdings, der sein Leben lang im ergonomischen Arbeitsstuhl am Schreibtisch verbracht hat, komplett unverständlich.

Um eine Altersarmut eingrenzen zu können, liegen viele Vorschläge von Interessensvertretungen auf den Tischen – alleine: Es fehlt die Motivation der Politik.

.) Kinderbetreuungszeiten sollten besser angerechnet werden (in Öster-reich beispielsweise wird ein Jahr Kinderbetreuung mit gerade mal 28 € in der monatlichen Pension berücksichtigt)

.) Finanzielle Berücksichtigung der Elternteilzeit wie etwa bei der Pflege-teilzeit

.) Flexiblere Arbeitszeitmodelle für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie

.) Grundsätzlich eine bessere Entlohnung von Frauen

.) Höhere Berücksichtigung der Arbeitslosigkeit

.) Anrechnung von Ausbildungszeiten (Praktika – die Unsitte der Betriebe, für die Arbeitskräfte nur wenig bezahlen zu müssen) werden beispiels-weise gar nicht in der Pension eingerechnet

.) Mehr Möglichkeiten zur Altersteilzeit

Speziell für Österreich:

.) Partnerunabhängige Ausgleichszulage (nach wie vor wird die Pension des Partners in die Berechnungen einbezogen, sodass besonders viele Frauen um die Ausgleichszulage umfallen (Österreich)

.) Dieser Ausgleichszulagenrichtsatz in Österreich sollte erhöht werden

.) Die lebenslange Durchrechnung muss geändert werden – sie führt etwa dazu, wenn zuletzt ein durchaus gut bezahlter Job erfüllt wurde, die Pension möglicherweise weit unter dem letzten Verdienst liegt. Ein Faktor, der zu erheblichen finanziellen Schwierigkeiten führen kann.

Papst Franziskus hat anlässlich des „Welttags der Armut“ am 19. November 2017 in seiner Botschaft folgenden Satz geäussert:

„Wir sind also gerufen, den Armen die Hand zu reichen, ihnen zu begegnen, ihnen in ihre Augen zu schauen, sie zu umarmen, sie die Wärme der Liebe spüren zu lassen, die den Teufelskreis der Einsamkeit zerbricht. Die Hand, die sie ihrerseits uns entgegen strecken, ist eine Einladung, aus unserer Sicherheit und Bequemlichkeit auszubrechen!“

Franziskus weiss durchaus, wovon er spricht. Schliesslich war er auch noch als Kardinal sehr oft in den Armenvierteln von Buenos Aires unter-wegs. Dennoch ist es gerade die Kirche (nicht nur die römisch-katholische Kirche), die ohne die ehrenamtliche und somit unbezahlte Arbeit vor allem der Frauen nicht funktionieren würde. Deshalb sollten Betroffene von den Angeboten der Caritas und Diakonie auf jeden Fall Gebrauch machen.

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Scharlachrot – nicht von ungefähr!

Droht nun nach Corona, RS, der Influenza und der Vogelgrippe eine weitere Infektionswelle? Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht von ungewöhnlich vielen Fällen einer Krankheit, die durch A-Strept-okokken ausgelöst werden kann: Scharlach (Scarlatina)! Diese Entwick-lung wurde bereits im September in England auffällig, inzwischen hat die Welle auch Schweden und Frankreich erreicht.

Das in Deutschland für Infektionskrankheiten zuständige Robert-Koch-Institut hat ebenfalls bereits eine Warnung ausgesprochen. Scharlach ist zwar in Deutschland und der Schweiz nicht meldepflichtig (in Österreich sehr wohl), dennoch sind auch hierzulande vermehrte Fälle einer solchen Erkrankung festgestellt worden. Dieser Warnung schliesst sich alsdann das nationale Referenzzentrum für Streptokokken an. Zwar lägen zwischen Flensburg und Berchtesgaden die Zahlen noch unter jenen vor der Pandemie, doch steigt die Kurve ungewöhnlich steil an, obgleich kein neuer Stamm der Bakterien festgestellt wurde.

Scharlach ist eine klassische Kinderkrankheit, die vornehmlich Vor- bzw. Grundschulkinder betrifft. Sie ist hochinfektiös, weshalb mit ihr nicht zu spassen ist. Zumeist sind die Symptome eine starke Halsentzündung und Hautausschlag. Früher ging man davon aus, dass nach einer einmaligen Erkrankung eine Immunität des Körpers aufgebaut werde. Davon sind die Experten inzwischen jedoch abgekommen. Ausgelöst wird Scharlach durch Bakterien – Streptococcus pyogenes. Sie produzieren nach der Übertragung ein Toxin, das für die Reaktion des Immunsystems verant-wortlich zeichnet. Wissenschafter haben nun entdeckt, dass nicht immer dasselbe Gift erzeugt wird, sondern unterschiedliche. Deshalb kann ein bereits genesener Patient durchaus erneut an Scharlach erkranken.

Hauptsaison der Bakterien sind die Herbst- und Wintermonate zwischen Oktober und März. Hotspots Kitas und Grundschulen. Übertragen werden die Bakterien von Mensch zu Mensch durch die sog. „Tröpfcheninfektion“, also kleinen Aerosolen, die beim Sprechen, Husten oder Niesen aus dem Rachenraum geschleudert werden. Nur äusserst selten ist eine Übertragung durch die Haut möglich – allerdings durchaus durch Spiel-zeug, wenn der Erreger darauf haftet und es in den Mund genommen wird. Viele erkranken nicht an dieser Infektion – trägt doch jeder fünfte bis zehnte Mensch die Bakterien in sich. Allerdings kann auch ein Nicht-Erkrankter die Erreger weitergeben.

Scharlach ist recht einfach an den Symptomen zu erkennen. Ein bis drei Tage nach der Übertragung beginnt es mit Hals- und Kopfschmerzen, geht über Schluckbeschwerden und Schüttelfrost bis hin zu stark ansteigendem Fieber. Dabei sind Gaumen und Rachen rot, die Mund-schleimhaut und Mandeln fleckig gefärbt. Hinzu gesellt sich ein nicht juckender Hautausschlag (Exanthem). Er bildet sich, da das Toxin der Erreger die Blutgefässe schädigt und rote Blutkörperchen austreten. Der Ausschlag beginnt meist in der Leistengegend bzw. der Innenseite der Oberschenkel und breitet sich schliesslich auf den ganzen Körper aus. Nach 6 – 9 Tagen klingt er wieder ab – allerdings beginnt sich dann die Haut vor allem in den Handinnenflächen und den Fusssohlen zu schälen. Die Zunge ist zunächst stark weiss belegt, dann himbeerrot.

Ganz harmlos ist die Erkrankung nicht. So kann es durchaus zu Kompli-kationen, wie etwa Lungenentzündung sowie Entzündungen der Neben-höhlen und des Mittelohres kommen. Sehr selten sind rheumatische Spätfolgen (akutes rheumatisches Fieber) vor allem im Kniegelenk, aber auch Entzündungen den Herzmuskels, des Herzbeutels, der Herzklappen und der Nieren (akute Glomerulonephritis). Solche Komplikationen wurden öfter beobachtet, wenn die eigentliche Erkrankung nicht mit Antibiotika behandelt wurde.

Ohne entsprechende Antibiotika bleibt der Erkrankte für rund drei bis vier Wochen infektiös – mit hingegen nur bis zu 24 Stunden nach der Ersteinnahme. Das ist auch der Vorteil der Krankheit: Die Erreger mutieren offenbar nicht – Antibiotika und Penicillin helfen schnell und wirkungsvoll.

Erkranken an Scharlach kann grundsätzlich jeder, also auch Erwachsene. Sollte es Sie erwischt haben, helfen neben dem Arztbesuch (mit Maske) und den Medikamenten einige einfache Massnahmen, um den Zustand zu verbessern:

  • Bettruhe
  • Warme Getränke und weiche Nahrung gegen die Schluckbeschwerden
  • Und grundsätzlich: Bei Fieber muss viel Flüssigkeit wie Kräutertees oder verdünnter Fruchtsaft getrunken werden (sofern er beim Schlucken nicht brennt)

Präventiv schützen kann man sich nicht vor einer Scharlacherkrankung. Als sehr hilfreich jedoch zeigen sich die Massnahmen, die grundsätzlich für jeder Erkrankung der Atemwege eingehalten werden sollten. Greifen Sie auf gar keinen Fall vorsorglich zu Antibiotika! Sie könnten dadurch ihre Wirkung bei anderen Krankheiten verlieren. Sollte ein Kind erkrankt sein, so muss es sofort aus der Gemeinschaftseinrichtung herausge-nommen werden. Die Eltern stehen zudem in der Informationspflicht gegenüber der Erzieher! Auch erkrankte Erwachsene dürfen die Einrichtung nicht mehr betreten, gilt also auch für Lehrer oder Betreuer. Wann die Tätigkeit wieder aufgenommen oder der Schul-/Kitabesuch fortgesetzt werden kann, entscheidet der Arzt.

Gute Besserung!

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Fracking – O’zapft is!!!

†„Um es klar zu sagen: Ich halte die Festlegung des Koalitionsvertrages, dass wir in der Nordsee nicht mehr Öl und Gas fördern wollen und keine neuen Felder explorieren wollen, für aus der Zeit gefallen.“

(Der dt. Bundesfinanzminister Christian Lindner)

Vor einigen Tagen forderte der deutsche Finanzminister Christian Lindner die Bundesregierung in Berlin, in welcher auch er ein schwergewichtiges Wort mitzureden hat, dazu auf, das Verbot des Frackings in Deutschland aufzuheben. Ich glaube, Herr Lindner überschreitet damit seine mögliche Fachkompetenz in diesem Bereich um Meilen und dürfte keinerlei Ahnung haben, welche Konsequenzen das für Deutschland hätte. Aus diesem Grunde möchte ich an dieser Stelle Aufklärungsarbeit liefern, da diese Methode der Erdöl- und Erdgas-Gewinnung ein Spiel mit dem Feuer ist. Oder anders ausgedrückt, wie es bereits Johann Wolfgang von Goethe im Jahr 1797 in seinem „Zauberlehrling“ schilderte: „Die Geister, die ich rief, werd’ ich nun nicht mehr los!“

Viele reden darüber, wenige wissen wirklich was es ist. Und trotzdem wird es seit Jahrzehnten gemacht, ohne irgendwie gross beachtet worden zu sein: Das Fracking!

Das sog. „Hydraulic Fracturing“ (richtige Bezeichnung) ist eine spezielle, inzwischen jedoch höchst umstrittene Methode, um fossile Brennstoff-Vorkommen in der Erde zu fördern. Erdöl und auch Erdgas kommen zumeist in Blasen in tieferen Erdschichten vor. Wird nun die Blase angebohrt, schiesst das Material aufgrund des Eigendrucks durch das Bohrloch an die Oberfläche. Dies ist die herkömmliche Methode, das „schwarze Gold“ oder Erdgas zu gewinnen. Bohrungen nun ergaben, dass unglaubliche Vorkommen in der Erde lagern, die allerdings auf diese Art und Weise nicht gewonnen werden können. Soll heissen, dass die Gesteinsporen von schwarzem Ton- oder Alaunschiefer nicht ausreichend miteinander verbunden sind. Man spricht auch gerne vom Schieferöl oder -gas. Diese Lagerstätten entstanden vor rund 350 Millionen Jahren durch die Ablagerung grosser Mengen organischen Materials. Hier müssen in meist 5.000 Metern Tiefe zuerst Fliesswege in Form von künstlichen Rissen geschaffen werden. Da dies so ohne weiteres nicht möglich ist, wird mit sehr hohem Druck eine gelartige Flüssigkeit in den Boden gepumpt. Damit sich die künstlichen Risse („Fractures“) rund um das Bohrloch nicht wieder durch den nachgebenden Boden schliessen, nachdem die Pumpe abgestellt ist, werden Quarzsand oder kleine Keramikkügelchen eingeführt. Dadurch können Gas bzw. Öl leichter zur Bohrstelle gelangen und abgepumpt werden. Diese Methode wird in Deutschland seit bereits 60 Jahren verwendet (allerdings nicht in solcher Tiefe) – in etwa ein Drittel des heimisch geförderten Erdgases kam auf diese Weise an die Oberfläche. Auch in der Geothermie ist die Methode durchaus in Verwendung.

Was nun für derartigen Wirbel sorgt, ist jene gallertartige Masse und deren Additive, die für die Risse verantwortlich zeichnet: Die „Frack-Fluids“. Sie bestehen zum grössten Teil aus Wasser – allerdings auch aus Chemikalien, die die Volksseele zum Kochen bringen. Dabei geht es vor allem um die unmittelbaren, aber auch mittelbaren Folgewirkungen der Stoffe vor allem auf das Trinkwasser. So muss beispielsweise mit solchen Fluiden kontaminierte Erde als Giftmüll entsorgt werden. Bei 100 der 750 verwendeten Additiven besteht nachgewiesenermassen erhöhtes Gesundheitsrisiko durch sog. „endokrine Disruptoren“ (EDC). Sie wirken wie das Geschlechtshormon Östrogen und können zu Missbildungen der männlichen Genitalien inklusive Unfruchtbarkeit und bei beiden Geschlechtern zu Krebs führen. Die Industrie arbeitet fieberhaft an der Entwicklung von Materialien, die umwelt- und gesundheitsverträglicher sind. Angeblich werden bereits Tests durchgeführt, in welchen diese Flüssigkeit dem Abwasser einer Spülmaschine entspricht (unterste Wassergefährdungsklasse).

Allerdings sind auch die seismischen Reaktionen nicht zu unterschätzen. So werden durch den entstehenden Druck künstliche Erdbeben hervor-gerufen. Daneben kann es zu Senkungen in Gebirgskörpern kommen.

Vonseiten der Energiewirtschaft versuchte bereits 2013 der damalige Vorstandsvorsitzende des deutschen Stromriesen E-On, Johannes Teyssen (inzwischen Verwaltungsratspräsident des schweizerischen Energieproduzenten Alpiq Holding), zu beruhigen. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur betonte er, dass man sich neuer Technologien nicht verschliessen solle. Das Fracking in tiefen Schichten jedoch erst dann vorangetrieben würde, wenn nachgewiesen ist, dass die eingesetzten Chemikalien beherrschbar sind. Dies ist jedoch nach mehreren epidemiologischen Untersuchungen aus dem Jahr 2020 nach wie vor nicht der Fall. Dabei wird u.a. auch von „Geburtsdefekten“ gesprochen. Andere deutsche und internationale Studien (unter Mitwirkung des Deutschen Krebsregisters, des Umweltbundesamtes und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe) haben zudem einen Zusammenhang zwischen Fracking und der Häufung von Krebs-erkrankungen aufgezeigt, die im Juni 2016 auch dem Deutschen Bundestag vorgelegt wurden.

Berlin reagierte im Jahre 2017 mit einem Verbot des Frackings. Erst kürzlich meinte Bundeskanzler Olaf Scholz, dass daran nicht zu rütteln sei. Davor war die Ausbeutung dieser Vorkommen zwar nicht verboten, allerdings für Heilquellen- oder Trinkwasserschutzgebieten ausge-schlossen. Deshalb wurden auch auf der deutschen Seite des Bodensees entsprechende Unternehmungen eingestellt, da eine Kontaminierung des Wassers für Millionen Menschen in Baden-Württemberg Konsequenzen hätte. Zudem müssten umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfungen absolviert werden. Dies war nicht etwa die Entscheidung des Bundestags, sondern vielmehr der Ländervertretung, des Bundesrats. Offiziell hiess es damals vonseiten der Industrie, dass solche UVPs zwar unterstützt werden, jedoch einen klaren zeitlichen Rahmen haben sollten, damit „die Planungssicherheit für die Unternehmen gewährleistet sei“, so Klaus Angerer, Deutschlandchef des multinationalen Konzerns BNK gegenüber des Handelsblattes.

Länder wie beispielsweise Baden Württemberg, Bayern oder auch das österreichische Vorarlberg haben sich bereits damals von dieser Förderung distanziert. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) forderte im Nachrichten-Magazin „Der Spiegel“ ebenso wie der damalige bayerische Umweltminister Marcel Huber (CSU) ein Verbot dieser Methode „solange die Risiken für Mensch und Natur nicht sicher abschätzbar sind!“ (Huber in der Süddeutschen Zeitung). Auch viele von Huber’s Amtskollegen (nicht nur aus dem rot-grünen Lager) haben sich gegen das Fracking ausgesprochen und damit diese umstrittene Gesetzesvorlage als „untauglich“ zurückgewiesen. So auch sein damaliger grüner Kollege aus Nordrhein-Westfalen, Johannes Remmel. Hier ergab sich eine durchaus brisante Situation, befürwortete doch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) grundsätzlich das Fracking mit strengen Auflagen. Schliesslich wurden die ersten vier Genehmigungen in NRW erteilt – und sofort wieder ausgesetzt. Gleichzeitig ist jedoch NRW das bevölkerungsreichste Bundesland Deutschlands. Undenkbar was passieren könnte, wenn etwas schief läuft. Kraft übrigens war damals auch sozialdemokratische Verhandlungs-führerin im Bundesrat. Der hatte die Fracking-Gesetzes-Vorlage schon einmal an die Bundesregierung zurückgewiesen, da diese wichtigen Auflagen fehlten. Auch der damalige Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) betonte – so wird er in den Ruhr-Nachrichten zitiert:

„Mit unserem Gesetz wird nichts erlaubt, was vorher verboten war… Es wird sogar einiges verboten, was bisher erlaubt war.“

Und nun holt ausgerechnet der studierte Politikwissenschafter und Philosoph Christian Lindner in seiner Funktion als Bundesfinanzminister, der schon alleine aufgrund seiner politischen Herkunft (FDP) für wirtschaftliche Interessen eintritt, die Akte wieder aus der Schublade hervor. Allerdings haben sich auch der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart und überraschend Bayerns Ministerpräsident Markus Söder für eine ergebnisoffene Prüfung ausgesprochen, obgleich Bayern das Fracking ja vor einigen Jahren partout zurückgewiesen hat. Es kann also sehr rasch gehen, da etwa die Industrie nach wie vor zu 30 % vom Erdgas als Energielieferant abhängig ist!

„Das wird gesellschaftlich und politisch nicht unterstützt. Das hat die Industrie verstanden, und das respektiert sie!“

(Miriam Ahrens, Pressesprecherin des BVEG)

Allerdings auch ein Zeichen dafür, dass Deutschland die Energiewende nicht geschafft hat. Der „Motor der EU“ verfehlte auch im abgelaufenen Jahr seine Klimaschutzziele – durch die Nutzung von Fracking-Gas bzw. –Öl wird es auch weiterhin so bleiben. Von einer Energieautonomie sei hier angesichts der Ereignisse der letzten Monate gar nicht zu reden. Wie war kürzlich zu lesen: Wenn Tanker mit LNG-Fracking-Gas am Terminal anlegen, ist Deutschland dort angelangt, wo es niemals sein wollte: Ganz unten!

Doch – wie nutzten die USA den Fracking-Hype? Dort purzelte der Gaspreis durch die Erschliessung solcher Schiefervorkommen vornehmlich in North Dakota innerhalb kürzester Zeit. Zudem wurden die Vorkommen alleine hier auf mehrere hundert Milliarden Barrel Schieferöl geschätzt – eine gute Quelle kann bis zu 500 Barrel pro Tag bringen. Der kleine Bundesstaat der USA lag mit einem Monatsausstoss von 23,08 Millionen Barrel bereits nach Texas auf Platz zwei der US-amerikanischen Ölproduzenten. Und beim Erdgas mussten gar bis zu 30 % des Ausstosses abgefackelt werden, da die Gewinnung zu rasch vonstatten ging. Im Vergleich dazu fördert Saudi Arabien eine solche Menge binnen zweier Tage! Einige wenige sind in North Dakota zu Millionären geworden. Die Pläne für wirtschaftliche Blüte und Reichtum jedoch schlugen fehl. Eine Studie der Duke University wies schon 2016 hohe Kontaminationen im Wasser nach! „Frackingstädte“ sind inzwischen verwaist. Zurück bleibt eine Bevölkerung, die das Wasser aus ihren Wasserhähnen zwar anzünden, jedoch nicht trinken kann.

Der Global Player Shell macht inzwischen mehr Umsatz mit Gas als mit Öl: 60,3 Mrd. Dollar (Zahl: 2021, Quelle: statista.de). Dies wird auch weiterhin so bleiben, schliesslich ist der Konzern der weltweit grösste Anbieter von LNG-Gas. Trotzdem wird vonseiten des Unternehmens betont, dass die normalen Gasreserven für rund 240 Jahre ausreichen würden. Schiefergas wäre da nicht unbedingt erforderlich. Alsdann gilt es hierzulande als ausgeschlossen, dass schon bald die Bohrtürme allerorts in den Himmel wachsen. Schliesslich ist das Fracking sehr aufwendig, noch dazu wenn es in einem solch dicht besiedelten Gebiet wie in Deutschland oder Österreich durchgeführt wird. Soweit ebenfalls die Einschätzung bei E-On, aber auch beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Ferner sind 14 % der betroffenen Fläche als Wasserschutzgebiet deklariert. Damit ergeben sich drei signifikante Unterschiede zu den USA: Strengere Umwelt- und Genehmigungsstandards und alsdann liegen die Vorkommen aufgrund der geologischen Beschaffenheit wesentlich tiefer.

Sehr grosses Interesse hatte dennoch der Öl-Multi ExxonMobil aus den USA. Das Unternehmen führte bereits Tiefenbohrungen bei Rotenburg-Wümme durch. Aber auch die heimische BASF-Tochter Wintershall hatte sich zu Wort gemeldet. All das selbstredend wohlwollend für den Staat, bliebe doch die Wertschöpfung im Lande – es würden Milliarden mehr in den Staatssäckel fliessen. Und dies nicht nur durch die privaten Konsumenten, obwohl noch rund 70 % des Erdgases in Deutschland zum Heizen verwendet wird. Schliesslich wurden neben Kohle- auch Gaskraftwerke wieder hochgefahren (nicht gerade förderlich für das Erreichen der Kyoto-Ziele). Kritische Stimmen betonen: Nur bei dauerhaft niedrigem Gaspreis kann wieder von der umweltschädigenden Kohle abgekommen werden.

Zum Abschluss noch einige Zahlen, die das Interesse der Wirtschaft verdeutlichen sollen: Herr und Frau Schmidt verbrauchten zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen rund 90 Milliarden Kubikmeter Gas (Privathaushalte und Unternehmen) – aufgrund des Gaspreises und entsprechender Massnahmen dürften es im abgelaufenen Jahr 2022 weniger sein (bis November waren es 749 Mrd kWh). Gazprom-Chef Alexej Miller spricht in diesem Zusammenhang von einem „schwierigen Jahr“ – dennoch hat der Import von russischem LNG-Gas in die EU und Grossbritannien um 1/5 seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine zugenommen. Shell etwa spricht von langfristigen Verträgen. Gerade mal 5,2 Mrd. Kubikmeter Erdgas waren 2021 Made in Germany (hauptsächlich aus Onshore-Förderungen in Niedersachsen). Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) schätzt das Schiefergasvorkommen unter Deutschland auf 1000 Milliarden Kubikmeter. Dies könnte den Gasbedarf in Deutschland für rund 10 Jahre zur Gänze decken. Doch – zu welchem Preis? Und mit Energiewende und Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen hat dies nicht im Geringsten zu tun.

In den Mitgliedsbetrieben des deutschen Bundesverbandes Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG) waren 2021 insgesamt 7.669 Personen beschäftigt. Der durch Unternehmen wie Uniper, Shell Erdgas, Wintershall Dea, Esso Deutschland, Exxon Mobile, EnBW, RWE oder auch VNG erzielte Umsatz lag 2021 bei ca. 42 Milliarden €. Noch vor zwanzig Jahren wurden 20 % des Bedarfs durch heimisches Gas abgedeckt. Das Schiefergas könnte diesen Wert nach oben schnellen lassen. Und v.a. könnte es wertvolle Zeit bringen. Zeit, die dringend benötigt wird, um die bislang stark vernachlässigten alternativen, erneuerbaren Energien weiter auszubauen. Doch birgt es auch eine andere Gefahr: Öl und Gas werden dermassen billig, dass an einen solchen Aufbau von Alternativen erneut nicht mehr gedacht wird – wie zu Zeiten der Kernenergie oder seinerzeit in den USA! Für welche dieser beiden Varianten Sie sich entscheiden, überlasse ich Ihnen!

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Nächster Blog

Es kommt meist anders, als man es sich denkt!

Den nächsten Blog gibt’s erst am kommenden Freitag, den 13.01.2023!!!

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Frohe Weihnachten und ein glückliches 2023

†Das Jahr 2022 neigt sich langsam seinem Ende zu! Zeit, mich bei Ihnen für Ihre Treue zu bedanken!

Ich hoffe, es waren immer mal wieder interessante Texte für jeden dabei – freue mich selbstverständlich auch über jeden Anstupser zu einem interessanten Themenfeld!

Ihnen und Ihren Lieben wünsche ich ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in ein glückliches und hoffentlich gesundes Jahr 2023!

Würde mich sehr freuen, wenn Sie mir gewogen bleiben – den nächsten Blog gibt’s am 6. Januar 2023!

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Danke für Ihre Spende

„Geben ist seliger denn nehmen!“

(Apostelgeschichte 20,35)

Weihnachten steht vor der Tür, das Internet und die Briefkästen sind voll mit Aufrufen zum Spenden. Ja – es gibt sie, die Menschen und Tiere, die dringend auf Ihre Hilfe angewiesen sind. Statistiken haben ergeben, dass die meisten Spenden für Kinder-Hilfsprojekte fliessen, gefolgt von Tier-schutzorganisationen. Doch sollten Sie gerade in Zeiten wie diesen, wo Fake salonfähig geworden ist, mit Ihrem sauer verdienten Geld extremst vorsichtig umgehen: Weg ist es sehr rasch – nicht immer jedoch beim beabsichtigten Empfänger! Die Journalistin Linda Polman spricht ganz offen von einer „Spenden-Mafia“ und hat hierzu ein aufrüttelndes Buch geschrieben: „Die Mitleidsindustrie“. Sie schildert dabei das Prozedere, was mit Spenden, die vor allem nach Afrika und Afghanistan gehen, tat-sächlich geschieht. Dabei greift sie auf ihre jahrelange Erfahrung zurück, die sie als investigative Mitreisende der UN-Friedenstruppen hat machen müssen. Wahrhaft keine schönen Tatsachen, denn: Spenden können gar Kriege verlängern! Und trotzdem drängen immer mehr Hilfsorgani-sationen auf den Markt – der Kampf um jeden Cent wird immer erbitterter. Zumeist auf Kosten des Roten Kreuzes, das die Fehler aus-bügeln muss, wenn alle anderen bereits den Hotspot verlassen haben. 

„Es gibt fast 40.000 internationale Hilfsorganisationen, die um Geld betteln, die ein Stück vom Milliarden-Kuchen abhaben wollen. Die Hilfs-Industrie ist ein Monster geworden, das kaum noch kon-trollierbar ist.“

(Linda Polman)

Davon abgesehen, hier nun einige Beispiele – ohne Anspruch auf Voll-ständigkeit, denn es gibt derer sehr viele, die mit Ihrer Spende Schind-luder treiben. 

Im Jahr 2007 geriet das Kinderhilfswerk der UNO, die UNICEF, in den Fokus der Medien. Hier sollen horrende Beraterbeträge und wohlwollende Provisionen für die Spendensammler geflossen sein. Über 40.000 Förderer kündigten ihre Mitgliedschaft. Der Vorstand musste zurück-treten, die Organisation wurde grundlegend saniert. 

Die Zeitung „Corriere della Sera“ veröffentlichte 2020 einen Artikel und brachte dadurch einen Stein in’s Rollen. †Nach Recherchen der Redakteure soll der Vatikan Spendengelder aus dem sog. „Peters-Pfennig“ für den Ankauf einer Geschäftsimmobilie in einem sündhaft teuren Stadtviertel Londons verwendet haben. Für diese Kollekte wird regelmässig in allen katholischen Kirchen dieser Erde gesammelt. Dort spricht man vom Werterhalt der Spenden. Die Staatsanwaltschaft des Vatikans ging von einer Summe von 500 Mio € aus – einige hunderttausend davon als Beratergelder. 15 Personen wurden festgenommen und wegen Verun-treuung, Amtsmissbrauch und Korruption angezeigt. 

Den wohl grössten Skandal im Jahr 2019 verursachte der ehemalige US-Präsident Donald Trump. Nachdem sich auch bereits ein Gericht aus New York mit dieser mehr als unschönen Sache beschäftigt hat, kann ich darüber berichten ohne Repressalien eines mit Klagen um sich schlagenden Ex-Präsidenten zu fürchten. 2018 kam zum Vorschein, dass die Trump-Stiftung Gelder in der Höhe von 2,8 Millionen Dollar miss-bräuchlich verwendet haben soll. Die Spenden sollen für unerlaubte Eigengeschäfte und illegaler Wahlkampfunterstützung verwendet worden sein. So wurden anscheinend offene Rechtsansprüche für das Ferien-domizil Mar-A-Lago in Florida sowie einen seiner Golfclubs verwendet. Auch Marketingmassnahmen für einige Hotels und den Ankauf persön-licher Dinge wurden damit finanziert. Der Vorstand der Stiftung hatte sich jedoch nach Angaben des Gerichtes seit 1999 nicht mehr getroffen, Trump selbst habe alsdann über die Verwendung der Gelder bestimmt. Die Stiftung wurde auf richterliche Anordnung aufgelöst. Das Gericht sprach eine Strafe in der Höhe von 2 Mio US-Dollar aus! Diese floss – ebenso wie das restliche Stiftungsvermögen – an mehrere wohltätige Organisationen.

Im Juni des Jahres 2020 wurde ein ähnlicher Fall aus Grossbritannien bekannt: Nach Berichten der Zeitung „The Sun“ hatte die Mutter von fünf Kindern den Wohltätigkeitsfonds „Heart Links“ eingerichtet und über diesen eine Tombola zur Finanzierung der Herzoperation eines ihrer Kinder eingerichtet. Zugleich gründete sie auf der Spendenplattform „GoFundMe“ eine Spendenaktion. Hier kamen 10.000 Pfund zustande – überwiesen an HeartLink wurden jedoch nur 4.200 Pfund – der Rest soll für eine Brustvergrösserung und den Ankauf eines Autos verwendet worden sein. Dies berichten zumindest Nachbarn, die ebenfalls fleissig gespendet hatten. Sie verlangten das Geld zurück. Die Frau wurde verhaftet – dann auf freiem Fusse angezeigt. 

Ebenfalls vor Gericht bzw. im Gefängnis endete die Betrugsmasche eines Mannes in Berlin. Er nannte sich Andreas Becker – heisst aber tatsächlich anders (Udo D.). Der damalige Vorsitzende des Frauennothilfevereins „Hatun und Can“ soll nach Angaben der Staatsanwaltschaft Gelder in beträchtlicher Höhe für den eigenen Bedarf verwendet haben, obwohl sie eigentlich Frauen zukommen sollten, die sich vor dem „Ehrenmord“, Misshandlungen und der Zwangsehe schützen müssen. Dabei führte er sogar Alice Schwarzer hinter’s Licht, die bei der Promi-Ausgabe von „Wer wird Millionär“ eine halbe Million Euro gewonnen hatte und das Geld der Organisation zur Verfügung stellte. Die Ermittlungen ergaben, dass Becker rund 700.000 € für eigene Zwecke verwendet hatte: Einen BMW X6, eine teure Uhr und Möbel für die Freundin etwa. Möglicherweise bezahlte er auch Prostituierte für ihre Dienste! Zeugen beobachteten, wie er Hunden beim Metzger Schnitzel kaufte. Übrigens erstattete Alice Schwarzer selbst Anzeige, als sie auf ihre Anfrage, was mit dem Geld geschehen sei, nur vorgeschobene Argumente erhielt. Seine Anwälte sprachen von „Widerwärtigem Rufmord“! Man könne die ordnungs-gemässe Verwendung der Spenden beweisen – das Auto sei für den Schutz der Frauen mehr als geeignet. Hintergrund von „Hatun und Can“ war der Mord an Hatun Sürücü, die im Jahr 2005 von der eigenen Familie ermordet wurde. Ihr Sohn kam in eine Pflegefamilie. Diesen tragischen Fall verwendete Becker als Aufhänger.

Ein stadtbekannter Betrüger aus dem Berliner Stadtteil Neukölln steckt hinter einem ähnlichen Fall. Unter dem Namen „Treberhilfe“ hatte er ein ganzes Unternehmen für die Hilfe Obdachloser aufgebaut – und erzielte damit Riesen-Gewinne, die auch er offenbar eigennützig absahnte. Sich selbst bezahlte er ein monatliches Salär von 35.000,- € – sein Dienst-wagen war ein Maserati! Erst als dieser geblitzt wurde, kam das Ganze an’s Licht der Öffentlichkeit. Fairerweise sei erwähnt, dass es sich nicht um den Missbrauch von Spendengeldern, sondern vielmehr um Steuer-betrug eines vermeintlichen Sozialunternehmens handelte. Der Senat von Berlin hat inzwischen reagiert: Soziale Unternehmen, die die Gehälter ihrer Geschäftsführer nicht offenlegen, erhalten keine Aufträge mehr.

Das Landgericht Lüneburg verurteilte einen damals 48-jährigen Mann wegen Unterschlagung zu viereinhalb Wochen. Er sammelte gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin unter dem Schild einer Kinderhilfs-organisation einen niedrigen sechsstelligen Betrag, leitete aber nur rund 8.000 € an entsprechende Hilfsorganisationen weiter. Den Rest verprasste er mit seiner zu einer Bewährungsstrafe verurteilten Freundin auf grossem Fusse!

„Das Spendenaufkommen wächst seit Jahren nicht. Wir brauchen deshalb nicht die zehnte Organisation für den gleichen Zweck.“

(Christian Osterhaus, Deutsche Welthungerhilfe)

Auch auf der Strasse bzw. der Haustüre floriert das Geschäft mit der Gutmütigkeit. So klingelte im Rheinland ein Mann an den Haustüren um angeblich für eine Behinderten-Werkstatt zu sammeln. Rund 300,- € hatte er sich auf diese Weise verdient – pro Tag. Ein Betrüger! In einer Fussgängerzone in Berlin sammelte ein angeblich irakisches Paar für notleidende Landsleute. Einigen Anwohnern kamen die beiden jedoch bekannt vor – hatten sie doch im selben Stadtteil für „von den Taliban vertriebenen Afghanen“, „Bürgerkriegs-Flüchtlingen aus Bosnien“ und „in der Türkei verfolgten Kindern“ gesammelt. Ohnedies ist gerade auf der Strasse erhöhte Vorsicht geboten: Manche Betrüger wollen nicht nur die Spende, sondern das ganze Geld. Aus der Unterschlagung wird Taschen-Diebstahl oder gar Raub!

Die Liste lässt sich noch weitaus länger fortsetzen. So verschleierte die Organisation „Innocence in Danger“ die Verwendung der Spendengelder und die Hintergründe der Organisation selbst – prominente Sammlerin war 2010 die Frau des damaligen Verteidigungsministers, Stephanie zu Guttenberg. 

2008 flossen erhebliche Summen nicht an Waise, die vom Internationalen Kinderhilfe e.V. aus Pfungstadt unterstützt worden sind, sondern vielmehr an die Werbeagentur des Vereins. Diese hatte die Kosten für die Werbekampagne vorgeschossen. Das Spendenaufkommen wurde dem nicht gerecht – zurück blieb ein verschuldeter Verein.

Auch die Querdenker 711-Bewegung sammelte. Angeblich für den Kampf gegen die Regierungsdiktatur, für die Grundrechte und ein liebevolles Miteinander. Deren Gründer Michael B. hatte bereits vorzeitig darum gebeten, die Spenden als Schenkungen zu deklarieren, damit auf diese Weise die Offenlegungspflicht umgangen werden könnte. Im Juni dieses Jahres jedoch erfolgten Hausdurchsuchungen und schliesslich die Fest-nahme des offenbar auch wirtschaftlich Querdenkenden. Der Vorwurf der Stuttgarter Staatsanwaltschaft: Gewerbsmässiger Betrug durch miss-bräuchliche Verwendung von Spendengeldern und Geldwäsche. Seit Mai 2020 bis Februar 2022 sollen rund 1,3 Mio € auf sein Privatkonto geflossen sein. Die Festnahme erfolgte wegen Fluchtgefahr – der ehemalige IT-Berater soll inzwischen sein Eigenheim verkauft und Auswanderungspläne nach Costa Rica geschmiedet haben. Bis zur end-gültigen Urteilsverkündung gilt selbstverständlich die Unschulds-vermutung.

Mit den Worten „I don’t want to say goodbye just because my mom has no money“ des offenbar krebskranken, sechsjährigen Muhammad wird seit Mai dieses Jahres auf YouTube um Spenden gebeten. Watchlist Internet warnt jedoch vor der dahinterstehenden Plattform chenlahaim.org: Das Geld wandere sofort in den grossen Geldsack von Betrügern. Für angeblich 16.943 Menschen kommt diese Warnung jedoch zu spät: Nach Angaben auf der Website haben sie bereits 704.351,- € gespendet. 

Grosses Schindluder wurde und wird nach wie vor mit der Notlage der Menschen im Ukraine-Krieg getrieben. Spenden-Webseiten schossen wie die Pilze aus dem Boden. Mittels Mail oder über die Social Medias werden die Menschen um Spenden gebeten oder zum Besuch der Webseiten aufgefordert. Die Polizei warnt jedoch, dass zumeist Kriminelle dahinter-stecken. Hier eine kleine Auswahl solcher Fake-Seiten (Angabe: Öster-reichisches Institut für angewandte Telekommunikation ÖIAT):

  • donatecryptotoukraine.com
  • donate-ukraine.info
  • fightforukraine.xyz
  • help-fund-ukraine.org
  • helpukraine.tips
  • help-ukraine-compaign.com
  • sendhelptoukraine.com
  • sos-ukraine.xyz
  • supportukraine.today
  • supportukrainenow.com
  • tokenukraine.com
  • ukrainebitcoin.online
  • ukraine-donate.live
  • ukrainedonate.today
  • ukrainedonation.org

Auch Österreich ist also keine Insel der Seligen. Hier hat allerdings vor einigen Jahren das Finanzamt zumindest einen kleinen Riegel vorgesetzt: Vereine, Organisationen und Stiftungen, die ihren Spendern das Bonbon der steuerlichen Absetzung ihres Beitrages weitergeben wollen, müssen sich einer umfangreichen Wirtschaftsprüfung unterziehen. Jedoch ist auch dies nicht wirklich ein Qualitätssiegel. Immer wieder verlieren Organisationen diese Möglichkeit. Wer also auf Nummer sicher gehen möchte, sollte nach dem Österreichischen Spendengütesiegel Ausschau halten. Die damit ausgezeichneten Organisationen werden regelmässig durch die Kammer der Wirtschaftstreuhänder überprüft. Alsdann sind die Prüfungskosten relativ hoch, sodass sich dies viele kleinere Vereine finanziell nicht leisten können. Ausserdem gibt es noch ein Problem: Einige Organisationen erhielten in Österreich das Spendensiegel, wurden jedoch in Deutschland aus den unterschiedlichsten Gründen vom Deutschen Zentralinstitut für Soziale Fragen zurückgewiesen. 

Obgleich auch im Bereich der privaten Spenden sehr viel Geld zusammenkommen kann, sind es zumeist die grossen Beträge von Unternehmen, die Sorgenfalten aufkommen lassen. Damit diese nicht einem Betrüger aufsitzen, hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) einen Transparenzpreis eingerichtet. Hier können sich Vereine und Stiftungen einschreiben lassen, die über ein Spendeneinkommen von mehr als einer Mio € im Jahr verfügen. Sie verpflichten sich jedoch gleichzeitig, die Verwendung der Gelder offen-zulegen. 

5,8 Milliarden Euro (bzw. 12,9 Milliarden bei Fortschreibung des SOEPs im Spendenindex des DZIs) haben nur die Deutschen im Jahr 2021 gespendet – so viel wie noch nie (in Österreich waren es geschätzte 850 Mio). In Deutschland gibt es 600.000 Vereine und 18.000 Stiftungen, die in irgendeiner Weise gemeinnützig tätig sind (in Österreich gibt es 110.000 Vereine – 1.000 davon sammeln Spenden). Nur 50 % der Gelder müssen in Deutschland satzungsgemäss verwendet werden um ein Spendensiegel zu erhalten. Allerdings gibt es bundesweit nur ein landes-eigenes Institut in Rheinland Pfalz (die „Aufsichts- und Dienstleistungs-direktion“ in Trier), das nach der Vergabe des Spendensiegels beinhart weiterprüft). Die Spendensiegel werden vergeben vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) nach einer einmaligen Prüfung des Vereins auf die Gemeinnützigkeit und damit der ordnungsgemässen Verwendung der Spendengelder. Danach müssen pro 10.000 € Spenden-geldern gerade mal 35,- € an das DZI überwiesen werden. Greenpeace beispielsweise hat sich geweigert, eine solche Prüfung über sich ergehen zu lassen. 

Einer, der sich diesem Unwesen entgegenstellte war Stefan Loipfinger, ehemaliger Fonds-Analyst. Er deckte einige Fälle auf seinem Portal www.charitywatch.de auf, musste jedoch seine Arbeit 2012 einstellen, nachdem er wüsten Beschimpfungen und gar Drohungen ausgesetzt war. Er fordert, dass alle gemeinnützigen Vereine dazu verpflichtet werden sollen, öffentlich Rechenschaft abzulegen, wie es auch die meisten Unternehmen machen müssen. Bislang reiche es nämlich aus, so Loipfinger, als Ziel der Vereins die Information über notleidende Menschen und Tiere in den Statuten festzuhalten. So könnten 50 % des Spendenaufkommens für weitere Spendenaufrufe oder Online-Aktionen genutzt und die anderen 50 % als Gehälter abgezogen werden. Ein untragbarer Missstand!

„Bei der Wahl des Empfängers sollten Spender viel mehr Vorsicht walten lassen und keinesfalls auf die Mitleidsmasche hereinfallen.“

(Isabell Gusinde, Postbank)

Wenn Sie sich nun fragen sollten, an wen Sie denn wirklich spenden können, muss ich leider betonen: Ich werde es tunlichst unterlassen, hier die Werbetrommel für einige wenige zu rühren. Allerdings ergaben die Recherchen eines österreichischen Wochenmagazins, dass bei „Ärzte ohne Grenze“ rund 77 % direkt dem Projekt zufliessen, bei „Licht für die Welt“ sind es gar 91%. Eine Emnid-Umfrage im Auftrag der Postbank kam zu dem Ergebnis, dass nur rund 17 % der Spender recherchieren, wofür sie ihr Geld ausgeben. Wieso nur so wenig? Jeder Zehnte spendet sogar aus dem Bauch heraus! Bitte erkundigen Sie sich bevor sie zum Zahl-schein greifen. Achten Sie vor allem bei Spenden in das ferne Ausland, ob nicht bürgerkriegsführende Fraktionen oder gar die Regierung des Landes selbst einen Teil der Spenden abkassiert. Dies gilt nicht nur für Geldspenden sondern auch für Naturalien. Damit werden oftmals kämpfende Truppen oder Söldner finanziert und nicht selten Waffen gekauft!

Erlauben Sie mir am Ende noch einen rein persönlichen Gedankengang: Wenn es dermassen vieler Spendenorganisationen bedarf – ist das nicht der beste Beweis dafür, dass die Sozialpolitik der Regierungen versagt haben? So soll ein Mitarbeiter eines Job-Centers gegenüber einem „Kunden“, der meinte, wie er mit dem Geld eigentlich über die Runden kommen soll, ausgedrückt haben, dass er dann eben zu den Tafeln gehen müsse! Diese aber wurden lange Zeit nur sehr spärlich mit öffentlichen Geldern unterstützt!

Lesetipps:

.) Spenden- und Bettelbetrug?; Jonas Krainbring; Duncker & Humblot 2015

.) Die Spendenmafia: Schmutzige Geschäfte mit unserem Mitleid; Stefan Loipfinger; Knaur TB 2011

.) Die Mitleidindustrie – Hinter den Kulissen internationaler Hilfsorgani-sationen“; Linda Polman; Campus Verlag 2010 

.) Im Zentrum der Katastrophe; Richard Munz; Campus Verlag 2007

Links:

– www.dzi.de

– www.transparency.de

– www.watchlist-internet.at

– www.osgs.at

– www.dfrv.de

– www.soz.uni-heidelberg.de/forschungsstelle-csi/

– www.fundraising.at

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Die gekaufte Weihnacht‘

Nachdem ich in den letzten Jahren immer wieder zu Weihnachten alte Bräuche habe hochleben lassen, möchte ich heuer das Fest der Feste von einer anderen Seite betrachten – als Fest des rollenden Rubels, des schnöden Mammons, das weit an den Vorstellungen des Christentums vorbeigeht (soweit zu den christlichen Werten!!!)! Auf die Idee brachte mich ein Beitrag über den „Frankfurt Christmas Market in Birmingham“. Die Briten sind ganz hin und weg von diesem Weihnachtszauber – nach Dienstschluss wandern sie in Massen auf den German Market. Einige Preise, die aber dann doch einschlagen wie ein Meteorit: Die Mass Bier (Double Pint) £12.50, eine Tasse Glühwein £6, eine Bratwurst £7 – kombiniert mit Bier £12.50 – das ist happig!

Doch geht es auch anders – beispielsweise beim Weihnachtszauber am Karer See in Südtirol. Ein kleiner Christkindles-Markt, vollständig natur-belassen inmitten einer herrlichen Landschaft mit durchwegs regionalen Anbietern und Produkten. Ein richtiggehendes: „Zurück zum Ursprung“! Ohne Dauerbedröhnung mit Mariah Carey’s „All I want for Christmas is you“ oder Elvis Presleys „Blue Christmas“, ohne Waren Made in Fernost und ohne täglichem Glühweinbesäufnis. Oder auch beim „Weihnachts-himmel“ in der Ravennaschlucht im Hochschwarzwald. 

Weihnachten ist sinngemäss ein Fest der Freude, schliesslich wurde in Bethlehem das kleine Christuskind geboren. In einem Stall unter mehr als ärmlichen Verhältnissen. Die Geschenke brachten erst später die drei Könige aus dem Morgenland: Gold, Myrrhe und Weihrauch! Wie es auch heute noch beispielsweise in Spanien der Brauch ist. So steht es seit nahezu zwei Jahrtausenden geschrieben. Die neueste Playstation, das I-Phone 24,27 oder der 2342k-Diamantring finden im Heiligen Buch von heute keine Erwähnung. Klar – kleine Geschenke erhalten die Freund-schaft. Doch: Muss ich mich tatsächlich jedes Jahr finanziell dermassen verausgaben um diese Freundschaften zu pflegen? Eine Studie des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Integra besagt, dass heuer jede(r) Österreicher/-in 320,- € für Weihnachtsgeschenke ausgibt, die Eidgenossen 343,- CHF (Ernst & Young), die Deutschen 520,40 € (statista.de) pro Kopf. Allerdings sollte nicht unerwähnt bleiben, dass nach einer Insa-Umfrage gerade in Deutschland jeder Dritte keinen nennenswerten finanziellen Spielraum für Weihnachtsgeschenke hat: Hohe Energiekosten, Preistreiberei bei Gütern des täglichen Bedarfs, Inflation, … An der Spitze dieser Liste waren bislang auch die Briten zu finden, die jedoch ebenfalls aufgrund der Teuerungswelle 2022 etwas weniger ausgeben. Die in diesem Jahr verstorbene Queen Elizabeth II. verschenkte vor zwei Jahren noch Geschenke für 33.000,- € – an aller-dings 620 Personen.

Lieber Herr Gesangsverein – da muss ein Kartoffelbauer aber viele Erd-früchtchen für ernten, um diese Summe zu erhalten. Hinzu kommen die zusätzlichen Annehmlichkeiten, die man sich nun mal zu dieser Zeit des Jahres gönnt: Die Fahrt in’s Elternhaus, das gute Essen und Trinken und der eine oder andere Besuch des Christkindles-Marktes.

Apropos – der wohl bekannteste Christkindlesmarkt in Nürnberg lockt pro Tag rund 150 Reisebusse und insgesamt 2,2 Millionen Menschen (2019) aus allen Teilen der Welt an. Neben den vielen Besonderheiten und Wundersamkeiten werden in diesem Jahr spezielle Erlebniswege präsentiert: „Nürnberger“, „Kreative“, „Die Region“ und „Die Lizenz-produkte“. Daneben gibt es natürlich auch heuer wieder das historische Weihnachtspostamt und nicht zuletzt die Rundfahrten mit der historischen Postkutsche (um den Markt!). Die Nürnberg-Info beschreibt das Aussergewöhnliche mit folgenden Worten:

„Es ist seine einzigartige Atmosphäre, die sich in Worten nur schwer beschreiben lässt. Das ‚Städtlein aus Holz und Tuch‘ auf dem Haupt-markt, direkt im Herzen der Altstadt, muss man erlebt haben. Eingebettet zwischen Schönem Brunnen und Frauenkirche bietet die Budenstadt ein Flair, dass individuell betrachtet, wirklich seines-gleichen sucht.“

Aaaah ja! Da fährt der Besucher über hunderte von Kilometern, um sich alsdann vor der ersten Bude stehend von den Massen durch den Markt schieben zu lassen. Mit viel Glück steht dann auch noch das Christkindle oben am Balkon und es konnte im Vorbeifluss noch eine Tasse Glühwein oder Punsch ergattert werden. Ein Foto – nein das geht bei diesem Gedränge und Geschubse nicht. Und die leere Tasse zurückgeben, unmöglich, schliesslich wartet der Bus! Nach jeder Runde erkämpft sich der Besucher einen Platz in einer Reihe weiter aussen, sodass er sich nach sieben bis achten Runden dem Sog entziehen kann und endlich wieder freikommt aus dem Getümmel. Deshalb ein heisser Tipp für diese grossen Märkte: Planen Sie Ihren Abstecher für die Abendstunden ein, wenn die Busse bereits wieder auf der Fahrt zurück sind. Der Nürnberger Christkindles-Markt eröffnet jedes Jahr am Freitag vor dem 1. Advent. Weltbekannt ist der Prolog des Christkindles: †

Ihr Herrn und Fraun, die ihr einst Kinder wart, Ihr Kleinen, am Beginn der Lebensfahrt, ein jeder, der sich heute freut und morgen wieder plagt: Hört alle zu, was Euch das Christkind sagt!“†††

Der Markt findet erstmals im Jahre 1628 auf einer Spanschachtel aus Nadel-Holz Erwähnung. 165 Buden lassen so manchen in’s Schwärmen geraten. Dabei stimmt natürlich auch die Kasse! Reden wir kurz Tacheles? Jeder Tagesbesucher gibt im Schnitt 33,-, der Übernachtungsgast 200,- € aus, der Umsatz- und Kaufkraftzufluss beläuft sich auf rund 180 Mio Euro, der sog. Einkommenseffekt liegt bei zirka 58 Mio Euro (Zahlen: Presse- und Informationsamt der Stadt Nürnberg). Somit also ein durch-aus gewichtiger Imagefaktor für das Standort-Marketing!!! Ach ja – hinzu kommen zudem noch die unzähligen Knöllchen der Polizei: Falschparken, Trunkenheit am Steuer,… 2019 bestand das Produkt-Angebot zu 26 % aus Weihnachtsartikeln, 22 % weihnachtlichen Back- und Süßwaren, 6 % Spielzeug, 24 % handwerklichen Erzeugnisse, Bücher etc. und zu 21 % aus Speisen und Getränken. Angeblich alles aus der Region – heuer gar mit besonderem Vermerk auf Nachhaltigkeit und Bio – Einweggeschirr ist seit Jahren nicht mehr zugelassen, die Glühweintassen weisen keine Jahreszahlen mehr auf, sodass sie auch kommendes Jahr wieder verwendet werden können! 

Und wenn es schneit oder kalt ist, dann wird auch viel Glühwein getrunken – und das ist wahrhaft ein Millionengeschäft: 64 % der Weih-nachtsmarkt-Besucher Deutschlands geben an, das eine oder andere Tässchen geschlürft zu haben. 50 Millionen Liter gehen jedes Jahr im Advent über den Tresen – alleine 10 Mio vom Marktführer Gerstacker aus Nürnberg. Heuer kostet die Tasse des begehrten Heissgetränkes in Nürnberg 4,- € (auf dem grössten Weihnachtsmarkt Deutschlands, am Kölner Heumarkt 4,50 €)!

Im wohl schönsten Christkindlmarkt Österreichs, in Salzburg Stadt/St. Peter, zahlte man bereits 2008 3,40 € für die 0,2 Liter, heuer sind es zwischen 3,80 und 4,50. Jährlich strömen bis zu 1 Mio Menschen vor-nehmlich auf den Salzburger Dom- und Residenzplatz, um sich diesen Weihnachtstraum nicht entgehen zu lassen. 97 Christkindl-Hütten und rund 400 Beschäftigte sorgen dabei für eine Wertschöpfung von nicht weniger als 60 Mio € (inklusive der auch rund 230.000 Übernachtungen zu dieser Zeit). Ob die Verantwortlichen dermassen an den Umsatz gedacht haben, als der Markt angeblich 1491 seine Tore erstmals öffnete??? Kultur- und Brauchtumsveranstaltungen wie etwa Chor-konzerte, Turmbläser oder Krampus- und Perchtenläufe sorgen zudem für die Pflege des Brauchtums – oder ist dies nur für die auswärtigen Besucher gedacht??? Auch in der Mozartstadt wird die regionale Hand-werksqualität als wichtigstes Qualitätszeichen gesehen.

„Der Salzburger Christkindlmarkt am Dom- und Residenzplatz ist für die Stadt Salzburg ein weltweiter Sympathieträger. Vor allem die hochwertige Handwerkskunst ist bei den heimischen und internationalen Gästen sehr begehrt.“

(DI Harald Preuner, Bürgermeister der Stadt Salzburg)

Der US-amerikanische TV-Sender CNN nennt Salzburg in einer Reihe mit New York, Barcelona, Rovaniemi, Honululu und Reykjavik bei den vorweihnachtlichen Destinationen.

Der Glühwein ist erstmals übrigens beschrieben in einem 2000 Jahre alten Rezeptbuch der Römer. Offenbar sehr beliebt, wurde er neben den bekannten Gewürzen mit Honig gesüsst. Daneben waren auch Lorbeer-blätter, Koriander und Thymian enthalten (Rezept nach einem Kochbuch von Marcus Gaviius Apicius – 1. Jhdt. n. Chr.). Dieser Gewürzwein wurde allerdings zumeist kalt getrunken. Vorsicht übrigens ist mit sehr süssen seiner Sorte geboten – mit dem Zucker wird häufig über die schlechte Qualität des Weines hinwegkaschiert. Das sorgt für den schweren Kopf am nächsten Morgen und das eine oder andere Pfund mehr auf den weihnachtlichen Hüften.  

Beim grössten schweizerischen Weihnachts- und Christchindli-Märt in Bremgarten sorgen jedes Jahr mehr als 320 Marktstände dafür, dass jeder Wunsch erfüllt wird. Wenn auch – wie in der Schweiz ohnehin üblich – wesentlich exklusiver als an anderen Orten. 

„Öffnen Sie sich dem Charme Bremgartens und seines Weihnachts-marktes, sehen Sie sich um, entdecken Sie Neues und freuen Sie sich ab dem Altbewährten. Vergessen Sie den Glühwein nicht, denn dieser rundet die Palette an Feinem und Feinstem – herrlich wärmend – ab.“

(Stadtammann Raymond Tellenbach)

Auch hier wird mit der regionalen Handwerkskunst geworben – doch begleiten zudem viele Kulturveranstaltungen das weihnachtliche Markt-treiben (interessant ist, dass hier von Kultur und nicht unmittelbar vom Brauchtum die Rede ist!). Jedoch unterscheidet sich dieser Markt auch ansonsten von seinen Kolleginnen und Kollegen auf dieser Welt: Er findet nur in den ersten vier Tagen des Dezembers statt. Während die vielen anderen inzwischen meist sogar bis nach dem heiligen Fest andauern. Über 100.000 Menschen besuchten auch heuer wieder den Märt – über 5.000 Liter Glühwein verkauft – zum Preis schweigt sich der Schweizer aus. Schliesslich kommen die Einnahmen den Vereinen zugute. Im Vergleich dazu: In Zürich werden pro Tag 2.500 Liter verkauft – die Tasse zu 6,90 CHF (umgerechnet 6,99 €) – viele Marktbesucher haben sich heuer über die horrenden Preise beschwert. Fakt aber ist, dass das Hand-werk schon sehr bald vom Markt in Bremgarten verschwunden sein wird, da die Standpreise zuletzt eklatant erhöht wurden. Na ja – wird der deutsche Familienvater eben in der Schweiz tief in die Geldtasche greifen, wenn er dort Produkte kauft, die er zuhause günstiger bekommen hätte, da: Made in Germany!

Nicht, dass Sie mich nun falsch verstehen – es ist etwas tolles, nach der Arbeit mit den Arbeitskolleginnen und -kollegen auf eine Tasse Glühwein zu gehen oder mit der Familie den Turmbläsern zu lauschen. Doch tendieren immer mehr Märkte zum Umsatz-Grössenwahn. 

Der beliebteste europäische Weihnachtsmarkt übrigens ist das „Winter Wonderland“ im Londoner Hyde-Park. Glaubt man den Rechenkünsten des Portals posterXXL, so sorgen 2,5 Mio Besucher pro Jahr für 15,8 Mio Einträge auf Instagram seit seiner Premiere 2005. Deutschlands Spitzen-reiter, der „Striezelmarkt“ in Dresden findet sich in dieser Auflistung nur auf Platz sieben (trotz 3 Mio Besucher pro Jahr). 

Insgesamt besuchen zwischen Flensburg und Berchtesgaden rund 160 Millionen Menschen die Weihnachts- und Christkindles-Märkte und sorgen für Gesamteinnahmen von nicht weniger als 2,9 Milliarden Euro (Angaben: ift Freizeit- und Tourismusberatung GmbH). Im Vergleich dazu sind es im Alpenstaat jeweils rund 10 % der deutschen Zahlen. Dennoch – eine millionenschwere Geselligkeit! Und es kommt noch viel schlimmer: Nach einer repräsentativen Umfrage der Marktforscher von GfK in Nürnberg feiern 17,6 % der Befragten Weihnachten nurmehr zuliebe der Kinder und Enkel. 71,6 % sind der Meinung, das Weihnachtsfest habe seine religiöse Bedeutung verloren. Stellt sich mir die Frage: Weshalb tun so wenige etwas dagegen? Lasst alte Bräuche auch zuhause wieder aufleben, lest mit den Kindern aus der Bibel, singt Adventslieder, … In dieser Studie im Auftrag der „Apotheken Umschau“ wurden 1015 Personen (älter als 14) befragt

Deshalb hier noch etwas Geschichte. Ebenso wie der Adventskranz und der Christbaum ist auch das Christkind eine evangelische Erfindung. 1545 liess erstmals der Reformator Martin Luther seine Kinder vom Christkind beschenken. Zuvor war es der Heilige Nikolaus. Freuten sich die Kinder damaliger Zeiten noch über Bratäpfel, Nüsse und Mandeln, über Plätzchen (Kekse) und Weihnachtsstollen oder Früchtebrot, so müssen es heute grosse und immer teurere Geschenke sein. Bescheiden-heit und Demut? Wohl fehl am Platz. Stand früher der feierlich geschmückte Christbaum und das Essen mit der ganzen Familie im Mittelpunkt, so ist es heute die Bescherung und das Auspacken, das Ausprobieren und Vergleichen der Geschenke. Für viele bleibt gar nicht mal mehr die Zeit, sich auf das anschliessende Essen im Kreise der ganzen Familie zu konzentrieren. Weihnacht‘, wie es früher mal war – nun ja, das wird offenbar nurmehr dort gefeiert, wo man dem Christentum nicht viel Wert zollt: In den Staaten der Dritten Welt! Gibt es dort etwa die besseren Christen als in unseren Breiten, wo die weihnachtliche Andacht und der Advent, der früher zudem Fastenzeit war, der Geschenke- und Geschäftemacherei gewichen ist??? Lebkuchen oder sonstige Weihnachtsbäckerei interessiert zu Weihnachten niemanden mehr, gibt’s das doch bereits ab September im Supermarkt zu kaufen. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, als die ersten selbstgebackenen Kekse am Heiligen Abend ausgegeben wurden. Ein besonderer Höhepunkt neben dem Klingeln des Glöckleins durch das Christkind. Aus der andächtigsten, der stillsten Zeit des Jahres ist die hektischste Zeit des Jahres geworden. Und die meiste Last wird dabei auf den Müttern abgeladen: Hausputz, Backen, Geschenke besorgen und schliesslich stundenlang in der Küche stehen und kochen. Die Väter hingegen haben sich einmal mehr hemmungslos dem Lux-Wettkampf mit dem Nachbarn ergeben. Früher war es die Kerze im Küchenfenster – heute kilometerlange LED-Ketten. Und das mit dem Christbaum – der-massen beladen, dass vom Baum selbst nichts mehr zu sehen ist. Dafür wurde er abgehackt! Alsdann war da noch ein Song, der als Ohrwurm über knapp einen Monat allerorts zu hören ist: „Last Christmas, I gave you my heart, but the very next day, you gave it away“ – von George Michael und Andrew Ridgeley eigentlich für Ostern geschrieben. Wie wär’s denn mit etwas Ehrlichem, wie „Es wird scho glei dumper, es wird scho glei Nacht“ oder anderem aus unserer immer wieder dermassen hochgehaltenen Wertegesellschaft???

Ich dachte immer, hinter dem Geist der Weihnacht‘ steckt etwas anderes: Liebe, Besinnlickeit und die Gemeinschaft der Familie! Wäre es da nicht sinnvoller, diese Feierlichkeiten um des Feierns willen wieder auf den Jahreswechsel oder gar auf Dreikönig zu verschieben – so wie es in früheren Zeiten war, damit für den ursprünglichen Sinn von Weihnachten etwas mehr Platz bleibt???!!!

PS:

†Klar – auch ich war mal Kind und freute mich zu Weihnachten vor allem auf die Geschenke. Doch war mir nicht bewusst, dass sich dafür meine Eltern abschuften mussten! Bringt ja eh das Christkind! Hier liegt meines Erachtens das Übel heutiger Zeit – in der Erziehung! Nicht in der unerschöpflichen Umsatz-Gier der Konzerne, die diesen Umstand nur ausnutzen. Zeit füreinander zu haben ist doch viel wertvoller als jedes noch so teure Geschenk. Viele Kinder wünschen sich dies auch: Mama und Papa sollten mehr Zeit für sie haben!

Links:

www.thebfcm.co.uk

eggental.com/weihnachtszauber

www.hochschwarzwald.de/veranstaltungen-hochschwarzwald/weihnachtsmarkt-ravennaschlucht#weihnachtshimmel

www.christkindlesmarkt.de

christkindlmarkt.co.at

www.weihnachtsmarkt.ch/

hydeparkwinterwonderland.com

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