Archive for Juni, 2025

Die Vertreibung der Massai

Sie gelten als das stolze Krieger-Volk Ostafrikas; Die Massai! Beheimatet vornehmlich im Süden Kenias und Tansania ist nicht genau bekannt, wie viele Menschen dieser Volksgruppe zugehören. Bei Volkszählungen etwa in Kenia geben viele ihre ethnische Zugehörigkeit nicht an, da sie mögliche Diskriminierungen deshalb befürchten. Das ist in Tansania nicht der Fall. Schätzungen belaufen sich auf 430-500.000. Das Volk selbst wird in 16 Untergruppen („Iloshons“) unterteilt und lebt in der Serengeti. Um genau zu sein: In den Nationalparks Masai Mara und Amboseli in Kenia bzw. der Region Arusha in Tansania. Und bei letzterer liegt das Problem: Die 37.576 Quadratkilometer grosse Region wird seit Jahren zur Touristenhochburg ausgebaut – für Safari-Touren und zahlungskräftige Jäger. Dabei stehen die Massai mit 14 ihrer Dörfer im Weg!

https://www.tripadvisor.at/SmartDeals-g297913-Arusha_Arusha_Region-Hotel-Deals.html#SPLITVIEWMAP

So pervers es klingen mag: Rund 70.000 Massai werden in Tansania immer mehr zugunsten des Naturschutzes vertrieben! Damit nämlich diese Tourismuspläne umgesetzt werden können, werden grosse Teile der Arusha-Region zu Naturschutzgebieten erklärt. In dieser „Game Controlled Area“ sind Wildtiere geschützt, dürfen aber geschossen werden. In solchen Naturschutzgebieten allerdings dürfen keine Menschen leben – auch nicht die Massai, die diese zumeist karge Savanne als Weideland nutzen. Die Rinderherden würden zudem den Wildtieren das Wasser entziehen. Als ein Gericht im August 2023 diese präsidiale Anordnung der Game Controlled Area ausser Kraft setzte, reagierte die tansanische Regierung prompt und benannte das Gebiet um in ein „Game Reserve“, wo auch Touristen willkommen sind, die nicht jagen wollen.

Alles begann vor rund drei Jahren, als am 07. Juni 2022 die ersten 700 Sicherheitskräfte, bestehend aus Militärs, Polizisten, Paramilitärs und Ranger, in der Stadt Loliondo eintrafen, um die Behörden bei den Grenzmarkierungen von rund 1.500 Quadratkilometern zu unterstützen. Am 09. Juni, also zwei Tage später, gingen örtliche Gemeindemitglieder aus den betroffenen Dörfern Ololosokwan, Oloirien, Kirtalo und Arash (nahe des Ngorongoro-Kraters) dagegen auf die Strasse und entfernten die Markierungen wieder. Sie wurden mit Schusswaffen und Tränengas zurückgedrängt. Dabei wurden zahlreiche Protestierende verletzt – viele trugen auch Schussverletzungen davon. 24 Massai (darunter einige Dorfälteste) wurden festgenommen. Ihnen wurde Verschwörung zum Mord an einem Polizisten vorgeworfen. Das konnte jedoch durch Rechtsbeistände (finanziert unter anderem durch Menschenrechts-organisationen) widerlegt werden. Die Betroffenen wurden wieder frei-gelassen.

Die Massai waren durchaus im Recht, schliesslich verstiessen diese Grenzmarkierungen gegen den Richterspruch des Ostafrikanischen Gerichtshofes sowie die Menschenrechte. So können die Massai durch die Vertreibung aus ihren Dörfern nicht mehr ihrem normalen, traditionellem Leben nachgehen, da ihnen die Grundlage dafür entzogen wird. Viele Massai sind aufgrund der Vorfälle nach Kenia geflohen, möchten aber selbstverständlich wieder zurück in ihre Heimat, wo sie geboren wurden und seit Jahrhunderten vornehmlich als Viehzüchter tätig sind. Dabei leben sie stets im Einklang mit der Natur, auch mit den Wildtieren.

Recherchen von in Tansania nicht gerne gesehenen Journalisten ergaben, dass bereits in den 1990er Jahren ein Unternehmen aus Dubai (Otterlo Business Corporation OBC) Lizenzen für Grosswildjagden erworben hatte. Dem folgte nun ein Pachtvertrag für die Arabischen Emirate, die die inzwischen aufgestellten Luxusressorts und ein eigens gebautes Flugfeld zu diesen Zwecken nutzen. Die Regierung Tansanias erhält nun nicht nur die Pachteinnahmen, sondern auch die Gebühren aus den Lizenzen für Abschussfreigaben. Dabei soll es den betuchten Scheichs möglichst leicht gemacht werden, die Abschussquote zu erfüllen. Somit seien die Rinder-herden im Weg, da sie die Wildtiere vertreiben würden.

Doch sind die Emirate auch neben dem Tourismus in Tansania engagiert: Auf rund acht Prozent der Fläche des Landes soll der ökologische Fussabdruck von Dubai durch CO2-Projekte verringert werden.

Und schliesslich: Ein chinesischer Investor hat sich den Ngorongoro-Krater angeeignet. Gut eingezäunt wurden Touristencamps errichtet. Willkommen sind nur jene, die für den Einlass bezahlen. Partner dieses Projektes sind seit 50 Jahren auch die deutsche Bundesregierung und die Zoologische Gesellschaft Frankfurt.

Nach wie vor sind Gerichtsverfahren anhängig, die wertvolle Zeit verschlingen. So werden etwa in Ngorongoro ganze Massai-Rinderherden von schwer bewaffneten Wildhütern konfisziert und schliesslich verkauft, wenn diese zu Wasserstellen getrieben werden. Viele der Massai haben dadurch ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Jenen Massai, die Ackerflächen besitzen, wurde die Bewirtschaftung ihrer Felder untersagt – gleichzeit stiegen Preise für importierten Reis und Bohnen in astronomische Höhen. Gelder etwa für wichtige infrastrukturelle Massnahmen in den Massai-Gebieten wurden gestrichen. Die Regierung unternimmt wirklich alles Erdenkliche, das Volk aus dieser Region zu vertreiben. Auch die Ärzte des medizinischen Flugdienstes mussten im April 2022 ihre Betreuung einstellen, nachdem den Piloten die Flug-lizenzen entzogen wurden.

Als Vertreter der UNESCO in Arusha eingetroffen sind um die Zustände im „Weltkulturerbe Serengeti“ zu überprüfen, erhielten sie nur Regierungs-termine und somit einen mehr als einseitigen Blick auf die Situation. Die Massai wurden nicht in den Gesprächen gehört. Das Europäische Parlament hat am 14. Dezember 2023 die Regierung Tansanias in der „EU-Resolution gegen die Vertreibung der Maasai aus dem Ngorongoro-Naturschutzgebiet und dem geplanten Schutzgebiet in Loliondo“ aufge-fordert, die gewaltsamen Vertreibungsversuche einzustellen. Hierzu hiess es vonseiten der Regierung, dass man den Massai durchaus Ersatz-wohnungen angeboten habe.

Übrigens: Im Landnutzungsplan 2023 für Ngorongoro sind keine Massai-Dörfer und -Weideflächen mehr für diese Region enthalten. Der Plan regelt die Landnutzung des Gebietes bis 2043, er wird vom dortigen Bezirksrat abgelehnt! Die Zoologische Gesellschaft Frankfurt, die offenbar an der Erstellung dieses Planes beteiligt war, streitet eine Rolle an den Gebietsmarkierungen von Loliondo ab – allerdings betonen die Massai, dass mit den Stiftungsgeldern und den Entwicklungsgeldern der deutschen Bundesregierung zwar keine Waffen angeschafft werden, dafür jedoch Fahrzeuge und Verwaltungsgebäude errichtet werden. Dass es sich um keine Peanuts handelt – 2023 belief sich der Förderbetrag auf 30,5 Mio Euro (29,5 Mio als Hilfe der Bundesrepublik)! Davon wurden für den zuvor angesprochenen Nutzungsplan rund 220.000 € ausgegeben. Die meisten der Gerichtsprozesse wurden durch den Maasai-Anwalt und Weimarer Menschenrechtspreisträger Joseph Oleshangay ausgefochten, der auch nicht von einem Protest vor dem Gebäude der ZGF in Frankfurt zurückschreckte, um auf die Zustände in Tansania hinzuweisen. Er musste sein Heimatland 2024 auf Druck der Regierung verlassen. Von Oleshangay war auch zu erfahren, dass die angebliche Ersatzsiedlung für die Massai im 600 km entfernten Msomera errichtet worden sei. Bis 2026 sollen die Naturschutzgebiete auf 50 % der Landfläche Tansanias erweitert werden, damit würden mehr als 300.000 Massai vertrieben. Der Beitrag Deutschlands für den Naturschutz ist zwar sehr hehr – doch offenbar weiss man in Berlin und Frankfurt nichts davon, dass dieser Naturschutz tatsächlich eine Wirtschaftsmassnahme der tansanischen Regierung darfstellt. Und zum Thema Massai-Vertreibung schweigt man sich tunlichst aus. Anfang 2024 wurden die 29,5 Mio um weitere neun Mio aufgestockt.

Lesetipps:

.) Waters of the Sanjan. A Historical Novel of the Masai; David Read/Pamela Brown; Selbstverlag 1982

.) Bwana Game; George Adamson; Hoffmann und Campe 1969

.) Die weisse Massai; Corinne Hofmann; A1 Verlag 2000 (2005 auch verfilmt)

Links:

No Comments »

Na denn: Guten Appetit!

Der Lachs ist einer der begehrtesten Fische – nicht nur in der mittel-europäischen Küche. Er ist reich an Omega-3-Fettsäuren und benötigt nur wenig Zeit in der Zubereitung, völlig gleichgültig ob roh, gebraten, gekocht, gegrillt oder auch geräuchert. Wichtig ist nur, dass er stets mit der Hautseite nach unten in die Pfanne gegeben wird. Seine charak-teristische Fleischfärbung von dunkelrosa bis orange ist deshalb sowohl in der Sommer- als auch der Low Carb-Küche gern gesehen. Ausge-zeichnet passt der Lachs zu Nudeln, Salat oder auch Gemüse, wie etwa dem Spargel. Frischer Lachs hat eine feste Konsistenz und riecht nach Boden und Gras.

Da der Bedarf nur zu rund 30 % aus gefangenem Wildlachs abgedeckt werden kann, werden seit den 1970er Jahren die meisten Fische kommerziell in „Lachsfarmen“ gezüchtet. Viele davon wurden in den norwegischen Fjorden errichtet, da hier das Wasser relativ ruhig ist. 92 % der Zuchtlachse werden von nur sechs Staaten „produziert“: Norwegen, Grossbritannien, Kanada, Chile, Australien und Neuseeland.

Die Funktionsweise der Lachsfarmen ist nahezu ident mit jener der Forellenzucht. Das Leben der Fische beginnt in einem grossen Warm-wasserbecken, in dem die Eier reifen. Dort bleiben die geschlüpften Fische noch rund 40 Tage lang, bevor sie in grosse Tanks umquartiert werden. Dort erfolgt auch der erste Kontakt mit Impfstoffen. Ab einem Gewicht von zirka 100 Gramm werden sie in die Netzgehegeanlagen im Meerwasser ausgesetzt. Die Grössenmessung erfolgt mittels Ansaugung durch einen Schlach in die Messstation.

Diese riesigen Aquakultur-Netze befinden sich zumeist an Stellen mit grosser Tiefe und einer Strömung, damit die Abfallstoffe der Fische weitertransportiert werden. Das ist Problem Nummer eins der Lachs-farmen. Zu viele Fische (in grossen Farmen können dies schon mal bis zu 1 Mio sein) führen zu einer starken lokalen Verunreinigung des Wassers. Mit Problem Nummer 2 bleiben wir auch noch etwas beim Wasser: Eine weitere Belastung erfolgt durch das Futter der Tiere. Es besteht zumeist aus Pellets von gepresstem Fischmehl, Soja, Fischöl und Sojaöl. Daneben werden noch Farbstoffe (für die spätere Färbung des Fleisches) und bis 2017 zudem Ethoxyquin beigegeben. Dieses wird für die Haltbarmachung des Fischmehls verwendet. Die Europäische Behörde für Lebensmittel-sicherheit EFSA zog das Mittel allerdings ab 2020 (Ende der Über-gangsfrist) gänzlich aus dem Verkehr, da es sich in den Fischen anreicherte und somit in die Nahrungskette gelangte. Die Grenzwerte von 50 µg/kg Fleisch wurden zuhauf überschritten. Soll das Mittel angeblich für Fische und Landtiere unproblematisch sein, so kann eine Gefahr für den Menschen durch die zumeist im Ethoxyquin enthaltenen Verun-reinigung p-Phenetidin nicht ausgeschlossen werden. Diese sorgt im Genmaterial von Mensch und Tier zu möglichen Mutationen! 2016 hatte Chile aufgrund all dieser Verunreinigungen und toter Fische mit einer „Roten Flut“ an den Küsten zu kämpfen.

Damit zu Problem Nummer drei: Der Einsatz von Antibiotika! Damit sollten einerseits bakterielle Infektionen der Fische ausgeschlossen und andererseits der Lachslaus (Lepeophtheirus salmonis) an den Kragen gegangen werden. Die Lachslaus ist ein kleiner Krebs, der sich vom Schleim, der Haut und dem Blut der Fische ernährt. Durch die Nahrungskette gelangt das Antibiotikum in den menschlichen Körper. Nicht selten werden in der „Tierproduktion“ Antibiotika eingesetzt, die in der Humanmedizin oftmals als letztes Mittel gegen die sog. „Superkeime“ eingesetzt werden, bei welchen normale Arzneimittel nicht mehr funktionieren, da die Keime resistent dagegen geworden sind. Das ist nun auch die grosse Gefahr beim Menschen: Durch die Anreicherung des Antibiotikums im Körper bekommen diese Keime nun die Möglichkeit, Mutationen zu bilden, die auch gegen diese Arzneimittel resistent werden. Ein grosses allgemeines Problem der Massentierhaltung – völlig gleichgültig ob Geflügel, Rinder oder eben Fische. Gottlob ging der Antibiotika-Einsatz durch vornehmlich die Einzelimpfung der Fische zurück. Allerdings lag bei einer Untersuchung der Umweltorganisation Greenpeace noch 2018 der Antibiotika-Wert bei Lachsen aus Chile beim 700-fachen der Werte aus Norwegen. Gegen die Lachslaus werden übrigens Lumpfische und Bäder in mit Wasserstoffperoxid ange-reichertem Wasser eingesetzt.

Aus all diesen Gründen erhielt der Lachs auch die Bezeichnung als „Schwein der Meere“!

Doch ist dies noch lange nicht alles!

Ein weiteres Problem besteht ganz allgemein bei der Massentierhaltung in der sog. „Faunenverfälschung“! Aus der Farm entkommene Fische (in Norwegen etwa 200.000 pro Jahr) vermehren sich mit wild wachsenden Fischen, was nach und nach zu einem Aussterben der natürlichen Art führen kann. Norwegen hat aus diesem Grunde etwa die Angelzeit für entbückste Farmfische ausgeweitet. In Chile kommt der Fisch natürlich überhaupt nicht vor. Dort verliert er den Orientierungssinn und findet den Weg ins Süsswasser nicht mehr, wo er normalerweise den Laich absetzt.

Vermehrt kommt es in den Lachfarmen vornehmlich Norwegens, Kanadas und Grossbritanniens zu Massensterbeereignissen durch Seuchen und Infektionskrankheiten, aber auch dem durch die Klimaänderung immer wärmer werdenden Wasser, das weniger Sauerstoff enthält. So starben beispielsweise im Jahr 2023 in Norwegen nach Angaben der Organisation Foodwatch nicht weniger als rund 100 Mio Tiere. In einer Untersuchung von Gerald Singh et.al. von der kanadischen University of Victoria wird sogar die Zahl 865 Millionen zwischen 2021 und 22 angegeben. So kann etwa das Piscine Orthoreovirus in den Fischen zu Herz- und Muskelentzündungen führen.

Und schliesslich kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei der Fütterung der Fische genmanipuliertes Soja zum Einsatz kommt (wie etwa das Roundup-Ready-Soja), der eigentlich in Europa eigens auf der Packung ausgewiesen werden muss und eine gewisse Konzentration nicht überschreiten darf.

Ach ja – und da sind immer mal wieder die Fälle von Nematodenwürmer (Fadenwürmer), von welchen vor allem der Anisakis genera im mensch-lichen Darm zu geschwulstähnlichen Erscheinungen und Bauchschmerzen bis hin zum Darmverschluss (selten!) führen kann. Dagegen hilft nur ein ordentliches Durchgaren des Fischen bei 60-70 Grad oder das Gefrieren des Fleisches für zumindest einen Tag bei -20 Grad. Solche Fadenwürmer können übrigens auch in anderen Fischarten wie dem Kabeljau, Rot-barsch, Seeteufel, Steinbeisser und Blauleng vorkommen.

Natürlich gibt es auch in der Lachszucht eine Biovariante, die vornehmlich in Schottland und Irland nach den Bestimmungen der britischen Soil Association geführt wird.

Ob Sie nun auch weiterhin Lachs essen – diese Entscheidung bleibt Ihnen überlassen. Ich für meinen Anteil habe schon seit Jahren keinen Lachs mehr angerührt und beabsichtige dies auch für die Zukunft nicht. Foodwatch schliesslich fordert ein Verbot von norwegischem Lachs in Deutschland. Nur zwei von zehn befragten Lieferanten legten die Herkunft ihres ASC-zertifizierten Lachses offen – acht schwiegen sich aus.

https://www.foodwatch.org/de/mitmachen/keine-faulen-fische-lachsleid-stoppen

Vollständigkeitshalber sei hier noch angebracht, dass viele der Vorwürfe, die ich in diesem Blog verarbeitet habe und durch Foodwatch kritisiert wurden, in einer Stellungnahme des NSC (Norwegian Seafood Council) zurückgewiesen wurden.

Lesetipp:

.) Lachsfische (Salmoniformes): Biologie und Aquakultur; Martin Hoch-leithner; Aqua Tech Publications 2014

.) Die Strassen der Tiere; Hrsg.: Heini Hediger; Springer Wissenschafts-verlag 1967

Links:

No Comments »

WP Login