Archive for Juni, 2025

Agrarpatente – irgendwann hört der Spass auf!

Ein durchaus umstrittenes und damit heisses Thema, über das ich heute informieren möchte: Patente auf Tiere und Pflanzen! Angeschnitten habe ich dieses Thema bereits im meinem Text über die alten Sorten. Der damalige Saatgut-Riese Monsanto (heute zur deutschen Bayer AG gehörend) wollte damals Patente auf all seine Produkte, sodass die weltweite Landwirtschaft praktisch nurmehr die von ihm hergestellten Waren benutzen und dafür natürlich Lizenzen bezahlen sollte. Das wäre das Ende von Eigenzüchtungen und damit auch der alten Sorten gewesen.

Was aber hat sich seither geändert? Vieles, gleichzeitig aber eigentlich doch nichts! Ein kleines Beispiel? Am 15. Oktober 2024 wurde der Einspruch von „Keine Patente auf Saatgut“ gegen das Patent auf kälte-toleranten Mais der Firma KWS (EP 3380618) zurückgewiesen, obgleich Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Pflanzensorten in der EU nicht zulässig sind. KWS hatte das Patent im Jahre 2016 angemeldet, um damit auch Mais in nördlicheren Regionen anbauen zu können. Das ist alsdann die Begründung des Europäischen Patentamtes (EPA): Das Verbot ist nur auf Patente anzuwenden, die nach dem 01. Juli 2017 ange-meldet wurden! Sehr schwer zu verstehen!

Gegenbeispiel: Am 30. Oktober 2018 widerrief das EPA in München den Patentschutz auf ein Patent, das 2013 auf den „Super-Brokkoli“ von Monsanto (EP 1597965) erteilt wurde. Dieser Brokkoli ist eine besonders langhalsige Pflanze, damit sie besser geerntet werden kann. Schon 2014 protestierten Patent-Gegner vor dem EPA und überreichten 75.000 Unterschriften. Gemeinsam mit einem Konkurrenten Monsantos legten sie Einspruch gegen das Patent ein und erhielten Recht.

Der Widerruf des Patents erfolgt als Konsequenz der Umsetzung dieser Regelung in die Praxis.“

(Rainer Osterwalder, Pressesprecher des EPAs)

Im Speziellen geht es dabei um die Erteilung von Patenten auf Pflanzen aus konventioneller Züchtung. Dennoch hatte das EPA bis November 2018 rund 80 solcher Patente erteilt (Pflanzen und Produkte daraus). Soll heissen, wenn der Kleingarteninhaber oder Bio-Bauer ohne der Hilfe der Gentechnik eine neue Züchtung präsentiert und diese als Patent anmelden möchte, so sollte dies rechtmässig eigentlich nicht möglich sein. Diese Regelung aber gilt nicht für gentechnische Änderungen in der Züchtung – diese sind nach wie vor patentierbar. Der angesprochene US-Konzern jedoch ist selbstverständlich bekannt für seine konventionellen Züchtungen! Hätten sie damals die gentechnische Veränderung einge-standen, so wäre dies unter den Patentschutz gefallen. Doch: Gentech-nisch veränderte Pflanzen und deren Produkte müssen in der EU eindeutig gekennzeichnet sein. Stellt sich nun die Frage, wieso dieser Brokkoli als konventionelle Züchtung patentiert wurde?!

Zurück zum kältetoleranten Mais! Er stammt angeblich tatsächlich aus der konventionellen Züchtung! Das Unternehmen spricht von „Zufallsmuta-genese“ – die gentechnisch relevanten Anlagen wurden in bereits existierenden Pflanzenlinien entdeckt, die schon seit längerer Zeit zur Züchtung eingesetzt werden. Stellt sich hier erneut eine Frage: Wieso wurde der spezielle Mais patentiert, wenn er aus konventioneller Züchtung stammt?!

Und jetzt kommt der Knackpunkt: Besteht kein Patent, so können Züchter ohne Problem auf Züchtungsmaterial (Saatgut) zurückgreifen – das ist das „Züchterprivileg“. Und nun sind wir wieder dort, wo Monsanto damals die EU haben wollte: Dem Saatgut-Monopol! Besteht ein solches Agrar-Patent, so dürfen Zuchtunternehmen, aber auch kleine Garten-Züchter nurmehr auf das Saatgut des Patentträgers zurückgreifen und müssen selbstverständlich dafür bezahlen.

Grietje Raaphorst-Travaille vom niederländischen Zuchtunternehmen Nordic Maize Breeding bringt die Problematik auf den Punkt:

Vermutlich wurden diese Pflanzen bereits jahrelang zur Zucht eingesetzt, bevor das Patent angemeldet wurde. Es scheint jetzt unklar, ob Pflanzen mit diesen Erbanlagen auch in Zukunft zur Zucht frei verwendet werden können. Wir können unsere Sorten nicht einmal nach den speziellen Genabschnitten durchsuchen, weil sogar die entsprechenden Nachweisverfahren patentiert wurden. Derartige Patente können der konventionellen Züchtung den Boden unter den Füßen wegziehen.“

Soll heissen, dass Züchter, die dieses Saatgut seit Jahren verwenden, plötzlich dafür bezahlen müssen – möglicherweise gar rückwirkend! Ansonsten ist der weitere Anbau – und damit auch die weitere Gewinnung von Saatgut – verboten und zieht sehr hohe Strafen mit sich!

Im Jahr 2024 erteilte das EPA 20 neue Patente auf konventionelles Saatgut – wie ist das möglich? Insgesamt sind rund 1.300 Pflanzensorten von derartigen Patenten betroffen, die es eigentlich gar nicht geben dürften.

Das Europäische Patentamt und die Saatgut-Industrie zerstören mit diesen Patenten die Grundlagen der europäischen Pflanzenzucht. Noch nie war der Zugang zu konventionell gezüchteten Pflanzensorten so stark durch Patente behindert wie heute!“

(Johanna Eckhardt von Keine Patente auf Saatgut!)

Bereits 2023 erteilte das EPA 20 Patente auf Pflanzen konventioneller Züchtungen – dabei u.a. Gurken, Mais, Melonen, Paprika, Raps, Spinat, Tomaten und Weizen. Nach Angaben von „Keine Patente auf Saatgut!“ waren etwa folgende Unternehmen die Nutzniesser davon: Nunhems/BASF, Enza Zaaden, KWS, Rijk Zwaan, Seminis/Bayer und ChemChina/Syngenta. Der österreichische Verein Arche Noah erklärt, wie dies möglich ist: Damit eine Patentierung umgesetzt werden kann, werden in der modernen Gentechnik mit Hilfe der Genschere CRISPR/Cas spezielle Merkmale konventioneller Pflanzen kopiert. Diese Patente, die dann mit Hilfe der Gentechnik erzielt wurden, beschränken sich jedoch nicht nur auf die Gentechnik sondern – wie bereits kurz angesprochen – auch auf die Erfolge der konventionellen Züchtung durch Zufallsmutationen. Jene Züchter müssen dann Lizenzgebühren entrichten, obgleich die Züchtung möglicherweise sogar von ihnen selbst gemacht wurde. Ansonsten ruft der Richter.

Sehr peinlich ist in dieser Hinsicht das Moratorium des EPAs zur Prüfung von Patenten auf Pflanzen und Tiere. Nachdem das EU-Patentamt 2018 bemerkt hatte, dass widersprüchliche Entscheidungen bei der Prüfung von Saatgut gefällt worden sind, wurden die Prüfungen derartiger Patentanträge ab Anfang 2019 ausgesetzt. Ein Jahr später allerdings hob der Präsident des Europäischen Patentamtes, António Campinos, diese Aussetzung auf, obgleich nach wie vor viele Unklarheiten bestanden. Im Mai 2020 bestätigte die Grosse Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes, dass Pflanzen und Tiere aus herkömmlichen Züchtungs-verfahren nicht patentiert werden dürfen. ÄHM!? 2018 wurden Einsprüche etwa auf Patente durch herkömmliche Züchtung der Firma Carlsberg (Gerste und Bier) abgewiesen. Dem Schreiberling dieser Zeilen sei hierzu das Zitat eines Bibelspruches erlaubt: „ …, sie wissen nicht, was sie tun!“ (Lukas 23:34, Lutherbibel 1912).

Das Patentrecht wird sonst dazu missbraucht, um sich Kontrolle über die Landwirtschaft und die Grundlagen unserer Ernährung zu verschaffen.“

(Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuer-liche Landwirtschaft AbL)

Und damit wieder zurück zum Anfang: Das Urteil, wonach Patente, die vor dem 1. Juli 2017 eingereicht wurden, nicht beeinsprucht werden können, ist kontraproduktiv! Damit bleibt eine Vielzahl der Patente, die eigentlich widerrechtlich zugelassen wurden, bestehen. Hier müsste das EPA von amtswegen tätig werden und das Patent neu überprüfen.

Die vorhergehende Umweltministerin Österreichs, Leonore Gewessler (Grüne), sieht den Alpenstaat federführend in der EU – zumindest in dieser Problematik auf dem durchaus richtigen Weg:

„ … fortschrittliche Regeln, die Patente auf Leben verhindern und sicherstellen, dass die heimische Landwirtschaft geschützt ist”

Applaus hierzu kommt etwa von Saatgut Austria, aber auch der Arche Noah:

Die österreichische Bundesregierung zeigt mit dem neuen Patentrecht vor, wie ein wirksamer Ausschluss von der Patentierbarkeit aussieht. Österreich wird damit Vorreiter in Europa!“

(Volker Plass, Geschäftsführer von Arche Noah)

Ende vergangenen Jahres wurde durch die deutsche Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ein Gutachten vorgelegt, das am 9. Dezember 2024 auch dem EU-Parlament vorgestellt wurde. Es kommt zu dem Schluss, ob entsprechende Vorlagen des EU-Parlaments und des EU-Ministerrates real überhaupt umsetzbar sind. „Keine Patente auf Saatgut“ begrüsst im Grossen und Ganzen den Vorstoss der deutschen Grünen, kritisert jedoch dabei, dass internationale Verträge abgeändert werden müssten, um ein solches Ziel zu erreichen – so beispielsweise das „Europäische Patentübereinkommen“ (EPU). Hier gehe das Gutachten zu wenig differenziert vor, wodurch erneut zu viele rechtliche Spielräume offen blieben. Ohne einen solchen weiteren politischen Schritt bleibt es wohl vorerst bei Lippenbekenntnissen, wie etwa dem 2. Patenten-Vorschlag der polnischen Ratspräsidentschaft zu neuen Gentechniken vom 6. Februar 2025, in dem nach Meinung des AbL mehr den Wünschen und Vorstellungen der Patentinhaber und Konzernen entsprochen wird, als jenen der mittelständischen Pflanzenzüchter.





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Diesen nachfolgenden Blog habe ich am Vormittag des 21. Junis 2025 online gestellt! Dass der US-Präsident noch am selben Tag den Einsatzbefehl gegeben hat, konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht voraus-sehen!

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Iran/Israel – das Pulverfass explodiert gerade

„Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle!“

(Friedrich Merz, deutscher Bundeskanzler im ZDF)

Dieter Hallervorden und 20 weitere haben den dt. Bundeskanzler inzwischen für diese Aussage angezeigt, obwohl sie ihm ja quasi auf dem Präsentierteller vorgelegt wurde.

Es ist ein offener Schlagabtausch, der seit nunmehr etwas mehr als einer Woche zwischen Israel und dem Iran stattfindet – zumeist über den Köpfen der Bevölkerung des Iraks, Syriens, Jordaniens bzw. Saudi Arabiens hinweg. Diese Staaten liegen nämlich zwischen den beiden Kriegsparteien.

Lange ist die Eskalation befürchtet worden, nun ist sie eingetreten. Begonnen durch die Luftangriffe auf Atomanlagen (wie Natans und Fordo), Atomwissenschaftler und ranghohe Offiziere der Revolutions-garden. Es waren Punktangriffe – das hat sich inzwischen geändert: Hat offenbar der israelische Geheimdienst Mossad erst gute Arbeit bei der Weiterleitung der Koordinaten geleistet, spricht die NGO „Human Rights Activists News Agency (HRANA)“ inzwischen (seit Beginn bis zum 20. Juni) von 263 getöteten Zivilisten (bei ingesamt 657 Toten. Der Iran antwortete ebenfalls mit Drohnen und Raketen, dabei wurden die ersten Menschen in der Zivilbevölkerung getötet. Israel nimmt zwar auch weiterhin vornehm-lich die Atom- und Rüstungsanlagen unter Beschuss, bei Angriffen auf Militärs und Wissenschaftlern jedoch nimmt man durchaus auch Kollateralschäden in Kauf. Der Unterschied: Israel besitzt viele Bunker – wenn nicht gar die meisten im internationalen Ländervergleich. Die Mullahs in Teheran hingegen liessen und lassen die Bevölkerung im Stich – und dies obgleich sie seit der Machtübernahme der Mullahs eine ständige Aggressionspolitik verfolgen und den internationalen Terro-rismus unterstützen. Somit sollte eigentlich davon ausgegangen werden, dass irgendwann ein solcher Erstschlag erfolgt. Bereits in der ersten Amtszeit Trumps tötete eine US-Drohne des Typs MQ-9 Reaper am 03. Januar 2020 den iranischen Divisionskommandanten Qasem Soleimani sowie den irakischen Brigadegeneral Abu Mahdi al-Muhandis, einen Hisbollah-Führer und fünf weitere Personen. Der Angriff erfolgte zwar im Irak, hätte aber durchaus auch im Iran stattfinden können. Nach ständigen Drohungen zwischen Teheran und Tel Aviv sowie der Unter-stützung der Terrormilizen Huthi, Hamas und Hisbollah bei derem Kampf gegen Israel musste man wohl auch davon ausgehen, dass dem rechtskonservativen Ministerpräsidenten Netanjahu der Kragen platzt. Somit ist diese Nicht-Vorsorge eine grobe Vernachlässigung gegenüber der iranischen Bevölkerung. Jene, die es sich leisten können, fliehen deshalb über die Grenzen um sich in Sicherheit zu bringen.

So pervers es klingt, doch sehen iranische Regimegegner im Exil nun eine Chance zum Neuanfang in ihrem Land. Das allerdings gehe nur mit der Bevölkerung, die seit der Revolution im Jahre 1979 v.a. unter den geist-lichen Führern von damals (Ayatollah Ruhollah Khomeini) bis heute (Ayatollah Khamenei), aber auch den weltlichen Präsidenten von Abol-hassan Banisadr bis zum heutigen Massud Peseschkian (die stets im Schatten der geistigen Führer standen) zu leiden hatte.

Offiziell ist der Iran eine Islamische Republik, inoffiziell allerdings eine Autokratie der Mullahs. Widerrufe werden im Keim erstickt, Demons-trationen mit Gewalt niedergeschlagen, Kritiker verhaftet und gefoltert sowie oftmals auch hingerichtet. 2024 wurden nach Angaben der UNO mindestens 975 Menschen hingerichtet – im Revolutionsjahr 1979 waren es 900! 16 Journalisten sind inhaftiert, wie viele politischen Gegner zudem ist nicht bekannt. Gehen Frauen auf die Strasse, um gegen etwa die Todesstrafe zu demonstrieren, werden sie festgenommen und Körperstrafen oder gar Todesurteile über sie verhängt. Apropos Frauen: Sie dürfen erst seit 2019 wieder an Sportveranstaltungen aktiv und passiv teilnehmen. Hierfür gab es zwei Anlässe: Die Selbstverbrennung von Sahar Chodayari, die sich als Mann verkleidet am 12. März 2019 ins Fussballstadion schlich, um das Spiel ihres Teams Esteghlal Teheran gegen al-Ain (VAE) in der asiatischen Champions League zu verfolgen. Sie machte ein Selfie und setzte es in die Sozialen Medien . Ein Riesenfehler! Es dauerte nicht lange bis sie festgenommen wurde. Sie sollte für ein halbes Jahr ins Gefängnis. 90 % ihrer Haut wurden bei ihrem Selbstmord verbrannt – einige Tage später starb sie. Und zum Zweiten kämpfte die Tochter des ehemaligen Präsidenten Rafsandschani, Faezeh Haschemi, als Politikerin und Sportfunktionärin für das Recht der Frauen am Sport.

Das Internet im Iran war zwar vor dem Beginn der gegenseitigen Angriffe freigegeben, unterlag aber ebenfalls wie Zeitungen, Radio und Fernsehen der staatlichen Zensur.

Rund 80 % der iranischen Wertschöpfung wird von religiösen Stiftungen (Bonyads) kontrolliert. Die grösste davon ist die Āstān-e Qods-e Razavi, die mehrere Banken, Hotels, Geschäfte, Fabriken, aber auch Museen und Bibliotheken betreibt. Sie macht jährlich einen Umsatz von rund 14 Milliarden Dollar. Obgleich die Regierungen seit 2001 an Privatisierungen arbeiteten, bestand hier kein wirklich grosses Interesse daran. Erst 2008 griffen verschiedene Kommandeure der Iranischen Revolutionsgarden zu.

Alles somit durchaus Erscheinungsbilder autokratisch regierter Staaten oder gar Diktaturen, die häufig auch durch UN-Resolutionen scharf kritisiert wurden. Deshalb sehen Regimekritiker wie Nasrin Sotudeh (die Trägerin des Alternativen Nobelpreises und des EU-Menschenrechts-preises) eine gute Chance für einen Regimewechsel im Iran. Nach den Angriffen Israels sind viele Führer nicht mehr vorhanden, die Herrschaftsklasse ist geschwächt. Auch aus militärischer Sicht betonen viele Experten, dass der Iran angezählt ist. So wurden viel Geld und Waffen in die Terrormilizen investiert, die selbst derzeit geschwächt sind. Und weitere Waffen (v.a. Drohnen) wurden nach Russland geliefert. Werden nun auch die Einnahmequellen vornehmlich aus der Erdöl-förderung abgeschnitten, da durch Raketeneinschläge für längere Zeit ausser Funktion gesetzt, so verliert das derzeitige Mullah-Regime auch den wirtschaftlichen Hintergrund. Hauptabnehmer des iranischen Erdöls waren übrigens bislang China und Indien.

Anlass zu Spekulationen gaben diesbezüglich zwei Regierungsflüge mit Maschinen der Airline „Meradsch“ von Teheran nach Maskat/Oman am 18. Juni des Jahres. Der Oman hatte einst im Atomstreit der USA und dem Iran vermittelt. Gerüchte nun meinen, dass hochrangige Regierungs-mitglieder ausgeflogen wurden. Bislang liegen keine Erklärungen des Iran und des Omans vor. Sollte es jedoch tatsächlich zu einem Regimewechsel kommen, so bestht die nicht zu unterschätzende Gefahr, dass hochange-reichertes Uran in falsche Hände kommen könnte.

Entscheidend wird wohl die Position der USA in diesem Konflikt sein. Trump lässt keine Zweifel darüber aufkommen, dass sie in den Kriieg eingreifen werden. Zwei Flugzeugträger und mehrere Zerstörer der Navy wurden in die Region verlegt. Tankflugzeuge, die Langstreckenbomber in der Luft auftanken sollen, stehen ebenfalls bereit. Werden diese aktiv in den Konflikt eingreifen, oder unterschtüzen sie das Flugabwehrsystem Israels (dieses Mal vornehmlich „Arrow“ für die Langstreckenangriffe, daneben gibt es noch den „Iron Dome“ für Kurz- und „David’s Sling“ für die Mittelstreckenangriffe), dem langsam die Abwehrraketen auszugehen drohen. China hat seine Bürger bereits aus dem Iran evakuiert, andere Länder ebenfalls. Trump empfahl der iranischen Regierung die Kapitulation, Ayatollah Ali Chamenei hat dies selbstverständlich abge-lehnt. Er warnte auch andere Staaten davor, in den Konflikt einzugreifen.

Stein des Anstosses ist übrigens das iranische Atomprogramm. So ist es dem Land international erlaubt, Uran für den Gebrauch in Atom-kraftwerken, nicht jedoch für den Bau von Atomwaffen anzureichern. Dieses Atomabkommen cancelte Trump bereits während seiner ersten Amtszeit und verhängte Sanktionen gegen das Land und führende Regierungs- und Wirtschaftsmitglieder. Er ging gar so weit, Ländern zu drohen, die nach wie vor mit dem Iran Geschäfte machten. Für diese Urananreicherung sind Zentrifugen notwendig. Diese soll Israel immer wieder unter Beschuss genommen haben. Teilweise jedoch sind sie unterirdisch bzw. durch Bunker geschützt. Hat Israel also sich selbst und den Nahen Osten durch diesen eindeutig völkerrechtswidrigen „Präventiv-schlag“ geschützt? Oder hat der Chef der Internationalen Atomenergie-behörde IAEA, Rafael Grossi, recht, wenn er behauptet, dass keine Beweise für den systematischen Versuch des Irans vorliegen, an Atom-waffen zu gelangen. Allerdings kann auch er nicht ausschliessen, dass es versteckte Aktivitäten gegeben habe. Der Iran hatte in letzter Zeit seine Uran-Vorräte stark aufgestockt – mit beinahe waffenfähigem Uran.

Scharfe Kritik am Angriff Israels kam übrigens aus Pakistan und ausgerechnet aus Russland. So warf Moskau der israelischen Regierung vor, „die Welt in Richtung einer nuklearen Katastrophe zu treiben“ und warnte die USA davor, direkt in diesen Konflikt einzugreifen.

Ob nun der Iran oder Israel die Wahrheit gesprochen hat, wird sich wohl so oder so in den kommenden Wochen zeigen. Ich hoffe, dass die Parteien doch noch an den Verhandlungstisch zurückkehren und objektiven Prüfkommissionen voller Einblick gewährt wird. Ansonsten haben wir einen Kriegsschauplatz mehr auf der Erde, der erneut der Zivilbevölkerung beider Staaten viel Blut und Leid bringen wird.

Übrigens: Im Jahr 2023 flüchteten insgesamt 36.173 Menschen aus dem Iran (Angabe: UNHCR) – in Deutschland wurden 1.511 positive Entscheide gefällt (40,08 Prozent).

Lesetipps:

.) Zwischen den Welten. Von Macht und Ohnmacht im Iran; Natalie Amiri: Aufbau 2021

.) Geschichte Irans – Von der Islamisierung bis zur Gegenwart; Monika Gronke; C.H. Beck 2016

.) Moderne, Subjekt, Staat: zur Rolle der Bildung in der Kontroverse zwischen Individuum und Staat in Iran; Parvin Javadi; Schwarz 2014

.) Iran. Grundzüge einer geographischen Länderkunde; Eckart Ehlers; Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1980

.) Revolutionary Iran – A History of the Islamic Republic; Michael Axworthy; Penguin Books 2013

.) The Cambridge History of Iran; Cambridge University Press 1993

.) A History of Modern Iran; Ervand Abrahamian: Cambridge University Press 2008

.) Contemporary Iran – Economics, Society, Politics; Hrsg.: Ali Gheissari; Oxford University Press 2009

.) Der schiitische Islam. Von der Religion zur Revolution; C.H. Beck 1994

Links:

www.auswaertiges-amt.de

www.bpb.de

www.auswaertiges-amt.de

www.cia.gov/the-world-factbook/countries/iran/

teheran.diplo.de/ir-de

www.amnesty.ch

www.amnesty.org

www.hrw.org/

iranhrdc.org

rsf.org/en

www.boell.de/de

www.ohchr.org

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Die Vertreibung der Massai

Sie gelten als das stolze Krieger-Volk Ostafrikas; Die Massai! Beheimatet vornehmlich im Süden Kenias und Tansania ist nicht genau bekannt, wie viele Menschen dieser Volksgruppe zugehören. Bei Volkszählungen etwa in Kenia geben viele ihre ethnische Zugehörigkeit nicht an, da sie mögliche Diskriminierungen deshalb befürchten. Das ist in Tansania nicht der Fall. Schätzungen belaufen sich auf 430-500.000. Das Volk selbst wird in 16 Untergruppen („Iloshons“) unterteilt und lebt in der Serengeti. Um genau zu sein: In den Nationalparks Masai Mara und Amboseli in Kenia bzw. der Region Arusha in Tansania. Und bei letzterer liegt das Problem: Die 37.576 Quadratkilometer grosse Region wird seit Jahren zur Touristenhochburg ausgebaut – für Safari-Touren und zahlungskräftige Jäger. Dabei stehen die Massai mit 14 ihrer Dörfer im Weg!

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So pervers es klingen mag: Rund 70.000 Massai werden in Tansania immer mehr zugunsten des Naturschutzes vertrieben! Damit nämlich diese Tourismuspläne umgesetzt werden können, werden grosse Teile der Arusha-Region zu Naturschutzgebieten erklärt. In dieser „Game Controlled Area“ sind Wildtiere geschützt, dürfen aber geschossen werden. In solchen Naturschutzgebieten allerdings dürfen keine Menschen leben – auch nicht die Massai, die diese zumeist karge Savanne als Weideland nutzen. Die Rinderherden würden zudem den Wildtieren das Wasser entziehen. Als ein Gericht im August 2023 diese präsidiale Anordnung der Game Controlled Area ausser Kraft setzte, reagierte die tansanische Regierung prompt und benannte das Gebiet um in ein „Game Reserve“, wo auch Touristen willkommen sind, die nicht jagen wollen.

Alles begann vor rund drei Jahren, als am 07. Juni 2022 die ersten 700 Sicherheitskräfte, bestehend aus Militärs, Polizisten, Paramilitärs und Ranger, in der Stadt Loliondo eintrafen, um die Behörden bei den Grenzmarkierungen von rund 1.500 Quadratkilometern zu unterstützen. Am 09. Juni, also zwei Tage später, gingen örtliche Gemeindemitglieder aus den betroffenen Dörfern Ololosokwan, Oloirien, Kirtalo und Arash (nahe des Ngorongoro-Kraters) dagegen auf die Strasse und entfernten die Markierungen wieder. Sie wurden mit Schusswaffen und Tränengas zurückgedrängt. Dabei wurden zahlreiche Protestierende verletzt – viele trugen auch Schussverletzungen davon. 24 Massai (darunter einige Dorfälteste) wurden festgenommen. Ihnen wurde Verschwörung zum Mord an einem Polizisten vorgeworfen. Das konnte jedoch durch Rechtsbeistände (finanziert unter anderem durch Menschenrechts-organisationen) widerlegt werden. Die Betroffenen wurden wieder frei-gelassen.

Die Massai waren durchaus im Recht, schliesslich verstiessen diese Grenzmarkierungen gegen den Richterspruch des Ostafrikanischen Gerichtshofes sowie die Menschenrechte. So können die Massai durch die Vertreibung aus ihren Dörfern nicht mehr ihrem normalen, traditionellem Leben nachgehen, da ihnen die Grundlage dafür entzogen wird. Viele Massai sind aufgrund der Vorfälle nach Kenia geflohen, möchten aber selbstverständlich wieder zurück in ihre Heimat, wo sie geboren wurden und seit Jahrhunderten vornehmlich als Viehzüchter tätig sind. Dabei leben sie stets im Einklang mit der Natur, auch mit den Wildtieren.

Recherchen von in Tansania nicht gerne gesehenen Journalisten ergaben, dass bereits in den 1990er Jahren ein Unternehmen aus Dubai (Otterlo Business Corporation OBC) Lizenzen für Grosswildjagden erworben hatte. Dem folgte nun ein Pachtvertrag für die Arabischen Emirate, die die inzwischen aufgestellten Luxusressorts und ein eigens gebautes Flugfeld zu diesen Zwecken nutzen. Die Regierung Tansanias erhält nun nicht nur die Pachteinnahmen, sondern auch die Gebühren aus den Lizenzen für Abschussfreigaben. Dabei soll es den betuchten Scheichs möglichst leicht gemacht werden, die Abschussquote zu erfüllen. Somit seien die Rinder-herden im Weg, da sie die Wildtiere vertreiben würden.

Doch sind die Emirate auch neben dem Tourismus in Tansania engagiert: Auf rund acht Prozent der Fläche des Landes soll der ökologische Fussabdruck von Dubai durch CO2-Projekte verringert werden.

Und schliesslich: Ein chinesischer Investor hat sich den Ngorongoro-Krater angeeignet. Gut eingezäunt wurden Touristencamps errichtet. Willkommen sind nur jene, die für den Einlass bezahlen. Partner dieses Projektes sind seit 50 Jahren auch die deutsche Bundesregierung und die Zoologische Gesellschaft Frankfurt.

Nach wie vor sind Gerichtsverfahren anhängig, die wertvolle Zeit verschlingen. So werden etwa in Ngorongoro ganze Massai-Rinderherden von schwer bewaffneten Wildhütern konfisziert und schliesslich verkauft, wenn diese zu Wasserstellen getrieben werden. Viele der Massai haben dadurch ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Jenen Massai, die Ackerflächen besitzen, wurde die Bewirtschaftung ihrer Felder untersagt – gleichzeit stiegen Preise für importierten Reis und Bohnen in astronomische Höhen. Gelder etwa für wichtige infrastrukturelle Massnahmen in den Massai-Gebieten wurden gestrichen. Die Regierung unternimmt wirklich alles Erdenkliche, das Volk aus dieser Region zu vertreiben. Auch die Ärzte des medizinischen Flugdienstes mussten im April 2022 ihre Betreuung einstellen, nachdem den Piloten die Flug-lizenzen entzogen wurden.

Als Vertreter der UNESCO in Arusha eingetroffen sind um die Zustände im „Weltkulturerbe Serengeti“ zu überprüfen, erhielten sie nur Regierungs-termine und somit einen mehr als einseitigen Blick auf die Situation. Die Massai wurden nicht in den Gesprächen gehört. Das Europäische Parlament hat am 14. Dezember 2023 die Regierung Tansanias in der „EU-Resolution gegen die Vertreibung der Maasai aus dem Ngorongoro-Naturschutzgebiet und dem geplanten Schutzgebiet in Loliondo“ aufge-fordert, die gewaltsamen Vertreibungsversuche einzustellen. Hierzu hiess es vonseiten der Regierung, dass man den Massai durchaus Ersatz-wohnungen angeboten habe.

Übrigens: Im Landnutzungsplan 2023 für Ngorongoro sind keine Massai-Dörfer und -Weideflächen mehr für diese Region enthalten. Der Plan regelt die Landnutzung des Gebietes bis 2043, er wird vom dortigen Bezirksrat abgelehnt! Die Zoologische Gesellschaft Frankfurt, die offenbar an der Erstellung dieses Planes beteiligt war, streitet eine Rolle an den Gebietsmarkierungen von Loliondo ab – allerdings betonen die Massai, dass mit den Stiftungsgeldern und den Entwicklungsgeldern der deutschen Bundesregierung zwar keine Waffen angeschafft werden, dafür jedoch Fahrzeuge und Verwaltungsgebäude errichtet werden. Dass es sich um keine Peanuts handelt – 2023 belief sich der Förderbetrag auf 30,5 Mio Euro (29,5 Mio als Hilfe der Bundesrepublik)! Davon wurden für den zuvor angesprochenen Nutzungsplan rund 220.000 € ausgegeben. Die meisten der Gerichtsprozesse wurden durch den Maasai-Anwalt und Weimarer Menschenrechtspreisträger Joseph Oleshangay ausgefochten, der auch nicht von einem Protest vor dem Gebäude der ZGF in Frankfurt zurückschreckte, um auf die Zustände in Tansania hinzuweisen. Er musste sein Heimatland 2024 auf Druck der Regierung verlassen. Von Oleshangay war auch zu erfahren, dass die angebliche Ersatzsiedlung für die Massai im 600 km entfernten Msomera errichtet worden sei. Bis 2026 sollen die Naturschutzgebiete auf 50 % der Landfläche Tansanias erweitert werden, damit würden mehr als 300.000 Massai vertrieben. Der Beitrag Deutschlands für den Naturschutz ist zwar sehr hehr – doch offenbar weiss man in Berlin und Frankfurt nichts davon, dass dieser Naturschutz tatsächlich eine Wirtschaftsmassnahme der tansanischen Regierung darfstellt. Und zum Thema Massai-Vertreibung schweigt man sich tunlichst aus. Anfang 2024 wurden die 29,5 Mio um weitere neun Mio aufgestockt.

Lesetipps:

.) Waters of the Sanjan. A Historical Novel of the Masai; David Read/Pamela Brown; Selbstverlag 1982

.) Bwana Game; George Adamson; Hoffmann und Campe 1969

.) Die weisse Massai; Corinne Hofmann; A1 Verlag 2000 (2005 auch verfilmt)

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Na denn: Guten Appetit!

Der Lachs ist einer der begehrtesten Fische – nicht nur in der mittel-europäischen Küche. Er ist reich an Omega-3-Fettsäuren und benötigt nur wenig Zeit in der Zubereitung, völlig gleichgültig ob roh, gebraten, gekocht, gegrillt oder auch geräuchert. Wichtig ist nur, dass er stets mit der Hautseite nach unten in die Pfanne gegeben wird. Seine charak-teristische Fleischfärbung von dunkelrosa bis orange ist deshalb sowohl in der Sommer- als auch der Low Carb-Küche gern gesehen. Ausge-zeichnet passt der Lachs zu Nudeln, Salat oder auch Gemüse, wie etwa dem Spargel. Frischer Lachs hat eine feste Konsistenz und riecht nach Boden und Gras.

Da der Bedarf nur zu rund 30 % aus gefangenem Wildlachs abgedeckt werden kann, werden seit den 1970er Jahren die meisten Fische kommerziell in „Lachsfarmen“ gezüchtet. Viele davon wurden in den norwegischen Fjorden errichtet, da hier das Wasser relativ ruhig ist. 92 % der Zuchtlachse werden von nur sechs Staaten „produziert“: Norwegen, Grossbritannien, Kanada, Chile, Australien und Neuseeland.

Die Funktionsweise der Lachsfarmen ist nahezu ident mit jener der Forellenzucht. Das Leben der Fische beginnt in einem grossen Warm-wasserbecken, in dem die Eier reifen. Dort bleiben die geschlüpften Fische noch rund 40 Tage lang, bevor sie in grosse Tanks umquartiert werden. Dort erfolgt auch der erste Kontakt mit Impfstoffen. Ab einem Gewicht von zirka 100 Gramm werden sie in die Netzgehegeanlagen im Meerwasser ausgesetzt. Die Grössenmessung erfolgt mittels Ansaugung durch einen Schlach in die Messstation.

Diese riesigen Aquakultur-Netze befinden sich zumeist an Stellen mit grosser Tiefe und einer Strömung, damit die Abfallstoffe der Fische weitertransportiert werden. Das ist Problem Nummer eins der Lachs-farmen. Zu viele Fische (in grossen Farmen können dies schon mal bis zu 1 Mio sein) führen zu einer starken lokalen Verunreinigung des Wassers. Mit Problem Nummer 2 bleiben wir auch noch etwas beim Wasser: Eine weitere Belastung erfolgt durch das Futter der Tiere. Es besteht zumeist aus Pellets von gepresstem Fischmehl, Soja, Fischöl und Sojaöl. Daneben werden noch Farbstoffe (für die spätere Färbung des Fleisches) und bis 2017 zudem Ethoxyquin beigegeben. Dieses wird für die Haltbarmachung des Fischmehls verwendet. Die Europäische Behörde für Lebensmittel-sicherheit EFSA zog das Mittel allerdings ab 2020 (Ende der Über-gangsfrist) gänzlich aus dem Verkehr, da es sich in den Fischen anreicherte und somit in die Nahrungskette gelangte. Die Grenzwerte von 50 µg/kg Fleisch wurden zuhauf überschritten. Soll das Mittel angeblich für Fische und Landtiere unproblematisch sein, so kann eine Gefahr für den Menschen durch die zumeist im Ethoxyquin enthaltenen Verun-reinigung p-Phenetidin nicht ausgeschlossen werden. Diese sorgt im Genmaterial von Mensch und Tier zu möglichen Mutationen! 2016 hatte Chile aufgrund all dieser Verunreinigungen und toter Fische mit einer „Roten Flut“ an den Küsten zu kämpfen.

Damit zu Problem Nummer drei: Der Einsatz von Antibiotika! Damit sollten einerseits bakterielle Infektionen der Fische ausgeschlossen und andererseits der Lachslaus (Lepeophtheirus salmonis) an den Kragen gegangen werden. Die Lachslaus ist ein kleiner Krebs, der sich vom Schleim, der Haut und dem Blut der Fische ernährt. Durch die Nahrungskette gelangt das Antibiotikum in den menschlichen Körper. Nicht selten werden in der „Tierproduktion“ Antibiotika eingesetzt, die in der Humanmedizin oftmals als letztes Mittel gegen die sog. „Superkeime“ eingesetzt werden, bei welchen normale Arzneimittel nicht mehr funktionieren, da die Keime resistent dagegen geworden sind. Das ist nun auch die grosse Gefahr beim Menschen: Durch die Anreicherung des Antibiotikums im Körper bekommen diese Keime nun die Möglichkeit, Mutationen zu bilden, die auch gegen diese Arzneimittel resistent werden. Ein grosses allgemeines Problem der Massentierhaltung – völlig gleichgültig ob Geflügel, Rinder oder eben Fische. Gottlob ging der Antibiotika-Einsatz durch vornehmlich die Einzelimpfung der Fische zurück. Allerdings lag bei einer Untersuchung der Umweltorganisation Greenpeace noch 2018 der Antibiotika-Wert bei Lachsen aus Chile beim 700-fachen der Werte aus Norwegen. Gegen die Lachslaus werden übrigens Lumpfische und Bäder in mit Wasserstoffperoxid ange-reichertem Wasser eingesetzt.

Aus all diesen Gründen erhielt der Lachs auch die Bezeichnung als „Schwein der Meere“!

Doch ist dies noch lange nicht alles!

Ein weiteres Problem besteht ganz allgemein bei der Massentierhaltung in der sog. „Faunenverfälschung“! Aus der Farm entkommene Fische (in Norwegen etwa 200.000 pro Jahr) vermehren sich mit wild wachsenden Fischen, was nach und nach zu einem Aussterben der natürlichen Art führen kann. Norwegen hat aus diesem Grunde etwa die Angelzeit für entbückste Farmfische ausgeweitet. In Chile kommt der Fisch natürlich überhaupt nicht vor. Dort verliert er den Orientierungssinn und findet den Weg ins Süsswasser nicht mehr, wo er normalerweise den Laich absetzt.

Vermehrt kommt es in den Lachfarmen vornehmlich Norwegens, Kanadas und Grossbritanniens zu Massensterbeereignissen durch Seuchen und Infektionskrankheiten, aber auch dem durch die Klimaänderung immer wärmer werdenden Wasser, das weniger Sauerstoff enthält. So starben beispielsweise im Jahr 2023 in Norwegen nach Angaben der Organisation Foodwatch nicht weniger als rund 100 Mio Tiere. In einer Untersuchung von Gerald Singh et.al. von der kanadischen University of Victoria wird sogar die Zahl 865 Millionen zwischen 2021 und 22 angegeben. So kann etwa das Piscine Orthoreovirus in den Fischen zu Herz- und Muskelentzündungen führen.

Und schliesslich kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei der Fütterung der Fische genmanipuliertes Soja zum Einsatz kommt (wie etwa das Roundup-Ready-Soja), der eigentlich in Europa eigens auf der Packung ausgewiesen werden muss und eine gewisse Konzentration nicht überschreiten darf.

Ach ja – und da sind immer mal wieder die Fälle von Nematodenwürmer (Fadenwürmer), von welchen vor allem der Anisakis genera im mensch-lichen Darm zu geschwulstähnlichen Erscheinungen und Bauchschmerzen bis hin zum Darmverschluss (selten!) führen kann. Dagegen hilft nur ein ordentliches Durchgaren des Fischen bei 60-70 Grad oder das Gefrieren des Fleisches für zumindest einen Tag bei -20 Grad. Solche Fadenwürmer können übrigens auch in anderen Fischarten wie dem Kabeljau, Rot-barsch, Seeteufel, Steinbeisser und Blauleng vorkommen.

Natürlich gibt es auch in der Lachszucht eine Biovariante, die vornehmlich in Schottland und Irland nach den Bestimmungen der britischen Soil Association geführt wird.

Ob Sie nun auch weiterhin Lachs essen – diese Entscheidung bleibt Ihnen überlassen. Ich für meinen Anteil habe schon seit Jahren keinen Lachs mehr angerührt und beabsichtige dies auch für die Zukunft nicht. Foodwatch schliesslich fordert ein Verbot von norwegischem Lachs in Deutschland. Nur zwei von zehn befragten Lieferanten legten die Herkunft ihres ASC-zertifizierten Lachses offen – acht schwiegen sich aus.

https://www.foodwatch.org/de/mitmachen/keine-faulen-fische-lachsleid-stoppen

Vollständigkeitshalber sei hier noch angebracht, dass viele der Vorwürfe, die ich in diesem Blog verarbeitet habe und durch Foodwatch kritisiert wurden, in einer Stellungnahme des NSC (Norwegian Seafood Council) zurückgewiesen wurden.

Lesetipp:

.) Lachsfische (Salmoniformes): Biologie und Aquakultur; Martin Hoch-leithner; Aqua Tech Publications 2014

.) Die Strassen der Tiere; Hrsg.: Heini Hediger; Springer Wissenschafts-verlag 1967

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