Archive for September, 2025

Wertschätzung – leider vergessen!!!

Schenke heute einem Fremden eines deiner Lächeln. Es könnte die einzige Sonne sein, die er den ganzen Tag sieht.

(Autor unbekannt)

In diesem heutigen Blog möchte ich mich einem Wort und einer Eigen-schaft annähern, die – so glaube zumindest ich – in unserer Gesellschaft weitestgehend in Vergessenheit zu geraten scheint: Der Wertschätzung!

Im Duden geblättert kommt man bei diesem Wort auf folgende Bedeutung: „Ansehen, Achtung; Anerkennung; hohe Einschätzung“. Die Wertschätzung ist somit eine Charaktereigenschaft, die jemand hat oder eben nicht. Allerdings ist sie erlernbar. Ein Umstand, den sich viele durch den Kopf gehen lassen sollten, denn mit der Wertschätzung kann so Manchem geholfen und vieles ermöglicht werden.

Ich habe vor kurzem einen Beitrag im Radio gehört, der mir zu denken gab. Eine Religionslehrerin sprach mit den Kindern über das Reinigungs-personal in der Schule. All die fleissigen Helfer, die nach dem Läuten der Schulglocken für saubere Gänge, Klassen und auch Toiletten sorgen. Der Lehrerin ist etwas gelungen, was eigentlich keiner Diskussion bedarf: Sie hat den Kindern beigebracht, dass jeder seinen Schmutz und Müll selbst wegräumen muss, damit es nicht andere Leute tun müssen. Menschen wie Du und ich, deren Arbeit aber meist nichts genügend wertgeschätzt wird, die auch kein hohes Ansehen in der Gesellschaft geniessen. Für viele ist es selbstverständlich, dass sie ein sauberes Gebäude betreten, daß die zerbrochene Flasche Wein im Supermarkt von jemand anderem aufgewischt wird, dass die Strassen gereinigt sind etc.. Die Kinder nun haben einen anderen Eindruck von dem Leben miteinander erhalten. Hoffentlich haben sie das auch mit nach Hause genommen. In Japan gehört es seit langem zur schulischen Erziehung, dass die Kleinen beim Sauberhalten des Gebäudes helfen – bei uns unvorstellbar!

„Ich wurde dazu erzogen, einen Hausmeister mit dem gleichen Respekt zu behandeln, wie einen Direktor!“

(Tom Hardy, britischer Schauspieler)

Tatsächlich gibt es Berufe, die aufgrund ihres schlechten Images nicht geschätzt und zumeist auch noch schlecht bezahlt werden. Neben der Reinigung zählen hierzu unter anderem die Müllabfuhr, Kanalreiniger, Pflegeberufe um nur einige zu nennen. Klar, dass sich hier niemand darum reisst, einer dieser Beschäftigungen nachzugehen – entsprechen-des Personal wird alsdann ständig gesucht.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigte in einer Studie auf, dass gerade im Dienstleistungssektor in jenen Berufen, die über kein gutes Image verfügen, die meisten sexuellen Übergriffe stattfinden. Ein Zeichen nicht vorhandener Wertschätzung für die Arbeit dieser Menschen und den Menschen selbst gegenüber. Ein Übergriff, völlig gleichgültig ob körper-lich, verbal oder gar sexuell ist stets eine Erniedrigung. Dazu zählt durchaus auch der Klaps auf den Po der Bedienung oder der ausrastende Kunde an der Kasse im Supermarkt. Menschen nehmen sich alles heraus, da sie der Ansicht sind, dass diese anderen Menschen da sind um sich für das Wohlbefinden ersterer zu bemühen. Der Kunde ist König!

Doch ist dies der Spiegel eines schlechten Charakters. Ein Zeichen mangelnden Respektes, da vieles im Umfeld nicht mehr funktionieren würde, wenn plötzlich derartige, „niederwertige“ Arbeit nicht mehr erledigt würde. Nichts ist selbstverständlich! Das sollte wohl ein Jeder berücksichtigen und an der Wertschätzung arbeiten, da gerade nach den Lehren des Christentums jeder Mensch gleich viel wert ist! Stimmen die Überlieferungen, dann hat es Jesus durch die Heilung eines Aussätzigen (Markusevangelium 1,40-48) oder der Sünderin Maria Magdalena, die den Jüngern die Auferstehungsbotschaft überbrachte (Johannes 20,11-18) demonstriert. Wer sich selbst als Christ bezeichnet, sollte durchaus ab und zu seine Werte in der Bibel nachlesen. Das Kastensystem nämlich entstammt dem Hinduismus, bei dem die unterste soziale Kaste der Shudras von den anderen drei Kasten (Brahmanen, Kshatriyas und Vaishyas) abwertend empfunden wird, da ihr Schicksal aus dem Dienen besteht und die Daliten gar ausserhalb des Kastensystems stehen – sie gelten als die „Unberührbaren“ und dürfen nicht mal angesprochen werden, obgleich sie eigentlich die Nachfahren der indischen Urein-wohner sind.

Es ist sehr einfach, anderen Menschen zu zeigen, dass man sie und ihr Tun schätzt. Wertschätzt! Mit Kleinigkeiten kann man anderen zu einem schöneren Tag verhelfen: Ein Lächeln, ein Dankeschön, ein Händedruck oder auch eine Umarmung. Vor allem aber sollte das Miteinander auf einer Ebene ausgetragen werden. Was bei vielen Haustieren gelingt (etwa das in die Knie gehen vor einem Hund), ist im menschlichen Umgang meist gar nicht möglich. Das sog. „Von-oben-herab-Behandeln“ zeigt dem Gegenüber stets, dass man diesem Menschen nicht wichtig ist. Ich etwa habe es mir angewöhnt, solche wichtige Menschen links stehen zu lassen oder sie gleich zu behandeln, wie sie es mir gegenüber zum Ausdruck bringen. Herrlich mitzuverfolgen bei sog. „Adabei-Sendungen“. Die wirklich Prominenten (A-Promis) sind zumeist sehr umgänglich, während ihre Kollegen aus den B-, C- und D-Lagern ständig ihre Bedeutung für die Gesellschaft aufzeigen müssen!

Selbiges gilt auch für die Verwendung des „Du“. Im deutschen Sprachgebrauch ist es eine Anrede, die Vertrautheit und Nähe vermittelt. Deshalb wird es im Bekannten- oder Verwandtenkreis verwendet. Spricht mich als Erwachsener hingegen ein Fremder mit „Du“ an, so spreche ich ihn auf derselben Ebene an. Das hat schon bei vielen Ärzten, Rechtsanwälten und Pfarrern für einen Moment der Überraschung gesorgt. Allerdings zeigt hierbei der Benimm-Führer von Adolph Knigge („Über den Umgang mit Menschen“) gewisse Grenzen auf. So z.b. bei älteren Menschen, Vorgesetzten, …

Nicht nur in einer Beziehung zeigen unregelmässige kleine Geschenke dem geliebten Menschen, wie wertvoll er für mich ist. Das gilt selbst-verständlich auch für andere. Die Gratulation zum Geburtstag, Hoch-zeitstag usw. beweist stets, dass an jemanden gedacht wird und dieser nicht in Vergessenheit geriet.

Erhält der Gegenüber ein Lächeln oder ein simples „Dankeschön“, so bemerkt er, dass er hat helfen können – es folgt der Ausstoss von Glückshormonen. Dabei ist das Lächeln als wertvoller einzuschätzen, da es in unserer Kultur als Zeichen der Sympathie bewertet wird. Jemand, der mir unsympathisch ist, wird niemals ein Lächeln erhalten. Auch das Lob fällt in diese Kategorie – es ist ebenfalls eine Steigerung des Danks.

Clients do not come first. Employees come first. If you take care of your employees, they will take care of your clients!“

(Richard Branson)

Vor allem bei Geschäftsterminen ist Pünktlichkeit ein absolutes Muß. Schiesslich zeigen notorische Zu-spät-Kommer, dass sie von dem Anderen nicht wirklich viel halten. Kein gutes Zeichen für eine geschäftliche Beziehung. Auch wenn der Betreffende eigentlich damit zeigen will, wie wichtig er selbst ist, so geht dies als Schuss nach hinten los. Es untermauert vielmehr, dass dem Unpünktlichen nichts an der Zeit des Anderen liegt, die er mit sinnlosem Warten verbringen muss.

Apropos geschäftlich: In wichtigen Gesprächen ist ständiger Blickkontakt und das Anreden mit dem Namen des Anderen Gold wert. Ebenso ein Zeichen der Wertschätzung des Gegenübers.

Der Händedruck ist mit Vorsicht zu geniessen. In unserer Kultur gilt er als ein Zeichen der Freude, jemanden persönlich treffen zu können. Man holt ihn praktisch durch das Handreichen in den eigenen persönlichen Bereich. In der sozialen Interaktion werden vier Distanzen ausgewiesen:

1.) Die öffentliche Distanz (mehr als 4 m)

2.) Die soziale Distanz (1,5 – 4 m)

3.) Die persönlich Distanz (0,6 m – 1,5 m)

4.) Die intime Distanz (weniger als 0,6 m)

Das Reichen der Hand überbrückt somit die beiden unterschiedlichen persönlichen Distanzen, während die herzliche Umarmung bereits in die Intimzone des Einzelnen reicht und somit tatsächlich nur bei guten Bekannten angewendet werden soll, da dies nicht jeder mag. In anderen Kulturen oder auch Religionen hingegen wird das Händeschütteln abge-lehnt. Im Islam etwa soll der Prophet Mohammed gesagt haben, dass er Frauen nicht die Hand gebe. Gleiches gilt auch für das orthodoxe Juden-tum. In beiden Fällen soll die körperliche Annäherung zwischen Mann und Frau vermieden werden. Auch im Hinduismus erfolgt zwischen Mann und Frau kein Händedruck, dafür zwischen zwei Männern ein beid-armiger. In Japan ist der Händedruck verpönt, dort begrüsst man sich mit einer Verbeugung. In China ist ein starker Händedruck unerwünscht, hier gibt man sich leicht und kurz die Hand und verbeugt sich! Die Verbeugung ist für die Länder im Fernen Osten durchaus ein Zeichen der Wertschätzung, in der westlichen Kultur hingegen eher ein Zeichen des Respekts, der Unterwürfigkeit, also einer Steigerung der Wertschätzung.

Im digitalen Schriftverkehr gilt es als Wertschätzung, wenn als Alternative zu „MfG“ (mit freundlichen Grüssen) wechselnde Grussformeln am Ende einer Mail oder einer Message verwendet werden.

Sie sehen also, mit welch geringen Mitteln gezeigt werden kann, dass ein Mensch etwas wert ist. Doch – wie bereits erwähnt – obliegt es einzig und allein dem Charakter eines Menschen, dies auch anzuwenden. Deshalb möchte ich heute mit einem Zitat von Jean-Jacques Rousseau schliessen, das mir sehr an’s Herz gewachsen ist:

Der Charakter offenbart sich nicht an großen Taten; an Kleinigkeiten zeigt sich die Natur des Menschen.“

Lesetipps:

.) Wertschätzung. Die inspirierende Kraft der gegenseitigen Achtung; Anselm Grün; Herder Verlag 2017

.) Gelebte Wertschätzung. Eine Haltung wird lebendig; Barbara Mettler-von Melbom; Kösel Verlag 2007

.) Wertschöpfung durch Wertschätzung; Hrsg.: Frieder Dünkel/Andreas Tietze/Peter Zängl; Nomos 2011

.) Mehr Wertschätzung für Dich und Deine Arbeit; Szilvia van Gerrevink; 2017

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Mit Erdbeeren gegen die Natur

Immer mal wieder stossen die Interessen der Landwirtschaft und jene des Umweltschutzes lautstark aufeinander. Der Landwirtschaft geht es dabei zumeist um den höchsten Profit, dem Umweltschutz um die Nachhaltig-keit! Leider bleibt die Natur in nahezu allen Fällen auf der Strecke! Nach-folgend nun ein Beispiel, wie erbittert dieser Streit verlaufen kann.

Der Naturpark Doñana im spanischen Andalusien ist eines der wohl grössten Feuchtgebiete Europas. Beziehungsweise war er das! Nein, nicht etwa aufgrund der verheerenden Waldbrände in diesem Jahr (auch Andalusien blieb davor nicht verschont!), sondern vielmehr wegen der Profitgier einiger weniger Grossgrundbesitzer.

Der „Coto de Doñana“ (wie er von den Einheimischen genannt wird) umfasst das Mündungsgebiet des Guadalquivir an der Atlantikküste Andalusiens. Im Jahre 1969 wurde er zum Nationalpark erklärt, 1994 zum UNESCO-Weltkulturerbe; geschützt sind 54.000 Hektar „Marismas“ (zeitweise überschwemmte Gebiete, sie trocknen im Hochsommer aus – zurück bleiben kleine Lagunen und Bachläufe) sowie die umgebenden weiteren 68.900 Hektar – eine wahrhaft riesige Fläche. Tourismus ist hier nur in sehr sanfter Form möglich um dadurch Fauna und Flora zu schützen. Vor allem die Zugvögel nutzen die Doñana als Zwischenstopp für ihre Flugreise aus Nordeuropa nach Afrika. Daneben finden sich hier aber auch Binsen, Heide- und Laichkräuter, Korkeichen, Schirmkiefer, Stechginster, Strand-Alant und -hafer, Wacholder, Weiden, Wein, Zis-trosen und vieles andere mehr. Diese pflanzliche Vielfalt wiederum bietet auch dem Tierreich einen reich gedeckten Essenstisch: Zirka 250 Vogel-arten (wie Reiher, Löffler, Purpurenten und Ruderhühner, aber auch der Iberische Kaiseradler) nisten im Naturschutzgebiet. Auf dem Boden begegnen sich beispielsweise der Pardelluchs (Lynx pardinus), Pferde, Maurische Landschildkröten, Wildschweine und Hirsche.

Ein wahrhaftes Paradies also für Pflanzen und Tiere, aber auch beobach-tenden Menschen. Doch – an Letzterem scheitert es zumeist: Der Touris-mus an der Costa de la Luz ist nicht immer sanft, ein Dammbruch bei der Mine Los Frailes 1998 beförderte über 5 Mio Kubikmeter mit Arsen, Blei und Zink kontaminierten Schlamm in den Fluss Guadalquivir. Ansässige Bauern verhinderten durch das schnelle Aufschütten von weiteren Dämmen das Schlimmste. Dennoch beliefen sich die Kosten der Umwelt-schäden auf über 175 Mio €. Der Bergwerkskonzern übernahm nur rund ein Fünftel davon!

Tja – und dann sind da auch noch die Wasserdiebe. Die Provinz Huelva liegt direkt an der Grenze zu Portugal. Von hier aus startete Kolumbus 1492 seine folgenschwere Reise nach Amerika. Heute sind dort beinahe nurmehr gigantische Plastik-Städte zu finden: Gewächshäuser oder -zelte (wie auch immer Sie es haben möchten!) für den Anbau von Erdbeeren. Statistisch gesehen kommt fast jede dritte europäische Erdbeere aus dieser Region (in Spanien gar 98 %!). 100.000 Arbeitsplätze und über 11 % der Wirtschaftsleistung prallen mit voller Wucht auf den Naturschutz-park. Die Aufzucht der heiß begehrten Frucht erfordert enorm viel Wasser. Über 2000 Brunnen wurden im Naturschutzgebiet illegal erschlossen. Wurden einige versiegelt, kamen an anderer Stelle weitere hinzu. Die andalusische Landesregierung wollte sie legalisieren, aller-dings kam diesem Plan die spanische Zentralregierung zuvor. Am 27. November 2023 einigten sich Landes- und Zentralregierung nach lang-wierigen Streitereien auf eine Begrenzung des wild wuchernden Erdbeer-anbaus und somit der ungezügelten Wasserentnahme aus dem Natur-schutzgebiet. Jeder Erdbeerbauer, der für die nächsten 30 Jahre auf Forstwirtschaft umstelle, soll pro Hektar für fünf bis zehn Jahre 10.000 Euro erhalten. Das Land bleibt jedoch im Besitz des Bauern. Der derzeitige Marktpreis für einen Hektar mit erschlossenem Brunnen liegt bei 140.000 €, mit illegalem Brunnen bei 14.000 €. Jene Bauern, die nicht umstellen möchten, müssen auf klimaresistentere Erdbeersorten umstellen und erhalten „nurmehr“ 1.000 € pro Hektar an Förderungen. Zudem sollten zahlreiche Brunnen versiegelt werden. Während es der andalusischen, rechtsgerichteten Regierung um die Wirtschaft geht, sagt Madrid immer öfters „No“! So hat etwa der der Oberste Spanische Gerichtshof (Tribunal Supremo – TS) die Ausbaggerung des Guadalquivir verhindert. Doch auch in Andalusien gibt es inzwischen Widerstand. So verhinderte im Jahr 2020 der Oberste Andalusische Gerichtshof (El Tribunal Superior de Justicia de Andalucía – TSJA) die unterirdische Lagerung von Erdgas im Naturschutzgebiet. Auch wurden illegale Wasserentnehmer abgestraft. So gab es im September 2023 erstmals durch das Strafgericht 14 von Sevilla eine Haftstrafe von jeweils dreieinhalb Jahre und eine Entschädigungszahlung von zwei Mio € für fünf Geschwister, die jahrelang illegal Millionen Kubikmeter Wasser aus dem Naturschutzgebiet abgezapft hatten. Deren Familie besitzt 456 Hektar Land im Naturpark und eine Genehmigung dür die Wasser-entnahme aus festgeschriebenen Brunnen in einem Ausmaß von 3,4 Mio Kubikmeter pro Jahr. Das aber war ihnen nicht genug. So entnahmen sie über mindetsens zehn Jahre hinweg „mit voller Absicht und bei klarem Wissen“ das Doppelte an Wasser (etwa im Jahre 2009) und betrieben zudem noch weitere illegale oder öffneten versiegelte Brunnen (2015). Andere Bauern mussten Notschlachtungen durchführen, da dem Vieh wegen der Trockenheit keine Weiden mehr zur Verfügung standen. Vor Gericht betonten sie, man habe dem sterbenden Naturpark dadurch nur einen Gefallen gemacht. Zwei Jahre später standen 250 weitere Landwirte oder Agrarbetriebe (198 davon aus der Region Huelva) und eine der reichsten Adelsfamilien Spaniens vor den Richtern. Den Blaublütlern wurde ebenso vorgeworfen, für deren Orangen- und Olivenplantage (200 ha) über rund ein Jahrzehnt aus bis zu acht Brunnen illegal Wasser abgepumpt zu haben. Die Generalstaatsanwaltschaft warnte im März dieses Jahres davor, Unternehmen und öffentliche Organe in Andalusien bei illegalen Wasserentnahmen verfolgen zu wollen. Andalusiens Landesregierung wollte die Bewässerungsrechte um 1.400 Bauern erweitern. Die „alten Familien“ berufen sich dabei auf uralte Rechte. Übrigens – die Regierung in Sevilla hatte auch die Wasserentnahme bei Granada genehmigt – für Mineralwasser-Lizenzen und alteingesessene Landwirte und Stierzüchter. Die Folge: Zigtausende Menschen in Anda-lusien müssen seit Monaten durch Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden. Noch lange nicht genug: Aus den Armenvierteln von Sevilla (etwa dem Campo de Gibraltar) wird zudem Trinkwasser in die Touristenhoch-burgen an der Costa del Sol gepumpt.

Schätzungen im Rahmen von Untersuchungen der Organisationen WWF, Greenpeace und Ecologistas en Acción gehen davon aus, dass in den Jahren 2022/23 etwa 4.000 Hektar (rund 4.800 Fussballfelder) illegal bewässert wurden. Die Folge: Trockengelegte Sümpfe, Baumsterben und die Abwanderung von Tierarten.

Durch die enorme Wasserentnahme ist der Grundwasserspiegel im Naturpark Doñana in den letzten Jahren um 50 % abgesunken. Die Hauptlagune des Doñana war seit Herbst 2022 bis zum Winter 2023/24 nahezu ausgetrocknet. In dieser Zeit, aber vor allem im März 2025 kam es zu schweren Regenschauern mit bis zu 145 Liter auf den Quadrat-meter. Der Boden war zu trocken, um die Regenmengen aufzunehmen – es gab verheerende Überschwemmungen. Allerdings war es noch nicht genug, warnen Experten. Um den Grundwasserspiegel wieder ansteigen zu lassen, wären mehrere Jahre mit so viel Regen über’s Jahr verteilt notwendig. Die zunehmende Hitze und Trockenheit sorgen vermehrt für Waldbrände, die auch an dem Naturpark nicht spurlos vorüber gehen. So wurden etwa 2017 Teile des Naturparks durch ein Feuer verwüstet, das vom Brand einer Firma ausging: Dort wurde Holzkohle hergestellt.

Auch Brüssel hatte längst reagiert. So verurteilte der Europäische Gerichtshof Spanien im Jahre 2021, den Naturpark besser vor „über-mässiger Wasserentnahme“ zu schützen. Später ermahnte auch die Europäische Kommission das Land, sich an diesen Urteilsspruch zu halten, als die andalusischen Pläne publik wurden. Allerdings leider nicht aus eigenen Stücken! 262.728 Unterschriften von Ecologistas en Acción, Salvemos Doñana, SEO/BirdLife, Wemove und dem World Wildlife Fund (WWF) waren dafür verantwortlich!

Alle Bemühungen der spanischen Zentralregierung sind dennoch gescheitert. Die letzte Lösung kostete sehr viel Geld: Das Land kaufte den umgebenden Naturpark auf. Dieser lag zuvor in der Aufsicht des Landes, die Marismas hingegen unter jener des Saates.

Die Schuld trifft auch die Konsumenten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In der erdbeerlosen Zeit der Monate Januar bis März kommen fast ausschliesslich Erdbeeren aus Huelva in die Supermärkte. Übrigens sind viele dieser Früchte noch zusätzlich durch die Abgase der Öl-Raffinerie von Huelva kontaminiert – auch wenn diese in Gewächs-häusern aufwachsen. Im Frühjahr übergaben die Organisationen Foodwatch und Campact 250.000 Unterschriften, wobei die Handels-konzerne Edeka, Lidl und andere aufgefordert wurden, auf diese Erdbeeren zu verzichten. Die beiden Diskonter Aldi und Lidl wollten an ihren Lieferanten festhalten, von Rewe und Edeka gab es keinerlei Reaktionen hierauf. Sollten Sie also unbedingt in dieser Zeit Erdbeeren benötigen, so möchte ich Ihnen tiefgefrorene Erdbeeren aus heimischer Erzeugung ans Herz legen. Damit lösen Sie mehrere Problem mit einem Schlag: Regionale Wertschöpfung (Sie unterstützen damit heimische Erdbeerbauern), keine langen Anfahrtswege über tausende von Kilometern (geringerer CO2-Fussabdruck) und die Region des Naturparks Doñana hat endlich wieder genügend Wasser. Am besten jedoch wäre, sie kochen und backen wie unsere Vorfahren: Mit regionalem und v.a. saisonalen Obst und Gemüse!!!

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Er rettete fast 2.700 Menschen mit seiner Stimme – 9/11: Die Terrorhölle!

†In diesem Jahr jährten sich die Terroranschläge auf die Twin-Towers von New York (World Trade Center) zum 24. Mal. Ein Anblick des Grauens, für jeden, der es damals via TV verfolgt hat. Insgesamt kamen 2996 Menschen um’s Leben, darunter 343 Feuerwehrmänner, 37 Beamte der New Yorker Hafenbehörde und 23 Polizisten. Beim Anschlag auf das US-Verteidígungsministerium, dem Pentagon weitere 189, beim vereitelten 4. Anschlag (das Flügzeug stürzte auf einem Feld bei Shanksville ab) zusätzlich 44 Personen. Über diese Anschläge habe ich an diesem Ort schon mehrfach berichtet. Heute hingegen möchte ich einen der vielen Helden stellvertretend herausgreifen, der vielen Menschen damals das Leben rettete, sein eigenes aber dabei verlor:

Rick Rescorla!

Geboren wurde Cyril Richard Rescorla am 27. Mai 1939 in Hayle/Cornwall in Grossbritannien. Zwischen 1956 bis 1960 versah er seinen Militär-dienst im Parachute Regiment, einem Teil der britischen Special Forces. Beim Einsatz während der Zypern-Krise (EOKA) zwischen 1957 und 1960 wurde er mit der General Service Medal (GSM) ausgezeichnet! Im Anschluss trat er der Nordrhodesischen Polizei und 1963 dem Metro-politan Police Service London bei. Dort allerdings war es im rasch zu langweilig – er wollte wieder in den Kampfeinsatz. Also übersiedelte er nach New York und unterschrieb bei der US Army. Nach dem Basis-training in Fort Dix entschied er sich für eine Offizierskarriere, beginnend in der Officer Candidate School mit dem anschliessenden Airborne-Training in Fort Benning. Danach kam Rescorla als Platoon Leader in das 2. Bataillon des 7. Cavalry Regiment/1. Cavalry Division (Airmobile). Schliesslich wird er in den Kriegseinsatz nach Vietnam verlegt. Dort war Rick unter dem Kommando von Lieutenant Colonel Hal Moore 1965 im “Battle of Ia Drang“, dem ersten grossen Gefecht zwischen den US-Truppen und den Vietnamesen im Einsatz! Moore’s 1992 veröffentlichtes Buch hierüber („We were soldiers once… and young“) diente als Vorlage für den Mel Gibson-Film „We were soldiers“ zehn Jahre später. Von seinen Soldaten wurde Rescorla mit dem Spitznamen „Hard Core“ versehen. Hoch dekoriert (Silver Star, Bronze Star, Purple Heart, Vietnam Gallantry Cross, Combat Infantryman Badge) schied Rick schliesslich im Rang eines Colonels aus der US-Army aus. In zwei weiteren Büchern ist über Rescorla zu lesen – darunter auch in jenem seiner Frau und Witwe, Susan Rescorla, „Touched by a hero“. Sie schreibt u.a., dass ihr Mann seinen Soldaten in Vietnam mit von ihm gesungenen Liedern die Angst vor den Vietnamesen genommen hatte.

Nach seiner Rückkehr in die USA studierte Rescorla an der University of Oklahoma. Er schloss ingesamt drei Studien ab: Kreatives Schreiben mit dem Bachelor of Arts, Englisch mit dem Master of Arts und den Dr. jur. an der Oklahoma City University School of Law. An der University of South Carolina unterrichtete er für drei Jahre Rechtswissenschaften.

Später heuerte Cyril als Sicherheitsbeauftragter zuerst bei Dean Witter Reynolds, dann bei der Investment-Bank Morgan Stanley an, deren Büros in insgesamt 35 Stockwerken der WTC-Gebäude 1, 2 und 5 unterge-bracht waren.

Nach dem Lockerbie-Attentat über Schottland fürchtete Rescorla auch einen Anschlag auf das World Trade Center. 1990 machte er einen Spaziergang durch das WTC. Mit dabei war auch sein Kollege aus alten Rhodesien-Tagen: Dan Hill, der sich inzwischen der Terrorbekämpfung widmete. Nachdem die Beiden ohne auch nur eine Sicherheitskontrolle passieren zu müssen bis in die Tiefgarage der beiden Türme kamen, verfassten sie einen ausführlichen Bericht für die Hafenbehörden New Yorks und New Jerseys, in dem sie vor einem solchen Terror-Anschlag auf das WTC warnten. Dabei gingen sie von einem Autobombenanschlag in der Tiefgarage aus.

„This is a soft touch. I’d drive a truck full of explosives in here, walk out, and light it off.“

(Dan Hill)

Zu dem kam es dann auch am 26. Februar 1993 – knapp neun Meter von jener Stelle entfernt, die Rescorla und Hill als gefährlichste vermuteten. Sechs Menschen kamen um’s Leben, rund 1.000 weitere wurden verletzt. Rescorla wurde nicht müde, vor einem Terrorakt zu warnen – dabei schloss er auch ein Selbstmordattentat mit einem Flugzeug nicht aus. Seinen Arbeitgeber Morgan Stanley empfahl er aus den Zwillingstürmen auszuziehen.

Und dann kam dieser schreckliche Tag des 11. Septembers 2001. Zwei der vier gekidnappten Flugzeuge krachten in die beiden Türme des World Trade Centers. Auch wenn knapp 3000 Menschen getötet wurden, so konnten wesentlich mehr durch den gefährlichen Einsatz vieler Rettungs-kräfte gerettet werden. Alleine 2.684 Mitarbeiter einer Bank in 22 Stock-werken durch Rescorla. Er hatte schon Jahre zuvor die 3.700 Angestellten von Morgan Stanley durch Trainings auf den Notfall vorbereitet. Als die erste Maschine um 08:46 AM in den Nordturm des WTCs krachte, sass Rick gerade in seinem Büro im 44. Stock des Südturms. Über die Hauslautsprecher forderte die Hafenbehörde dazu auf, in den Büros zu verbleiben, Riscorla griff zu seinem Telefon und rief seinen besten Freund Dan Hill an, der ihn später wie folgt zitierte:

„The dumb sons of bitches told me not to evacuate, … They said it’s just Building One. I told them I’m getting my people the fuck out of here.“

Wie bei den Trainings einstudiert, führte er die Angestellten daraufhin nicht zu den Aufzügen sondern ins Stiegenhaus. Als der Rauch dort so stark wurde, dass man fast nichts mehr sehen konnte, begann Rescorla (wie damals in Vietnam) zu singen. So etwa auch den Titel „Men of Harlech“, wie Überlebende schilderten. Somit hatten die Flüchtenden stets eine Orientierung. Zwischen den Liedern griff Rick zum Telefon um seine Frau anzurufen. So meinte er:

„Stop crying. I have to get these people out safely. If something should happen to me, I want you to know I’ve never been happier. You made my life!“

Danach schwieg das Handy. Als die Bankangestellten im Erdgeschoss angelangt und in Sicherheit waren, rannte Rescorla nochmals in den Südturm!

„As soon as I make sure everyone else is out.“

Gesehen wurde er zuletzt im zehnten Stock des Gebäudes – 56 Minuten nachdem die zweite Maschine in den Südturm krachte, der kurz darauf in sich einstürzte. 9 Kollegen aus seiner Firma konnte Rick nicht mehr retten. Auch seine Deputies Wesley Mercer und Jorge Velazquez sowie der Sicherheitsmann Godwin Forde verloren ihr Leben bei der Rettung von 3.700 Bankangestellten. Die meisten davon durch das beherzte und selbstlose Eingreifen von Cyril Richard Rescorla (62). Aus dem Gebäude WTC-5, einem neunstöckigen WTC-Gebäude, wurden rund 1.000 Morgan Stanley-Mitarbeiter in Sicherheit gebracht.

Die sterblichen Überreste Rescorlas wurden nie gefunden – drei Wochen nach dem Anschlag wurde er für tot erklärt! Sein Name findet sich auf Seite 46 des National 9/11 Memorials. Posthum wurde Rescorla vielfach geehrt; so erhielt er etwa 2003 das Weisse Kreuz von Cornwall, seit 2009 ziert eine Statue von ihm den Walk of Honor im National Infantry Museum in Fort Moore/Georgia und am 11. September 2019 übergab US-Präsi-dent Donald Trump die Presidential Citizens Medal an Ricks Witwe Susan.

Filmtipps:

  • Voice of the Prophet; 2002
  • The man who predicted 9/11; Channel 4 2005

Lesetipps:

.) Heart of a Soldier; James B. Stewart; Simon & Schuster 2003

.) Touched By A Hero: A 9/11 Widow’s Journal of Love & Legacy; Susan Rescorla; CreateSpace Independent Publishing Platform 2011

.) Chapter 21 – A Life of Blood and Danger; Dan Hill; Dragunkelt Press 2014

.) We Were Soldiers Once . . . and Young: Ia Drang—The Battle That Changed the War in Vietnam; Harold G. Moore/Joseph L. Galloway; Ballantine Books 2012

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Trinkwasser – unser höchstes Gut gehört geschützt

Eine kleine Bewegung am Wasserhahn – schon läuft das klare Nass. Wie von selbst! Doch ist dem ganz und gar nicht so. Tatsächlich steckt ein immenser Aufwand dahinter, der mit dem Fassen der Quelle beginnt und in regelmässigen Qualitätskontrollen endet. In weiten Teilen Mittel-europas erfüllt das durchsichtige Gold die höchsten Qualitätsan-forderungen. Gesetzlich geregelt wird dies in Deutschland, der Schweiz und Österreich durch die jeweilige Trinkwasserverordnung, in der EU durch die „Richtlinie über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch“ (COM/2017/0753 final 2017/0332 (COD)). Doch kann sich dieses Blatt sehr rasch wenden: Schlagwetter, Murenabgänge, Überflutungen, Verkeimungen, Legionellen, Nitrate uvam. Ist es geschehen, sehen sich von einer Sekunde auf die andere hunderte Haushalte mit dem Problem konfrontiert: Woher nehme ich auf die Schnelle jene rund 121 l, die ein Mensch in Deutschland pro Tag an Wasser verbraucht (Österreich 130 l, Schweiz 140 l). Zirka 70 Liter davon sind Brauchwasser, die durch die Toilettenspülung, die Waschmaschine oder die Dusche den Weg in’s Abwasser-Kanalsystem finden. Dies ist auch bei verkeimtem oder verschmutztem Wasser bis zu einem gewissen Grad noch verwendbar. Schwieriger wird’s da jedoch mit dem Wasser für den Saft, dem Kaffee oder Tee, dem Wasser zum Kochen oder Nahrungs-mitteln reinigen, dem Wasser zum Zähneputzen – jenem Wasser also, das über den Mund in unseren Körper Einlass findet und dort für gesundheit-liche Beeinträchtigungen oder gar teils ganz erhebliche Krankheiten verantwortlich zeichnen kann. Die Folgen sind meist sehr kosten-, material- und personalaufwendig, schliesslich muss das komplette Netz gereinigt und gespült werden.
Im Folgenden werde ich etwas auf einige Umstände aufmerksam machen, die teils bewusst, teils unbewusst in Kauf genommen werden, jedoch verheerende Auswirkungen mit sich bringen können.

Schlagwetter und Murenabgänge
Die Klimakrise zeigt sich mannigfaltig. So auch bei Wetterereignissen mit Starkregen und Überflutungen. Zu viel Wasser in zu kurzer Zeit zeigt sich alsdann beim Grundwasser bzw. Quellwasser. Es kommt zu Trübungen durch Schlammpartikel. Auch Verkeimungen durch etwa Kolibakterien oder sonstigen Krankheitserregern werden immer wahrscheinlicher mit der Zunahme vor allem lokaler Gewitterzellen und fehlendem Wind. Maß-nahmen hiergegen zu setzen, ist zumeist unmöglich!

Rohrbrüche im öffentlichen Netz
Auch hiergegen kann nur wenig unternommen werden! Die Erfahrungen allerdings zeigten, dass bei privatisierten Wasser- und Abwasser-systemen die Zahl der Rohrbrüche eklatant ansteigt, da sich die Unter-nehmen wenig um die Instandhaltung der Systeme kümmern. Die Gewinne freilich werden eingestreift.

Landwirtschaftliche Intensivnutzung
Durch industrielle landwirtschaftliche Betriebe fallen Unmengen an Gülle und Mist an. Wird beides vor Regen oder zu häufig ausgebracht, sickert dies gemeinsam mit dem Regenwasser in das Grundwasser bzw. im Quellenschutzgebiet auch in das Quellwasser. Immer wieder werden deshalb zu hohe Nitratwerte im Trinkwasser gemessen. Dasselbe gilt übrigens auch für Pestizide, Fungizide oder Herbiziden, wie auch Glyphosat!

Fracking
Beim Fracking (Gewinnung von Erdöl und Erdgas) oder auch der Geothermie werden Millionen Liter eines Sand-Wasser-Chemikalien-Gemisches (bis zu 600 unterschiedliche, grossteils hochgiftige Chemi-kalien) mit hohem Druck durch eine Bohrung in den Boden eingeleitet, damit Risse im Gestein entstehen oder bestehende Risse erweitert werden. Normalerweise geschieht dies in mehreren hundert oder gar tausend Metern Tiefe, sodass das Grundwasser davon nicht betroffen sein sollte. Dennoch kann es durch beispielsweise einem Absenken des Grundwasserspiegels oder Folgen des Drucks geschehen, dass sich diese hochgiftigen Substanzen mit dem Wasser mischen. Fracking ist in Österreich noch erlaubt (die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler wollte es 2023 verbieten lassen, scheiterte jedoch am Koalitionspartner ÖVP), in Deutschland können bundesweit zu wissenschaftlichen Zwecken vier derartige Versuchsmassnahmen in Schiefer-, Ton-, Mergel- oder Kohleflözgesteinen durchgeführt werden. Das kommerzielle Fracking ist allerdings verboten. Untersuchungen in den USA brachten zu Tage, dass in manchen Regionen das Wasser derart verseucht war, dass es nicht mehr verwendet werden konnte. Mancherorts war das „Trinkwasser“ gar brennbar.

Bleirohre
Die Verwendung von Bleirohren war lange Zeit sowohl in Österreich als auch Deutschland im Wassernetz- und dem Hausbau Standard. Wasseranalysen hingegen zeigten, dass das Wasser durch das sich lösende Schwermetall schleichend und dauerhaft vergiftet wurde. Eine Bleivergiftung zeigt sich vornehmlich durch Beeinträchtigungen des Nervensystems, der Blutbildung und möglicherweise auch der Nieren-funktion. Dies führte 1973 in Deutschland zum bundesweiten Verbot solcher Rohre, in Süddeutschland gar schon vor 130 Jahren. In Österreich wurde die Verwendung von Bleirohren ebenfalls in den 1970er-Jahren verboten – in Wien begann der Ersatz im öffentlichen Wassernetz im Jahr 2007. Dennoch gibt es sie noch in Altbauten. Hier legt die Öster-reichische Trinkwasserverordnung BGBl. 304/2001 (in Umsetzung der oben genannten EU -Richtlinie 98/83 EG) seit 1. Dezember 2013 den Grenzwert auf max. 0,01 Milligramm pro Liter fest. Für Vermieter besteht eine grundsätzliche Behebungspflicht.

Quellfassungen und Hausbrunnen
Vor allem in Streulagen (ländlicher Raum) mit hoher landwirtschaftlicher Nutzung ist das eigene Wasser unerlässlich, liegt doch der Wasserverbrauch eines Bauernhofes weit über dem Normalverbrauch. In Niederösterreich beispielsweise verfügen rund 10 % der Einwohner über einen eigenen Hausbrunnen. Bei derartigen Einzelwasserversorgungs-anlagen ist der Besitzer selbst für die Wasserqualität und damit zusammenhängenden Massnahmen verantwortlich. Geht man nun davon aus, dass der Wasserbedarf einer 4-köpfigen Familie bei einer Quell-fassung mit 1 l/min getilgt wird, muss bei einer niedrigeren Ergiebigkeit ein Speicherbehälter angeschafft werden. Hier nun sollte auf jeden Fall eine Aufbereitungsanlage (etwa eine UV-Entkeimungsanlage) zwischen-geschaltet werden. Um eine Versorgungssicherheit zu gewährleisten und aus hygienischen Aspekten verfügen jedoch inzwischen viele auch über einen Anschluss an das öffentliche Hochdrucknetz – vornehmlich für das Wasser im Haushalt. Bei Häusern nahe der öffentlichen Versorgung besteht zumeist Anschlusszwang.

Retension
Hauptsächlich in Regionen mit hohem Regenaufkommen ist sog. „Retension“ (Retentionszisternen oder mit Rigolensystemen) beim Hausbau verpflichtend. Dies sind zumeist Sickerschächte oder Tanks, die im Garten in den Boden eingelassen sind und das Regenwasser vom Dach, aber unter Umständen auch das Sickerwasser bei versiegelten Flächen aus dem Garten zurückhalten oder in tiefere Bodenregionen weitergeben sollen, damit das Kanalnetz bei Schlagwetter nicht überlastet wird. Das Wasser soll dann gedrosselt zu einem späteren Zeitpunkt in das Kanalnetz abgegeben oder selbst als Giesswasser im Garten verbraucht werden. Ein Sickerschacht sollte mindestens 10, besser jedoch 40-50 m von einem eigenen Hausbrunnen oder einem Keller entfernt sein. Vor allem für den Sickerschacht, aber auch den Regenwassertank gilt: Es sollte nur das Dachregenwasser eingeleitet – alles andere muss gefiltert werden.

Nun gibt es jedoch so manchen Besitzer einer Hausquelle oder eines Retensionsbeckens, der sich Wasser- und v.a. Abwassergebühren sparen möchte und zu Regenzeiten oder der Schneeschmelze Wasser mittels einer Hochdruckpumpe zurück in das öffentliche Netz pumpt! Eine Unart, die geahndet werden muss. Schliesslich ist die öffentliche Hand für die Qualität dessen verantwortlich, was aus dem Wasserhahn in der Küche bzw. dem Bad Einsatz findet. Werden Hausquellen zumeist regelmässig geprüft, so handelt es sich bei Wasser aus Retensionsbecken um stehendes, nicht gesiebtem und alsdann unbehandeltem Regenwasser, das eigentlich in das Abwasserkanalsystem gepumpt oder zur Gartenpflege herangezogen werden sollte. Hier haben Keime, aber auch Legionellen beste Lebensvoraussetzungen. Wird dieses Wasser in das Trinkwassernetz gepumpt, so kann dies nicht nur für die eigene, sondern auch die Versorgung der weiteren Wassernutzer verheerende Konse-quenzen haben. Die öffentliche Hand reagiert inzwischen mit dem Einbau von Wasserzählern mit einem Rückflussverhinderer, wie dies auch beim Bau von Hydranten Einsatz findet. Dabei kann das Wasser nur in einer Richtung fliessen.

Ist nun das Trinkwasser belastet, ist das Abkochen des Wassers (5 Minuten auf Meereshöhe bei 100 Grad C – pro 1000 m Höhe 3,75 min länger, da der Siedepunkt pro 1000 m Höhe um 3,3 Grad C abnimmt) eine Massnahme, die allerdings nur in der ersten der folgenden Gruppen hilft:

.) Pathogene Mikroorganismen
– Bakterien (Escherichia coli, Salmonella typhimurium, Enterokokken, Vibrio cholerae, Legionellen
– Viren (Hepatitis A, Norwalk-Virus, Rota-Virus, Polio-Virus)
– Protozoen (Entamoeba histolytica, Giardia intestinalis, Cryptosporidium Parvum)
Beginnend bei Magen-Darm-Infekten, Salmonellen- und Legionärser-krankung bis hin zur Cholera und Ruhr werden durch solche Keime übertragen. Hiergegen helfen nur hohe Temperaturen: Legionellen beispielsweise sterben bei 64 Grad Celsius ab.

.) Schwermetalle wie Blei oder Quecksilber
Diese lassen sich nur durch Destillation oder Flockung entfernen.

.) Dünger, Pestizide, Herbizide
Hierfür bedarf es eines Aktivkohlefilters.

.) Schwebestoffe
Zuerst filtern, dann durch etwa Chlor desinfizieren

Vor allem, wenn sich Babies im Haushalt befinden, sollte mit erhöhter Vorsicht agiert werden, da das Immunsystem der Kleinen noch nicht gegen solche Eindringlinge vorgehen kann. Aber auch bei Diabetikern sollte vor Gebrauch vor allem am Morgen das Wasser relativ lange laufen, sodass kein Standwasser (Stagnationswasser) getrunken wird. Sofern zuvor keine der angeführten Belastungen stattgefunden haben, müsste dies ausreichend sein.

Filmtipps:

†- „Ist unserem Trinkwasser noch zu trauen?“ – WDR 2021
– „Wie belastet ist unser Trinkwasser“ – SWR 2020
– „Wie gut ist unser Trinkwasser?“ – WDR 2019
– „Mission Trinkwasser“ – ZDF (2021)
– „Gasland“ von Josh Fox (2010)

Lesetipps:

.) Pathogene Mikroorganismen im Grund- und Trinkwasser: Transport – Nachweismethoden – Wassermanagement; Hrsg.: Adrian Auckenthaler; Springer 2002
.) Vom Leitungswasser zu gesundem Trinkwasser: Dein Weg zu gesundem Wasser einfach & verständlich; dr. Michael Scholze; epubli; 2. Edition 2019
.) Wasseraufbereitung; Stefan Wilhelm; Springer 2008
.) Legionellen in Trinkwasser-Installationen: Gefährdungsanalyse und Sanierung; Arnd Bürschgens; Beuth 2018
.) Gebäudetechnik für Trinkwasser – Fachgerecht planen – Rechtssicher ausschreiben – Nachhaltig sanieren; Thomas Kistemann/Werner Schulte/ Klaus Rudat/Wolfgang Hentschel/Daniel Häußermann; Springer 2012

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