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Aspides – Zahn um Zahn

Eigentlich interessierte sich der Westen bislang nicht um den Krieg im Jemen. Nicht mal die humanitäre Katastrophe berührte die Menschen hierzulande. Saudi Arabien hingegen befürchtete einen zu grossen Einfluss des Iran und kam deshalb der Regierung des Jemen mit Waffen-unterstützung zu Hilfe. Von vielen lautstark kritisiert – wie die Entwick-lung nun zeigt, allerdings durchaus berechtigt. Über den Jemen habe ich an dieser Stelle bereits geschrieben. Nun jedoch könnte es zu einer Wende kommen: Der Westen beschiesst Stellungen der militant-islamistischen Huthi-Rebellen. Und diese schwören Rache! Die EU ist plötzlich inmitten eines Bürgerkrieges angelangt, bei dem es für sie weder um Öl oder andere Rohstoffe, noch um eine politische Vormacht-stellung im Nahen Osten geht. Nein – es ist der Welthandel! Zuletzt etwa wurde der unter der Flagge von Belize fahrende britische Frachter „Rubymar“ durch Beschuss schwer in Mitleidenschaft gezogen – Experten sprechen von „katastrophalen Schäden“! Jetzt droht der Tanker unter-zugehen – das wird eine Umweltkatastrophe, da er bis zur Reeling vollgefüllt ist – mit Dünger!

„Europa wird gemeinsam mit unseren internationalen Partnern die Freiheit der Schifffahrt im Roten Meer gewährleisten!“

(Ursula cin der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin)

Diese Woche haben die Aussenminister der EU grünes Licht für die Operation „Aspides“ gegeben. Dabei sollen zivile Handelsschiffe, v.a. aber Container-Schiffe auf ihrem Weg nach Europa geschützt werden. Seit Mitte November attackieren immer wieder Huthi-Rebellen Handelsschiffe mit Raketen und Drohnen. Offizielle Begründung: Israel! Ähm – Huthi-Miliz und Israel? Die Rebellen sehen sich als ein Teil der „Achse des Widerstandes“ gegen Israel und beabsichtigen mit dieser Waffengewalt das Aussetzen der Warenlieferungen an Israel, bis dieses gezwungen ist, die Einsätze im Gaza-Streifen zu beenden. Eine blutige Ausein-andersetzung, die durch den massiven Beschuss Israels, einem Massaker in der Zivilbevölkerung und der Geiselnahme von 136 Israeli und Ausländern ebenfalls durch Terroristen begonnen wurde. Im Hintergrund zieht indes der Todfeind Israels an den Fäden der Marionette: Der Iran! Dieser hat schon des öfteren mit Raketen-Angriffen auf Israel gedroht – durch die Huthi-Rebellen jedoch machen sich die Mullahs aus Teheran nicht selbst die Finger schmutzig. Allerdings ist dieser Hintergrund bereits nachgewiesen, da die US-Marine Funkverbindungen eines iranischen Schiffes gehackt hat, wobei offenbar Zielkoordinaten weitergegeben wurden.

Somit nimmt der Jemen durchaus eine ganz entscheidende Rolle auf die globale Politik ein: Es geht um die Handelsroute durch den Golf von Aden mit der Meerenge Bab el Mandeb (27 km zwischen der Saudischen Halbinsel und dem Afrikanischen Kontinent) – dem Eintritt ins Rote Meer. Von dort weiter über den Suez-Kanal ins Mittelmeer! Es ist eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt (12 Prozent des weltweiten Frachtvolumens). Nicht umsonst haben die Chinesen Piräus, den Hafen von Athen, zum grössten Container-Umschlageplatz Europas für Waren aus China ausgebaut. Heute ist er der grösste Schiffshafen im östlichen Mittelmeer. Der Vertrag wurde 2016 unterzeichnet – seither ist die chinesische Reederei Cosco („China Ocean Shipping Corporation“) Zwei-Drittel-Mehrheitseigentümer am Hafen. Und diese steht – welch ein Zufall – im Besitz der Volksrepublik China. Na ja – zumindest inoffiziell: Bis 2016 war die Reederei (damals noch „China Ocean Shipping (Group) Company“) ein volkseigener Betrieb. In diesem Jahr fusionierten sie mit der „China Shipping Group“ zur „China COSCO Shipping Corporation“. Sicherlich auch weiterhin unter der Aufsicht der Regierung in Peking. Dessen Staatspräsident Xi Jinping verschaffte sich höchstpersönlich 2019 einen Eindruck über die Fortschritte.

Und nun wird’s interessant: China bezieht trotz aller internationaler Sanktionen Erdöl aus dem Iran! Höchstwahrscheinlich ist deshalb so wenig aus Peking zu diesem Thema zu hören.

Schon mehrere Male beschossen die US- und die britische Royal Navy gezielt Huthi-Stellungen im Jemen. Diese schworen daraufhin Rache und setzten die Angriffe mittels Raketen und Drohnen fort. Nun also „Aspides“ (altgriechisch für „Schilde“)! Die Leitung obliegt einem griechischen Konteradmiral, das Flaggschiff ist der italienische Lenkwaffen-Zerstörer „Caio Duillo“.

Auch die deutsche Marine beteiligt sich an dieser Operation. Bislang lag die Fregatte „Hessen“ vor Kreta auf Anker. Sie ist inzwischen im Roten Meer angelangt. Das Schiff ist speziell für den Geleitschutz und die Seeraumkontrolle ausgestattet.

Mannschaftsstärke: 240

Bewaffnung:

1 Hauptgeschütz 76 mm Compact, Reichweite mehr als 18 Kilometer

2 Maschinenkanonen 27 mm MLG

4 schwere Maschinengewehre 12,7 mm

2 Starter für Seezielflugkörper RGM-84 Harpoon, Reichweite mehr als 140 Kilometer

1 Senkrecht-Startsystem Mk41 VLS (Vertical Launching System) für Flugabwehrraketen ESSM †(Evolved Sea Sparrow Missile) und SM2, Reichweite mehr als 160 Kilometer (SM2)

2 Starter für Nahbereichsflugabwehr RIM-116 RAM

2 Torpedorohrsätze für Leichtgewichtstorpedo MU90

4 Täuschkörperwurfanlagen MASS (Multi Ammunition Softkill System)

Abgelöst wird sie durch die Fregatte „Hamburg“, die diese Woche noch vor Kiel kreuzte. Sie ist auf die Luftabwehr spezialisiert.

Mannschaftsstärke: 236

Bewaffnung:

32 Zellen-Senkrechtstarter für SM-2 und ESSM

2× Vierfach-FK-Starter für Schiff-Schiff-Flugkörper RGM-84 Harpoon

2×Starter für Nahbereichsflugabwehr RIM-116 RAM

1× Hauptgeschütz 76 mm Compact

2× Maschinenkanone 27 mm MLG

2× Dreifachtorpedorohrsätze MKL 32

Die „Hessen“ kehrt im April wieder in ihren Heimathafen Wilhelmshaven zurück. Beide Schiffe also durchaus keine Leichtgewichte! Am Einsatz beteiligen sich neben Deutschland zudem Frankreich, Italien, Griechen-land, Belgien und Dänemark.

Die französische Marine berichtet über zwei Abschüssen von Drohnen alleine in dieser Woche. Ungefährlich ist also dieser Einsatz überhaupt nicht, da die Huthi-Rebellen auch Kriegsschiffe beschiessen. So spricht der deutsche Marine-Inspekteur Jan-Christian Kaack vom „ernsthaftesten Einsatz einer deutschen Marine-Einheit seit vielen Jahrzehnten“!

Wie sich die Huthi-Gefahr inzwischen auf den Welthandel auswirkt, merken v.a. die Freunde von Billigst-Ware aus China: Diese kann nicht mehr über den Seeweg, sondern muss über den Luftweg verfrachtet werden. Und dieser stösst nun langsam an die Grenzen seiner Kapazität. Nette Annekdote: RAK Porcelain in den Vereinigten Arabischen Emiraten produziert exklusivstes Porzellan, das auch eine inzwischen neueröffnete Luxus-Herberge aus Baden-Württemberg bestellt hatte. Das Schiff wurde durch Piraten gekapert. Also musste über den Luftweg die Ware erneut geliefert werden – kam selbstredend sehr günstig!.

Natürlich werden wieder viele Menschen auch in unseren Breiten gegen den Einsatz protestieren. Dabei sollte jedoch eines nicht vergessen werden: Die meisten Reedereien haben aus Angst vor dem Verlust ihrer Schiffe die Route über Südafrika und das Kap der Guten Hoffnung angewiesen. Das sind tausende Seemeilen mehr und alsdann ein nicht zu unterschätzendes Plus an Frachtdauer und Kosten! Zudem besteht vor Somalia die Gefahr, auf Piraten zu treffen. Es kommt erneut zu Lieferschwierigkeiten oder gar Ausfällen. „Aspides“ dient der Verteidigung und dem Schutz ziviler Handelsschiffe in dieser Region – nicht dem Angriff auf Huthi-Stellungen, wie dies bislang durch die USA und Grossbritannien geschah und auch weiterhin geschehen wird. Hätte die EU nicht reagiert, hätten sich höchstwahrscheinlich die USA ausgeklinkt, da deren Waren aus Fernost über den Pazifik befördert werden.

https://www.vesselfinder.com/de

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