And the Oscar goes to…

Es ist wieder mal soweit: Eine ganze Stadt, ach was sag ich – ein ganzes Land – ja eine ganze Branche steht weltweit Kopf. Verantwortlich hierfür ist ein kleines nacktes Männchen!

Was bei uns gelegentlich über die Fussball- oder Tennisplätze bzw. durch Promigärten huscht und weithin als „Flitzer“ bekannt ist, das ist im puritanischen Amerika eigentlich verpönt. Doch einmal im Jahr werden die in Gold gegossenen nackten Menschen (ob Männlein oder Weiblein – wer weiss! Einzig der Name lässt näheres erahnen!) herausgeholt, aufpoliert und vergeben. So manch eine dieser Figuren steht im Living Room, andere schmücken eine Toilette damit (passt so herrlich zu den goldenen Armaturen) und wieder andere stehen beim Pfandleiher. Fakt aber ist, dass der „Oscar“ die wohl wichtigste Auszeichnung ist, die das internationale Filmschaffen zu vergeben hat. Und diese Tatsache ist gar nicht mal so einfach, besitzt doch inzwischen jede Kleinstadt, die etwas von sich hält, ein eigenes Filmfest mit Preisen! Der „Oscar“ aber ist die Weltmeisterschaft, das olympische Feuer, das im Herzen brennt, die oberste Stufe am Trepperl – eben einfach das Grösste, wie es in den Vereinigten Staaten nun mal allerorts der Fall ist. Einmal gewonnen, so schnellen die Gagen plötzlich in ungeahnte Höhen – zumindest bei den Schauspielern und Regisseuren. Es ist die Glanzleistung des Einzelnen (und des geamten Teams, der Mutter, des Vaters, der Lehrerin in der 1. Klasse Grammar School, des Hundesitters, des Busfahrers,…), die damit ausgezeichnet werden und den oder die Beste unter den Besten ehren soll. Die Leistung, die Performance, die Inszenierung,… Wohl nichts ist alljährlich besser inszeniert, als die Oscar-Nacht. Die Filmwelt feiert sich selbst – aufwendig, konkurrenzlos, pompös! Und das, obwohl es eigentlich nichts neues mehr gibt, immer mehr Filmförderungen gestrichen werden und immer mehr Produktionsfirmen dicht machen müssen, auch wenn sie derzeit gerade im Dreh für den Film aller Filme stecken.

Bei diesem Brimborium rückt aber das Eigentliche, nämlich die erbrachte Leistung, immer mehr in den Hintergrund. Kennen Sie beispielsweise noch die Preisträger 2022, in dem Jahr als Will Smith den Moderator Chris Rock mit einer Ohrfeige bedachte, nachdem seine Frau von diesem beleidigt wurde? Oder wird schon Wochen zuvor gerätselt, was die Schönen und vermeintlich Reichen tragen werden! Dabei fallen die Nominierungen immer mehr unter den Tisch! Was soll’s – nur der Sieg zählt! Alle anderen haben umsonst vor dem Spiegel ihre Überraschten-Rede geprobt. Wichtig ist stets nur eines: Der Auftritt am Red Carpet! Dieser wird immer länger und breiter – einige Piloten sollen solche Teppiche bereits mit einer Landebahn verwechselt haben! Sorge ich hier – auf dieser roten Autobahn – für Aufsehen mit meinem ebenfalls ein-studierten Auftritt, den 100 wiederholten Wortmeldungen und v.a. der Robe, die nur die Superstars geschenkt bekommen (andere müssen sie danach wieder zurückbringen!), dann bin auch ich für wesentlich längere Zeit in aller Munde als so mancher Nominierte, der in diesem Wettkampf der Grossen als Grösster ausgezeichnet werden soll.

Die Stunden danach durchzustehen, dazu bedarf es eines wahrhaft grossen Steh- bzw. Sitzvermögens. Gerüchte besagen, dass einige auf dem Red Carpet gesehen wurden, danach waren sie von der Bildfläche verschwunden – erst als der beste Film seine Auszeichnung fand, catchten auch die vielen Kameras wieder ihr Antlitz! Kein Wunder, haben sie doch während dieser Stunden ihren nächsten Film abgedreht! Nicht zu tief ins Glas schauen, nicht zu häufig zum Rauchen in den Hinterhof verschwinden und immer mal wieder das Makeup nachziehen, denn die Kameras fangen wirklich alles ein – mit HD fatal! Und danach geht’s zum Puck – dort gibt’s die kleinen Männchen schliesslich zu essen!!!

Doch damit zu diesem Jahr! Am 11. März (bei uns – am 10.03. in L.A.) beginnt die Nacht der Nächte im Kodak Theatre mit grossen Fanfarenklängen. Zum bereits 96. Mal werden die Academy Awards (wie der „Oscar“ eigentlich richtig heisst) vergeben. Heuer in nicht weniger als 23 Kategorien – die wichtigsten darunter selbstverständlich: Bester Film, bester männlicher Hauptdar-steller, beste weibliche Hauptdarstellerin und beste Regieleistung. Daneben wurde der „Oscar“ für das Lebenswerk bereits am 09. Januar 2024 an die Schauspielerin Angelka Bassett, das Multitalent Mel Brooks sowie die Filmeditorin Carol Littleton vergeben. Dies allerdings findet getrennt von der Hauptveranstaltung beim „14. Governors Awards“ statt. Bassett brillierte etwa 1994 in „Tina – What’s love got to do with it?“ und 2023 in „Black Panther: Wakanda forever“! Wer Mel Brooks nicht kennt, hat einiges nachzuholen!!! Und Littleton schrieb beispielsweise 1983 für „E.T. – Der Ausserirdische“.

Der Top-Favorit bei dieser Verleihung (und da lacht das Herz des Autors dieser Zeilen) ist ein Historienfilm: „Oppenheimer” von Christopher Nolan mit Nominierungen in 13 Kategorien, gefolgt von den beiden Historien-dramen „Poor Things” (Giorgos Lanthimos) mit 11 und „Killers of the Flower Moon” (Martin Scorsese) mit 10 Nominierungen. Letzterer wurde bereits neun Mal als bester Regisseur nominiert – ein absoluter Rekord. „Oppenheimer” ist auch in den Kategorien „Beste Regie” und „Bester männlicher Hauptdarsteller” enthalten – er könnte also durchaus drei der vier wichtigsten Männchen abstauben. Beste weibliche Hauptdarstellerin könnte Lily Gladstone („Killers of the Flower Moon”) bzw. Emma Stone („Poor Things”) werden. Doch dies ist derzeit nur Spekulation. Öster-reicher ist heuer keiner nominiert, die deutsche Schauspielerin Sandra Hüller allerdings kann sich Hoffnungen machen, ist sie doch mit dem Justizdrama „Anatomie eines Falls” („Anatomie d’une chute”) bei den besten Hauptdarstellerinnen im Rennen. Weitere Deutsche unter den Nominierten: Wim Wenders mit „Perfect Days” bzw. „Das Lehrerzimmer” von İlker Çatak – beide in der Kategorie „Bester internationaler Film”.

Zuletzt sorgte der in acht Kategorien nominierte Streifen „Barbie” von Greta Gerwig für einige Diskussionen: Feministisch – ja oder nein? Es reichte zumindest aus, dass der Film in manchen muslimischen Ländern wie etwa Algerien verboten wurde!

Moderieren wird die Veranstaltung der US-amerikanische Comedian, Talker, Produzent und Moderator James „Jimmy” Christian Kimmel. ABC überträgt in über 200 Länder. Ich wünsche vorweg schon mal allen Beteiligten: Alles Gute!

Nachdem ich mich glücklich schätze sagen zu können, dass ich sehr viele Bekannte und gute Freunde habe, die den Beruf des Schauspielens gewählt haben: Nehmt mir diese Zeilen nicht allzu übel! Ihr wisst ja, dass ich versuche, aus der Position des neutralen Beobachters zu schreiben! Die Branche lebt von der Show – auch wenn dahinter nicht wenige klasse Menschen stecken, welchen diese Show selbst auf den Senkel geht. Trotzdem gehört sie dazu, denn schlussendlich darf Mann/Frau nicht wählerisch sein, ansonsten bleiben die Engagements aus! Nur die oberen 100 können sich ihre Rollen selbst aussuchen. Ob SIE diese dann auch wirklich verdient haben – das entscheidet der Kinogeher und die wie immer neutrale Academy!!! Dieser gehören auch Deutsche und Öster-reicher an, wie Christoph Waltz, Michael Haneke etc.. Daneben sind heuer durchaus klingende Namen als Juroren, aber auch als Laudatoren vertreten: Al Pacino, Nicolas, Cage, Michelle Pfeifer, Jamie Lee Curtis oder auch Matthew McConaughey.

Let the Show of the Shows begin – bei der die meisten Kandidaten wirk-lich alles tun, um ihrer Berufung alle Ehre zu machen!!!

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Die Zeit der Angst

Dieser Tage sorgte eine Schagzeile bei so manchem Leser dieser Zeilen für einen Throwback: Daniela Klette, Mitglied der RAF, konnte nach dreissigjähriger Fahndung gefasst werden! Offenbar lebte sie über all die Jahre hinweg völlig unbehelligt mit falscher Identität zuletzt in Berlin-Kreuzberg. Ihren Unterhalt bestritt sie u.a. mit Nachhilfe-Unterricht, doch sicherlich auch mit den Geldern aus den Überfällen auf Geldtransportern. Klette zählte zur 3. Generation einer Terroristen-Vereinigung, die Deutschland für zwei Jahrzehnte in Atem hielt: Der Roten Armee Fraktion! Bei ihrer Festnahme wurden zahlreiche Waffen und Kriegsmaterialien wie etwa eine Panzergranate, eine Kalaschnikow und Sprengmittel in der Wohnung entdeckt.

Deutschland erlebte vor 47 Jahren ein schwarzes und sehr blutiges Kapitel seiner Justizgeschichte: Der „Deutsche Herbst“ des Jahres 1977. Alles begann am 7. April mit der Ermordung des Generalbundesanwaltes Siegfried Buback, seines Fahrers und eines weiteren Beamten, zog eine Mordspur durch die weiteren Monate und endete am 18. Oktober mit den Selbstmorden von Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in der JVA Stuttgart-Stammheim.

Mit diesem Dreifach-Selbstmord (wenig später folgte auch Ingrid Schubert in der JVA München) dachte das offizielle Deutschland, dass sich das mit dem Linksterrorismus von selbst erledigt haben sollte! Doch weit gefehlt!

Die Geschicht der RAF geht weit zurück und fand seinen Beginn mit dem Tot des Studenten Benno Ohnesorg bei einer Demonstration am 02. Juni 1967. Die Studentenbewegungen wurden daraufhin militant und schreckten auch vor Gewalttaten nicht mehr zurück. So wurden am 2. April des Jahres 1968 in Frankfurt/Main zwei Kaufhäuser ein Raub der Flammen: Brandstiftung! Die Ermittlungen führten zur Festnahme von vier Personen: Der damaligen Studentin Gudrun Ensslin und deren Freund Andreas Baader sowie von Thorwald Proll und Horst Söhnlein. Mit dieser Tat sollte ein Zeichen gegen den Vietnamkrieg gesetzt werden, gegen die Ignoranz der Deutschen zum kriegerischen Eingreifen der USA in Fernost. Der Schaden belief sich auf 700.000 D-Mark (350.000 Euro). Die Berichterstattung über den anschliessenden Prozess nutzte die Journalistin Ulrike Meinhof immer mehr um damit gegen den Konsum-terror des Westens zu protestieren. Nachdem Revision beantragt wurde, kamen die zu jeweils drei Jahren Haft Verurteilten auf freien Fusse – Ensslin und Baader nutzten dies zur Flucht.

Ab Dezember 1969 traf sich regelmässig eine Gruppe Gleichdenkender in der Wohnung der Freundin des Rechtsanwaltes Horst Mahler in Berlin. Nahezu wöchentlich stiess ein neues Mitglied hinzu. Ziel war es, eine bewaffnete Stadt-Guerilla-Gruppe zu gründen. Bei einer fingierten Verkehrskontrolle konnte schliesslich Andreas Baader nach dem Hinweis eines V-Mannes doch noch festgenommen werden. Er war übrigens als einziger Sprössling einer Arbeiterfamilie, alle anderen entstammten einem sog. „guten Hause“.

Der 14. Mai 1970 gilt als die Geburtsstunde der ersten terroristischen Vereinigung Deutschlands, der „Roten Armee“ – später ergänzt durch das Wort „Fraktion“ (RAF). An diesem Tag pressten Ulrike Meinhof und der Baader-Anwalt Horst Mahler den Inhaftierten im Rahmen eines fingierten Interviews mit Waffengewalt frei. Ein Mann wurde dabei schwer verletzt. Ab diesem Zeitpunkt distanzierte sich auch die intellektuelle Linke von der RAF. So meint etwa einer deren Köpfe, Rudi Dutschke, in seinen Memoiren:

„Die negativen Auswirkungen der RAF-Scheiße sind vielerorts erkenn-bar, CDU/CSU im besonderen, Regierung im allgemeinen und RAF-Kacke im einzelnen scheinen verheiratet zu sein: Um den politischen Klassenkampf zu hemmen!“

Inzwischen waren Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Horst Mahler und Ulrike Meinhof untergetaucht – im Nachhinein wurde bekannt, dass sie sich mit anderen Gesinnungsgenossen in einem Trainingscamp der palästinensischen Fatah-Miliz in Jordanien ausbilden liessen. Die Schlag-zeilen in den Zeitungen wurden ab sofort von der „Baader-Meinhof-Gruppe“ beherrscht. Mit Banküberfällen und Brand- sowie Sprengstoff-Anschlägen begann die RAF ihren Kampf gegen den Imperialismus, gegen die jüdisch-angloamerikanische Fremdherrschaft mit dem Ziel einer kommunistischen Regierung auch in Westdeutschland. Vier Personen kamen dabei ums Leben, 60 weitere wurden teils schwer verletzt. In Wohnungen richteten die „Kämpfer“ (wie sie sich selbst bezeichneten) Unterschlüpfe und Waffenlager ein. Auch ich staunte nicht schlecht, als in den 80ern bekannt wurde, dass in der unmittelbaren Nachbarschaft meines Elternhauses in der Nähe von Frankfurt eine solche „konspirative Wohnung“ ausgehoben wurde. Die beiden Bewohner waren stets freund-lich und unauffällig.

Die Klassenfeinde gehörten in den 70ern zu den meist gesuchten Verbrechern – ihre Köpfe waren in allen Polizeistationen und Bahnhöfen zu sehen. Dies brachte auch Erfolge: Nach intensiven Fahndungen konnte im Sommer 1972 die nahezu komplette Entscheidungsebene der 1. Generation der RAF festgenommen werden: Gudrun Ensslin, Holger Meins, Jan-Carl Raspe, Ulrike Meinhof und erneut Andreas Baader. Immer wieder versuchte nun die 2. RAF-Generation rund um Peter-Jürgen Boock und Brigitte Mohnhaupt ihre Anführer aus der Haft freizupressen („Offensive 77“). Etwa durch die Ermordung des Generalbundesanwaltes Siegfried Buback sowie zwei seiner Fahrer oder durch die Entführung des Arbeitgeber-Präsidenten Hanns-Martin Schleyer und der Ermordung seiner vier Begleiter. Doch lief dies nicht wie gewünscht. Die Regierung hatte beim ersten Versuch einige Terroristen in den Jemen freigelassen, die sich jedoch erneut blutig in Deutschland zu Wort meldeten. Deshalb war Kanzler Helmut Schmidt zu keinerlei Eingeständnissen mehr bereit. Um ihre Forderungen nachhaltig zu untermauern kidnappte eine Gruppe mit der RAF verbündeter Palästinenser die Lufthansa-Maschine „Landshut“, die jedoch in Mogadischu durch GSG9-Spezialeinheiten gestürmt wurde. 86 der 87 Geiseln wurden befreit, der Pilot bei einer Zwischenlandung bereits vorher durch die Geiselnehmer erschossen. Diese übrigens überlebten das Stürmen der Maschine nicht. Noch in dieser Nacht haben sich Baader, Raspe und Ensslin in ihren Zellen erhängt. Die vierte im Bunde, Irmgard Möller, verletzte sich beim Selbstmord-Versuch mit einem Messer schwer. Die Leichen und die Verletzte wurden erst am Morgen beim Frühstücksgang entdeckt. Lange galt es als erwiesen, dass nachgeholfen wurde, da einiges nicht stimmig war, sehr vieles verwunderte.

„Nur solange einer lebt, kann er aufstehen und kämpfen. Wenn du hörst, ich hätte mich umgebracht, dann kannst du sicher sein: Es war Mord.“

(Ulrike Meinhof)

So wurde etwa sofort von Selbstmorden gesprochen – damals war es jedoch Usus, dass ein derartiger Schluss erst nach abgeschlossener Untersuchung gezogen wurde. Deshalb kombinierten einige Journalisten und Querdenker, dass die gefährlichen Inhaftierten aus dem Weg geräumt wurden, damit nicht noch mehr Aktionen durch deren Zöglinge ange-zettelt werden konnten. Experten hingegen verneinen inzwischen eine Fremdeinwirkung.

Es war ein dunkles Kapitel in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, das nach wie vor geheimnisumwittert ist. Welche Rolle spielte die CIA in der Todesnacht von Stammheim bzw. der BND dann in der 2. RAF-Generation („Celler Loch“, V-Männer)? Welche die DDR? Wie war es möglich, dass linksradikale Extremisten so viele Menschen umbrachten und noch wesentlich mehr in Angst und Schrecken versetzen konnten – über nahezu drei Jahrzehnte! Urteile als Blamage des Rechtsstaates Deutschland? Die Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stamm-heim galt als DAS Hochsicherheitsgefängnis in Deutschland schlechthin. Der komplette 7. Stock – die Terroristen-Etage – war ein Gefängnis im Gefängnis. Ulrike Meinhof kritisierte die Haftbedingungen in Ihrem Ablehnungsantrag heftigst.

Von Folter und Isolationshaft ist die Rede – nicht nur sie forderte die Anerkennung als „Kriegsgefangene“. Am 09. Mai 1976 schliesslich setzte Ulrike Meinhof in Zelle 719 ihrem Leben ein Ende – mit einem zerrissenen und zusammengeknoteten Handtuch, das an den Gitterstäben ihres Zellenfensters angebracht war. War dies das Ende der proletarischen Revolution? Holger Meins verstarb bereits am 9. November 1974 in Folge eines Hungerstreiks gegen die Haftbedingungen – allerdings in der Haftanstalt Wittlich. Der prominenteste Fürsprecher für bessere Haft-bedingungen der inhaftierten Baader-Meinhof-Bande war der französische Philosoph Jean-Paul Sartre, der allerdings nach einem Treffen in Stammheim Andreas Baader als „Arschloch“ bezeichnete! Übrigens wurden drei der RAF-Anwälte später Politiker: Otto Schily (Grüne/SPD), Hans-Christian Ströbele (Grüne) und Rupert von Plottnitz (Grüne). Die Stammheimer Prozesse endeten nach 192 Tagen!

Die zweite Generation der RAF konnte durch die Verhaftung der Köpfe Siegfried Haag (1977) bzw. Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt im November 1982 ebenfalls dingfest gemacht werden. Doch war der Kampf gegen den innerdeutschen Terrorismus auch damit noch nicht zu Ende. 1984 löste sich in einer Wohnung in Frankfurt/Main versehentlich ein Schuss aus einer Pistole. Die Kugel durchschlug den Boden und blieb im Fussboden der Wohnung darunter stecken. Deren Bewohner, der gerade Fernsehen schaute, alarmierte die Polizei, die nicht schlecht staunte. Schliesslich konnte an diesem 2. Juli mit Barbara Ernst, Christa Eckes, Ernst-Volker Staub, Helmut Pohl, Ingrid Jakobsmeier und Stefan Frey nahezu die komplette Führungsebene der 3. RAF-Generation festge-nommen werden. Übrig blieben noch Birgit Hogefeld, Eva Haule und Wolfgang Grams. Sie verbündeten sich mit der französischen Terror-Gruppe „Action Directe“, da die Stasi kopfschüttelnd weitere Hilfe verweigerte. So sollen Stasi-Offiziere, die inzwischen die geflohenen Terroristen der 2. Generation in der DDR betreuten, gemeint haben:

„Mit solchen Amateuren wollen wir nichts mehr zu tun haben!“

Kurz vor dem Fall der Mauer flogen wie durch ein Wunder die in der DDR untergetauchten Terroristen urplötzlich auf – es folgte deren Auslieferung an die BRD. Der 3. Generation wurde vonseiten der DDR-Regierung jed-wede Unterstützung untersagt.

Es war ein mehr als blutiger Kampf, den sich die 60 bis 80 Mitglieder der Roten Armee Fraktion mit der Staatsgewalt auf offener Strasse lieferte. 34 durch die RAF getötete Menschen und 20 tote „RAF-Guerillas“ waren das Resultat dieses Extremismuses. Die erste Terroristin, die im Kugelhagel starb war das Hippie-Mädchen Petra Schelm am 15. Juli 1971 in Hamburg. Eines der letzten der Opfer vierzehn Jahre später am 01. Februar 1985 der MTU-Manager und BDLI-Präsident Ernst Zimmermann, der durch einen Schuss aus einer Maschinenpistole in seinen Hinterkopf im eigenen Schlafzimmer regelrecht hingerichtet wurde. Und dies, obgleich beim Zugriff drei Jahre zuvor in der Wohnung in Frankfurt entsprechende Pläne für diese Ermordung, aber auch jene des Siemens-Vorstandes Karl-Heinz Beckurts sichergestellt werden konnten. MTU produzierte für den auch durch die NATO verwendeten Kampfbomber Tornado Turbinen und den Kampfpanzer Leopard Motoren. Insgesamt wurden noch 22 Aktionen durch die 3. Generation verübt, 29 Menschen dabei verletzt, 10 ermordet. Darunter auch die letzte RAF-Hinrichtung am 01. April 1991 – der Chef der Treuhandanstalt Detlev Karsten Rohwedder („Kommando Ulrich Wessel“). Der vermeintlich letzte Terrorist wurde 1999 durch die österreichische Polizei erschossen: Horst Ludwig Meyer. Die meisten Fälle gelten inzwischen als aufgeklärt, obgleich auch nur ganz wenige der Führungsköpfe bekannt waren. Nicht geklärt jedoch die Ermordung des Diplomaten von Braunmühl. Auch viele der Aktionen der 1. und 2. Generation blieben nach wie vor ungewiss. Bewiesen durch beispielsweise Bekennerschreiben ist nur, dass die RAF dahintersteckte. Wer jedoch tatsächlich die todbringenden Schüsse etwa auf den Generalbundesanwalt Sigfried Buback abgab, ist nach wie vor unklar. Die Ermordung des Chefs der Dresdner Bank, Jürgen Punto, jedoch scheint eindeutig: Den ersten Schuss hatte Christian Klar, die weiteren tödlichen Schüsse Brigitte Mohnhaupt abgefeuert. Am 20. April 1998 schliesslich erklärten angebliche Mitglieder der RAF in einem achtseitigen Pamphlet an die Nachrichtenagentur Reuters deren Auflösung – sie hatten auch im äusserst linken Bereich jedwede Unterstützung verloren.

„Vor fast 28 Jahren, am 14. Mai 1970, entstand in einer Befreiungs-aktion die RAF. Heute beenden wir dieses Projekt. Die Stadtguerilla in Form der RAF ist nun Geschichte.“

(Quelle: Reuters)

1976 wurde der neue Straftatbestand „Mitglied einer terroristischen Vereinigung“ in das Strafgesetzbuch aufgenommen, die Anti-Terror-Gesetze aus den Jahren 1977 bis 79 gelten nahezu allesamt noch heute (Kontaktsperre-Gesetz, Rechtsanwaltslimitierung,…) – und schneiden die Menschenrechte der Bürger sobald irgendein Zusammenhang zum Terrorismus erkannt wird, extremst ein.

Aus den damaligen Studentenbewegungen entwickelten sich die RAF, die Bewegung 2. Juni, die Revolutionäre Zellen und die Rote Zora. Die einstigen „Kämpfer des Proletariats“ sind inzwischen verstorben oder haben ihre Strafen abgesessen. Der letzte Überlebende der 1. Generation, Horst Mahler, betätigt sich seit Ende der 1990er-Jahre komplett kontrovers als Rechtsextremist und Holocaust-Leugner, zuletzt erhob die Staatsanwaltschaft Cottbus im Mai 2014 Anklage gegen Mahler wegen Volksverhetzung. Aufgrund einer schweren Infektion mit Sepsis, in deren Folge der linke Unterschenkel amputiert werden musste, kam es zu einer krankheitsbedingten Haftunterbrechung. Danach weigerte sich Mahler die Resthaft anzutreten und suchte bei Viktor Orbán in Ungarn um Asyl an. Dies wurde ihm verwehrt – er wurde am Budapester Flughafen den deutschen Behörden übergeben. Seine Haft endete am 27. Oktober 2020.

Brigitte Mohnhaupt aus der 2. Generation wurde im März 2007, Christian Klar im Dezember 2008 aus der Haft entlassen. Er betätigte sich eine zeitlang als Kraftfahrer. Claus Peymann, damals Direktor am Wiener Burgtheater, bot ihm eine Stelle als Bühnentechniker an, was Klar jedoch ablehnte. Als am 18. Februar 2018 bekannt wurde, dass er die Abgeordneten-Homepage der Partei „Die Linke“ als freier Mitarbeiter technisch betreute, kam es zu heftigen Protesten vor allem der Unionsparteien. Der Bundestagsabgeordnete Diether Dehm hatte einen Antrag auf einen Hausausweis für den Bundestag für Klar gestellt. Eva Haule aus der 3. Generation ist heute künstlerische Fotografin, sie wurde im August 2007 aus der Haft entlassen; Christa Eckes verstarb 2012 an Leukämie – sie befand sich zumindest zum Zeitpunkt der Morde an Bubak und Schleyer in Haft!

Doch vergessen können zumindest all jene nicht, die von diesem RAF-Terrorismus direkt oder indirekt betroffen waren. Als Christian Klar aus der Haft entlassen wurde, wollte der Co-Pilot der 1977 entführten Lufthansa-Maschine, Jürgen Vietor, das Bundesverdienstkreuz zurück-geben.

„Die Freilassung verhöhnt alle Opfer der RAF, seien sie tot oder noch am Leben.“

(Jürgen Vietor)

Die Bundesanwaltschaft nahm im November 2014 erneut in der Ermordung des Bundesanwaltes Sigfried Buback im Rahmen eines Ermittlungserzwingungsverfahrens des Sohnes und des Bruders von Buback Ermittlungen auf, eine erneute Aufrollung jedoch wurde durch den 6. Strafsenat des Oberlandesgerichtes Stuttgart wegen unvollständiger Zitierungen und „Strafklageverbrauch“ als unzulässig abgelehnt.

Eigentlich sollte der Staat aus der Bekämpfung dieser revolutionären Elemente gelernt haben – doch wie sich in der jüngsten Vergangenheit und Gegenwart etwa bei der NSU oder den salafistischen Gruppen herausstellt: Zu wenig! Vieles wird auch hier vertuscht oder gilt als geheim. So etwa als ein Rechtsradikaler, der gegen die NSU aussagen wollte, in der Nacht zuvor in seinem Auto verbrannte. Seine Verwandten hatten angeblich der Polizei im Nachhinein einige persönliche Gegenstände des Mannes ausgehändigt – darunter auch das Handy. Diese galten aber plötzlich als verschwunden. Wenige Wochen später tauchten einige wieder auf – es fehlt nach wie vor das Handy.

Terrorismus ist eine üble Sache, die bekämpft und unterbunden werden muss – völlig egal ob er aus dem rechten, linken oder religiösen Lager stammt! Schliesslich geht es um das Ersetzen einer Staatsform durch eine andere – zumeist weitaus totalitärere. Dabei dreht sich alles um die Aufmerksammachung der Öffentlichkeit. Ob Unschuldige sterben oder nicht, ist gleichgültig – ganz im Gegenteil: Je mehr sterben, umso grösser ist der Aufschrei in der Bevölkerung! Wie die jüngsten Ereignisse immer wieder beweisen, kann es dabei jeden von uns treffen. Deshalb sollte auch jeder von uns informiert darüber sein, was Terrorismus heisst und beinhaltet. Es sind wahrhaft keine Helden, da sie die Bomben ferngesteuert explodieren lassen – auch wenn sie von jemandem am Körper getragen werden. Das sind nur deren meinungslosen und radikalisierten Handlanger!

Lesetipps:

.) Der Baader-Meinhof Komplex. Hoffmann und Campe; Stefan Aust; Hamburg 1985.

.) Tödlicher Irrtum. Die Geschichte der RAF; Butz Peters; Argon, Berlin 2004

.) Die Todesnacht in Stammheim – eine Untersuchung; Helge Lehmann; Pahl-Rugenstein 2011

.) Das Lächeln der Alligatoren; Michael Wildenhain; Klett-Cotta 2015.) Das RAF-Phantom. Wozu Politik und Wirtschaft Terroristen brauchen; Gerhard Wisnewski, Wolfgang Landgraeber & Ekkehard Sieker; Droemer Knaur, 1997

.) Stammheim. Der Prozess gegen die Rote Armee Fraktion; Pieter Bakker Schut; Neuer Malik Verlag 1986

.) Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF; Martin Hoffmann (Hg.) ; ID-Verlag, Berlin 1997

.) Natürlich kann geschossen werden; Michael Sontheimer; Deutsche Verlags-Anstalt 2010

.) Die Akte RAF. Taten und Motive. Täter und Opfer; Ulf G. Stuberger; Herbig, München 2008

Filmtipps:

.) Die innere Sicherheit; Spielfilm, Regie: Christian Petzold 2000

.) Die Stille nach dem Schuss; Spielfilm, Regie: Volker Schlöndorff

.) Stammheim; Doku-Drama, Regie: Reinhard Hauff, Drehbuch: Stefan Aust 1986

.) Ulrike Meinhof – Wege in den Terror; Dokumentarfilm (60 Min.) ARD 2006

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Aspides – Zahn um Zahn

Eigentlich interessierte sich der Westen bislang nicht um den Krieg im Jemen. Nicht mal die humanitäre Katastrophe berührte die Menschen hierzulande. Saudi Arabien hingegen befürchtete einen zu grossen Einfluss des Iran und kam deshalb der Regierung des Jemen mit Waffen-unterstützung zu Hilfe. Von vielen lautstark kritisiert – wie die Entwick-lung nun zeigt, allerdings durchaus berechtigt. Über den Jemen habe ich an dieser Stelle bereits geschrieben. Nun jedoch könnte es zu einer Wende kommen: Der Westen beschiesst Stellungen der militant-islamistischen Huthi-Rebellen. Und diese schwören Rache! Die EU ist plötzlich inmitten eines Bürgerkrieges angelangt, bei dem es für sie weder um Öl oder andere Rohstoffe, noch um eine politische Vormacht-stellung im Nahen Osten geht. Nein – es ist der Welthandel! Zuletzt etwa wurde der unter der Flagge von Belize fahrende britische Frachter „Rubymar“ durch Beschuss schwer in Mitleidenschaft gezogen – Experten sprechen von „katastrophalen Schäden“! Jetzt droht der Tanker unter-zugehen – das wird eine Umweltkatastrophe, da er bis zur Reeling vollgefüllt ist – mit Dünger!

„Europa wird gemeinsam mit unseren internationalen Partnern die Freiheit der Schifffahrt im Roten Meer gewährleisten!“

(Ursula cin der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin)

Diese Woche haben die Aussenminister der EU grünes Licht für die Operation „Aspides“ gegeben. Dabei sollen zivile Handelsschiffe, v.a. aber Container-Schiffe auf ihrem Weg nach Europa geschützt werden. Seit Mitte November attackieren immer wieder Huthi-Rebellen Handelsschiffe mit Raketen und Drohnen. Offizielle Begründung: Israel! Ähm – Huthi-Miliz und Israel? Die Rebellen sehen sich als ein Teil der „Achse des Widerstandes“ gegen Israel und beabsichtigen mit dieser Waffengewalt das Aussetzen der Warenlieferungen an Israel, bis dieses gezwungen ist, die Einsätze im Gaza-Streifen zu beenden. Eine blutige Ausein-andersetzung, die durch den massiven Beschuss Israels, einem Massaker in der Zivilbevölkerung und der Geiselnahme von 136 Israeli und Ausländern ebenfalls durch Terroristen begonnen wurde. Im Hintergrund zieht indes der Todfeind Israels an den Fäden der Marionette: Der Iran! Dieser hat schon des öfteren mit Raketen-Angriffen auf Israel gedroht – durch die Huthi-Rebellen jedoch machen sich die Mullahs aus Teheran nicht selbst die Finger schmutzig. Allerdings ist dieser Hintergrund bereits nachgewiesen, da die US-Marine Funkverbindungen eines iranischen Schiffes gehackt hat, wobei offenbar Zielkoordinaten weitergegeben wurden.

Somit nimmt der Jemen durchaus eine ganz entscheidende Rolle auf die globale Politik ein: Es geht um die Handelsroute durch den Golf von Aden mit der Meerenge Bab el Mandeb (27 km zwischen der Saudischen Halbinsel und dem Afrikanischen Kontinent) – dem Eintritt ins Rote Meer. Von dort weiter über den Suez-Kanal ins Mittelmeer! Es ist eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt (12 Prozent des weltweiten Frachtvolumens). Nicht umsonst haben die Chinesen Piräus, den Hafen von Athen, zum grössten Container-Umschlageplatz Europas für Waren aus China ausgebaut. Heute ist er der grösste Schiffshafen im östlichen Mittelmeer. Der Vertrag wurde 2016 unterzeichnet – seither ist die chinesische Reederei Cosco („China Ocean Shipping Corporation“) Zwei-Drittel-Mehrheitseigentümer am Hafen. Und diese steht – welch ein Zufall – im Besitz der Volksrepublik China. Na ja – zumindest inoffiziell: Bis 2016 war die Reederei (damals noch „China Ocean Shipping (Group) Company“) ein volkseigener Betrieb. In diesem Jahr fusionierten sie mit der „China Shipping Group“ zur „China COSCO Shipping Corporation“. Sicherlich auch weiterhin unter der Aufsicht der Regierung in Peking. Dessen Staatspräsident Xi Jinping verschaffte sich höchstpersönlich 2019 einen Eindruck über die Fortschritte.

Und nun wird’s interessant: China bezieht trotz aller internationaler Sanktionen Erdöl aus dem Iran! Höchstwahrscheinlich ist deshalb so wenig aus Peking zu diesem Thema zu hören.

Schon mehrere Male beschossen die US- und die britische Royal Navy gezielt Huthi-Stellungen im Jemen. Diese schworen daraufhin Rache und setzten die Angriffe mittels Raketen und Drohnen fort. Nun also „Aspides“ (altgriechisch für „Schilde“)! Die Leitung obliegt einem griechischen Konteradmiral, das Flaggschiff ist der italienische Lenkwaffen-Zerstörer „Caio Duillo“.

Auch die deutsche Marine beteiligt sich an dieser Operation. Bislang lag die Fregatte „Hessen“ vor Kreta auf Anker. Sie ist inzwischen im Roten Meer angelangt. Das Schiff ist speziell für den Geleitschutz und die Seeraumkontrolle ausgestattet.

Mannschaftsstärke: 240

Bewaffnung:

1 Hauptgeschütz 76 mm Compact, Reichweite mehr als 18 Kilometer

2 Maschinenkanonen 27 mm MLG

4 schwere Maschinengewehre 12,7 mm

2 Starter für Seezielflugkörper RGM-84 Harpoon, Reichweite mehr als 140 Kilometer

1 Senkrecht-Startsystem Mk41 VLS (Vertical Launching System) für Flugabwehrraketen ESSM †(Evolved Sea Sparrow Missile) und SM2, Reichweite mehr als 160 Kilometer (SM2)

2 Starter für Nahbereichsflugabwehr RIM-116 RAM

2 Torpedorohrsätze für Leichtgewichtstorpedo MU90

4 Täuschkörperwurfanlagen MASS (Multi Ammunition Softkill System)

Abgelöst wird sie durch die Fregatte „Hamburg“, die diese Woche noch vor Kiel kreuzte. Sie ist auf die Luftabwehr spezialisiert.

Mannschaftsstärke: 236

Bewaffnung:

32 Zellen-Senkrechtstarter für SM-2 und ESSM

2× Vierfach-FK-Starter für Schiff-Schiff-Flugkörper RGM-84 Harpoon

2×Starter für Nahbereichsflugabwehr RIM-116 RAM

1× Hauptgeschütz 76 mm Compact

2× Maschinenkanone 27 mm MLG

2× Dreifachtorpedorohrsätze MKL 32

Die „Hessen“ kehrt im April wieder in ihren Heimathafen Wilhelmshaven zurück. Beide Schiffe also durchaus keine Leichtgewichte! Am Einsatz beteiligen sich neben Deutschland zudem Frankreich, Italien, Griechen-land, Belgien und Dänemark.

Die französische Marine berichtet über zwei Abschüssen von Drohnen alleine in dieser Woche. Ungefährlich ist also dieser Einsatz überhaupt nicht, da die Huthi-Rebellen auch Kriegsschiffe beschiessen. So spricht der deutsche Marine-Inspekteur Jan-Christian Kaack vom „ernsthaftesten Einsatz einer deutschen Marine-Einheit seit vielen Jahrzehnten“!

Wie sich die Huthi-Gefahr inzwischen auf den Welthandel auswirkt, merken v.a. die Freunde von Billigst-Ware aus China: Diese kann nicht mehr über den Seeweg, sondern muss über den Luftweg verfrachtet werden. Und dieser stösst nun langsam an die Grenzen seiner Kapazität. Nette Annekdote: RAK Porcelain in den Vereinigten Arabischen Emiraten produziert exklusivstes Porzellan, das auch eine inzwischen neueröffnete Luxus-Herberge aus Baden-Württemberg bestellt hatte. Das Schiff wurde durch Piraten gekapert. Also musste über den Luftweg die Ware erneut geliefert werden – kam selbstredend sehr günstig!.

Natürlich werden wieder viele Menschen auch in unseren Breiten gegen den Einsatz protestieren. Dabei sollte jedoch eines nicht vergessen werden: Die meisten Reedereien haben aus Angst vor dem Verlust ihrer Schiffe die Route über Südafrika und das Kap der Guten Hoffnung angewiesen. Das sind tausende Seemeilen mehr und alsdann ein nicht zu unterschätzendes Plus an Frachtdauer und Kosten! Zudem besteht vor Somalia die Gefahr, auf Piraten zu treffen. Es kommt erneut zu Lieferschwierigkeiten oder gar Ausfällen. „Aspides“ dient der Verteidigung und dem Schutz ziviler Handelsschiffe in dieser Region – nicht dem Angriff auf Huthi-Stellungen, wie dies bislang durch die USA und Grossbritannien geschah und auch weiterhin geschehen wird. Hätte die EU nicht reagiert, hätten sich höchstwahrscheinlich die USA ausgeklinkt, da deren Waren aus Fernost über den Pazifik befördert werden.

https://www.vesselfinder.com/de

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Masern – keineswegs harmlos

Diese Woche erregte eine Meldung meine Aufmerksamkeit: 60 Masern-Fälle sorgen im österreichischen Gesundheitssystem für dicke Sorgenfalten! Hallo? 60 Erkrankungen mit einer Kinderkrankheit – da hatten wir schon grössere Probleme!!! Das denken sich richtig viele Menschen in Österreich und Deutschland. Tatsache aber ist, dass es die Krankheit so richtig in sich hat und deshalb niemals auf die leichte Schulter genommen werden sollte!

Masern oder auch Morbilli werden nach der „Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“ (ICD-10) unter B05 eingereiht. Es ist eine hochinfektiöse, human-pathogene (ausschliesslich menschliche) Krankheit, die durch rund 120-149 Nanometer grosse Viren aus der Familie der Paramyxoviren (Genus Morbillivirus) übertragen wird. Das Virus ist ein einzelstrangiges RNA-Virus, das mit den Viren der Hundestaupe oder der Rinderpest verwandt ist. Es dringt vornehmlich über die Epithelzellen der Schleimhaut des Atemtraktes (in Einzelfällen auch über die Bindehaut der Augen) in den Körper ein. Die Vermehrung nach der Infektion erfolgt in den regionalen Lymphknoten. Nach rund 48 Stunden breitet sich die Krankheit durch die Blutbahn auf den ganzen Körper aus (in das „retikulohistiozytäre System“). Nach fünf bis sieben Tagen erfolgt auch die Infektion der Haut und der Atemwege. Ab diesem Zeitpunkt ist die Erkrankung durch die typischen roten Hautflecken („Masern-Exanthem“) zu erkennen. Einher gehen zumeist zweimalige Fieberanfälle und ein erheblich geschwächter Allgemeinzustand mit schnupfenartigen Symptomen und Husten sowie einer akuten Bronchitis. Dieser Krankheitszustand kann sich über vier bis sechs Wochen erstrecken. Dabei ist es nicht selten, dass es zu einer zweiten Infektion kommt. Die Diagnose erfolgt über die Antikörper im Blutbild. Der Körper reagiert auf den Eindringling mit der Bildung von Killerzellen, den sog. „zytotoxischen T-Lymphozyten“. Später werden zudem IgM- und IgG-Antikörper gebildet, die den Betroffenen vor einer weiteren Erkrankung schützen.

Die typische Rachenrötung wurde durch den Gerichtsmediziner Wilhelm Reubold entdeckt und nach dem Kinderarzt des Mount Sinai Hositals in New York, Henry Koplik, als „Koplik-Flecken“ bezeichnet.

UV-Licht, höhere Temperaturen sowie Fettlöse- und Desinfektionsmittel machen den Erreger unschädlich. In der Luft bleibt er maximal für zwei Stunden infektiös. Sowohl in Deutschland, als auch in Österreich besteht seit 2001 eine Meldepflicht. Durchaus aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr berechtigt – aber auch durch das Risiko eines schweren Verlaufes! Und hier liegt der Hund im Pfeffer begraben: Masern können bei 20-30 % zu einer Enzephalitis, einer Meningitis, einer Pneumonie, einer Otitis media, Darm- oder auch andere Komplikationen führen, die durchaus lebensbedrohlich werden können (Letalitätsrate nach Angaben des Robert Koch-Instituts: 1:100 – also gar nicht mal so wenig). Damit ist auch die Ausrottung ganzer Übersee-Völker durch eine Masernepidemie erklärbar, die von den Seefahrern und Welteroberern angesteckt wurden.

.) Pneumonie

Hierbei entzünden sich die kleinen Bronchien („Bronchiolitis“), wobei die Flimmerhärchen direkt durch das Virus geschädigt werden. Dies bietet ausgezeichnete Voraussetzungen für den Angriff der unterschiedlichsten Bazillen – es kommt zu einer bakteriellen Superinfektion. Auch eine „Riesenzell-Pneumonie“ („Hecht-Riesenzellen“) kann auftreten, die in den meisten Fällen tödlich endet. Ansonsten liegt die Letalitätsrate bei der Folgekrankheit Lungenentzündung bei 6 %.

.) Meningoenzephalitis

Obgleich die Wahrscheinlichkeit dieser Gehirnentzündung nur bei 0,1 % liegt, verläuft sie bei 10-20 Prozent tödlich, bei 20-30 % bleiben Dauerschäden zurück. Hirnwasseruntersuchungen zeigten eine enorme Zellvermehrung sowie eine erhöhte Proteinkonzentration auf. Kopf-schmerzen, Erbrechen, Fieber, Nackensteifugkeit, Bewusstseinsstörungen und schliesslich Koma – es geht rasend schnell.

.) Subakute sklerosierende Panenzephalitis

Im Anschluss an eine Maserninfektion mit folgender Meningitis kann es auch zu einer SSPE als Spätkomplikation (Monate bis zu zehn Jahre nach der Erkrankung) kommen. Dabei werden Nervenzellen entmarkt („Demyelinisierung“) – in 95 % der Fälle endet dies mit dem Tod! Über die Häufigkeit der SSPE sind sich die Experten nach wie vor uneins, wurde sie doch zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Medizinern als eine seltene neurologische Erkrankung eingestuft. Erst 1967 stellten John H. Connolly und Mitarbeiter einen Zusammenhang mit den Masern fest.

.) Otitis media

Bei rund 7 % der Masernerkrankungen tritt auch eine Mittel-ohrentzündung auf. Dabei wandern Erreger durch den Nasenrachenraum bis ins Mittelohr. Die Entzündung kann eitrig, aber auch nicht-eitrig verlaufen. Die Symptome sind Ohrenschmerzen, Schallleitungs-schwierigkeiten und auch Ohrenerguss.

Zudem kann es zu Durchfall (8% der Erkrankungen), aber auch Lymphopenie (Schwächung des Immunsystems), Kunjunktivitis (Binde-hautentzündung des Auges), Hepatitis (Leberentzündung), Appendizitis (Wurmfortsatz-Entzündung), Kehlkopfentzündung und vielem anderen mehr kommen. Bei Schwangeren droht eine Frühgeburt oder ein Spontan-Abort.

Seit Jahresbeginn gab es bereits sieben Masern-Todesfälle in der EU! Nun sollte es eigentlich klar sein, weshalb diese vermeintlich harmlose Kinderkrankheit niemals auf die leichte Schulter genommen werden darf. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat im Januar 2019 die Masern zur Bedrohung der globalen Gesundheit erklärt. Schützen vor der Erkrankung und schweren Folgeerkrankungen kann nur die in diesen Breitengraden durchgeführte Kombinationsimpfung Masern-Mumps-Röteln (MMR) oder Masern-Mumps-Röteln-Windpocken (MMRV), die normalerweise zwischen dem 11. bis 14. Lebensmonat (in Deutschland) und nach dem 9. Lebensmonat in Österreich als Doppelimpfung (nach frühestens vier Wochen erneut, spätestens jedoch vor dem 18. Lebensjahr) durchgeführt wird. In vielen Ländern besteht eine Impfpflicht – so auch in Deutschland seit dem 1. März 2020 (§20 Abs. 8 Infektionsschutzgesetz) für Kinder und Beschäftigte im Bildungs- und Gesundheitswesen. In den letzten Jahrzehnten konnte dadurch die Erkrankungswahrscheinlichkeit auf rund 5 bis 1 % verringert werden – die WHO wollte die Masern jedoch komplett ausrotten. Durch die zunehmende Zahl der Impfgegner allerdings nimmt die Zahl der Erkrankungen rasant wieder zu. 2019 starben nach Angaben der WHO und der CDC mehr als 200.000 Menschen weltweit an den Folgen einer Maserninfektion. Ein Jahr später wütete im Kongo eine Epidemie, die mehr als 6.000 Menschen das Leben kostete. Zwischen Januar und Oktober 2023 wurden in Europa rund 30.000 Erkrankungen gemeldet – ein 30-facher Anstieg im Vergleich zu den 941 Fällen im Jahr 2022. Österreich bildet mit den bisher gemeldeten 60 Fällen 2024 gemeinsam mit Rumänien das EU-Schlusslicht.

Übrigens: Wer mit seinen Kindern an den einst sehr beliebten Masern-Parties teilnimmt um sie durch eine Erkrankung zu immunisieren, begeht sowohl in Deutschland als auch Österreich den Straftatbestand der gefährlichen Körperverletzung!

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Müsli – ein Gesundheitsschwindel???

Es gibt wahrhaft viele Lebensmittel! Manche sind gesund, andere ungesund. Dann gibt es solche, die irgendwo dazwischen liegen und andere, die gerne als gesund verkauft werden, es aber tatsächlich gar nicht sind! Oder nur zum Teil! Gerade beim Frühstück sollte deshalb sehr genau darauf geachtet werden, wie der Tag begonnen wird. Schliesslich gilt es, die Kraft für den ganzen Tag bzw. zumindest den Vormittag zu tanken, gleichzeitig aber auch eine gute Laune zu schaffen – mit Haferschleim gelingt das etwa nur ganz wenigen (Pfui deibel!!!), obgleich er durchaus gesund wäre. Haferflocken aber sind auch ein Haupt-bestandteil eines durchaus beliebten Tagesbeginns: Dem Müsli!

Rund um diesen Frühstücksbestandteil ranken sich seit Jahrzehnten die abstrusesten Gerüchte. Auch ich habe meist nach Weihnachten meine Müsli-Phase! Hat aber weniger mit Kur oder dergleichen zu tun, als vielmehr mit der Tatsache: Wohin mit den Utensilien, die nach der Weihnachtsback-Orgie übrig geblieben sind! Das wird gemischt, mit Kokosflocken und frischem Obst aufbereitet und genüsslich verzehrt! Mmmh – lecker! Allerdings kann ich das Zeugs schon Mitte Januar nicht mehr sehen! Unmöglich ein ganzes Jahr damit durchzuhalten. Dabei wäre es nicht mal so falsch, denn: Wenn man sich sein eigenes Müsli mischt, kann einerseits der richtige Geschmack und andererseits auch die Gesundheit durchaus miteinbezogen werden. Ergo: Sehr zu empfehlen! Obwohl: Das Vollkornbrot kann es in Sachen Gesundheit nicht schlagen – den Geschmack allerdings sehr rasch. Doch – was hat es mit diesem vermeintlichen Gesundheits-Frühstück wirklich auf sich?

Wer hat’s erfunden? Tatsächlich ein Schweizer! Maximlian Oskar Bircher-Benner, ein Arzt und Ernährungsreformer, mischte es irgendwann im 19. Jahrhundert erstmals. 1897 hatte er es während eines Studien-aufenthaltes nach Dresden mitgebracht und dem Arzt Heinrich Lahmann vorgestellt. Der wiederum nahm es als fixen Bestandteil in die Küche seines gleichnamigen Sanatoriums mit auf: Das „Bircher-Müesli“ (eidgenössische Schreibweise) war geboren! Das Original-Rezept für eine Portion:

  • 1 gestrichener Esslöffel Haferflocken
  • 3 Esslöffel Wasser
  • 12 Stunden einweichen
  • 1 Esslöffel Zitronensaft
  • 1 Esslöffel gezuckerte Kondensmilch beifügen und zu einer Sauce vermischen
  • etwa 2 Äpfel (400 g) einer möglich säuerlichen Sorte; unmittelbar vor dem Servieren mit der Schale auf der Bircherraffel direkt in die Sauce hineinreiben und gelegentlich umrühren, damit sich das Apfelfleisch nicht bräunt
  • 1 Esslöffel Haselnüsse oder Mandeln gerieben darüber streuen

Würg – das ist eher aufgepeppter Haferschleim. Leicht verändert fand das Rezept auch in vielen Diätküchen oder Therapien grossen Anklang. Populär wurde es aber erst mit dem Aufkommen der Birkenstocks und der Öko-Kultur („Körner-Fresser“). Heute gibt es hunderte verschiedene fertige Mischungen auf dem Markt – vom einfachen puritanischen bis hin zu den Expoten wie etwa das „Quinoa-Gojibeeren-Müsli“. Jeden Tag verzehren rund 5,12 Mio Deutsche ab 14 Lebensjahren derartige Fertig-Müslis (Angaben statista.de für 2021).

Auch ich nahm über lange Zeit Abstand davon, bis ich auf die Idee der Reste-Verwertung kam. Und dabei machte ich alsdann jenen Fehler, der die Fans und Kritiker des Müslis voneinander trennt: Zucker! So wäre eine Weihnachtsbäckerei ohne Staubzucker keine richtige Weihnachtsbäckerei! Deshalb: Dicke rein in mein Restefrühstück, feste umgerührt und geht schon!!!

Tatsächlich ist der weisse Zucker eines von mehreren Kriterien, die das Müsli, vor allem das Kinder-Müsli, ungesund machen. Leider nach wie vor zu viel davon in den im Handel erhältlichen, fertigen Mischungen dabei. Auch mit Pestiziden, Schimmel, Kunstdünger und Fett bekommt es der Konsument dabei zu tun. Letzteres beispielsweise in Form von Öl (möglicherweise gar Palmöl, gewonnen aus Plantagen, für die Urwald gerodet wurde) bei Knuspermüslis („Crunchys“) enthalten, da diese im Anschluss herausgebacken werden.

Die WHO (World Health Organization) empfiehlt, weniger als 10 % des täglichen Energiebedarfs in Form von zugesetztem Zucker einzunehmen – besser wären gar nur 5 %! Ein Beispiel? Ein siebenjähriges Kind mit einem durchschnittlichen Kalorienverbrauch von 1.500 kcal pro Tag sollte maximal 37,5 g Zucker pro Tag aufnehmen (abhängig vom Aktivitäts-level) – das entspricht etwa neun Stück Würfelzucker! In so manchen fertigen Frühstückscerealien sind in einer Portion jedoch bereits 8 (!) Stück Würfelzucker enthalten!

Die Pestizide kommen durch die Haferflocken, dem Obst oder Trockenobst (wie etwa auch Rosinen) in die Mischungen. In einer Tüte etwa fand Stiftung Warentest einen Cocktail aus 31 unterschiedlichen Pestiziden (etwa: Famoxadon, Chlorpyrifos, Propargit, Fenvalerate, …). Auch auf Mineralöl und Glyphosat stiessen die Lebensmittelchemiker.

Wie also sollte ein gesundes Müsli tatsächlich gemischt werden? Nicht zu süss, nicht zu salzig, viele Nüsse, frische Molkereiprodukte und frisches Obst (manche mögen auch Gemüse). Und vor allem: Nicht immer dasselbe! Letzteres lässt sich recht einfach durch das Obst einrichten. Äpfel, Bananen sowie anderes saisonales Obst sorgen jeden Morgen für etwas Abwechslung. Daneben rät auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung zu täglichen 250 g Obst und 400 g Gemüse. Auch bei den Nüssen kann täglich variiert werden: Haselnüsse, Walnüsse, Cashew, …! Die Molkereiprodukte sollten sich auf Naturjoghurt bzw. Vollmilch beschränken – niemals Früchtejoghurts! Diese sind zumeist mit erneut Zucker und Geschmacksverstärker produziert worden. Anstelle des Zuckers kann durchaus auch ein Löffel Honig verwendet werden. Und schliesslich: Vollkorn-Flocken! Auf den Punkt gebracht: Dinkel-, Hirse- oder Hafer-Vollkornflocken, Naturjoghurt, nach Belieben etwas Milch und/oderWasser, Nüsse und frisches oder getrocknetes Obst. Für den Geschmack gerne auch etwas Zimt oder Vanille und je nach Belieben Kürbiskerne, Sesamsamen, Leinsamen, Kokosraspeln, Kakao, … So kann man davon ausgehen, dass nicht nur eine ordentliche Portion Energie (Proteine und Kohlehydrate), sondern auch Mineralstoffe wie Kalzium, Eisen und Kalium, Spurenelemente wie Kupfer, Chrom, Mangan und Selen sowie Vitamin-B aufgenommen wird. Durch die Nüsse kommen wichtige ungesättigte Fettsäuren hinzu! Und für die Verdauung werden wertvolle Ballaststoffe geliefert – die Darmflora wird gestärkt, der Darm wird nicht träge! Alles in allem also eine Wohltat für den Körper! Und es sättigt für längere Zeit! Verwendet man hierfür die fertigen Mischungen, so stellt sich nach der Verarbeitung des Zuckers rasch wieder ein Hungergefühl ein. Und: Jener Zucker, der nicht gebraucht wird, speichert der Körper in Form von Fett für schlechtere Tage an. Kontraproduktiv!

Guten Appetit!

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Poppen für’s Herz

Sex dient der Arterhaltung ist damit ein legitimes Mittel des Menschen, in die Geschehnisse der Natur unmittelbar einzugreifen! Das meint auch die Kirche, doch ist in den meisten Religionen hierfür das Sakrament der “Ehe” erforderlich – also der durch Gott abgesegneten Partnerschaft zwischen Mann und Frau! Dass Sex aber auch Spass macht – damit hat die christliche Kirche seit inzwischen mehr als zwei Jahrtausenden zu kämpfen. Und jetzt wird noch eines obendrauf gegeben: Sex macht gesund!!!

Das, was uns schon Generationen von Sexualtherapeuten und -forscher zu erklären versuchen, wurde durch eine Studie in den USA bestätigt. Unregelmässiger Sex kann gefährlich werden!!! Hier die Erklärung: Zur “körperlichen Vereinigung” zwischen Mann und Frau ist immer Bewegung erforderlich! Bei dem Einen mehr, bei dem Anderen weniger. Vergleichen wir es mit einem 100-m-Läufer, so sollte eine gewisse muskuläre Grund-ausstattung und ein Trainingszustand auf jeden Fall vorhanden sein, da ansonsten die Leistung nicht erbracht werden kann und die Strecke immens lang werden kann. Ähm – wollen wir für so manchen hoffen, dass nicht die Kurzstrecke den sexuellen Teil einer Partnerschaft bestimmt – förderlicher wäre doch eher die Mittel- oder Langstrecke!!! (Anmerkung des Redakteurs!) Der Körper wird also wie beim Sport bewegt, die Verbrennung läuft auf Hochtouren. Dabei bleibt aber nicht nur aufgrund eines Anblickes manchen Menschen die Luft weg!!!

Um dies alles verstehen zu können, müssen wir einen Blick in den cardio-pulmonalen Kreislauf unseres Körpers werfen. Das Herz-Kreislauf-System ist im wahrsten Sinne des Wortes die Lebensader der höherwertigen Geschöpfe, der Tiere und des Menschen. Zwei hintereinandergeschaltete Abschnitte entscheiden sozusagen über Leben und Tod. Der grosse Kreislauf versorgt alle Stellen des Körpers mit Nährstoffen, die die Zellen für die Verbrennung in den Energiezentren, den Mitochondrien brauchen. Der grosse Kreislauf geht vom linken Herzen weg und mündet im rechten Vorhof. Der kleine Abschnitt beginnt im rechten Herzen und führt zur Lunge; er mündet im linken Vorhof. In der Lunge findet der Gasaustausch statt: Vornehmlich Kohlendioxid wird abgegeben und über die Atmung ausgeschieden, Sauerstoff aufgenommen. Funktionieren diese beiden Kreisläufe nicht mehr richtig, so wird dies lebensgefährlich, da der Körper einerseits nicht mehr mit Nährstoffen, andererseits auch nicht mit Sauerstoff versorgt wird! Somit ist es umso wichtiger, dass der Kreislauf regelmässig trainiert wird. Dadurch wird das Herz kräftiger – es sorgt durch eine grössere Pumpfunktion (obwohl es weniger schlägt!) für bessere Durchblutung – die Regionen des Körpers erhalten mehr Nähr-stoffe, können also bessere Arbeit abliefern. Die Lunge vergrössert ihre Aufnahmekapazität (Lungenvolumen) und kann somit nicht nur mehr CO2 abgeben sondern auch mehr Sauerstoff aufnehmen. Deshalb raten 99,99 % der Mediziner zu Sport. Es muss ja nicht gleich der Marathon sein – regelmässige und ständige Bewegung sind durchaus ausreichend.

Ein nicht unwesentlicher Faktor beim Sex spielt allerdings beim Menschen auch das Hormonsystem. Bereits beim Kuss werden zwar die meisten Gesichts- und Halsmuskeln bewegt – das jedoch kann man auch durch etwa das Schneiden von Grimassen oder das Lachen erreichen. Viel entscheidender sind die Sexualhormone. Die unheimliche Macht dieser Sexualhormone wird spätestens in der Pubertät bewusst bzw. bei Frauen mit der Menopause und dem Menstruationszyklus. Ihre Produktion beginnt schon bei Streicheleinheiten, wird zusehends gesteigert und endet mit einem wahren Hormonfeuerwerk beim Orgasmus. Die sog. “Flugzeuge im Bauch” werden durch die Glückshormone – wie Endor-phine, Oxytocine und Serotonine (um nur die wichtigsten zu nennen!) – ausgelöst. Daher auch die Ausdrücke “verleiht Flügel” oder “rosa Brille”.

Daneben steigert eine Liebesnacht auch das Selbstwertgefühl. Eine Untersuchung der Universität Leipzig hat nachgewiesen, dass sexuell aktive Menschen weniger an Depressionen oder Angststörungen, also Neurosen leiden. Diese Glückshormone haben nun die unter-schiedlichsten Auswirkungen auf unseren Körper. Altbekannt deshalb auch die Volksweisheit: “Lachen hält jung!” Sex als Jungbrunnen? Ja – ist wirklich so. Regelmässiger Sex sorgt für eine vermehrte Hormon-produktion, mehr Bewegung und Ausgleich, da der psychische Panzer, den Frau und Mann heutzutage in der Arbeitswelt braucht, abgelegt werden kann. Dadurch erfolgt auch die Prävention gegen Krankheiten. Durch die gesteigerte Tätigkeit des Lymphsystems werden schädliche Abbauprodukte schneller zu den Entsorgungsstellen transportiert. Auch die Prostata des Mannes wehrt sich keineswegs gegen regelmässige Aktivitäten in diesem Körperzone!!! Schmerzforscher haben ferner fest-gestellt, dass die starken Kontraktionen der Bauch- und Becken-muskulatur beim Höhepunkt (also der An- und Entspannung der Muskeln) auch die benachbarten Muskelgruppen etwa im Rücken- oder Nackenbereich in Fahrt bringen – Verspannungen lösen sich, Schmerzen lassen nach!

“Nein – heute nicht! Ich hab‘ Migräne!” Dieser Satz gehört in der Männerwelt wohl zum Bereich “non grata” – also absolut unerwünscht! Dabei gäbe es ein ganz einfaches Mittel gegen Migräne: Sex! So betont beispielsweise Dr. Alexander Lowen vom International Institute for Bioenergetic Analysis in New York, dass 25 % seiner Migräne-Patientinnen von einer Linderung der Kopfschmerzen und Übelkeit während eines Migräneanfalles berichtet haben, wenn Sie sich um die wichtigste Sache der Welt gekümmert haben! Doch – ist Vorsicht geboten: Sollte es nicht helfen, kehren Sie besser wieder zu den althergebrachten Migräne-Bekämpfungsmethoden zurück!

So – stellen Sie sich mal vor, all dies wird nur unregelmässig betrieben! Der Körper kommt einerseits mit den gesteigerten Bewegungs-anforderungen nicht mehr zugange! Andererseits explodiert das Hormon-feuerwerk in einer Heftigkeit, die Mann/Frau nicht gewohnt ist! Bezeichnen wir es also als “Schuss nach hinten”! Neben Muskelkater (dem geringsten Übel) oder anderen Muskelverletzungen ist davon wohl am meisten das Herz-Kreislauf-System betroffen. Training ist also das Um und Auf! Doch wer dies als Freifahrtschein für Seitensprünge sehen sollte, der liegt falsch. Denn einerseits bringt Sex mit ständig wechselnden Partnern einen unheimlichen Erfolgsdruck (nicht nur beim Mann), denn schliesslich will jeder im Vergleich gut dastehen, sondern auch die ständige Angst, ertappt zu werden und den Stress bei der Koordinierung der Dates!!! Auch dies kann durchaus negative Folgen haben, die die positiven schlecht aussehen lassen.

Doch bei all dem sollte auf eines nicht vergessen werden: Der Schutz vor ungewollten Schwangerschaften – v.a. aber gegen die Übertragung von Geschlechtskrankheiten wie Aids etwa. Hier hilft zumeist nur ein Kondom! Sollten auch ab einem gewissen Zeitpunkt die Hormone die Kontrolle des Gehirns übernommen haben, so sollten sich beide Partner erwachsener-weise im Klaren sein, ob ein Moment der ungeschützten Glückseligkeit dieses Risiko wert ist!

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Erst wenn die letzte Biene gestorben ist…

„Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, keine Menschen mehr.“

(Albert Einstein 1949)

Eigentlich bin ich ja sehr zurückhaltend mit Untergangstheorien. Doch in diesem Falle muss ich dem weisen Gelehrten recht geben. Obgleich das mit den vier Jahren kein bindender Hinweis ist. Seit Jahren kämpfen die kleinen Racker ums Überleben – doch immer mehr davon sterben aus. Die Ursachen sind zumeist ungeklärt oder durch Menschenhand hervor-gerufen.

Der Mensch ist in seinen landwirtschaftlichen Monokulturen schon längst von den natürlichen Fressfeinden der Schädlinge abgekommen und setzt vermehrt auf die Chemie und Biochemie für seinen Ernteerfolg. V.a. Neo-nicotinoide werden gleich hektoliterweise auf den Kulturen ausgebracht. In Deutschland beispielsweise waren bis zum Jahr 2018 fünf Neonico-tinoide zugelassen. Dann sprach Brüssel ein Machtwort: EU-weit verboten wurden die Wirkstoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam, die in den unterschiedlichsten Produkten, wie etwa Mundus, Sombrero und Magna enthalten waren. Die Wirkstoffe dürfen eigentlich nur in dauer-haften Gewächshäusern oder bei der Behandlung von Saatgut eingesetzt werden. Das freilich interessierte die Mitgliedsstaaten wenig – fünf Jahre lang setzten sie sich mittels Notfallsverordnung über die von Brüssel ausgebene Anweisung hinweg. So wurden etwa in Österreich zwischen 2019 und 2022 nicht weniger als 20 Notfallzulassungen für die landwirt-schaftliche Nutzung der Stoffe durchgeboxt. In keinem anderen EU-Land waren es so viele! Vor allem die Rübenbauern profitierten davon. Dem hat jedoch der Europäische Gerichtshof (EuGH) Anfang 2023 einen Riegel vorgeschoben: Die Inverkehrbringung eines Pflanzenschutzmittels nach Art. 53 der entsprechenden EU-Verordnung rechtfertige nicht die wieder-kehrenden Notfallzulassungen, da die Gefahr für die Insekten, insbe-sondere der Bienen, zu gross sei. Die Klage wurde übrigens durch die belgische Umweltorganisation PAN, nicht durch eine österreichische, eingebracht. Direkt nach dieser Einschätzung des EuGH betonten aller-dings die alpenländischen Bauern, dass sie wie bisher gewohnt weiter-machen werden!

Bis 2020 war von diesem Verbot der Wirkstoff Thiacloprid ausgenommen. Dieser war beispielsweise im Bayer-Produkt Biscaya oder auch Calypso enthalten und wurde v.a. im Raps-, aber auch Getreide- und Kartoffel-anbau im Kampf gegen den Kohlschotenrüssler und die Kohlschoten-mücke eingesetzt.

Übrig blieb somit nur der Wirkstoff Acetamiprid, der unter anderem in Mospilan oder Careo enthalten ist. Bei diesem Wirkstoiff handelt es sich um eine heterocyclische aromatische chemische Verbindung, die vornehm-lich zur Bekämpfung von Läusen und Milben eingesetzt wird. Die unterschiedlichsten Umweltorganisationen jedoch wollen ein Kom-plettverbot aller Neonicotinoiden.

„Bei dem extremen Rückgang der Insekten können wir es uns es nicht mehr leisten, weiterhin derartig gefährliche Stoffe einzusetzen.

(Dr. Verena Riedl, NABU)

Weshalb sind diese Mittel derart gefährlich?

Eingesetzt vornehmlich im Obst- und Gemüseanbau, bei Tabak-, Hopfen- und Weinpflanzungen sowie beim Rüben-, Getreide- und Mais-anbau, stehen aber auch sehr viele Haushaltsmittel mit diesen Inhalts-stoffen im Keller oder der Garage so manchen Hauses. Diese sollen im Acker- und Obstbau v.a. gegen die Krabbeltiere, u.a. die Grüne Pfirsich-blattlaus, die Hopfenblattlaus, die Traubenkirschenlaus, den Kartoffel-käfer, die Mottenschildlaus oder auch Fransenflügler (wie den Tabak-blasenfuß) helfen, die nicht nur fressen, sondern auch Pflanzenviren übertragen können (Getreide, Tomaten, Zitruspflanzen,…). Alles andere wird als Kollateralschaden in Kauf genommen. Und das ist wahrhaftig weitaus mehr als harmlos zu bezeichnen. Schliesslich vernichten sie auch Nützlinge, wie die Bienen, Fledermäuse oder gar Vögel, wie den Star!

Fakt ist, dass etwa durch Sprühen ausgebrachte Wirkstoffe nur zu einem Teil durch die Pflanze aufgenommen werden. Der Rest wird durch die Luft verfrachtet oder reichert sich im Boden an, da die Chemiekeule schwer abgebaut werden kann: In bewachsenem Boden nur rund 50 % in 48 Tagen, in unbewachsenem gar 190 Tagen. Ein Grund etwa, dass die Verwendung von DDT in unseren Breitengraden seit Jahrzehnten verboten ist, da es sich in der Nahrungskette eingenistet hatte und viele sich nach und nach damit vergifteten, obwohl sie der Meinung waren, sich gesund zu ernähren. Bereits das Saatgut wird mit dieser Chemiebombe gebeizt, damit möglichst viel des Wirkstoffes schon im Setzling einen guten Schutz bieten soll. Seit dem April 2018 bzw. dem Urteil des EuGH ganze fünf Jahre später ist die Aussaat von mit Clothianidin, Imidacloprid bzw. Tiamethoxam gebeiztem Wintergetreide-Saatgut verboten! Frankreich war dem Ganzen einen schritt voraus: Dort wurde bereits 2016 die Verwendung aller Neonicotinoide untersagt! Allerdings im Jahr 2020 Notfallzulassungen ermöglicht.

Die EU-Kommission hat mit dem 01. Dezember 2013 den Gebrauch der Neonicotinoide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 eingeschränkt. Diese Substanzen durften nurmehr bei bestimmten Kulturen verwendet und erst nach der Blüte ausgebracht werden. Mit dem 1. Dezember 2015 endete diese Einschränkung.

In einer Studie der European Academies Science Advisory Council (EASAC) im April 2015 wurde bestätigt, dass ein solcher „weitreichender, präventiver Einsatz“ negative Effekte auf Nichtzielobjekte zur Folge hat, die jedoch für die Bestäubung und natürliche Schädlingsbekämpfung immens wichtig sind. Bestätigt wurde dieses Ergebnis auch von einer anderen Studie (Risiko-Bewertung der EFSA betreffs Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam) vom August 2015, wonach die Risiken für Bienen nicht ausgeschlossen werden konnten.

Diese Pflanzenschutz-Wirkstoffe wirken sich negativ auf das Nerven-system der Bienen aus – sie werden orientierungslos, finden nicht mehr in ihren Stock zurück und verenden qualvoll. Zudem erhält der Stock weniger Nahrung und wird für Krankheiten oder Schädlinge anfälliger. Auch bei Hummeln wurde beobachtet, dass die Königinnen, die mit Neo-nicotinoiden in Verbindung kamen, weitaus weniger Eier als ihre Artgenossinnen legten, die nicht diesen Stoffen ausgesetzt sind.

Das wohl am meisten versprühte Neonicotinoid war Imidacloprid. Nach-dem das Bienensterben plötzlich in aller Munde war, hatte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit den Gebrauch des Wirkstoffes vorerst für zwei Jahre eingeschränkt. Schon davor aber befand sich dermassen viel davon v.a. im Umkreis von Anbauflächen in der Luft und im Boden, sodass auch die Atemluft damit angereichert und das Mittel zudem im Grundwasser nachgewiesen werden konnte. Ferner zeigten jene Wissenschaftler, die im Rahmen des Dutch Common Breeding Bird Monitoring Scheme in den Niederlanden beschäftigt sind, auf, dass eine Korrelation zwischen der Imidacloprid-Konzentration im Oberflächenwasser und den Vogelpopulationen besteht. Je höher diese Konzentration im Wasser, desto geringer und weniger bunt war die Zahl der beobachteten Vögel. 15 Arten wurden im Rahmen der Studie berücksichtigt – die grössten Auswirkungen zeigten sich bei den Staren, den Feldsperlingen und der Goldammer. Als erste und wichtigste Ursache gilt, so ziehen die Ornithologen den Schluss, dass die Vögel zu wenig Insekten-Nahrung finden. Ob sie sich durch den Genuss von betroffenen Insekten auch sukzessive vergiften, konnte nicht nachgewiesen werden, da derartige Untersuchungen sehr zeit- und geldaufwendig sind. Aller-dings wird davor gewarnt, dass gebeiztes Saatgut giftig für so manchen Piepmatz ist (25 bis 50 mg pro kg Körpergewicht liessen im Labortest Kanarienvögel und auch Tauben zugrunde gehen). Andere Berechnungen zeigen dies in einer noch grösseren Dramatik auf: Rebhühner können sich bereits mit 5 gebeizten Maiskörnern, 6 Rübensamen oder 32 Rapssamen tödlich vergiften. Am Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell wird kritisiert, dass Freilandversuche vor der Zulassung des Spritzmittels zwar offenbar durchgeführt wurden, die Ergebnisse jedoch nicht frei zugänglich sind.

Imidacloprid (1-(6-Chlor-3-pyridinylmethyl)- N-nitroimidazolidin-2-ylidenamin) wurde 1985 bei der deutschen Bayer AG entwickelt und seit Anfang der 1990er-Jahre industriell erzeugt. Der Bayer-Konzern stellte jährlich über 1.000 Tonnen davon her, die zum grössten Teil exportiert werden – nur ca. 25 bis 100 Tonnen wurden in Deutschland verbraucht. Im Vergleich dazu Grossbritannien: Hier wurden auf 1,3 Mio ha im Jahr 2012 82 Tonnen ausgebracht (71 % Clothianidin, 16 % Thiamethoxam – Imidacloprid spielt bei den Briten nur eine unter-geordnete Rolle). Unter Namen wie Admire®, Evidence®, oder Goucho® etc. wurde das Insektizid in über 120 Ländern der Erde verwendet. Der Patentschutz lief 2005 aus – inzwischen gibt es von vielen Unternehmen vergleichbare Produkte – etwa Syngenta oder Mitsui Chemicals. Ein österreichischer Hersteller hingegen bot das gefährliche Chlorpyrifos an. Ein Nervengift, das in den USA seit den 1960er Jahren verwendet wird und zu richtiggehenden neurologischen Störungen führt – nicht nur bei Insekten, sondern auch bei Wassertieren, Regenwürmern, Vögel und natürlich den Bienen. Als Haushaltsinsektizid ist es in der EU seit 2008 nicht mehr zugelassen – in der EU-Landwirtschaft wurde die Verwendung am 10. Januar 2020 verboten.

Bei sog. „systemischen“ Insektiziden reichert sich das Gift in der Pflanze an, da es nur sehr langsam abgebaut wird. Dadurch wirkt der Schutz in der Pflanze länger. Jenes Insekt, das das Gift durch den Pflanzensaft, die Pollen oder dem Nektar aufnimmt, erleidet eine Dauerreizung des Rezeptors, wodurch die Signalübertragung in den Nervenzellen, die chemisch erfolgt, stark gestört wird. Die Folge sind Krämpfe und schliesslich der Tod. Übrigens haben sicherlich auch Sie schon ein solches Insektizid verwendet: Es ist u.a. in den Stäbchen für Topfpflanzen enthalten. Oder wird als Läuse- und Floh-Bekämpfungsmittel bei Hunden und Katzen eingesetzt. Für Säugetiere bescheinigen die Hersteller eine Nahezu-Unbedenklichkeit. Das Präparat gilt als nur sehr gering toxisch, als nicht-krebserregend und wird vom Körper innerhalb von 48 Stunden zu 80 % abgebaut bzw. zu 20 % unverändert ausgeschieden. Vermutet werden bei höheren Konzentrationen ähnliche Wirkungen auf die Nerven wie beim Nikotingebrauch. In Taiwan führten zwei Fälle zum Tode – acht zu schweren Auswirkungen vornehmlich bei der Atmung (von insgesamt 70 Vergiftungen – zumeist Selbstmordversuche). Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA warnt jedoch davor, dass die beiden Neonicotinoide Acetamiprid und Imidacloprid bei Säuglingen und Kleinkindern möglicherweise zu Lern- und Gedächtnisproblemen führen können.

Die Öffentlichkeit wurde erst im Rahmen einer Studie der Harvard Uni-versität im Jahr 2012 auf das Insektizid aufmerksam. Die Insekten-forscher wiesen nach, dass 94 % der Bienenvölker innerhalb von 23 Wochen verendeten, obgleich die Dosis wesentlich geringer war, als etwa bei der Anwendung auf einem damit behandelten Feld. Der Verlust der Orientierung ist die Folge einer stark sinkenden Lern- und Gedächtnis-leistung. Die Bienen sammelten nurmehr Nektar mit einer hohen Zucker-konzentration und machten die anderen Bienen stark eingeschränkt auf den Nahrungsort aufmerksam. Der Bienenstock wurde zu wenig mit Nahrung versorgt, wird anfälliger für bakterielle Erkrankungen und Pilze. All das wird bei der Zulassungsüberprüfung nicht berücksichtigt, dreht sich hierbei doch alles um eine evt. toxische Wirkung. Französische Imker kritisierten dies schon wesentlich früher. So ging etwa die Zahl der Bienenvölker zwischen 1996 und 2003 um rund 450.000 auf 1 Mio zurück, die Honig-Ausbeute pro Bienenstock sank zwischen 1995 und 2001 von 75 auf nurmehr 30 kg. Bei einer durchschnittlichen Honigbiene reichen bereits 4-5 ng aus um sie zu töten. 2008 beispielsweise sorgte ein mysteriöses Bienensterben im Oberrheingraben für grosse Besorgnis. Nicht weniger als 11.000 Bienenvölker wurden vernichtet oder stark geschädigt. Untersuchungen ergaben, dass mit Clothianidin gebeiztes Maissaatgut mittels pneumatischen Einzelkorn-Sägeräten ausgebracht wurden. Dadurch kam es zu einem Abrieb des Saatgutes, der durch die Luft auf benachbarte Rapsfelder verfrachtet wurde, die gerade in Blüte standen. Seit 2013 ist das Beizen blühender Pflanzen wie Raps und Sonnenblumen aus diesem Grunde verboten.

Insektizide werden allerdings nicht nur in der Landwirtschaft oder dem eigenen Garten eingesetzt. Auch in der Forstwirtschaft, im Holzschutz, in der Vorratskammer, der Hygiene uvam. kommt die Chemiekeule zum Einsatz. Unterschieden werden dabei die Fraß – von den Kontakt-insektiziden, sowie die Mittel, die äusserlich und jene, die in der Pflanze (systemisch) eingesetzt werden. Eines jedoch haben all diese Stoffe gemein: Sie werden sehr langsam abgebaut – die Wirkung soll ja lange genug halten. Leider auch in der Nahrungskette! Im Unterschied dazu: Jene Insektengifte, die zur Bekämpfung des Zika-Viruses in Lateinamerika eingesetzt wurden, sind hoch toxisch – damit auch für den Menschen gefährlich – aber sie bauen sich rasch ab. Die anderen Möglichkeiten sind vielfältig (etwa die Chitinbiosynthese-Hemmer, die gentechnische oder bakteriologische Schädlingsbekämpfung,…). Doch ist der Neonicotinoid-Markt mit einst rund 1,5 Mrd € Umsatz ein mehr als lukrativer. Der Konzern Bayer erzielte auch noch 2022 rund 2,4 % seines Gesamt-umsatzes mit Neonicotinoiden (Quelle: Neonicotinoid-Bericht des Konzerns).

Immer interessanter wurde alsdann der Beizmarkt: 1990 noch bei 155 Mio – 2008 bereits bei 957 Mio € Umsatz! Damit ist die chemische Bekämpfung die einfachste und gewinnträchtigste. Zu Beginn 2013 wurde durch das Humboldt Forum for Food and Agriculture e.V. (HFFA) eine von Bayer und Syngenta in Auftrag gegebene Studie zu kurz- und mittelfristigen Auswirkungen eines EU-weiten Verbotes aller Neonico-tinoide veröffentlicht. Die Studienverfasser sprechen von einem Rückgang der land- und gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung um 2,8 bis 3,8 Milliarden €, den Verlust von 22.000 Arbeitsplätzen und einem geringeren Einkommen in der Landwirtschaft um den Faktor von 4,7 % (bei fünf Jahren Wertschöpfungseinbussen von 17 Mrd. und 27.000 Arbeitsplätze weniger). Das Minus müsste durch mehr Importe ausgeglichen werden – dies führe zu einem CO2-Ausstoss von 600 Mio t. Und für Bayer? Da wurde damals mit einem Umsatzverlust von 80 Mio € pro Jahr spekuliert! Deshalb legte der Konzern einen Aktionsplan vor: Ackerrandstreifen, Abluft-Detektoren, Feld-Monitoring etc. Als ob sich der immer stärker werdende Wind an Grenzstreifen hält! Zudem reichten sowohl Bayer als auch Syngenta Klagen gegen diese Einschränkungen am Europäischen Gerichtshof ein. Übrigens veröffentlichte Health Care Canada eine Studie, wonach der Einsatz von Imidacloprid bei Blattapplikationen nur minimale, Bodenapplikationen etwa bei den Tomaten und Erdbeeren bei manchen Böden potentielle Risiken und Beizmittel keine Risiken bergen! Das zeigt uns einmal mehr auf, dass jenseits des grossen Teiches die Uhren etwas anders laufen als in Good Old Europe!

Ähnlich wie das Herbizid Glyphosat werden diese Insektizide noch lange in der Nahrungskette nachweisbar sein – durch die Windverfachtung auch in Bio-Produkten! Angeblich ohne gesundheitliche Gefährdung.

Lobenswert hervorheben möchte ich die Südtiroler Gemeinde Mals im Vinschgau mit ihrer komplett pestizidfreie Zone. In einem Bürgerent-scheid sprachen sich über 76 Prozent dafür aus. Die Initiative ergriff damals der ortsansässige Apotheker. Der Vinschgau ist zumindest europaweit für seinen Apfelanbau bekannt. Allerdings muss – je nach Witterung – bis zu 15mal pro Saison gespritzt werden. Klar – nicht nur Insektizide, sondern auch Herbizide uvam.

https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/notizbuch/mals-pestizide-buergerentscheid-100.html

†Mals entwickelt sich inzwischen immer mehr zur grossen Bio-Zone, während andere Obstbauern in Südtirol nach wie vor den Boden vergiften. Vergleichbar mit dem Atomstrom: Was danach kommt, ist den Herstellern egal!

Lesetipps:

.) Ullmann’s Encyklopädie der technischen Chemie, 4. Auflage

.) Wirksubstanzen der Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungs-mittel; Werner Perkow; 2. Auflage. Verlag Paul Parey 1988.

.) Pesticide Synthesis Handbook; William Andrew, 1996

.) Metabolic pathways of agrochemicals. Part 2; Terence Robert Roberts, David Herd Hutson; Royal Society of Chemistry 1998

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Die Schlächter der Nazis

„AfD und Freie Wähler begeben sich auf einen Weg, auf dem es mein Vater bis zum Massenmörder geschafft hat. Seine widerliche, menschen-verachtende Ideologie sehe ich vor allem in der AfD wieder aufblühen!“

(Niklas Frank, Sohn eines Nazi-Verbrechers und Journalist)

Es tut sich was in Deutschland: Tagtäglich gehen tausende Menschen auf die Strasse um gegen Rechtsextremismus zu protestieren. Ist das Land endlich aufgewacht? Um diese Bewegung etwas zu unterstützen, möchte ich heute in einem History-Blog in der Geschichte wühlen und damit erklären, weshalb jene Menschen, die damals dabei waren und es über-lebten, heute lautstark warnen: „Nie mehr wieder!“ Und ich entdeckte bei meinen Recherchen Unglaubliches!

.) Franz Murer – „Der Schlächter von Wilna“

Der Sohn des Landwirte-Ehepaares Johann und Maria wurde am 24. Januar 1912 in St. Lorenzen ob Murau in der Steiermark geboren. Im Mai 1938 beantragte er die Aufnahme in die NSDAP. Die Ausbildung erfolgte in der NS-Ordensburg Krössinsee. 1941 wurde er Stellvertreter des Gebietskommissars Hans-Christian Hingst in Wilna. Zuständig „für jüdische Angelegenheiten“ sollte er Vilnius „säubern“, sprich alle Ange-hörige des jüdischen Glaubens vertreiben oder umbringen. Und er machte ganze Arbeit: Von anfänglich 80.000 Menschen blieben nurmehr 600 übrig. 1943 betrachteten die Nazis die Aufgabe als erledigt und ersetzten Murer durch den SS-Oberscharführer und Chef des „GESTAPO-Judenreferates“ Bruno Knittel. Murer wurde zurückversetzt in die NS-Ordensburg Krössinsee, an welcher er bis zum Kriegsende die Ausbildung weiterer potentieller Kriegsverbrecher übernahm. Der Steirer wurde auf-grund seines Sadismus als „Schlächter von Wilna“ bekannt. Überlebende des Holocausts berichten unisono, dass die Judenvernichtung in der Stadt erst durch die Besetzung der Posten des Bezirkskommissars durch Hans Finck und des stellvertretenden Gebietskommissars Franz Murer begann. Dies ist auch in den Unterlagen der Nürnberger Prozesse entsprechend niedergeschrieben. In Wilna wurden zwei jüdische Ghettos errichtet. Alle jüdischen Bewohner der Stadt mussten sich auf Befehl in diesen Ghettos einfinden. Die meisten jedoch liess Murer auf dem Weg dorthin erschiessen.

“Bei den Hinrichtungen ging man so vor, dass sich die Gruppe auf die Körper der vorher Getöteten stellen musste. Sie gingen und gingen (buchstäblich) über die Leichen! Die Gräber wurden gleich am nächsten Tag zugeschüttet.“

(Kazimierz Sakowicz, Journalist und Beobachter der Hinrichtungen)

Der Überlebende Abram Gerzewitsch Suzkewer berichtete in seiner Zeugenaussage vor dem Alliierten Militärgericht in Nürnberg auch von den Besuchen Murers im Ghetto:

„Wenn Murer ins Ghetto kam und die jüdischen Werkstätten besuchte, befahl er allen Arbeitern, sich auf den Boden zu legen und wie Hunde zu bellen.“

Der Steirer erliess zusätzlich den Befehl, dass jüdische Frauen nicht mehr gebären dürften – auf Anordnung Berlins! Dies überbrachte er persönlich an die Krankenhäuser der Stadt. Sollte es dennoch geschehen sein, so Suzkewer:

„Sie sah, wie ein Deutscher das Kind hielt und ihm etwas unter die Nase schmierte. Sodann warf er das Kind auf das Bett und lachte. Als meine Frau das Kind vom Bett aufnahm, hatte es bereits schwarze Lippen.“

Sollten Juden versteckt worden sein, wurden alle Bewohner dieses entsprechenden Hauses erschossen oder öffentlich gehängt. Die Opfer wurden in Massengräber verscharrt. Diese wurden 1943 durch Zwangs-arbeiter oder jüdischen Männern wieder geöffnet und die Leichen verbrannt („Sonderaktion 1005“ in Ponary, rund 10 km von Wilna entfernt). In der Zeugenaussage von Szloma Gol vor dem Nürnberger Kriegsverbrecher-Tribunal:

„Wir haben insgesamt 80.000 Leichen ausgegraben. Ich weiß dieses daher, weil zwei Juden, die mit uns in der Grube lebten, von den Deutschen dazu angestellt worden waren, diese Leichen zu zählen. Das war die einzige Aufgabe dieser beiden. Die Leichen bestanden aus einem Gemisch von Juden, polnischen Priestern und russischen Kriegs-gefangenen.“

Franz Murer wurde im Jahr 1947 eher zufällig in Graz festgenommen und später aufgrund der Moskauer Deklaration (Kriegsverbrecher müssen vorort abgeurteilt werden) in die Litauische Sowjetrepublik Litauen abge-schoben. Dort wurde er zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Allerdings kam er bereits 1955 aufgrund des Österreichischen Staatsvertrag wieder frei. Erst auf Intervention von Simon Wiesenthal, dem Leiter des Doku-mentationszentrums des Bundes Jüdischer Verfolgter des Naziregimes wurde Murer 1962 erneut verhaftet und ein Jahr später vom Oberlandes-gericht Graz freigesprochen (Aufhebung des KVG und NS-Amnestie 1957). Seine Unterstützer kamen übrigens von der ÖVP! Während des Prozesses gab es viele antisemitische Übergriffe vor allem von den Söhnen diversester Nazis. 1974 wurde auch die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen und das Verfahren eingestellt. Murer lebte schliesslich in Gaishorn am See/Steiermark als freier Mann, wo er in der ÖVP die Position des Bezirksbauernvertreters bekleidete. Er verstarb am 05. Januar 1994 in Leoben. Murers Sohn, Gerulf Murer, sass für die FPÖ im Nationalrat und war von 1983–1987 Staatssekretär im österreichischen Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft. Er ist offenbar nach wie vor von der Unschuld seines Vaters überzeugt.

„Er brauchte Blut. Er musste Menschen morden. Das war ihm eine Art Bedürfnis. Ein Unmensch.“

(Mascha Rolnikaite)

.) Hans Frank – „Der Schlächter von Polen“

Hans Frank wurde nach dem Einmarsch der Deutschen im Nachbarland Polen 1939 als Generalgouverneur und damit einer der beiden Statthalter Adolf Hitlers eingesetzt. Vom alten Schloss der polnischen Könige auf dem Hügel Wawel in Krakau herrschte er mittels brutalster Besatzungs-politik und Prunk wie ein König (“Frank-Reich” – der Spitzname Polens bei den NSDAP-Parteigenossen). Während des Krieges traf er sich öfters mit Himmler. Allerdings wehrte er sich gegen die Einrichtung der Konzentrationslager – er liess die Menschen, die ihm missfielen, sofort hinrichten. Durch das internationale Militärgericht in Nürnberg wurde er zum Tode verurteilt und 1946 mittels des Stranges hingerichtet. Doch – wer war dieser Frank eigentlich? Als Sohn des Rechtsanwaltes Karl Frank und seiner Frau Magdalena am 23. Mai 1900 in Karlsruhe geboren, trat er als Abiturient nach dem Ersten Weltkrieg dem von Franz Ritter von Epp gegründeten Freikorps Epp bei, das massgeblich an der Niederschlagung der Münchner Räterepublik beteiligt war. 1919 wurde er Mitglied der Deutschen Arbeiterpartei (DAP). Am den Universitäten München und Kiel studierte er Rechts- und Wirtschaftswissenschaften – der Abschluss erfolgte 1923. Im September desselben Jahres trat er des SA bei, einen Monat später auch der NSDAP. Hier wurde er 1927 zweiter Beisitzer des Untersuchungs- und Schlichtungsausschusses der Partei-Reichsleitung, 1929 ernannte Hitler Frank zum Leiter der Rechtsabteilung der NSDAP. Die weitere Karriere: 1930 Abgeordneter zum Deutschen Reichstag, 1933 Justizminister von Bayern, im selben Jahr “Reichskommissar für die Gleichschaltung der Justiz und die Erneuerung der Rechtsordnung”! Zuvor geschah ihm jedoch ein Fauxpas: In einer Rundfunkrede des Bayerischen Rundfunks meinte er am 08. März 1933, dass die NSDAP notfalls “die Sicherung der Freiheit der deutschen Volksgenossen in Österreich über-nehmen” werde. Frank wurde bei einem Besuch in Österreich durch dessen Kanzler Engelbert Dollfuss ausgewiesen. Neben weiteren Positionen wie jenen des Reichsrechtsführers und des Reichsministers ohne Geschäftsbereich, aber auch des persönlichen Begleiters Benito Mussolinis in Deutschland und Adolf Hitlers in Italien, wurde Frank erstmals durch den Nazi-Chefideologen Alfred Rosenberg am 24. September 1939 als “der kommende Zivilkommissar für Polen” bezeichnet. Unmittelbar vor seinem Machtantritt verhafteten die SS und die GESTAPO alle Professoren der Jagiellonen-Universität und brachten diese grossteils in das KZ Sachsenhausen. Es sollte ein Zeichen an die Oberschicht Polens sein, die in den Jahren darauf systematisch ausge-rottet wurde. Als uniformierter, zweiter Statthalter war Frank der “Höhere SS- und Polizeiführer” Friedrich-Wilhelm Krüger unterstellt, der nicht nur einmal versuchte, seinem Chef die Stuhlbeine abzusägen. Frank aller-dings raffte alles zusammen, was er bekommen konnte (nach Hitler und Göring die grösste Prachtsammlung der Nazis) und setzte die Befehle Hitlers und vor allem Himmlers mit aller Brutalität um. Auf der Weih-nachtsfeier des Wachbataillons 40 meinte er:

„Ich habe freilich in einem Jahr weder sämtliche Läuse noch sämtliche Juden beseitigen können. Aber im Laufe der Zeit wird sich das schon erreichen lassen.“

Bei der Einrichtung des Krakauer Ghettos mit 20.000 Menschen jüdischen Glaubens trug Frank nur indirekt Verantwortung. Allerdings plante er die Vorbereitung zum Völkermord:

„Darin liegt nur die eine große Schwierigkeit, dass ein Ausrotten von Millionen menschlicher Wesen an Voraussetzungen geknüpft ist, die wir zur Zeit nicht erfüllen.“

(Hans Frank 1942)

Unmittelbar Hitler unterstellt, war Frank haupt- bzw. mitverantwortlich für die Ermordung hunderttausender Polen und die Deportation von Millionen Zwangsarbeitern nach Deutschland. Im Sommer 1940 etwa befahl er die “AB-Aktion” (Ausserordentliche Befriedungsaktion), in deren Rahmen mehr als 7000 Menschen ermordet wurden: Mögliche politische Gegner, Intellektuelle, polnische Widerstandskämpfer und verurteilte Kriminelle. Dies alles bezeichnete er als “die Erfüllung der national-sozialistischen Ostaufgabe”! Goebbels bezeichnete Frank in seinen Tage-büchern als “einen politischen Verbrecher erster Klasse” – dennoch hielt Hitler an Frank fest.

Im August 1944 flüchtete er mit jeder Menge wertvoller Gemälden (Rembrandt, Rubens, da Vinci,…) vor der Roten Armee an den Schliersee in Bayern, wo er wehrlos durch US-Soldaten der 36. US-Infanteriedivision festgenommen wurde. Sein 11.367 Seiten umfassendes Dienst-Tagebuch erlangte nach Kriegende vor dem Nürnberger Militärgericht eine entscheidende Rolle. Das Urteil des Internationalen Militärgerichtes akzeptierte er („Ich verdiene und erwarte es“). Zuvor aber unternahm er zwei Suizid-Versuche – beide Male konnte er gerettet werden.Vor seiner Hinrichtung wandte er sich noch einmal an das deutsche Volk:

„Gott vor allem hat das Urteil über Hitler gesprochen und vollzogen, über ihn und das System, dem wir in gottferner Geisteshaltung dienten. Darum möge auch unser Volk von dem Weg zurückgerufen sein, auf dem Hitler und wir mit ihm es geführt haben. Ich bitte unser Volk, daß es nicht verharrt in dieser Richtung, auch nicht einen Schritt.“

Sein Sohn Niklas führte jahrelang Recherchen zu seinem Vater, aber auch der Mutter durch, fühlte sich “angewidert” und bezeichnet das Treiben seiner Eltern als “ekelhaft”!

.) Heinrich Luitpold Himmler – der grösste Massenmörder der Geschichte

Geboren am 07. Oktober 1900 in München als Sohn des Lindauer Ober-studiendirektor Josef Gebhard Himmler und der aus Bregenz stammenden Anna Maria Heyder, festgenommen durch britische Truppen am 21. Mai9 1945 bei Zeven. Diese wussten nicht, mit wem sie es zu tun hatten. Kurz nachdem Himmler es zwei Tage später selbst aufdeckte, beging er mit Hilfe einer Zyankali-Kapsel Selbstmord. Seine Karriere war ähnlich rasant wie jene Franks: In den 1920er Jahren wurde er zum Reichsredner. 1929 erhob ihn Hitler zum Leiter der damals noch der SA unterstellten SS. An der Niederschlagung des angeblichen Röhm-Putsches und damit dem Ende der SA war Himmler massgeblich beteiligt. Ab diesem Zeitpunkt unterstanden Himmler die Polizei, die Konzentrationslager, der Inlands-geheimdienst und die mächtige SS als militärischer Gegenpol zur Wehr-macht – er wurde nach Hitler zum mächtigsten Mann des Dritten Reiches. Seine weiteren Funktionen: Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums, Reichsinnenminister, Befehlshaber des Ersatzheeres, …! Himmler führte die lückenlose Überwachung in Deutschland ein, liess Gegner entmachten und liquidieren, organisierte den Holocaust und die Ermordung von Millionen an Kriegsgefangenen und Zivilisten. Er baute den Terror im Dritten Reich auf. Allerdings nicht immer mit der Gunst Hitlers. Wegen eigenmächtiger Verhandlungsversuchen mit den West-Alliierten enthob Hitler ihn kurz vor seinem Selbstmord aller seiner Ämter und erliess Haftbefehl. Himmler ist für die Ermordung von Millionen Menschen – auch deutscher Nicht-Juden verantwortlich. Ich will diesem Menschen nicht mehr Platz in meinem Blog zur Verfügung stellen und halte es wie seine Bestatter: Beigesetzt in einem anonymen Grab in der Lüneburger Heide.

Viele Zeitzeugen warnen vor dem weiteren Aufkommen des Rechts-radikalismuses in Deutschland und Österreich: Genau so hat es in den 1930er Jahren auch begonnen! Und die Rechtsextremen und auch die AfD machen auch gar keinen Hehl aus ihren Plänen:

„Wenn einmal die Wendezeit gekommen ist, dann machen wir Deutschen keine halben Sachen!“

(Björn Höcke, AfD-Thüringen)

Mit den Demonstrationen in ganz Deutschland setzen nun die Demo-kraten ein Zeichen – #wir sind mehr! Deutschland erwacht langsam aus dem Dornröschenschlaf, nachdem die bittere Realität aufgezeigt hat, dass eine funktionierende Demokratie eine Partei wie die AfD nicht aushalten kann. In mehreren deutschen Bundesländern bereits durch den Verfassungsschutz beobachtet, gelangen immer wieder Partei-Mitglieder mit dem Gesetz in Konflikt – nicht wenige davon wegen Vergehen an der demokratischen Grundordnung (Hochverrat). Ob nun ein Verbot der AfD als politischer Arm auch der Rechtsextremisten ein Vergehen gegen die Meinungsfreiheit darstellt oder dem Schutz der demokratischen Bundesrepublik dient, sollen die entsprechenden Köpfe entscheiden – mit allen damit verbundenen Konsequenzen!

Filme:

.) Murer – Anatomie eines Prozesses; Regie: Christian Frosch 2017

.) Der letzte Akt; Regie: Georg Wilhelm Pabst 1955

Lesetipps:

.) Ess firt kejn weg zurik… Geschichte und Lieder des Ghettos von Wilna 1941–1943; Florian Freund; Picus-Verlag 1992

.) Rosen für den Mörder: Die zwei Leben des NS-Täters Franz Murer; Johannes Sachslehner; Molden 2017

,) Holocaust in Litauen: Krieg, Hudenmorde und Kollaboration im Jahre 1941; Hrsg.: Vincas Bartusevičius/Joachim Tauber/Wolfram Wette; Böhlau 2003

.) Deutsche Besatzungspolitik in Litauen 1941–1944; Christopg Dieckmann; Wallstein-Verlag 2011

.) Ich muss erzählen – Mein Tagebuch 1941-1945; Mascha Rolnikaite; Kindler Verlag 2002

.) Der Vater – eine Abrechnung; Niklas Frank; ‎Eigenverlag Brigitte Frank unsel. Erben 1987

.) Krakauer Burg. Die Machtzentrale des Generalgouverneurs Hans Frank 1939-1945; Dieter Schenk; Ch. Links Verlag 2010

.) Deutsche Politik in Polen 1939-1945; aus dem Diensttagebuch von Hans Frank; Hrsg.: Wolfgasng Jacobmeyer; Leske und Budrich 1980

.) Heinrich Himmler – Aufstieg des Reichsführers SS (1900-1933); Klaus Mües-Baron; V&T unipress 2011

.) Himmler – Kleinbürger und Massenmörder; Roger Manvell; Ullstein 1965

.) Himmler privat – Briefe eines Massenmörders; Hrsg.: Michaerlk Wildt; Piper 2014

.) Österreicher in den SS-Einsatzgruppen und SS-Brigaden. Die Tötungsaktionen in der Sowjetunion 1941-1942); Josef Viala; Diplomica-Verlag 2010

.) Vorurteil und Genozid. Ideologische Prämissen des Völkermords: Hrsg.: Wolfgang Benz; Böhlau 2010

.) Politik der Vernichtung: Eine Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenverfolgung; Peter Longerich; Piper 1998

.) Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof (14. November 1956 bis 1. Oktober 1946; Hrsg.: Internationaler Militärgerichtshof Nürnberg

.) Instanzen der Ohnmacht. Wien 1938-1945. Der Weg zum Judenrat; Doron Rabinovici; Jüdischer Verlag 2000

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Laborhunde – stoppt diese Quälerei!!!

Als Kind bin ich mit einem Hund aufgewachsen – er war mein bester Freund und Mitglied unserer Familie. Umso mehr musste ich schlucken, als ich die ersten Bilder aus den Labors entdeckte – und mit intensiverer Recherche wurde es immer schlimmer!

An dieser Stelle habe ich bereits auf Tierversuche hingewiesen – damals waren es Affen. Hier ist seither etwas in Bewegung gekommen: Fluglinien wie die Air France weigern sich inzwischen, Lemuren von Madagaskar nach Europa zu bringen, in Bremen ist ein Antrag auf Primatenhirn-forschung abgelehnt worden. Doch nicht nur sie oder Ratten werden in Labors gequält – alleine in Deutschland leiden jedes Jahr über 2000 Hunde unter unvorstellbaren Schmerzen, die meisten davon gehen während der Versuche elendigst zugrunde. In vielen Fällen grundlos, da bereits getestete Produkte auf dem Markt sind. Des Menschen bester Freund wird etwa für Unbedenklichkeitsprüfungen bei Pestiziden oder anderen Chemikalien vergiftet. Dazu werden ihnen beispielsweise täglich Masken aufgesetzt, damit sie giftige Dämpfe einatmen müssen. Viele verenden an inneren Blutungen oder Organversagen. Andere werden in der Nationalen Tiermedizinischen Hochschule Alfort in Frankreich eigens für die Erforschung von Muskelerkrankungen (Muskeldystrophie MD) gezüchtet: Sie können kaum gehen, geschweige denn atmen. Rund die Hälfte davon verstirbt qualvoll noch vor dem 10. Lebensmonat! Trotz all dieser Versuche konnte seit Jahrzehnten noch keine Heilungsmethode gefunden werden, da eine Muskeldystrophie des Hundes nicht vergleichbar ist mit jener eines Menschen. So sterben bis zu 30 % der Hunde an einem Zwerchfellfehler und/oder leiden an verzögertem Wachstum – dies trifft beim Menschen nicht zu. Als eine Bahandlungs-methode erstmals in die Menschentestung ging, starben vier Kinder unter fünf Jahren an Leberversagen – das gab es bei den Hunden kein einziges Mal. Bei PETA wird eine Muskelschwund-Patientin zitiert:

„Ich habe nie darum gebeten, dass Tiere für mich leiden.“

(www.peta.de)

Dabei gäbe es Alternativen: So errichtete etwa das Institut für Biotechnik Katalonien (IBEC) ein sog. „Muskel auf einem Chip-Gerät“, auf dem die Forschung gänzlich ohne Tierleid auskommt.

Viele Tiere werden zudem künstlich infiziert – Krebs, Magen-Darm, Immunsystem, Atemwege, … – dadurch sollen neue Erkenntnisse gefunden werden. Hier allerdings widerspricht der Verein „Ärzte gegen Tierversuche e.V.“! Auf deren Webseite ist zu lesen:

„Tierversuche sind nicht nur unethisch, sondern zudem überaus ineffektiv in der medizinischen Forschung.“

Viele Menschen dachten wohl, dass aufgrund diversester Verordnungen und Gesetze auch die Anzahl der Tierversuche rückläufig sei – leider ein Trugschluss! 2021 starben bei Tierversuchen in deutschen Labors fast 2.800 Hunde – meist Beagles oder Foxhounds. Im November 2023 deckte ein Beitrag des NDR im Doku-Magazin „45 min“ die brutalen und grauenvollen Missstände in der täglichen Praxis auf.

https://www.ardmediathek.de/video/Y3JpZDovL25kci5kZS9wcm9wbGFuXzE5NjM0MDkxMV9nYW56ZVNlbmR1bmc

Und dies, obwohl die EU bereits im Jahr 2018 ein Vertragsverletzungs-verfahren gegen Deutschland eingereicht hat – tierschutzrechtliche Verbesserungen wurden gar nicht oder nur unzureichend durchgeführt. Brüssel forderte eine Schaden-Nutzen-Abwägung: Eine Genehmigung des Versuchs nur dann, wenn der Nutzen gegenüber des Leides überwiegt! Einige klein-kosmetische Korrekturen wurden dadurch eingeleitet – das Verfahren daraufhin 2022 eingestellt. Wie in diesem Film zu sehen ist, wird das Wort „Tierschutz“ im Labor ad absurdum geführt. Tierschützer, aber auch die Ärzte gegen Tierversuche kritisieren, dass nach wie vor beinahe alle Anträge durchgewunken werden, viele zudem illegal Tierversuche durchführen, es kaum unangekündigte Kontrollen und viel zu geringe Strafen gibt. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich sind Grüne in der Regierung vertreten. Zur Bundestagswahl 2021 haben sich SPD und Bündnis 90/Die Grünen für einen Ausstieg ausgesprochen – geschehen ist freilich bislang noch nichts. Bis sich in dieser Thematik etwas verbessern wird, sterben weitere tausende Hunde eines qualvollen Todes!

Weshalb werden nun ausgerechnet Beagles und Foxhounds für solche Versuche ausgesucht? Beide Hunderassen sind gutmütig! Beagles dazu ausgeglichen, friedvoll und menschenfreundlich. Er sehnt sich nach Zuneigung der Menschen, Streicheleinheiten und dem Spielen oder Jagen. Hier wird alsdann das Vertrauen des Hundes in den Menschen ausge-nutzt. Sie sind zudem recht klein, passen also in die kleinsten Käfige und: Sie wehren sich nicht! Umso mehr schmerzt der Gedanke, dass diese Tiere auf grausamste Art und Weise misshandelt werden. Sie müssen neben der Grundlagenforschung u.a. auch für Hundenahrung ihr Leben lassen: Gibt es denn davon noch zu wenig?

Neben all diesen erschreckenden Versuchsanordnungen werden die Tiere noch zusätzlich angeschrien, geschlagen, herumgezerrt und auch in die Käfige geworfen. Diese zusätzliche Gewalt beginnt bereits in den unzähligen Zuchtanlagen für Laborhunde. Beim Transport werden sie in viel zu kleine Boxen gezwängt, sodass sie sich nicht bewegen können. Zu Fressen oder Trinken gibt es nichts über Stunden hinweg müssen die Tiere in ihren eigenen Fäkalien liegen.

Wer erfahren möchte, welche „Institute“ Tierversuche durchführen, kann sich auf dieser Website des Vereins Ärzte gegen Tierversuche kundig machen:

https://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/de/wissen/tierversuche/in-deutschland/adressliste-tierversuchslabore

Wie kann nun jeder Einzelne dazu beitragen, dass diese brutalen, oftmals tödlich endenden Tierversuchsanordnungen endlich ein Ende haben? Wird ein Produkt nicht mehr gekauft, so wird auch dessen Produktion eingestellt. Achten Sie deshalb genau darauf, dass sie bei Körper-pflegeprodukten wie Haarshampoo oder Duschbad bzw. Kosmetika und Putzmittel auf tierversuchsfreie Produkte zurückgreifen. Unterzeichnen Sie entsprechende Online-Petitionen von Tierschutzorganisationen wie etwa:

https://ausstieg-aus-dem-tierversuch.de/helfen

(empfohlen durch Ärzte gegen Tierversuche!)

oder

†https://wissenschaft-statt-tierversuche.de/†

Sprechen Sie mit Ihren Bekannten und Verwandten über die grauenvollen Umstände wie wenige Wochen alte Welpen bis zu ihrem Tod in einem Labor gequält werden. Auch wenn Konzerne wie BASF Greenwashing betreiben, indem Laborhunde adoptiert werden können, damit sie noch ein „schönes“ Restleben bis zu ihren Tod haben können:

https://www.bayer.com/de/animal-studies/bayer-und-tierversuche-startseite

Einige Organisationen bzw. Vereine (Laborbeaglehilfe, Laborbeagleverein) bieten zudem die Vermittlung solcher Hunde an (Rehoming Programme), die zäh genug waren, dieses Schreckensszenario im Labor zu überstehen. Dabei sollte aber eines bedacht werden: Die Hunde sind keine normalen Hunde: Sie leiden an Traumata, liegen wochenlang verängstigt in einem dunklen Eck und haben das Vertrauen in den Menschen meist verloren! Nahezu alle müssen als erwachsener Hund alles erlernen – stubenrein, Laufen, Leine, … Die Hundehalter sollten also genau wissen, wie sie mit solchen bemitleidenswerten Vierbeinern umgehen müssen!

Links:

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O sole mio – Die Mittelmeer-Küche

Verdammt – diesen heutigen Blog hätte ich mir nicht antun dürfen! Als absoluter Fan der mediterranen Küche habe ich während des Schreibens dieser Zeilen mindestens fünf Kilogramm zugenommen! Schliesslich muss ich ja austesten, was ich anpreise! Und – Studien haben bereits 2018 nachgewiesen, dass die Südeuropäer ebenfalls immer dicker werden! As time goes by – oder? Schauen wir uns das doch mal heute etwas genauer an!

Bislang vollführten Ernährungswissenschaftler und Mediziner einen wahren Freudentanz, wenn der Patient (Kunde) meinte, er habe mit der Mittelmeerkost angefangen. Kein Wunder – besteht sie doch aus viel Obst und Gemüse, wenig rotem Fleisch – dafür mehr Fisch und v.a. Olivenöl!!! Jedes einzelne für sich schon sehr empfehlenswert. Tatsächlich ist die Mittelmeer-Küche gespickt voll mit Vitalstoffen. So mancher davon senkt das Risiko für eine Herz-Kreislauferkrankung, Krebs und Übergewicht, möglicherweise auch Diabetes mellitus-Typ 2.

Es ist das Zusammenspiel der unterschiedlichsten folgenden Faktoren:

.) Pflanzliche Lebensmittel

Die mediterrane Küche baut auf regionalem Obst, Salaten und Gemüse auf, das nur wenig bearbeitet ist. Es wird zumeist gedünstet, gedämpft oder bleibt gar roh. Sehr häufig werden Nüsse und Samen eingearbeitet. Dadurch erhält der Körper Ballaststoffe, die einerseits wichtig für die Verdauung sind, aber auch andererseits ein vorzeitiges Sättigungsgefühl vermitteln. Zudem spielen in der mediterranen Küche einige Nacht-schattengewächse eine ganz entscheidende Rolle: Paprika, Auberginen und v.a. Tomaten. Letzteren habe ich an dieser Stelle schon einmal Tribut gezollt. Tomaten sind reich an Vitamin C, Fruchtsäuren (wie Apfel- oder Zitronensäure), Mineralstoffen (wie Kalium, Kupfer und Eisen) und sekundären Pflanzenstoffen (wie Alpha- und Betacarotin, Cryptoxanthin und Lycopin). Eine aus dem Jahr 2018 stammende, portugiesische Studie kam zu dem Ergebnis, dass der rote Farbstoff Lycopin (auch in Wasser-melonen enthalten) das stärkste Antioxidans unter den Carotinen ist. Damit können Erkrankungen (wie jene des Herz-Kreislauf-Apparates) und der Alterung vorgebeugt werden. Je nach Region wird dies alles zudem durch Hülsenfrüchten (Linsen, Bohnen, Erbsen, …), Kartoffeln, Vollkorn-reis etc. ergänzt. Daneben finden Kräuter und Gewürze Anwendung, die in der mitteleuropäischen Küche nur selten oder ganz wenig verwendet werden: Basilikum, Oregano, Salbei, Minze, Rosmarin, Thymian, Kreuz-kümmel, Ingwer und Knoblauch, um nur einige zu nennen.

.) Beilagen

Zu nahezu jedem Gericht wird Brot gereicht. Brot bedeutet, man isst weniger von den Hauptspeisen. Negativ hingegen ist, dass fast aus-schliesslich Weissbrot verwendet wird. Besser wären Sesam- oder Roggenbrot bzw. Vollkornbrot.

.) Olivenöl

Olivenöl beinhaltet eine grosse Menge an einfach ungesättigten Fett-säuren (Ölsäure etwa), aber auch mehrfach ungesättigte Fettsäuren (wie die Omega-3-Fettsäuren Linolen- und Eicosapentänsäure, aber auch der Linolsäure). Diese einzigartige Zusammensetzung senkt den schlechten LDL-Cholesterin-Spiegel im Blut, wodurch sich weniger Ablagerungen in Arterien und Venen bilden und die Produktion von Triglyzeriden her-untergefahren wird. Das senkt das Risiko einer Arteriosklerose (Gefäss-Verkalkung – „Plaques“) ganz eklatant. Doch ist das noch lange nicht alles: Vitamin E und weitere sekundäre Pflanzenstoffe wirken antioxidativ. Soll heissen, dass freie Radikale im Körper gebunden bzw. bekämpft werden, die u.a. auch so manche Krebsart auslösen können. Kalt-gepresstes Öl („natives Olivenöl“) ist zwar das teurere, aber auch gesündere Öl. Es wird bei unter 27 Grad gepresst, wodurch die tem-peraturempfindlichen Inhaltsstoffe (Vitamine, Aromen, …) erhalten bleiben. Die höchste Güteklasse ist dabei „Extra Virgin Olive Oil, Güte-klasse 1“ mit einem Anteil an freien Fettsäuren von unter 0,8 Prozent. Das normale Olivenöl ist zumeist eine Mischung aus solch kaltgepresstem und raffiniertem Öl. Hier gilt es, genau auf die Verpackungsangaben zu schauen, da es in dieser Klasse keine Produktionsvorschriften gibt. Oftmals kommt es gar aus China! Olivenöl ist sehr kalorienreich (etwa 9,3 Kilokalorien pro Gramm). Deshalb sollte es in der Küche zwar regel-mässig, aber zurückhaltend verwendet werden. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt max. 10-15 g Öl. Ein Esslöffel Öl entspricht rund 10 Gramm. Ein Tipp zur Zubereitung: Olivenöl sollte nicht zu stark erhitzt werden, schon gar nicht das kaltgepresste (max. 180 Grad C), das eher für Salate verwendet wird. Das Geheimnis: Die unge-sättigten Fettsäuren oxidieren mit zunehmenden Temperaturen, wodurch der positive Effekt nutzlos wird. Wer trotzdem nicht auf Olivenöl beim Braten oder Anbraten verzichten will, sollte dies nur mit raffiniertem Öl machen (bis 210 Grad C) und erst kurz vor dem Anrichten das kaltgepresste hinzugeben. Dann bleiben die Aromen erhalten. Übrigens: Ist eine Flasche kaltgepresstes Öl einmal geöffnet, muss es so rasch als möglich aufgebraucht werden (innerhalb von max. drei Monaten), da die ungesättigten Fettsäuren mit dem Sauerstoff reagieren – das Öl schmeckt in weiterer Folge bitter und die gesundheitsfördernden Eigenschaften gehen verloren. Sollte das Öl im Kühlschrank gelagert werden, beginnt es auszuflocken. Das ist unbedenklich – nehmen Sie es vorzeitig vor der Verwendung aus dem Kühlschrank, dann lösen sich die Flocken von selbst.

.) Fisch

Es ist schon längst kein Geheimnis mehr, dass Fisch um ein Vielfaches gesünder ist als Schwein, Rind, Lamm, …! Vor allem das Schlagwort „Omega-3-Fettsäure“ erklärt dies seit Jahrzehnten: Langkettige, mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren. Hinzu kommen: Vitamin D, Jod, Selen,… Allerdings gilt es auch hier zu unterscheiden: Es gibt Meeres- und Süsswasserfische, fettige und weniger fettige, … Keine Angst – in der mediterranen Küche kann durchaus auch mal über die Strenge geschlagen werden und ein fetter Fisch auf den Teller kommen: Makrele, Hering oder Thunfisch. Allerdings maximal zweimal die Woche!

Rotes Fleisch von Schwein und Rind wird durch weisses Fleisch vom Geflügel oder Fisch ersetzt.

Pizza und Pasta zählen nicht zur Grundlage der mediterranen Küche, da es bei der Pasta immer darauf ankommt, wie die Nudeln angerichtet werden: Carbonara etwa ist zwar lecker, aber nicht wirklich gesund.

Die mediterrane Küche ist nicht etwa eine neue Erfindung. Die ersten Untersuchungen reichen in die 1950er- und 1960er-Jahre zurück. In der „7-Länder-Studie“ wurden erstmals die Essgewohnheiten von 12.000 Männern aus sieben Ländern wissenschaftlich überprüft. Dabei zeigte sich, dass das Risiko der griechischen Männer bzw. jener von der Insel Kreta an der koronaren Herzerkrankheit (KHK) zu erkranken, rund 90 % geringer war als in den USA. Danach folgten weitere Studien, wie die „Lyon Diet Heart Study“, die „Predimed-Studie“ und die „DIRECT-PLUS-Studie“, die aufzeigten, dass etwa bei Herzpatienten, die ihre Ernährung umstellten, das Risiko eines Herzinfarktes um 30 % bzw. eines zweiten Infarktes um gar 70 % sank. Alle diese Untersuchungen kommen somit zum selben Ziel: JA – die mediterrane Küche hat was, ist gesünder und meist auch schneller zubereitet!

Wer seinem Körper noch einen zusätzlichen Gefallen tun möchte, der sollte öfters mal eine „Mittelmeer-Diät“ (“Kreta-Diät”) einlegen. Hat mit weniger essen eigentlich nicht sehr viel zu tun – wichtig ist hingegen, was gegessen wird.

Wenn zum Frühstück die Marmelade-Semmel oder das Mett-Brötchen durch ein leckeres, vollmundiges griechisches Joghurt mit Honig oder Nüssen ersetzt wird, so ist ein erster, aber durchaus wesentlicher Schritt getan. Beim griechischen Joghurt tropft die Molke wesentlich länger ab als bei unseren Joghurts. Das bedeutet einen wesentlich höheren Anteil an Eiweiss (3 %) und Fett (etwa 10 %), aber auch Calcium (18 %) und Milchsäurebakterien (S. Thermophilus, L. Bulgaricus, Lactobacillus, Bifidobacterium). Calcium ist für beispielsweise den Knochenaufbau wichtig, Milchsäurebakterien für den Darm. Dort unterstützen sie die natürlich vorhandene Darm-Flora (Mikrobiom). Ist die Darmflora (kann bei einem erwachsenen Menschen schon mal bis zu zwei Kilogramm wiegen) in Ordnung, so hat auch das Immunsystem etwas davon (Bildung von Antikörpern,…). Ja – auch u.a. Vitamin B12 ist stark vertreten. Deshalb greifen Leistungssportler gerne auf diesen kulinarischen Tages-beginn zurück: Die Aminosäuren werden sehr leicht in körpereigene Aminosäuren umgebaut (Proteinbiosynthese). Das Mehr an Fett ist inso-fern gar gesund, wird es doch in den zusätzlichen Aufbau von Muskel-zellen investiert, wo es die Bildung von Zellwänden und Hormonen begünstigt. Interessantes Detail: Bei der Herstellung von einem Kilo-gramm griechischem Joghurt werden vier Liter, bei herkömmlichem Naturjoghurt hingegen nur ein Liter Milch benötigt.

Zu Mittag empfiehlt der Küchenchef dann gebackenes oder gegrilltes Gemüse – möglicherweise mit Lachs zubereitet. Wichtig hierbei ist, dass bei der Zubereitung kein Öl verwendet wird.

Tja – und zum Abendessen? Gefüllte Tomaten! Mit Knoblauch, Schafskäse und viel Chili.

Damit Sie nicht verhungern, können Sie es vormittags als Zwischen-mahlzeit mal mit einer Melone, Feigen oder auch Erdbeeren versuchen. Am Nachmittag getrocknete oder frische Feigen und Datteln. Na – is(s)t das was?

Wie alles hat jedoch auch die mediterrane Küche ihre Schattenseiten: Inzwischen kommt der Fisch aus strandnahen Fischfarmen, ist krank oder stark mit Schwermetallen, Chemikalien oder Mikroplastik kontaminiert, Obst und Gemüse wird in Glashäusern in Äthiopien hergestellt, das Olivenöl sowie das italienische Heiligtum, die „Pomodoro“ und das Tomatenmark stammen aus China. Vieles davon ist inzwischen belastet, sodass man es sich vorher genau überlegen sollte, ob man im Super-markt zugreift, wenn das Ursprungsland der Ware nicht bekannt ist.

Wenn Sie sich aber gewiss sind, dass alle Zutaten tatsächlich aus dem Mittelmeerraum stammen, dann steht dem Schlemmen nichts mehr im Wege: Bohnensalat mit gebratenem Schafskäse, Bruschetta mit Garnelen oder auch der italienische Klassiker – Spaghetti Vongole. Mehr finden Sie in dem unten angeführten Kochbuch der Deutschen Herzstiftung. Guten Appetit!

Lesetipps:

.) Mediterrane Küche – Genuss & Chance für Ihr Herz; Gerald Wüchner; Dt. Herzstiftung 2017

.) Mediterrane Küche Kochbuch: Die 330 besten Rezepte aus der mediterranen Küche; Maria Triztanzo/Lucia Rossini/Luisa Winkel; Independently published 2023

.) Mediterran: 100 kreative Rezepte rund ums Mittelmeer; Ali Güngörmüs; Dorling Kindersley Verlag 2021

.) Die mediterrane Küche – vielfältig, bunt und gesund: Die besten Rezepte aus dem sonnigen Süden: Italien, Spanien, Griechenland & Co; Hrsg.: Reader’s Digest; Verlag Das Beste GmbH 2022

.) 5 Zutaten mediterran – Einfach genial kochen; Jamie Oliver; Dorling Kindersley Verlag 2023

.) Ernährung und Fasten als Therapie; Hrsg.: R. Stange/C. Leitzmann; Springer 2010

.) Seven countries: a multivariate analysis of death and coronary heart disease; Ancel Keys; Harvard University Press 1980

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