Das Kabinett des Grauens
Posted on 11/23/24 by UlstoDer nächste US-Präsident heisst Donald Trump! Das ist inzwischen klar. Bei seinem ersten Wahlkampf frohlockten seine Anhänger: Endlich ein US-Präsident mit (mehr oder weniger) Erfahrungen aus der Wirtschaft! Die Ernüchterung folgte auf dem Fusse: Die USA waren einst Weltmacht – während seiner Amtszeit verloren sie das Privileg – auch wirtschaftlich. Der auf den Thron gesetzte Egomane (ich verwende hier absichtlich nicht den Ausdruck „Narzisst“!) versagte auf allen Ebenen. Jetzt wurde er wiedergewählt und wird das Amt im Januar antreten. Vorweg gab er seine politische Richtung vor und stellte ein Kabinett zusammen, das wohl einer Verhohnepippelung jeglichen gesunden Menschenverstandes gleichkommt. Doch eines haben sie allesamt gemein: Sie sind ihrem Herrn in jeglicher Hinsicht treu und ergeben! Einzig beim reichsten Mann der Erde, Elon Musk, könnte es möglicherweise zu Reibereien kommen, da er ebenso wie sein Boss von Minute zu Minute seine Meinung ändert. Doch ist Musk geborener Südafrikaner und kann alsdann nicht am Stuhl seines Präsidenten sägen, da nur geborene US-Bürger auch Präsident werden können. Im folgenden werde ich Ihnen dieses „Kabinett des Grauens“ (die Bild z.B. bezeichnet sie als „schwurbelnde Wirrköpfe“) etwas genauer vorstellen!
.) Vizepräsident J.D. Vance
James Donald Bowman wurde am 02. August 1984 in Middletown/Ohio geboren – später benannte er sich selbst um. Aufgewachsen bei den Grosseltern mütterlicherseits (sein Vater hatte die Familie früh verlassen, seine Mutter war drogenabhängig), verpflichtete er sich bei den Marines. Zwischen 2003 und 2007 war er dort auch als Kriegsberichterstatter tätig. Danach studierte er an der Ohio State University Politikwissen-schaften und Philosophie und schloss den Bachelor summa cum laude ab. Im Anschluss daran absolvierte er zudem in Yale Jura. Später arbeitete er als Anwalt bei mehreren Investmentunternehmen. 2016 (während des Wahlkampfes I von Donald Trump) erschien sein autobiographisches Buch „Hillbilly Elegy“, in dem er die Geschichte seiner Familie und ihre sozialen und ökonomischen Probleme aufarbeitete. Im selben Jahr meinte Vance in einem Artikel für „The Atlantic“, dass Trump „ungeeignet für das höchste Amt der USA“ sei, da dieser selbst nie seine populistischen Pläne erklären konnte. Das Buch wurde zum Bestseller, über den auch die Trump nicht sonderlich zugeneigten Zeitungen New York Times und Washington Post in höchsten Tönen schrieben. 2022 kandidierte er als Senator für Ohio und widerlegte seine einstige Meinung über Trump. Vance steht für die weisse US-Unterschicht. Ein enormes Wählerpotential! Deshalb machte ihn Trump auf dem Parteitag der Republikaner am 15. Juli 2024 zum Vizepräsidentschaftskandidaten („Running Mate“). Vance gehört nach den Wahlen zum engsten Beraterkreis Trumps. Er könnte durchaus Trumps Thronfolger werden.
.) Aussenminister Marco Rubio
Der 1971 in Miami/Florida geborene Rubio wird ein international sehr wichtiges Ressort leiten. Als Sohn kubanischer Exilanten studierte er an der University of Miami Jura, das er cum laude abschloss. Im Jahr 2000 wurde er in das Repräsentantenhaus Floridas gewählt, wo er von 2006 bis 2008 als Sprecher des Hauses agierte. 2011 wurde er Senator für Florida. Fünf Jahre später stellte er sich der parteiinternen Vorwahl gegen Trump, der ihn damals als „Little Marco“ verspottete. Rubio wird von der Tea-Party unterstützt – er steht für den Waffenbesitz, steht hinter der israelischen Regierung, befürwortet die NATO und gilt als Hardliner gegen den Iran und China. Zuletzt allerdings stimmte er gegen die weitere Unterstützung der Ukraine.
.) Verteidigungsminister Pete Hegseth
1980 in Minneapolis/Minnesota geboren, absolvierte Hegseth 2003 Princeton mit dem Bachelor of Arts. Nach seinem Militärdienst auf Kuba, im Irak und Afghanistan machte er 2013 auch den Master of Public Policy an der Harvard University. 2014 heuerte er bei Trumps Lieblingssender Fox News an. Dort interviewte er Trump auch des öfteren. Trotzdem unterstützte er zunächst Rubio, dann Ted Cruz und schliesslich erst Donald Trump. In seinen Sendungen gab er sich betont Trump-freundlich und kritisierte auch lautstark den Sonderermittler Robert Mueller zu seinen Untersuchungen über die Einflussnahme Russlands auf die Wahlen 2016. 2020 forderte er Trump auf, den Iran zu bombardieren. Hegseth steht für eine „männlichere Armee“ – Offiziere, die sich für das sog. „DEI-Programm“ (Diversity, Equity and Inclusion) einsetzen, will er aus dem Dienst entlassen. Seine dritte Frau (das aussereheliche Verhältnis mit einer Fox-Kollegin) heiratete er im August 2019 im Golf-Club Colts Neck von Donald Trump.
.) Innenminister Doug Burgum
1956 in Arthur/North Dakote geboren, ist Burgum eines der älteren Semester im Kabinett. 1978 schloss er die North Dakota State Univeristy mit einem Bachelor in University Studies ab und erhielt zwei Jahre später den MBA an der Stanford University. 1983 gründete er das Unternehmen Great Plains Software in Fargo, das er 2001 um 1,1 Mrd. Dollar an Micro-soft verkaufte. Nachdem er in verschiedenen Unternehmen tätig war, gewann er 2016 die Wahl zum Governor von North Dakota. Der Milliardär gilt als einer der wenigen als besonnen auftretend. Übrigens fällt in sein Ressort auch ein für Trump immens wichtiger Bereich: Die Öl- und Gas-Förderung!
.) Justizminister Matt Gaetz – Justizministerin Pam Bondi
Seine Nominierung löste auch parteiintern einige Diskussionen aus. Schliesslich war Gaetz federführend an der Absetzung des damaligen republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, beteiligt. Der 1982 in Hollywood/Florida geborene Gaetz bezeichnet sich selbst als „Aussiedler und Unruhestifter“. Gegen ihn wurde bereits wegen Menschenhandels und Unzucht mit Minderjährigen ermittelt. Gaetz studierte von 2000 bis 2003 Geschichte und Politik-wissenschaft an der Florida State University, danach Jura am College of William and Mary. Einige Jahre arbeitete er als Anwalt. Ab 2010 war er Mitglied des Repräsentantenhauses Floridas, ab 2016 im US-Repräsen-tantenhaus. Noch im November sah ihn Trump als Kandidaten für den Posten des US-General-Staatsanwaltes. Jetzt sollte er Justizminister werden! Kritiker Trumps vermuten, dass er den juristischen Rachefeldzug seines Meisters durchwinken sollte. Aufgrund der Vorwürfe zog Gaetz aber seine Kandidatur zurück. Er wird ersetzt durch die frühere General-staatsanwältin für Florida, Pam Biondi. Die 59-jährige vertrat Trump bereits bei seinem ersten Amtsenthebungsverfahren. Sie ist grundsätzlich von der Unschuld ihres Mandanten in allen Punkten und Vorwürfen überzeugt.
.) Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr.
Der nächste Paukenschlag! Trump bezeichnete ihn einst als „dümmsten aller Kennedys“! Jetzt sind sie ein Herz und eine Seele. Robert F. Kennedy Jr. ist der Neffe des ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy; sein Vater Robert F. Kennedy fiel ebenso später einem Attentat zum Opfer. 1954 geboren, schloss er an der Harvard University Politikwissenschaften ab, studierte zudem an der Londoner School of Economics und besitzt einen Abschluss in Jura. In den 1980er Jahren fiel er wegen Drogen-besitzes mehrfach auf. Kennedy trat zunächst als unabhängiger Kandidat zur letzten Wahl an. Als dies erfolglos schien, schloss er sich Trump an, der sich dadurch die eine oder andere demokratische Stimme erhoffte. Kennedy gilt als allgemeiner Impfgegner (Masern-Vakzine würden Autis-mus auslösen!) – er verbreitete jede Menge Verschwörungstheorien (Bill Gates würde bei Impfungen Chips implantieren, WLAN verursache Krebs, CoVid19 soll durch die 5G-Technologie verbreitet werden, …) und wird künftig auf folgende Schwerpunkte setzen: Psychedelika, Stammzellen, Rohmilch, Vitamine, Sonne und Bewegung.
.) Finanzminister Scott Bessent
Auch diese Nominierung sorgt für einiges Rauschen im Blätterwald. Einerseits ist Bessent bekennend homosexuell. Andererseits war der 62-jährige als Hedgefonds-Manager und Investor tätig – zuletzt als Gründer und CEO der Key Square Group. Trump sieht ihn als „einen der weltweit führenden internationalen Investoren und geopolitischen und wirtschaft-lichen Strategen“! Er wurde zuvor auch bereits mehrfach durch Bessent wirtschaftlich beraten. 1984 schloss Bessent sein Politikwissenschafts-studium an der Yale University mit dem Bachelor of Arts ab. Danach arbeitete er für unterschiedliche Firmen, so auch für Soros Fund Management. Als Fundraiser war Bessent auch für die Demokraten Al Gore, Hillary Clinton und Barack Obama tätig. 2016 spendete er schliesslich 1 Mio $ an das Presidential Inaugural Committee von Donald Trump. Im Wahlkampf 2024 war er massgeblich an der Wahlkampfkasse seines Herrn beteiligt.
.) Arbeitsministerin Lori Chavez-DeRemer
Die 56-jährige trägt eine grosse Verantwortung. Schliesslich hat ihr Chef den Aufschwung der Wirtschaft und damit jede Menge neuer Arbeits-plätze versprochen. Die 1968 in Santa Clara County/Kalifornien Geborene schloss ihr Studium der Betriebswirtschaftslehre mit dem Bachelor of Science an der California State University. Danach war sie als Lehrerin und Unternehmerin tätig. Politisch arbeitete sie sich von der Lokalpolitikerin hinauf bis ins US-Repräsentantenhaus2023. Mit den letzten Wahlen zum Kongress aber verlor sie ihren Sitz.
.) Wohnungsbauminister Scott Turner
Der bislang einzige schwarze Minister in Trumps Regierung könnte auch der bislang einzige wirklich qualifizierte Minister sein. Neun Saisonen lang spielte der heute 52-jährige als Cornerback in der NFL. Danach versuchte er es erstmals 2006 bei den Kongresswahlen für den 50sten kalifornischen Distrikt – erfolglos. 2012 wurde er jedoch in das texanische Repräsentantenhaus gewählt. Während der ersten Amtszeit Trumps hatte er die Geschäftsführung des White House Opportunity and Revitalization Council inne. In dieser Einrichtung geht es um die Schaffung bezahlbaren Wohnraumes. Ein durchaus heikles Thema, da viele Häuslebauer beim Platzen der Immobilienblase 2007/08 ihr mehr-fach beliehenes Haus verloren haben und auf solche leistbare Wohnungen angewiesen waren und nach wie vor sind.
.) Verkehrsminister Sean Duffy
1971 in Hayward/Wisconsin geboren, besuchte er das Saint Mary’s College in Winona/Minnesota, das er mit dem Bachelor abschloss. Danach studierte Duffy am William Mitchell College of Law in Saint Paul Jura. Währenddessen agierte er als Darsteller in einem Reality-Format des Musiksenders MTV. Nach seinem Studium war Duffy zunächst Rechts-anwalt, dann Bezirksstaatsanwalt und Moderator beim Sportkanal ESPN. Zwischen 2011 und 2019 sass er im US-Repräsentantenhaus, legte sein Mandat aber selbst nieder und begann als Moderator beim Fox Business Network. Mit seiner Frau Rachel Campos-Duffy hat er nicht weniger als neun Kinder!
.) Bildungsministerin Linda McMahon
Die ehemalige Wrestling-Unternehmerin soll die USA zur „Nummer eins bei Bildung in der Welt machen“, meint Trump. Sie erhält damit den Vorsitz über ein Ministerium, das der künftige Präsident eigentlich ab-schaffen wollte. Die 1948 in New Bern/North Carolina geborene McMahon studierte Französisch im Lehramt, war jedoch nie an einer Schule tätig. Sie heiratete sehr früh Vince McMahon und gründete mit ihm das Unter-nehmen World Wrestling Entertainment. Ab 2009 war sie im Schulaus-schuss für Connecticut tätig. Danach kandidierte sie zweimal für den Senat, unterlag jedoch beide Male, trotz des Einsatzes von rund 100 Mio Dollar aus ihrem Privatvermögen. Forbes schätzte übrigens das Vermögen des Ehepaares McMahon 2017 auf 2,8 Mrd. Dollar. 2016 schliesslich holte Trump sie als Leiterin der Small Business Administration in sein erweitertes Team. Zuvor hatten die McMahons übrigens 6 Mio Dollar für dessen Wahlkampf gespendet. Eigentlich wollte McMahon Handelsministerin werden.
.) Handelsminister Howard Lutnick
Das Ziel des Wallstreet-Managers und Milliardärs war eigentlich das Finanzministerium. Der 1961 geborene Finanzexperte konnte gleich ein zweites Mal Geburtstag feiern. Als Chef des Finanzdienstleisters Cantor Fitzgerald befand sich das Unternehmen in den oberen Stockwerken im World Trade Center. Er überlebte 9/11 nur deshalb, weil er an diesem Morgen seinen Sohn in den Kindergarten brachte. Lutnick war Fundraiser für die Trump-Wahlkämpfe 2020 und 2024.
.) Energieminister Chris Wright
Mit seiner Nominierung setzte Trump ein klares Zeichen: Nein zu alter-nativen Energien, Ja zu fossilen Brennstoffen. Der 1965 in Colorado geborene Wright ist Fracking-Unternehmer und Klima-Skeptiker. Zuletzt war er CEO des Unternehmens Liberty Energy. Mit ihm erwartet sich Trump ein „Goldenes Zeitalter des amerikanischen Wohlstands und des Weltfriedens“. Welche Innovationen er dabei allerdings vorantreiben wird – diese Überlegung überlasse ich gerne Ihnen!
Um heute den Rahmen nicht zu sprengen, hier noch die weiteren Mitglieder:
.) Stabschefin: Susan Wiles – Aufgabe: Vorzimmer-Bulldogge Trumps
.) Vize-Stabschef Stephen Miller – Aufgabe: Enge Beratung des Präsidenten mit grossem Einfluss
.) Nationaler Sicherheitssprecher im Weissen Haus Mike Waltz – Aufgabe: U.a. rasche Beendigung des Ukraine-Krieges
.) Heimatschutzministerin Kristi Noem – Aufgabe: U.a. Aufsicht über Einwanderung und Grenschutz
.) Regierungssprecherin Karoline Leavitt
.) Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard (ehemalige Demokratin)
.) CIA-Direktor John Ratcliffe
.) Haushaltsdirektor Russel Vought – Aufgabe: Kostensenkung und Deregulierung
.) Grenzschutzbeauftragter Tom Homan – Aufgabe: Massenab-schiebungen und Grenzaufsicht
.) UNO-Botschafterin Elise Stefanik
.) NATO-Botschafter Matthew Whitaker – Aufgabe: Stärkung der Beziehungen zu den anderen NATO-Mitgliedern
.) Telekommunikationsaufsicht Brendan Carr – Aufgabe: Beenden der Regularien, die die Wirtschaft der USA eingebremst hat
.) Chef der US-Umweltbehörde Lee Zeldin – Aufgabe: „die sauberste Luft und das sauberste Wasser der Welt für die USA“
.) Department of Government Efficiency Elon Musk und Vivek Ramaswamy – Aufgabe: Kürzung der Regierungsausgaben bis 2026
Alle genannten Ministerkandidaten müssen noch durch den Senat bestätigt werden. Dort haben die Republikaner die Mehrheit. Allerdings könnten wohl auch einige Republikaner gegen die eine oder andere Personalentscheidung stimmen. Die Demokraten sprechen von zum Teil „unqualifiziert“ bis gar „gefährlich“! Um eine solche Ablehnung eines Kandidaten zu verhindern, könnte Trump seine Kandidaten in der Parlamentspause ernennen („recess appointments“). Auch die Demokraten machten von diesem oftmals Gebrauch – allerdings jeweils für politische Beamte der unteren Ebene – niemals für Ressort-verantwortliche!
Todesfahrer auf der Autobahn
Posted on 11/16/24 by UlstoBeruflich musste ich dieser Tage in den Osten Österreichs nahe Wien. Ich machte mir bereits im Vorfeld so meine Gedanken, da ich des nächtens zumeist die ARD-Hitnacht höre, bei der nahezu alle zwei Stunden eine Geisterfahrer-Meldung durchgegeben wird und ich sieben der acht-stündigen Rückfahrt bei Dämmerung bzw. Dunkelheit zurücklegen musste. Dabei führte mich mein Weg auch über das deutsche Eck! Auf der Hinfahrt über das kleine. Allerdings war ich bis München unschlüssig, ob ich nicht doch über Passau (also über das grosse) fahren sollte. Ich entschied mich jedoch für Salzburg – im Nachhinein betrachtet mein Glück! Rund eine Viertel Stunde, nachdem ich München-Süd passiert hatte, kam eine Unfallmeldung für München-Süd! Grossen Dank an die schützende Hand des über mich wachenden Kumpels mit den grossen Flügeln. Dann wurde es so richtig interessant: Wenige Minuten später erneut eine Verkehrsmeldung: „… Autobahn A 94 Passau-München kommt Ihnen zwischen … ein Geisterfahrer entgegen…!“ Soll ich dies nun Glück oder Vorsehung nennen? Auf der Rückfahrt hörte ich von einem Unfall beim kleinen deutschen Eck mit einem Zeitverlust von einer drei-viertel Stunde. Offenbar hatte es mein Schutzengel auch dieses Mal gut mit mir gemeint, schliesslich wäre dies meine Strecke gewesen – 1,5 h später hätte es möglicherweise mich erwischt! Ich entschied mich spontan für das grosse deutsche Eck und quälte mich in Dunkelheit und Schneegestöber über die Autobahn-Kilometer. Nachdem ich Deggendorf passiert hatte, fesselte mich erneut eine Verkehrsmeldung an die Lautsprecher: „…A 94 München-Passau kommt Ihnen auf Höhe Deggendorf ein Geisterfahrer entgegen!…“ Scherzhalber dachte ich noch für mich: „Ich war’s nicht!“ Doch – wie soll ich diesen meinen Betriebs-ausflug benennen? „Schwein gehabt!“ vielleicht? Ist eine Autobahnfahrt inzwischen der Fingerzeig dafür, wie kurz das Leben doch ist und wie schnell es vorbei sein kann?
Tatsächlich – ich kann es nicht leugnen: Als ich nun für diesen Blog recherchierte, lief es mir eiskalt den Rücken runter! Vor Jahren kam ich selbst auf der Brenner-Autobahn/Tirol in einen Unfall. Es handelte sich allerdings nicht um einen Geisterfahrer-Crash. Ein PKW-Lenker wollte die Spur wechseln, übersah jedoch dabei ein überholendes Fahrzeug. Der Lenker dessen krachte gegen die Leitschiene. Während er und die beiden Kinder zwar verletzt aber vergleichbar glimpflich davon kamen, durch-bohrte die Mittelleitschiene ein Bein der Mutter am Beifahrersitz – es musste amputiert werden. Ausserdem verlor sie ihr ungeborenes Kind. Ein solches Bild vergisst man nicht so schnell. Zudem war ich damals an drei Tagen der Woche auf der Autobahn unterwegs. Beim Anschauen der Videos kamen all die Erinnerungen wieder hoch.
Neben dem in grossen Teilen Deutschlands durchgeschaltetem Radio-programm der ARD (gut als Hintergrundbeschallung bei der Arbeit) wechsle ich des nächtens auch gerne mal auf SWR 1 (Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Bremen, Hessen und Teile Nordrhein-Westfalens). In beiden Programmen ist mir die dramatische Zunahme solcher Falsch- oder Geisterfahrermeldungen aufgefallen. Nicht nur während der Nachtstunden, sondern vor allem tagsüber! Inzwischen muss wohl jederzeit mit einem solchen entgegenkommenden „lebensgefähr-lichen Vollpfosten“ (verzeihen Sie mir bitte diesen Ausdruck – er kommt allerdings von Herzen!) gerechnet werden. Obgleich derartige Meldungen oberste und rascheste Priorität bei den Radiostationen haben, können sie nicht immer frühzeitig warnen. Zudem gibt es auch Autofahrer, die die ARI-Kennung ausgeschaltet und bei Wagners „Ring der Niebelungen“ oder Strauss’ „Also sprach Zarathustra“ mit 200 Sachen ihrem Ziel entgegenrasen! Für alle, die es nicht kennen sollten: Durch dieses ARI mit dem sog. „Hinz-Triller“ wird das laufende Programm (egal ob Stream, MP3, CD oder auch ein anderes Radioprogramm) durch eine möglicher-weise lebensrettenden Verkehrsmeldung unterbrochen. Eine mehr als wichtige technische Einrichtung, die stets eingeschaltet sein sollte!!!
Die Unfallbilanz mit Geisterfahrern ist nämlich sehr blutig!!!
Am 23. März dieses Jahres gerät ein vollbesetzter PKW bei Emstek/Niedersachsen auf der B72 auf die andere Fahrspur und prallt gegen ein entgegenkommendes Fahrzeug aus den Niederlanden. Neben dem Geisterfahrer selbst sterben auch dessen Beifahrer und der Lenker des entgegenkommenden Fahrzeuges. Acht weitere Personen werden teils lebensgefährlich verletzt. Unfallzeit: 18:30 Uhr!
Am 29. Oktober 2023 kollidierte ein 77-jähriger Mann aus dem Raum Deggendorf auf der A92 auf Höhe von Dingolfing mit einem richtig fahrenden Auto. Der Senior hatte sich nicht angeschnallt – er verstarb noch an der Unfallstelle. Die beiden Insassen des anderen Fahrzeuges wurden nur leicht verletzt.
In Deutschland kommt es nach einer Studie des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV – veröffentlicht im August 2023) zu durchschnittlich 2.000 Geisterfahrermeldungen pro Jahr – rund sechs pro Tag. Etwa 80 Unfälle mit Geisterfahrerbeteiligung gibt es per anno. Knapp die Hälfte der Falschfahrer waren 60+, 41 % 75+ Jahre alt. Erschreckende 45,9 % der Falschfahrten erfolgten bewusst. Die Studie untersuchte 288 Unfälle aus dem Jahr 2015! Leider konnte ich trotz intensiver Suche keine exakten bundesweiten Zahlen für das Jahr 2023 finden. Deshalb konzentriere ich mich auf das Datenmaterial des Bayerischen Landesamtes für Statistik – 2023 kam es in Bayern zu 45 Geisterfahrerunfällen mit vier Todesopfern – und auf das Datenmaterial, welches das Bayerische Innenministerium auf Anfrage des Bayerischen Rundfunks 2020 für den Freistaat veröffentlichte. Insgesamt kam es im Jahr 2019 im Freistaat zu 335 Falschfahrermeldungen (2018 waren es noch 285). Die meisten davon entfallen mit jeweils 44 Meldungen auf die A3 und die A73. Knapp 20 % der Geisterfahrer konnten gestellt werden. Dabei stellte sich heraus, dass der überwiegende Teil davon männlich war und die Senioren ab 70 Jahren eine erhöhte Risikogruppe darstellen. Bei 14 Unfällen mit Falschfahrern gab es 19 Verletzte und 4 Todesopfer. Soweit zum Jahr 2019!
In der Nacht auf den 07. September 2024 knallt ein 47-jähriger kurz vor der Ausfahrt Vorchdorf auf der Westautobahn auf das Fahrzeug eines 19-jährigen, der in richtiger Fahrtrichtung unterwegs war. Dabei wurde das Auto des jungen Oberösterreichers auf die Fahrerseite geworfen und komplett demoliert. Der Mann erlag etwas später im Krankenhaus seinen Verletzungen.
Am 19.10.2023 fährt ein Lenker in Niederösterreich in verkehrter Richtung zwischen Stockerau und Krems auf die S5 auf. Bald wird bekannt, dass es sich bei dem Falschfahrer um den betrunkenen früheren Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek gehandelt haben soll, dessen späterer Tod nach wie vor noch nicht aufgeklärt ist.
Am 13. Februar 2023 gibt es zwei Schwerverletzte bei einem Geister-fahrerunfall auf der A9 bei Rottenmann/Stmk. Ein 81-jähriger war zuvor bei der Mautstelle Ardning falsch aufgefahren und krachte nach acht Kilometern gegen einen anderen PKW. Die Pyhrnautobahn musste für zwei Stunden gesperrt werden.
Besonders spektakulär verlief die Geisterfahrt eines 19-jährigen Kroaten mit Begleiterin am 04. Februar 2023 auf der Welser Westspange der A8. Der Mann kehrte bei einer Vignettenkontrolle um und flüchtete gegen die Fahrtrichtung. Bei Sattledt verunfallte der Wagen. Die beiden Insassen flüchteten zu Fuss, wurden durch einen Hubschrauber entdeckt und später festgenommen. Das Auto war bei der slowenischen Polizei als gestohlen gemeldet. Personen kamen gottlob keine zu Schaden.
Insgesamt 444 Geisterfahrermeldungen wurden im Jahr 2023 auf dem österreichweiten Radiosender Ö3 durchgesagt. Die höchste Zahl seit Jahren – 54 Meldungen mehr als noch im Jahr zuvor. Bei vierzehn Unfällen mit Geisterfahrerbeteiligung gab es acht Schwer-, fünfzehn Leicht-verletzte und zwei Todesopfer. Auf der A2 bei Krumpendorf in Kärnten kracht am 26. Januar eine 48-jährige, alkoholisierte Lenkerin frontal gegen einen LKW. Am 04. November prallen auf der Westautobahn auf Höhe Pucking/OÖ zwei PKW aufeinander – der 26-jährige Geisterfahrer aus Ungarn erliegt noch an Ort und Stelle seinen Verletzungen.
Im Bundesländer-Ranking führt Niederösterreich (93 Meldungen), bei den Strecken die Südautobahn A2 mit 73. Übrigens ist die A22 Donauufer-autobahn mit einer Geisterfahrerdichte (Falschfahrer im Verhältnis zum Jahr und Kilometer) von 0,37 die gefährlichste Strecke. Der geisterfahrer-trächtigste Tag ist der Samstag (86 Meldungen an diesem Wochentag), die meisten Meldungen an einem Tag gab es am 23. Dezember mit nicht weniger als acht!
In den frühen Morgenstunden des 17. März 2024 fuhr ein 25-jähriger aus dem Bezirk Jura-Nord auf der A1 zwischen Estavayer-le-Lac und Yverdon mit seinem Fiesta in falscher Richtung. Im Tunnel des Bruyères krachte er auf den PKW eines 24-jährigen. Der Geisterfahrer erlag noch an der Unfallstelle seiner Verletzungen, der andere Mann wurde mit Ver-letzungen unbestimmten Grades ins Krankenhaus geflogen.
Kurz nach 17.30 Uhr kollidierten am 25. Juli 2023 zwei Fahrzeuge auf der A2 beim Plattitunnel auf Höhe Silenen/UR seitlich miteinander. In Folge verwickelten sich weitere zwei PKW in den Unfall. Dabei wurde ein Lenker schwer, ein weiterer leicht verletzt. Der Geisterfahrer flüchtete zu Fuss, wurde jedoch kurz danach durch die Kantonspolizei Uri dingfest gemacht. Es stellte sich heraus, dass das Fahrzeug mit Luzerner Kontroll-schildern zuvor entwendet worden ist.
In vielen Fällen kommen der Polizei beim Stoppen von Falschfahrern Trucker zur Hilfe. Sie fahren mit ihren LKW entweder nebeneinander oder stellen den Sattelzug zur Gänze quer.
Untersuchungen haben ergeben, dass rund 50 % der Falschfahrer unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen. Danach folgen mit Fahranfängern, älteren Menschen oder auch Ortsunkundigen die überforderten Lenker. Dies geschieht vor allem in den Nachtstunden, wenn andere Orientierungshilfen aufgrund der Dunkelheit nicht oder zu spät wahr-genommen werden. Schliesslich folgen jene Fahrzeughalter, die das Risiko bewusst in Kauf nehmen und wenden, weil sie etwas vergessen haben oder sie sich mit einem grossen Crash aus dem Leben verabschieden wollen.
Eine Wahnsinnstat, die mir partout nicht in den Kopf will: Weshalb soll ich bei meinem Selbstmord unschuldige Menschen mit in den Tod reissen?! Diese können ja schliesslich am wenigsten dafür, dass ich mein Leben nicht in den Griff bekommen habe und deshalb feige aus diesem scheide (schwere, unheilbare Krankheiten ausgeschlossen – jedoch nicht auf diese Art!). Psychiater, die sich mit dem Thema intensiver befassen, nennen vornehmlich zwei Gründe: Verschleierung der wahren Suizid-Hinter-gründe oder Inszenierung des eigenen Abganges. Zweiteres ist immer wieder auch bei Amokläufern zu erkennen. Dadurch soll darauf hingewiesen werden, dass das Umfeld dem Betroffenen ein grosses Unrecht zugefügt hat. Experten sprechen vom F60.8 im ICD 10 oder einer Cluster-B-Störung nach DSM-IV – einer narzißtischen Persönlichkeits-störung. Perfekt übrigens durch Michael Douglas auf die Leinwand gebracht („Falling down“). Auslösender Reiz in diesem Fall war dessen Kündigung. Durch einen aufwendigen oder aussergewöhnlichen Selbst-mord versucht der Betroffene ein letztes Mal Aufmerksamkeit zu erhaschen. Das gekränkte Ego soll mit einem lauten Knall besänftigt werden. Die Anderen – Pech: Zur falschen Zeit am falschen Ort! Eine Studie der Universität Würzburg zeigt beispielsweise auf, dass sehr viele, die schon einen Suizid-Versuch unternommen, diesen jedoch überlebt haben, tatsächlich bei Verkehrsunfällen um’s Leben kommen. Gibt es etwa einen kausalen Zusammenhang? Verkehrsexperten sind sich einig: Gegen Amokfahrer helfen keine Hinweisschilder, keine Fangnetze und keine hochfahrende Barrieren. Sie finden immer eine Möglichkeit.
Falschfahrer durchbrechen den Vertrauensgrundsatz. Deshalb sind solche Unfälle zumeist die schlimmsten. Doch nicht immer steckt ein Selbst-mordversuch dahinter. Im Folgenden wollen wir dies etwas genauer beleuchten.
Bei einem Unfall auf der A 1 in Rheinland-Pfalz (ein Vater und zwei Kinder starben), behauptet die Unfalllenkerin, eine damals 60-jährige Frau, felsenfest, dass ein Monster sie verfolgte. Unfassbar ist auch der Anruf einer Lenkerin von der A8 (Salzburg-München). Sie meldet am 17. März 2006, dass ihr „jede Menge Geisterfahrer“ entgegen kämen. Die Polizei konnte die Frau stoppen – offenbar hatte die psychisch Verwirrte ihre Medikamente nicht genommen.
Riesige Autobahnkreuze machen es so manchem Autofahrer nicht unbedingt einfach. Einmal falsch abgebogen befindet sich die nächste Abfahrt mit viel Glück schon nach nur 10 Kilometern, sehr häufig jedoch sind es mehr. Panik greift um sich. Dabei geht es weniger um die verlorene Zeit und das Mehr auf dem Kilometerstand. Vielfach setzt das logische Denken des Einzelnen aus – es wird schlicht und einfach auf offener Strecke gewendet.
Auch Baustellen können dies verursachen. Als auf der A3 bei Würzburg gebaut wurde, bog ich falsch ab und befand mich plötzlich auf der Route Nürnberg-München (A 9), obwohl ich in Richtung Ulm-Lindau (A 7) musste. Sh… happens!, dachte ich mir und wartete auf die nächste Abfahrt. Fazit: 25 km mehr! Doch wäre mir niemals ein Umkehren oder Rückwärtsfahren auf dem Pannenstreifen in den Sinn gekommen.
Für solche orientierungslose Autofahrer haben die Verkehrsplaner eigens grosse Hinweisschilder an besonders schwierigen Stellen angebracht. Doch helfen diese bei Nebel oder schlechter Sicht durch starken Regen bzw. in der Nacht vergleichbar wenig. Hier können Navigationsgeräte recht sinnvoll sein. Allerdings sollte man auch diesen nicht unbedingt blind vertrauen: so wurde beispielsweise eine Lenkerin zum Umdrehen aufgefordert – mitten im Tunnel (und sie tat es auch noch!!!).
Ein weiterer Grund ist Alkoholeinfluss bzw. Drogenkonsum. Oder auch eine Mutprobe/Stammtischwette. Hintergründe, die an einer grundsätz-lichen Fahrtauglichkeit eines Autofahrers zweifeln lassen. Denn: Gemäss § 315 c StGB ist das Falschfahren in Deutschland eine Gefährdung im Strassenverkehr und stellt einen Angriff auf das Leben anderer dar. Das Urteil lautet auf Freiheitsentzug bis zu fünf Jahre bzw. eine Geldstrafe und der Entzug der Fahrerlaubnis (Führerschein). In Österreich ist dies nach § 177 StGB fahrlässige Gemeingefährdung (1 Jahr Freiheitsentzug, hohe Verwaltungsstrafen und Entzug der Lenkerberechtigung), in der Schweiz nach Art. 90 Satz 2 Strassenverkehrsgesetz ein abstraktes Gefährdungsdelikt und bringt bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe. Kommt es zu einem Unfall, so greift noch jeweils eine Vielzahl an anderen Gesetzen.
Wie aber kann nun der Strassenerhalter bei solchen Lenkern reagieren, die nicht nur schwerwiegend gegen geltende Gesetze verstossen, sondern auch die Hoffnung auf einen gesunden Menschenverstand verpuffen lassen. 2009 und 2010 wurden Versuche mit Fangnetzen absolviert. Hier dachten zunächst die Verantwortlichen, auf das Ei des Columbus gestossen zu sein. Stellte sich dann doch nicht als die Lösung par excellance dar. In Österreich wurden sog. „Krallen“ an exponierten Stellen angebracht. Diese werden bei Druckkontakt durch falsches Auffahren ausgefahren und zerstörten die Reifen. Solche Metallzacken kommen auch in den USA und der Türkei zum Einsatz. In dieser Hinsicht sehr effektiv. Was jedoch, wenn Feuerwehr- oder Rettungsdienste auf einem gesperrten Teilstück entgegengesetzt auffahren müssen? Daneben kam es durch Eis oder Schnee zu Funktionsausfällen. Und schliesslich ist diese Massnahme aus Kostengründen nicht realisierbar: Rund 2.000 Auffahrten gibt es in Deutschland, hinzu kommen Parkplätze und Raststationen – ein unmögliches Unterfangen! Im Alpenstaat sowie auch in Bayern setzt man deshalb seit 1997 auf übergrosse Warntafeln. Sie sollen zumindest die unachtsamen oder orientierungslosen Kraftfahrer am Weiterfahren hindern. Auf der Rückseite ist Werbung angebracht, die normalerweise im Autobahn-Bereich verboten ist, jedoch die Hinweis-tafeln finanziert. Der normale Autolenker sieht also die Werbung, der Falschfahrer hingegen die grosse Hand mit dem Fahrverbotsschild. Immer mehr gelangt auch das „Ghost Rider Information System“ (GRIS) zur Diskussion. Durch elektronische Sensoren sollen Geisterfahrer bereits an den Auffahrten ertappt und direkt an die Exekutive bzw. den Verkehrs-funk gemeldet werden.
Wie reagiere ich – als normaler Autobahn-Benutzer?! Wichtig ist zu allererst, dass der Verkehrsfunk aktiviert ist. Wird nun tatsächlich eine Geisterfahrermeldung durchgegeben, sollte so rasch als möglich die äusserst rechte Fahrspur aufgesucht und das Tempo gedrosselt werden. Der Abstand zum Vordermann sollte erhöht und im besten Falle ein Parkplatz bis zur Entwarnung angefahren werden.
Passiert dann tatsächlich ein Fahrzeug in verkehrter Richtung, bleibt das Herz des Fahrers erstmal kurz stehen: „Was wäre geschehen, wenn ich nun überholt hätte?!“ Sehen Sie zwei Lichter auf sich zukommen, so können Sie die Lichthupe betätigen – doch auf gar keinen Fall aufblenden. Dadurch könnte der Falschfahrer die Sicht verlieren. Sollte es ihnen selbst nun geschehen sein (durch einen Verkehrsunfall etwa), dass sich das Auto gedreht hat, muss die Warnblinkanlage eingeschaltet und der nächste Fahrbahnrand aufgesucht werden. Niemals die Fahrbahn kreuzen oder rückwärts fahren bzw. wenden. Ansonsten empfiehlt die Polizei, das Fahrzeug an der Mittelleitplanke stehen zu lassen. Die Insassen sollten sich auf den Grünstreifen retten und sofort die Polizei alarmieren.
In Österreich wurde mit dem Gefahrenzeichen „Achtung Falschfahrer!“ (StVO § 50 Abs. 14a) unter dem damaligen Infrastrukturminister Hubert Gorbach (FPÖ) auch eine Hinweistafel aufgenommen, die etwa durch das Overhead-Autobahn-Informationssystem oder Wechselverkehrszeichen-anlagen direkt an den Lenker weitergegeben werden kann.
Weniger Probleme mit Falschfahrern haben mautpflichtige Autobahnen wie jene in der Schweiz, Italien oder auch Frankreich. Und übrigens: Die meisten der Geisterfahrermeldungen sind Scherze. Die Polizei in Deutschland geht davon aus, dass nur rund 300 pro Jahr ernstzu-nehmende Meldungen sind. Herzlichen Dank an all die Scherzbolde, die eine Notfall-Einrichtung, die Leben retten kann, derart missbrauchen.
Links:
– www.stmi.bayern.de
– oe3.orf.at/verkehr/
– www.adac.de
– www.oeamtc.at
– www.tcs.ch
– www.asfinag.at
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Posted on 11/09/24 by UlstoSehr geehrte Leser und Leserinnen,
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Ulrich Stock
Sport steigert die Hirnleistung
Posted on 11/09/24 by UlstoAls ich noch jeden Tag meine 12 Kilometer runterspulte, dachte ich während des Laufens zumeist an gar nichts, fühlte mich jedoch danach auch geistig fit wie ein Turnschuh. Zurecht, gilt es inzwischen als erwiesen, daß sich Sport sehr positiv auf die Leistungen unseres Gehirns auswirkt. Vielleicht mit Ausnahme des Boxens oder zu vieler Kopfbällen! Neueste Studien haben gar ergeben, daß die körperliche Betätigung (insbesondere das Ausdauer- oder Cardiotraining) gegen Demenz schützen kann indem das sehr komplexe Zusammenspiel hämodyna-mischer, neurohumoraler und neurometabolischer Veränderungen positiv beeinflusst wird, wodurch das Gehirn plastischer, adaptiver und effi-zienter wird (siehe hierzu die SMART-Studie der Goethe- Universität Frankfurt zur Cholinkonzentration im Gehirn). Sehr schlechte Nachrichten also für Couch-Potatoes – doch die haben das soeben gelesene ohnedies bereits schon wieder vergessen.
Die beiden Mediziner Hans-Jürgen Grabe und Katharina Mittfeld von der Universität Greifswald entdeckten bei Ihren Versuchen, je besser die körperliche Fitness ist, desto grösser war das Hirnvolumen der von Ihnen untersuchten Studienteilnehmer. Alsdann kann daraus geschlossen werden, daß in einem sportlich durchtrainierten Körper der altersbedingte Abbau der Hirnmasse verlangsamt wird. Das Gehirn ist also gesünder! Insgesamt untersuchten sie nicht weniger als 2.103 Personen zwischen 21 und 84 Jahren. Bei diesen wurde zuerst die maximale Sauerstoff-aufnahme pro Minute unter Höchstbelastung gemessen (Fahrradergo-meter). Dies gab Auskunft über die Fitness der Probanden. Daneben wurde mit Hilfe der Magnetresonanztomographie die Grösse des Gehirns sowie der grauen und weißen Hirnsubstanz im Speziellen gemessen. Die graue Substanz enthält die Axone der Nervenzellen, also ihre Zellkörper, während die Neuriten und Dendriten, also die Zellfortsätze, in der weißen Substanz zu finden sind. Experten nun schließen daraus, daß in einem sportlichen Körper mit häufiger körperlicher Höchstbelastung nicht nur der Körper von der vermehrten Sauerstoffaufnahme profitiert, sondern auch das Gehirn. Zudem erhält es bei besserer Durchblutung mehr Energiestoffe mitgeliefert. Allerdings ist diese These noch nicht wissen-schaftlich untermauert. Interessant jedoch scheint in diesem Zusammen-hang das Wandeln der Philosophen im Altertum. Egal ob Sokrates oder Aristoteles bei den Griechen, Seneca bzw. Cicero bei den Römern: Sie philosophierten zumeist im Gehen, da sie der Überzeugung waren, die Bewegung halte die Gedanken im Fluss! Diese Meinung vertritt alsdann Jennifer Raymond von der kalifornischen Stanford University: Menschen, die ein Problem zu lösen haben oder angestrengt nachdenken müssen, erledigen dies zumeist im Gehen.
Etwas genauer wird der Zusammenhang an der Sporthochschule in Köln erforscht. Stefan Schneider vom Institut für Bewegungs- und Neuro-wissenschaft erklärt dieses Phänomen wie folgt: Bei körperlicher Bewegung wird im Gehirn der motorische Kortex aktiviert, während gleichzeitig der präfrontale Kortex (ein Teil des Frontallappens der Grosshirnrinde) heruntergefahren wird. Ersterer steuert und koordiniert die Bewegungsabläufe im Körper, während zweiterer für das logische Denken und Planen zuständig ist.
„Man kann sich das wie bei einem Reset eines Computers vorstellen, dessen Arbeitsspeicher überlastet ist!“
(Apl-Prof. Dr. Dr. Stefan Schneider , DSHS Köln)
Danach läuft nicht nur der PC wieder besser, sondern auch das menschliche Gehirn. Für seine Untersuchungen verwendete Schneider EEG-Messgeräte und Infrarot-Sensoren, um durch diese Gehirnströme und die Durchblutung des Gehirns festzustellen. Diese These wird alsdann von Arne Dietrich von der American University of Beirut bestätigt.
Depressionsforscher (etwa der Jacobs University Bremen) gehen gar noch einen Schritt weiter, indem sie dem Sport eine ähnliche Wirkung zuschreiben wie den Antidepressiva. Sie entdeckten bei Patienten mit einer rezidivierenden Depression (F33), also wiederholten depressiven Schüben, einen starken Gewebeschwund (Atrophie) spezieller Hirn-strukturen im Hippocampus und dem präfrontalen dorsolateralen Kortex. Zurückgeführt wird dies auf die Abnahme von Nervenwachstumsfaktoren (Neurotrophine wie das Eiweiß BDNF) und damit auch der neuronalen Konnektivität („Neurotrophin-Hypothese“). Derartige Neurotrophine sorgen für neue Verbindungen zwischen bestehenden Nervenzellen. Auslöser für einen Rückgang ist zumeist negativer Stress. Sport bzw. Bewegung ganz allgemein bauen ein erhöhtes Stressniveau ab und führen zu einer Zunahme von Neurotrophinen. Bei Probanden mit einem hohen BDNF-Gehalt im Blut ist der Hippocampus wesentlich grösser. Diese Neurotrophin-Hypothese bestätigte etwa der Psychologe Kirk Erickson von der University of Pittsburgh im Jahre 2010, der ebenfalls die Grösse des Hippocampus mit Hilfe eines Kernspintomographen gemessen hatte. Aus diesem Grunde wird immer mehr die Bewegung in die Depressions-therapie eingebaut.
Allerdings – und damit wieder zurück zum Sport-Neurologen Schneider aus Köln – muss die Sportart Spass machen und die Belastungsintensität direkt auf die jeweilige Person abgestimmt sein. Dauert beispielsweise eine starke Ausdauerbelastung über mehr als ein bis zwei Stunden an, können sich durch das Anschwellen der Vorhöfe und der rechten Herz-kammer im Herzmuskel feine Risse bilden. Schliesslich pumpt das Herz bei starker Belastung bis zu siebenmal mehr Blut durch den Körper als im Ruhezustand. Wird dem Körper nun keine Ruhephase gegönnt, damit diese Risse selbst ausheilen können, so kommt es durch Gewebeschäden und Verhärtungen zu einem chronischen Herzleiden, das mit Herz-rhythmusstörungen bzw. dem plötzlichen Herztod enden kann. Deshalb sind zumeist 30-40 Minuten Ausdauersport vollends ausreichend. Die Studienteilnehmer Schneiders konnten sich bis zu 30 Minuten nach dem Sport wesentlich besser konzentrieren. Schneider selbst meint gar, bei ihm wirke dies noch mehrere Stunden nach.
Zu ähnlichen Ergebnissen gelangten die Experten der Universität Ulm rund um die Neurowissenschaftlerin Sanna Stroth. Sie testeten 80 Personen im Alter von 17 bis 47 auf deren Konzentrationsfähigkeit, das Gedächtnis sowie das räumliche Vorstellungsvermögen. Die Test-Gruppe musste über vier Monate hinweg jeweils dreimal die Woche Ausdauersport, die Kontroll-Gruppe keinen Sport betreiben. Während sich der Sport nicht auf das Gedächtnis auswirkte, zeigte die Sportgruppe jedoch deutliche Verbesserungen in den beiden anderen Untersuchungs-bereichen. Die Studienleiter erklären sich dies einerseits mit der Reset-Theorie Schneiders, andererseits jedoch mit dem menschlichen Hormon-haushalt. Ständige Bewegung verlangsame den Abbau des Botenstoffes Dopamin, der für entscheidende Prozesse im präfrontalen Kortex benötigt wird. Zudem gilt Dopamin als Stimmungsaufheller („Glücks-hormon“). Sinkt der Dopamin-Spiegel, so lassen viele geistige Fähigkeiten nach – etwa die Konzentration oder die Aufmerksamkeit. Allerdings ist diese Dopamin-These ebenso noch nicht wissenschaftlich bestätigt worden. Eine Studie der Colombia University New York gelangte hingegen zum selben Ergebnis.
Sport ist somit nicht nur für den Körper, sondern auch für den Geist durchaus gesund. Allerdings neigt der Mensch zum „Delay discounting“, also dem Abwerten zeitlich verzögerter Belohnungen. Soll heissen, wir ziehen kurzzeitige Genüsse den längerfristigen vor – der innere Schweinehund gehört dazu! Für das Planen und abstrakte Denken ist der präfrontale Kortex zuständig, für die kurzzeitigen Genüsse hingegen das limbische System. Gewinnt stets das limbische System, so werden diese Denkmuster zur Gewohnheit. Hier herauszukommen kostet weitaus mehr Energie und Überwindung. Wer also regelmässig Sport betreibt, wird nicht nach den unterschiedlichsten Ausreden suchen, die nächste Laufrunde auszulassen. Deshalb ist es auch dermaßen wichtig, dass die gewählte Sportart Freude bereitet. Denn: Spass macht, was unsere Bedürfnisse befriedigt! Ein immens wichtiger Teil der Sportpsychologie – das erspart Ihnen den Kauf vieler teurer Ratgeber!
„Oft reicht es schon, sich selbst eine Backpfeife zu verpassen oder ‚Los jetzt!‘ zu rufen, um sich zu aktivieren.“
(Jens Kleinert, Sportpsychologe an der DSHS)
Lesetipps:
.) Die Veränderung psychischer Zustände, Stimmungen und Dispositionen durch sportliche Aktivität; M. Gomer; Verlag Harri Deutsch 1995
.) Effects of aerobic exercise on brain metabolism and grey matter volume in older adults: results of the randomised controlled SMART trial; Matura S/ Fleckenstein J/Deichmann R/Engeroff T/Fuzeki E/Hattingen E et al; Transl Psychiatry 2017
.) Cardiovascular fitness, cortical-plasticity, and aging; Colcombe SJ/Kramer AF/Erickson KI/Scalf P/McAuley E/Cohen NJ et al; Proc Natl Acad Sci USA 2004
.) Exercise training increases size of hippocampus and improves memory; Erickson KI/Voss MW/Prakash RS/Basak C/Szabo A/Chaddock L et al; Proc Natl Acad Sci USA 2011
.) SMART: physical activity and cerebral metabolism in older people: study protocol for a randomised controlled trial; Fleckenstein J/Matura S/Engeroff T/Fuzeki E/Tesky VA/Pilatus U et al; Trials 2015
.) Comparison of the peak exercise response measured by the ramp and 1-min step cycle exercise protocols in patients with exertional dyspnea; Revill SM/Beck KE/Morgan MD; Chest 2002
.) Auswirkungen des Sporttreibens auf Selbstkonzept und psychisches Wohlbefinden; Metzenthin, S./Tischhauser, K.; Gesellschaft zur Förderung der Sportwissenschaften an der ETH Zürich 1996
.) Einführung in die Sportpsychologie; Hrsg.: H. Gabler/J.R. Nitsch/R. Singer; Hofmann 2004
.) Handbuch Gesundheitssport (2. vollst. neu bearb. Aufl.); Jtsg.: K. Bös & W. Brehm; Hof mann 2007
.) Physical activity and psychological well-being; Hrsg.: Boutcher; Routledge. Thelwell, R.C., Lane, A.M., & Weston 2007
.) Training in der Therapie. Grundlagen und Praxis (3. Aufl.); I. Froböse/G. Nellessen-Martens/C. Wilke; Urban & Fischer 2005
.) Zum Stellenwert von Sport in der Behandlung psychischer Erkrankungen; Broocks, A./Meyer, T./George, A./Pekrun, G./Hillmer-Vogel, U./Hajak, G./Bandelow, B./Rüther, E.; Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie 1997
Links:
– www.uni-frankfurt.de
– www.uni-greifswald.de
– www.stanford.edu
– www.dshs-koeln.de
– www.aub.edu.lb
– www.uni-ulm.de
– www.columbia.edu
Mauerfall – gut oder schlecht?
Posted on 11/02/24 by UlstoAls in den frühen Morgenstunden des 13. August 1961 die Baumaschinen auffuhren und hunderte Menschen mit dem Bau einer Mauer rund um die drei Westsektoren Berlins begannen, konnte wohl noch niemand die weitreichenden Folgen des Ganzen absehen. Die Berliner Mauer wurde zum Symbol für die Abgrenzung des Ostens zum Westen!
Der Bau des „Faschistischen Schutzwalls“ wurde nur wenige Tage zuvor zwischen dem Generalsekretär der KPdSU, Nikita Chrustschow und dem Vorsitzenden des Staatsrats der DDR, Walter Ulbricht, bei einem Treffen der Staaten des Warschauer Paktes in Moskau beschlossen. Sie war der Abschluss der Teilung Deutschlands, da in den Jahren zuvor bereits die 1.378 Kilometer lange Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland regel-recht „befestigt“ wurde. Offiziell sollte dieses nahezu unüberwindbare 3,60 Meter hohe und 400 Millionen Ostmark teure Bauwerk die Einwohner der DDR vor dem Kapitalismus des Westens schützen. Inoffiziell jedoch mussten dadurch jene DDR-Bürger zurückgehalten werden, die ihre Zukunft lieber im Westen als im Osten sahen. Alleine im Juni 1961 sind über 30.000 Menschen in den Westteil der Stadt geflüchtet, danach über 3.000 – täglich! Der neugegründete Staat drohte auszudünnen. An der restlichen Grenze galt schon seit 1960 der Schiessbefehl für die Grenz-soldaten, er sollte schliesslich auch auf Berlin ausgedehnt werden. Bis zu 245 Menschen wurden beim Versuch, die Berliner Mauer zu überwinden, getötet – offizielle Zahlen gibt es allerdings nicht.
Als Michail Gorbatschow Staats- und Parteichef in der Sowjetunion wurde, musste er grossflächig reformieren, da die UdSSR wirtschaftlich am Boden lag. Dies aber konnte er nur mit der Bevölkerung, nicht gegen sie umsetzen. Also gewährte er Meinungs- und Pressefreiheit, öffnete das Land für Investoren und versprach Reisefreiheit. Es begann eine Zeit der Entspannung zwischen den Blocks aus West und Ost. Im August 1989 nutzten tausende DDR-Bürger ihren Urlaub in der Tschechoslowakei für eine Flucht in die bundesdeutsche Botschaft in Prag. Auch über die ungarisch-österreichische Grenze flüchteten tausende Menschen. Das Regime in Ost-Berlin musste reagieren, da diese Menschen dem sozia-listischen Arbeitsmarkt und seinem Fünf-Jahres-Plan fehlten – betroffen davon waren alle Schichten: Vom Kraftfahrer, über die Krankenschwester bis hin zum Hochschulprofessor. Nach dem offiziellen Teil einer Presse-konferenz meinte Günter Schabowski vor 35 Jahren am 09. November 1989, dass für alle Bürger der DDR künftig die Reisefreiheit gelte. Damit wollte die SED die Massenflucht in der Annahme verhindern, dass zwar viele in den Westen rüber wollen, danach aber wieder zurückkommen würden. Als ein Reporter den treuen Kader-Soldaten Schabowski fragte, ab wann diese Reisefreiheit gelte, kramte dieser in seinen Unterlagen, da er bei der Abstimmung des Zentralkomitees nicht selbst dabei war und den Entwurf dieses Gesetzes erst kurz vor der Pressekonferenz durch Egon Krenz in die Hand gedrückt bekam, und meinte:
„Das tritt nach meiner Kenntnis… Ist das sofort, unverzüglich.“
So hatten sich dies die Genossen im ZK jedoch nicht vorgestellt!!! Der Satz wurde um 19.04 Uhr durch die DDR-Nachrichtenagentur ADN verbreitet und um 19.30 Uhr in der Sendung „Aktuelle Kamera“ verlesen – eine halbe Stunde später titelte damit auch die Tagesschau in der ARD. Danach machten sich zigtausende Menschen auf den Weg um sich das direkt an der Grenze anzuschauen. Um 21.30 Uhr erhielt der Chef der Passkontrolleure an der Bornholmer Strasse, Oberstleutnant Harald Jäger, den Befehl, den Schlagbaum „ein bisschen zu öffnen“, da sich dort bereits 20.000 Menschen angesammelt hatten, die die Öffnung der Grenze forderten. Den lautesten unter ihnen sollte die Ausreise ermöglicht werden, um sodurch die Lage zu entspannen. Sie erhielten einen Stempel in den Pass, damit sie nicht mehr einreisen konnten. Doch kamen immer mehr Menschen an den Grenzposten. Um 23.29 Uhr schließlich gab Jäger den Befehl, den Schlagbaum zu öffnen. Der Fall der Mauer hat begonnen!
Der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl weilte an diesem Tag in Warschau. Um 19.30 Uhr wurde die deutsch-polnische Sitzung unter-brochen, da sich offenbar etwas in Berlin ereignete. Auch der regierende Oberbürgermeister von Berlin, Walter Momper, durch die Meldung überrascht, eilte sofort zur Grenze und wurde dort förmlich überrannt. Ein Museum fragte bei ihm an, ob er seinen roten Schal, den er in dieser Nacht trug, als ein Zeichen für den Mauerfall abgebe, was Momper jedoch bisher standhaft verweigerte. In den Regierungsgebäuden der DDR herrschte Panik. Es war also ein Versprecher, der den Mauerfall einleitete!
Doch was hat sich „drüben“ seither getan? Ehrlich? Nicht wirklich viel! Ein Aufbauprogramm nach dem anderen verpuffte – die Wirtschaft in den „neuen“ Bundesländern kam nicht in’s Laufen! Ausgerechnet der US-Konzern Tesla und dessen Chef Elon Musk ging schliesslich fahnen-schwingend voraus und zeigte den deutschen Wirtschaftsbossen, wie es wirklich geht! In Grünheide südöstlich von Berlin (Bundesland Branden-burg) entstand die neue Giga-Factory – Nobel-E-Cars und Batterien! Milliarden wurden investiert – tausende neue Arbeitsplätze im struktur-schwachen Ostdeutschland dadurch geschaffen. Bei der Eröffnung 2022 meinte Bundeskanzler Olaf Scholz: „Der Osten ist industriell vorne mit dabei!“
Tatsächlich haben sich seit dem Mauerfall nur wenige in Richtung Osten erweitert. 1990 belief sich die Wirtschaftskraft in den ostdeutschen Bundesländern nur auf etwa 43 % der westdeutschen. Erst 2018 konnte sie auf 75 % gesteigert werden, die Löhne erreichten im selben Jahr rund 85 % des Westniveaus – 29 Jahre nach dem Mauerfall! Handelsriesen wie Amazon sind nicht dafür verantwortlich, da sie ihren Mitarbeitern tariffremde Gehälter anbieten und somit nur das niedrige Lohnniveau nutzen. Das Bruttoinlandsprodukt Ostdeutschlands lag 2023 bei 467, in Westdeutschland (mit Berlin) bei ca. 3.654 Milliarden Euro. Das sind 11,3 Prozent! Sachsen findet sich als bestes Ost-Bundesland auf Platz 8 im Vergleich.
1990 – kurz nach dem Mauerfall wanderten rund 400.000 Ostdeutsche in Richtung Westen ab. Verantwortlich zeichneten damals oft die Schliessungen jener Betriebe bzw. Staatsbetriebe, die vom Mauerfall überrascht wurden. Die Arbeitslosigkeit stieg in besorgniserregende Höhen – die Angst vor der Zukunft zog ihre Kreise. Rund um den Jahr-tausendwechsel anno 2000 wanderten weitere nahezu 200.000 Menschen ab – junge, Frauen und gut ausgebildete Bürger, die sich in den west-lichen Bundesländern ein wesentlich besseres Leben erwarteten – vornehmliches Ziel: Baden Württemberg und Bayern. Dies hatte weit-reichende Folgen, an welchen auch heute noch einige Regionen schwer zu beissen haben: Steuerentgang, Niedergang der sozialen Infrastruktur, wie etwa im Bildungsbereich, der medizinischen Versorgung, Freizeit, … Erst 2017 kippte die Abwanderung – es zogen mehr Menschen in den Osten als in den Westen! Auch jene, die geblieben sind, haben die Zukunftsplanung genauer angegangen: Die Angst vor dem Verlust der Arbeit liess zeitweise die Geburtenrate auf nahezu 50 % sinken. Ergo: Familienplanung auf Eis gelegt! Das wiederum lässt das Durchschnitts-alter ansteigen – schlechter Boden für die Wirtschaft. Derartige Regionen sind nach Aussage vieler Politikwissenschafter ein perfekter Nährboden für die AfD.
2021 wurde für 90 % der Bürger der Soli-Beitrag abgeschafft – nach 30 Jahren! Nurmehr Besserverdiener, GmbHs und andere Kapitalanleger sowie Körperschaften müssen ihn bezahlen. Der Solidaritätszuschlag sollte den Aufbau Ostdeutschlands unterstützen. Der Soli belief sich davor auf 5,5 % der Körperschafts- bzw. Einkommenssteuer. Dies brachte der Staatskasse satte rund 19 Milliarden Euro pro Jahr. Eine wahrhaft politische Entscheidung, schliesslich wäre dieser Solidarpakt eigentlich ohnedies Ende 2019 ausgelaufen. Böse Zungen behaupten, dass damit nur Wählerstimmen eingefangen werden sollten. So hiess es aus Kreisen der CDU, dass diese Entscheidung die wohl grösste Steuerentlastung seit vielen Jahren bedeuten sollte. Die Gegenfinanzierung übrigens steht auch heute noch nicht.
Erlauben Sie mir zum Schluss einen eigenen Gedanken – vornehmlich zum Soli: Wäre in den vergangenen 30 Jahren das Geld zweckgebunden eingesetzt worden, bestünde heute kein Bedarf mehr dafür. Da dies jedoch ganz offensichtlich nicht der Fall zu sein scheint, muss ich mich wirklich fragen: Was wurde aus der deutschen Wiedervereinigung? Auch der Bund selbst wagte sich nur sehr zögerlich in die neuen Bundesländer. Ist es somit das Aschenputtel, das die BRD übernommen hat? Wäre es vielleicht gar besser gewesen, die DDR hätte noch über zehn weitere Jahre bestanden und mit Hilfe der BRD eine Grundbasis für die Wiedervereinigung schaffen können?
Sei’s drum – einem Mann ist dies vornehmlich zu verdanken, dass 1989 kein Blut geflossen ist – wie Jahre zuvor in Ungarn oder der Tschechos-lowakei: Dem verstorbenen Friedensnobelpreisträger Michail Gorbat-schow! Er musste aus wirtschaftlichen Gründen so handeln – er handelte jedoch auf eine Art und Weise, wie es viele vor und nach ihm nicht taten oder tun werden: Als Mensch!
Filmtipps:
.) Geheimsache Mauer; Fernsehfilm; Deutschland 2010
.) Geheimakte Mauerbau; Fernsehfilm; Deutschland 2011
.) Es geschah im August. Der Bau der Berliner Mauer; Fernsehfilm, Deutschland 2001
.) Die Mauer – Berlin ’61; Fernsehfilm; Deutschland 2006
Lesetipps:
.) Die Berliner Mauer. Geschichte eines politischen Bauwerks; Thomas Flemming/Hagen Koch; be.bra 2001
.) Die Mauer. 13. August 1961 bis 9. November 1989; Frederick Taylor; Siedler 2009
.) Die Berliner Mauer 1984 von Westen aus gesehen; Philipp J. Bösel/Burkhard Maus; Berlag Kettler / White-Press 2014
.) Halt! Grenzgebiet! Leben im Schatten der Mauer; Thomas Scholze/Falk Blask; Basis-Druck 1997
.) Kennedy, Chruschtschow und der gefährlichste Ort der Welt; Frederick Kempe; Siedler 2011
.) Die Nacht, in der die Mauer fiel – Schriftsteller erzählen vom 9. November 1989; Hrsg.: Renatus Deckert; Suhrkamp 2009;
.) Die längste Nacht, der größte Tag – Deutschland am 9. November 1989; Jrsg.: Kai Diekmann/Ralf Georg Reuth; Piper 2009
.) Der Mann, der die Mauer öffnete. Warum Oberstleutnant Harald Jäger den Befehl verweigerte und damit Weltgeschichte schrieb; Gerhard Haase-Hindenberg; Heyne 2007
Links:
- www.bpb.de
- www.bundesstiftung-aufarbeitung.de
- www.berlin.de/mauer
- www.bstu.de
- deutsche-einheit-1990.de
- berliner-mauer.de
- www.chronik-der-mauer.de
Neu oder alt – das ist hier die Frage!
Posted on 10/26/24 by UlstoWenn die Vereinigten Staaten am 05. November des Jahres ihren 47. Präsidenten (60. Präsidentenwahlen) wählen, ist das Land wohl gespalten wie nie zuvor. Zwischen den republikanischen Anhängern Donald Trumps und jenen der demokratischen Gegnerin Kamala Harris sind die Gräben dermassen tief, sodass ein Zuschütten wohl über Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte dauern wird. Viele schliessen gar auch einen Bürgerkrieg inzwischen nicht mehr aus.
Der 05. November ist für die Vereinigten Staaten demokratisch gesehen der wohl wichtigste Tag seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten. Neben den Präsidentschaftswahlen finden auch die Wahlen zum US-Senat und in 11 Bundesstaaten und zwei Territorien die Gouverneurswahlen statt. Ein Super-Wahltag also sozusagen. Auch hier kann es durchaus zu ent-scheidenden Veränderungen kommen. Bislang verfügten die Republikaner über die Mehrheit im Repräsentantenhaus – die Demokraten bräuchten lediglich vier Sitze um dies zu ändern. Durch diese Mehrheit könnten Präsidialverfügungen („Executiv Orders“), wie sie v.a. Donald Trump liebte, verhindert werden. Das etwa war die Patt-Stellung Barack Obamas. Er konnte viele seiner Versprechen und Vorstellungen nicht umsetzen, da im Kongress die Republikaner das Sagen hatten.
Deshalb ist das Interesse bei den Demokraten so groß wie bislang selten. Und da sieht man gerne über den Streit zwischen den Mainstreamern und den Linksaussen ab! Hauptsache Trump wird nicht mehr gewählt. Sie erhalten Unterstützung durch viele unparteiische Wähler und einige republikanische! Derzeit liegen Harris und Trump lt. Umfragewerten Kopf an Kopf – auch in den Swingstates, also jenen Bundesstaaten, die nicht traditionell republikanisch oder demokratisch wählen. Allerdings wird die Wahlbeteiligung wohl das Zünglein an der Waage darstellen. 2020, bei den letzten US-Präsidentschaftswahlen, lag diese bei 66,4 % – rund 160 Mio Wahlberechtigte gaben ihre Stimmen ab – so viel wie schon lange nicht mehr! Heuer könnten es nochmals mehr werden, was allerdings Trump nicht ganz schmecken dürfte!
Im Folgenden möchte ich das Wahlsystem etwas näher erklären und die Kandidaten vorstellen.
Seit 1788 finden die US-Präsidentschaftswahlen alle vier Jahre statt. Als Wahltag gilt seit 1845 der erste Dienstag im November, da in früheren Zeiten an einem Sonntag der Kirchgang auf dem Programm stand. Mit der Corona-Pandemie kam der Briefwahl eine besondere Bedeutung zu, auch wenn es Donald Trump mehr als missfiel: Grosse Menschenaufläufe vor den Wahllokalen sollten vermieden werden. Zudem konnten 2020 in einigen Bundesstaaten die Wähler erstmals bereits im September (Minne-sota, South Dakota, Vermont, Virginia, Wyoming und Illinois), in anderen im Oktober ihre Stimmen abgeben (Early voters). Beides ist auch heuer von entscheidender Bedeutung. Die Möglichkeit nutzen v.a. die demo-kratischen Wähler, die ansonsten nicht zur Wahlurne gehen können, da sie etwa arbeiten müssen. Deshalb will Donald Trump, sollte er Präsident werden, dies am liebsten wieder abschaffen, da er hier eine gelungene Taktik der Demokraten befürchtet, die Wahlbeteiligung dadurch anzu-heben. Das käme ihm nicht zugute. Übrigens durchaus zurecht – Kamala Harris spornte beispielsweise in Detroit die Wähler an, ihre Stimmen bereits vor der Wahl abzugeben – es wäre der einzige Weg, die Rückkehr Trumps ins Oval Office zu verhindern. Vor Hurricane Helene stellte der Schlüssel-Swing-State North Carolina mit über 350.000 Early voter-Stimmen an nur einem Tag einen neuen Rekord auf. 2020 nutzten rund 100 Mio Menschen diese Möglichkeiten. Acht Staaten und Washington D.C. erlauben heuer gar die Wahl mittels Mail.
Im Gegensatz zu unseren Wahlsystemen, bei welchen die Kanzler als Regierungschefs durch die Wahl der Partei faktisch direkt gewählt werden, finden in den USA indirekte Votings statt. Dabei wählen die sog. „Urwähler“ in ihrem Wahlbezirk bzw. Bundesstaat einen Wahlmann. Diese Wahlmänner wählen schliesslich den Kandidaten, für den sie eingetreten sind. Demokratiepolitisch eher fragwürdig, da es beispielsweise bei den Wahlen 2016 zur unverständlichen Situation kam, dass die Kandidatin der Demokraten, Hillary Clinton, zwar mehr Urwähler-Stimmen als ihr Kontrahent Trump aus den Reihen der Reps erhielt, dieser jedoch mehr Wahlmänner auf seiner Seite hatte. Das sog. „Electoral College“ setzt sich aus 538 dieser Wahlleute zusammen. Jeder Bundesstaat hat so viele Wahlleute, wie er Abgeordnete in’s Repräsentantenhaus entsendet – durch die beiden Senatoren um 2 aufgestockt. Damit sind Bundesstaaten wie New York und Florida (jeweils 29), Texas (38) und schliesslich Kalifornien (55 Wahlleute) dermassen wichtig. Während Kalifornien als demokratisch gilt, ist Florida hart umkämpft. Danach folgen die „Swing States“ wie Pennsylvania (20 Stimmen) und Ohio (18), North Carolina (15), Michigan, Wisconsin und Minnesota (zusammen 36 Stimmen). Hier wurde einmal so, ein weiteres Mal anders gewählt. Jener Kandidat nun, der die meisten Stimmen in einem Bundesstaat erzielen konnte, bekommt – mit Ausnahme von Maine und Nebraska – die Gesamtzahl der Wahlleute dieses Bundesstaates zugesprochen („winner-takes-all“ bzw. Mehrheits-prinzip). In diesen beiden Bundesstaaten werden die Wahlleute proportio-nal vergeben. Nur wenige Wahlmänner sind bislang zum Gegenkandi-daten gewechselt. In manchen Bundesstaaten werden diese sog. „faithless electors“ gar bestraft oder durch andere ersetzt. Für den Sieg reichen insgesamt 270 Stimmen. Die Wahlleute stimmen grundsätzlich 41 Tage nach der Wahl – am Montag nach dem zweiten Mittwoch im Dezember ab – dies wird heuer am 16. Dezember sein. Hillary Clinton konnte nun 2016 in bevölkerungsstarken Bundesstaaten wie New York und Kalifornien gewinnen, hatte aber schliesslich dennoch zu wenig Wahlleute auf ihrer Seite. Ähnliches spielte sich auch in den Jahren 1878 (Rutherford B. Hayes/Samuel Tilden), 1888 (Benjamin Harrison/Grover Cleveland) und schliesslich 2000 (George W. Bush/Al Gore) ab. Ein anderer Spezialfall war die Wahl John Quincy Adams im Jahr 1824. Vier Kandidaten der Demokraten traten gegeneinander an, keiner konnte jedoch die Mehrheit an Wählerstimmen und Wahlleuten erringen. Also wurde der Präsident im Repräsentantenhaus gewählt. Gleiches gilt im Übrigen für die Wahl des Vizepräsidenten, der jedoch bei Nichterreichens der absoluten Mehrheit durch den Senat gewählt wird, da er diesem auch während seiner Amtszeit vorsteht. Die Stimmenauszählung erfolgt stets am ersten Sitzungstag des Kongresses, somit am 03. Januar, in einer gemeinsamen Sitzung des Senats und des Repräsentantenhauses. Das Ergebnis wird am 06. Januar veröffentlicht – die Amtseinführung des neuen Präsidenten findet seit 1933 ab 12.00 Uhr EST jeweils am 20. Januar statt. Wenn da nicht die Befürchtung vieler Experten im Raume stünde, dass die heurige Wahl durch Gerichte entschieden werden wird.
Ein somit durchaus komplexes und nicht wirklich demokratisches Ver-fahren, da es zudem nur die beiden Grossparteien unterstützt. So erhielt etwa 1992 Ross Perot nicht weniger als 18,9 % der Stimmen, jedoch keinen einzigen Wahlmann.
Wahlberechtigt sind grundsätzlich alle US-Bürger, die das 18. Lebensjahr erreicht haben und sich registrieren liessen. Einwohner von US-Aussen-gebieten, wie Puerto Rico bzw. Amerikanisch-Samoa hingegen sind ausgeschlossen – Soldaten können per Briefwahl abstimmen. Auch Gefängnisinsassen, in manchen Bundesstaaten sogar nach der Verbüs-sung ihrer Haftstrafe, dürfen nicht zur Wahlurne. Alleine die Straftäter machen über fünf Millionen Menschen aus. Da Donald Trump ebenfalls abgeurteilter Straftäter ist, dürfte er eigentlich auch nicht wählen – perversesterweise aber gewählt werden!!! Apropos – wählbar sind nach der Verfassung nur „Natural born citizens“, also gebürtige US-Amerikaner, weshalb Arnold Schwarzenegger beispielsweise zwar Gouverneur, nicht aber US-Präsident werden darf. Seine Kinder hingegen sehr wohl, da jedes Kind, das auf US-amerikanischen Territorium geboren wurde, automatisch den Status eines Natural Born Citizen erhält.
Nun zu den Kandidaten!
.) Donald Trump (Rep) – Ex-US-Präsident (2016-2020) und Spitzen-kandidat der Republikaner – hierzu bedarf es wohl keiner Vorstellung! Wird Trump gewählt, wird der 39-jährige J.D. Vance (Senator aus Ohio – ein ehemaliger Trump-Gegner in eigenen Reihen!) zum Vizepräsident. Sein „Ex-Running Mate“ Mike Pence hat sich inzwischen von Donald Trump distanziert. Trump hatte nach den Wahlen 2016 nahezu alle Personen in seiner Regierung ausgetauscht – wäre nicht verwunderlich, wenn dies auch 2025 geschehen würde.
.) Kamala Harris (Dem)
Die 60-jährige amtierende Vizepräsidentin Joe Bidens ist die Tochter einer tamilischen Brustkrebsforscherin und eines aus Jamaika stammenden Wirtschaftswissenschafters. Sie erhielt 1990 die Zulassung als Anwältin und war bis 2016 Staatsanwältin – zuletzt „Attorney General“. Im November 2016 kandidierte sie schliesslich für den US-Senat. Harris wird dem progressiven Flügel der Demokraten zugeordnet. Wird sie gewählt, dürfte sich einiges in den USA ändern.
Trump zog wie zu erwarten war, die unterste Schublade und beleidigte Harris mehrere Male: Sie sei antisemitisch! Daneben meinte er auf der National Association of Black Journalists:
„Ich wusste nicht, dass sie schwarz ist“ … (bis Harris vor einigen Jahren) … „schwarz wurde! Also, ich weiss nicht, ist sie indisch oder ist sie schwarz?“
Harris konterte:
„Das amerikanische Volk verdient einen Anführer, der die Wahrheit sagt, einen Anführer, der nicht mit Feindseligkeit und Wut reagiert, wenn er mit den Fakten konfrontiert wird!“
Sie wiederum bezeichnete Trump als Faschisten. Der lügte im Wahlkampf, dass sich die Balken bogen. So meinte er etwa über die Migranten:
„In Springfield essen sie die Hunde, die Leute, die hierhergekommen sind, sie essen die Katzen. Sie essen die Haustiere der Menschen, die dort leben!“
Viele hochkarätige republikanische Politiker übernahmen das Zitat und blamierten sich damit bis auf die Knochen. Im Internet machte sich Trump damit zur Lachnummer!
Zurück zum Wahlsystem:
Auch wenn sich Liberale und etwa Grüne den Wahlen stellen, so haben diese aufgrund des Wahlsystems zwar die Möglichkeit, in das Geschehen einzugreifen, indem sie Republikanern und Demokraten Stimmen kosten, können jedoch niemals zum US-Präsidenten gewählt werden. So ist es recht einfach zu erklären, weshalb Robert F. Kennedy Jr. nun Trump unterstützt – sein Vater Robert F. und sein Onkel John F. Kennedy dürften sich wohl im Grabe umgedreht haben, als dies bekannt wurde. Kennedy Jr. versuchte es bei den Vorwahlen zuerst bei den Demokraten, dann als Parteiloser! Trump bezeichnete ihn damals als „der wohl dümmste Kennedy“ – jetzt hingegen ist er von ihm mehr als angetan, hält er ihn doch als „schlauen guten Kerl“!
Einen solchen Fauxpas, wie damals bei Hillary Clinton, darf es nicht mehr geben. Da sind sich alle Demokraten einig. Wären die Sanders-Wähler 2016 bei den Wahlen zur Urne gegangen, wäre Donald Trump möglicher-weise nie US-Präsident geworden und Hillary Clinton wohl zum dritten Mal in’s Weisse Haus eingezogen.
Und Trump macht dort weiter, wo er aufgehört hatte: Mit Drohungen in alle mögliche Richtungen: So meinte er etwa, er lasse im Notfall alle NATO-Staaten im Stich, wenn sie nicht ihren Beitrag in das Bündnis einbezahlt haben, Putin forderte er richtiggehend zum Einmarsch in diese Länder auf. Die Verfassung wolle er ändern, … Ob er das Ergebnis der Wahl anerkennen wird, sollte er nicht gewählt werden, darf bezweifelt werden. Manche schliessen sogar einen Bürgerkrieg nicht aus – die Ereignisse vom 6. Januar 2021 würden dies durchaus bestätigen. In seinen Reden sind zuhauf die Worte „Vergeltung“ und „Rache“ enthalten.
Eine gerichtliche Entscheidung über die Wahl, sollte er den Kürzeren ziehen – davon muss auf jeden Fall ausgegangen werden: „Wahlbetrug!“ Obgleich die Wahrscheinlichkeit von Manipulationen verschwindend gering und mit teils hohen Strafen belegt ist, kann er sich dadurch weigern, das Ergebnis anzuerkennen! Gerichte werden wohl über eine Vielzahl von Neuauszählungen vor allem in den Swing-States zu entscheiden haben. Einen solchen „Wahlbetrug“ ortete Trump bereits im Jahr 2020, als Florida neu ausgezählt werden musste. Danach folgte Wisconsin. Auch in Arizona versuchten Trump und sein Anwalt Giuliani ähnliches. Zwei Wochen nach den Wahlen sprachen sie auf den republikanischen Sprecher des dortigen Repräsentantenhaus, Rusty Bowers, ein, dass es dort einen Wahlbetrug mit 200.000 Stimmen gegeben habe. Bowers fehlten die Beweise, er lehnte ab. Als Trump nochmals zu Weihnachten anrief, meinte er:
„Ich habe Sie gewählt, ich habe für Sie gearbeitet, ich habe für Sie Wahlkampf betrieben, ich werde einfach nichts Illegales für Sie tun.“
Bowers blieb integer – das kostete ihn seinen Job. Trump wird auch heuer alle Register ziehen.
Dennoch:
Möge im Gegensatz zum vorletzten Mal die Bessere gewinnen!
Lesetipps:
.) History of American Presidential Elections, 1789-1968; Arthur M. Schlesinger et al.; Chelsea House 1971
.) America in Search of Itself: The Making of the President 1956-1980; Theodore H. White; Harper & Row 1982
Links:
Südamerika brennt!
Posted on 10/19/24 by UlstoEs ist ein mehr als trauriges Bild, das ich dieser Tage entdeckte:
Ein Mann kniet in Riberalta, einer Stadt im Norden Boliviens, weinend auf dem abgebrannten Feld vor seinem ebenfalls brennenden Haus. Sein Lebenswerk – ein Raub der Flammen!
Wahrhaft keine guten Nachrichten, die uns in den letzten Wochen aus Südamerika erreichten: Tausende Feuer loderten und lodern nach wie vor auf dem lateinamerikanischen Kontinent. Millionen Hektar sind bereits niedergebrannt, viele mehr werden folgen! Ursache Nummer 1 sind nach wie vor Brandstiftungen!
Beginnen wir am besten – na klar – in Brasilien! Im Bundesstaat São Paulo im Südosten des Landes wüteten alleine im vergangenen August 3.480 registrierte Feuer (mehr als doppelt so viele wie im ganzen Jahr zuvor) – in 45 Gemeinden wurde der Notstand ausgerufen, mehr als 15.000 hauptamtliche und freiwillige Feuerwehrleute standen im Einsatz. Beim Kampf gegen die Flammen starben auch mehrere Menschen. Bislang (Stand: Ende August) gab es zwei Festnahmen wegen Brandstiftung. In Brasilien ist die Lage besonders fatal: Seit Wochen herrscht im ganzen Land eine Extrem-Dürre, von der rund 60 % des Landes betroffen ist. Dem Einen oder Anderen werden die Bilder des ausgetrockneten Amazonas-Gebietes aufgefallen sein.
„Dies ist das erste Mal, dass sich eine Dürre vom Norden bis in den Südosten des Landes erstreckt!“
(Ana Paula Cunha, Forscherin am Nationalen Zentrum für die Über-wachung und Frühwarnung von Naturkatastrophen)
Die Trockenzeit dauert in Brasilien normalerweise von August bis Okto-ber. Doch haben Wissenschaftler der World Weather Attribution (WWA) errechnet, dass bereits der Juni der „trockenste, heisseste und windigste“ Monat des Landes seit dem Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1979 war.
Neben dem Bundesstaat São Paulo traf es auch die Hochebene vom Cerrado und das Feuchtgebiet Pantanal. Der Cerrado gilt als „Wiege des Wassers“. Viele der grossen Flüsse Südamerikas entspringen hier. Während die Feuer im Amazonasgebiet seit dem Beginn der Regierung da Silvas zurückgingen, nahmen sie am Cerrado zu. Das Feuchtgebiet Panta-nal liegt zwischen dem Amazonas und São Paulo, ist das grösste und artenreichste Binnen-Feuchtgebiet der Erde, zirka halb so gross wie Deutschland. Alleine im Juni verbranten dort 6.000 Quadratkilometer. Die Experten des WWA warnten aufgrund der vorliegenden Daten im August, dass die Regenfälle dort in den letzten 40 Jahren kontinuierlich zurückgegangen und die Brände um rund 40 % intensiver ausgefallen sind. Nach Berechnungen des Naturschutzökologen Carlos Peres von der University of East Anglia in Großbritannien erlitt das Ökosystem des Pantanal einen Rückgang der Wasserfläche um 61 % im Vergleich zum historischen Durchschnitt von 1985 – dies jedoch alleine im Jahr 2023! Im Jahr 2020 zerstörte schon ein riesiger Brand rund ein Drittel Pantanals – nach Schätzungen starben 17 Millionen Wirbeltiere in den Flammen. Auch dieses Feuer wurde gelegt! In der ersten Hälfte des Septembers kamen im Amazonas-Gebiet noch weitere mehr als 20.000 Waldbrände hinzu. Verstärkung vonseiten der Regierung kam im Juni – zu dem Zeitpunkt aber waren die Brände bereits ausser Kontrolle. Präsident Luiz Inacio Lula da Silva kündigte die Einrichtung einer neuen Behörde an, die sich mit extremen Klimarisiken befassen und Lösungen liefern soll. Zuvor wurde die Regierung durch den Obersten Gerichtshof aufgefordert, Massnahmen zu setzen. Die Grossstadt São Paulo traf es mit extremem Smok.
„Bis vor etwa 25 Jahren brannten die Wälder im Amazonasgebiet nicht, selbst wenn sie auf Sandböden und saisonal trockenen Gebieten lagen, es sei denn, es gab irgendeine Art von Störung durch den Menschen, wie z.B. Holzgewinnung. Aber das hat sich geändert.“
(Carlos Peres, University of East Anglia/GB)
Werden nun Brände in einem ohnedies schon ausgedürrtem Gebiet gelegt, so hat dies meist fatale Folgen. In Europa ist dies seit Jahren v.a. aus Griechenland, aber auch aus Portugal und Spanien bekannt. Und das ist leider nach wie vor der Fall. Es gilt auch für die nachfolgenden Bei-spiele der anderen Länder: Wurde der Wald gerodet, werden Feuer gelegt, um die Flächen von den Baumstümpfen zu befreien, damit das Land als Acker, Plantage oder Weideland genutzt werden kann, bis es komplett ausgelaugt ist (dauert rund 2 Jahre). Und – dass mit dem Amazonas nicht nur die grüne Lunge unseres Plantene stirbt, weiss Luciana Gatti vom brasilianischen Institut für Weltraumforschung:
„Wir beschleunigen den Klimakollaps. Der verbleibende Wald ist nicht mehr derselbe; es ist, als wäre der Amazonas krank.“
Sie stellte mit ihrem Team fest, dass die Abholzung wesentlich mehr zur Temperaturerhöhung im Amazonasgebiet beiträgt, als der Klimawandel selbst. Logisch – denn: Wo keine Bäume, da auch kein Schatten, da auch kein Wasserspeicher, da in Folge staubtrocken! Zur Erklärung: jeder Regenwald ist ein Biotop. Dort dient nicht nur der Boden als Wasser-speicher, sondern die Bäume und anderen Pflanzen geben auch Wasser über die Blätter ab (Evotranspiration). Das sorgt für eine hohe Luft-feuchtigkeit – es regnet öfters. Peres betont, dass jeder Waldbrand bessere Bedingungen für den nächsten bringt!
Nach Bolivien: Vornehmlich in der östlichen Region Santa Cruz wüteten im Naturschutzgebiet Valle de Tucabaca 85.500 Brände. Sie vernichteten nach Angaben des Nationalen Instituts für Agrarreform (Inra) eine Fläche von mehr als 10 Millionen Hektar – das ist mehr als die Landesfläche von Portugal. Schon im Vorjahr vernichteten Feuer rund 6,3 Millionen Hektar – 60 % Wälder und 40 % Weiden. La Paz spricht von der schlimmsten Umweltkatastrophe in der Geschichte des Landes. Das Land hat den nationalen Katastrophenzustand ausgerufen und um internationale Hilfe gebeten. Auch dort sind die Ursachen der Klimawandel, Brandstifter und auch „El Niño“.
In Argentinien ist Ende September hauptsächlich die Region Cordóba betroffen. 700 Feuerwehrleute standen im Einsatz. Auch hier wurden die Brände gelegt – für 2 Personen klickten die Handschellen. Die Flammen kennen dabei keinen Unterschied zwischen Wald, Plantage, Feld oder Dorf.
Ecuador – Flammen tobten Ende September in der Hauptstadt Quito. Sie wurden offenbar am Stadtrand gelegt und frassen sich durch die Stadt. 100 Familien mussten in Sicherheit gebracht werden. Auch in Ecuador ist es staubtrocken! Präsident Noboa versprach auf X, dass die Brandstifter wegen Terrorismus vor Gericht gestellt werden, sofern es sich um Vorsatz handelte.
Chile – schon im Februar forderten Waldbrände mehr als 50 Todesopfer – über 21.000 Hektar waren davon betroffen.
Durch diese verheerenden Brände werden nicht nur wichtige Sauerstoff-produzenten zerstört – auch der CO2-Ausstoss befindet sich in diesem Jahr auf Rekordniveau. Um aufzuzeigen, um welche Ausmaße es geht – im Februar meldete der Atmosphärenüberwachungsdienst von Coper-nicus diese Emissionen für das Jahr 2023: Brasilien 4,1 Megatonnen CO2, Venezuela 5,2 Megatonnen, Bolivien 0,3. Im Vergleich dazu die Zahlen vom Februar 2003: 3,1 in Brasilien, 4,3 in Venezuela und 0,08 in Bolivien. Das ganze Ausmaß der Brände ist auf Satellitenbildern erkennbar. Auf-genommen durch den NASA-Satelliten DSCOVR verdecken grosse Rauch-wolken Teile Ecuadors, Perus, Boliviens, Brasiliens und auch Paraguays!
Links:
Hurricanes – Fingerzeig des Todes
Posted on 10/12/24 by UlstoIn der Nacht auf Donnerstag (KW 41) hat Europa den Hurrikan „Kirk“ kennenlernen dürfen bzw. das, was von ihm übrig geblieben ist. Orkan-böen auf den Bergen, teils starke Windböen im Tal und viel Regen! Europa ist eigentlich so gar nicht das Zielpublikum der Monster-Unwetter, doch schafft es immer mal wieder eines dieser Naturereignisse auf den alten Kontinent, wenn auch nicht mehr als Hurrikan, so doch als Sturmfront.
Inzwischen aber tobte jenseits des Atlantiks „Milton“.
Erste Berechnungen gingen davon aus, dass er mit einer Geschwindigkeit von 270 km/h auf Land treffen würde. Das wäre tatsächlich fatal gewesen! Doch hat er sich im Golf von Mexiko „abgeschwächt“ und traf Florida mit 200 Stundenkilometern. Das reichte um eine Spur der Verwüstung zu hinterlassen. Floridas Gouverneur Ron DeSantis meinte:
„Was wir sagen können: Der Sturm war beträchtlich, aber dankens-werterweise nicht das Worst-Case-Szenario.“
Nur 14 Tage zuvor wütete dort „Helen“ mit einer Sturmflut von sechs Metern Höhe (bei Milton waren es vier Meter). Allerdings waren die Regenmengen gigantisch: „Milton“ brachte teilweise 410 l Wasser auf den Quadratmeter. Drei Millionen Menschen hatten keinen Strom, in der Stadt St. Petersburg auch kein Trinkwasser. Trümmer soweit das Auge reicht. „Milton“ machte aber eines noch gefährlicher: Im Gepäck hatte er 37 Tornados, die niemand vorhergesehen hatte. Diese Windhosen trafen etwa St. Lucie County an der Atlantikküste heftig – ein Seniorenwohnheim kam in den Sog – vier Menschen starben, viele wurden vermisst. Milton forderte mindestens sechzehn Menschenleben (bei „Helen“ waren es mehr als 230) und richtete Milliardenschaden an.
Wie aber entstehen solche Monster-Unwetter und was macht sie so gefährlich?
Hurrikane sind tropische Wirbelstürme, die vornehmlich in der Karibik und dem Golf von Mexiko aber auch dem Nord- und Südpazifik entstehen. Hurrikan-Zeit ist zwischen Mai bis Dezember – die meisten aber wüten zwischen Juli und September. Um als Hurrikan anerkannt zu werden, muss zumindest Orkanstärke (Windstärke 12 auf der Beau-fortskala) erreicht werden, das etwa 118 Stundenkilometern entspricht. Die Bezeichnung selbst geht wohl auf die indianischen Einwohner der Grossen Antillen („Taino“) zurück, die Griechen bezeichneten dies als „Typhṓn“ (Taifun). Das betrifft aber heute nurmehr die Wirbelstürme in Süd- und Südost-Asien. Im Indischen und südlichen Pazifischen Ozean werden diese als „Zyklon“ benannt. Die Enstehung der Stürme ist recht kompliziert. Übersteigt ein gleichmäßiges Temperaturgefälle ein bestimmtes Maß im Vergleich zu grossen Höhen, so kann dies die Geburtstsunde eines Hurrikans sein. Dies geschieht zumeist in einer Passatwindzone über dem Atlantik oder östlichen Pazifik bei einer Wassertemperatur von zumindest 26,5 Grad Celsius. Dadurch verdunstet das Wasser und steigt auf. Daraus bilden sich durch die Kondensation riesige Wolken. Unglaubliche Energie wird freigesetzt. Über dem Meeresspiegel bildet sich Unterdruck, der grosse Mengen an verdunstetem Wasser aus der Umgebung ansaugt. Über den Wolken herrscht Überdruck, das verursacht einen Wirbel in entgegengesetzter Richtung. Das sind die sog. „Antizyklone“. Typisch für tropische Zyklone hingegen sind die spiralförmigen Regenbänder, in welchen thermische Aufwinde herrschen. Die feuchten Luftmassen steigen auf und schiessen immer mehr Wasser und Energie nach. In den dazwischen liegenden Zonen strömt kühlere und trockene Luft nach, die absinkt. Am Meeresspiegel fliesst weiter feuchte Luft nach, die durch die Corioliskraft einen Wirbel verursachen.
Trifft nun einer dieser grossflächigen Wirbel auf Land, wird das System gestört, es fliesst anstatt der feuchten Meeresluft trockene Landluft nach. Dadurch erhält der Wirbelsturm kein Wasser und keine Energie mehr – er wird schwächer und endet schliesslich als tropisches Tief. Übrigens – die Energie oberhalb der Wolken wird zu grossen Teilen ins Weltall abge-strahlt. Die Intensität eines solchen Hurrikans hängt von der Ober-flächentemperatur des Wassers ab: Je höher, desto gefährlicher wird der Hurrikan. Die Wassertemperatur steigt aufgrund des Klimawechsels stark an, somit muss vermehrt mit heftigen und wasserreichen Hurrikans/Taifunen gerechnet werden.
Die Klima- und Hurrikan-Forscher beobachteten in der Vergangenheit ein weiteres sehr interessantes Detail: So wechselt die sog. „Atlantic Multi-decadal Oscillation“ (AMO) in einem Abstand von 40 bis 80 Jahren zwischen „warm“ und „kalt“. Seit 1995 läuft im Nordatlantik die Warm-Phase – voraussichtlich noch bis rund 2035. Das erhöht die Hurrikan-Wahrscheinlichkeit. Zu sehen ist dies auch bei den Ereignissen der Vergangenheit: Der bisher tödlichste Hurrikan (Hurricane San Calixto II) wütete 1780 in der Karibik. Mehr als 22.000 Menschen kamen um’s Leben! Viele davon auf See, da zu diesem Zeitpunkt gerade der amerikanische Unabhängigkeitskrieg tobte. So fielen viele britische und französische Soldaten dem Hurrikan auf hoher See zum Opfer. „Mitch“ zog seine tödliche Spur zwischen dem 22. Oktober und 8. November 1998 in Mittelamerika – bis zu 18.000 Menschen starben. Wir alle kennen noch „Katrina“ aus dem Jahr 2005 mit Windgeschwindigkeiten von 250-300 km/h und 1.836 Toten. Der durch sie verursachte Sachschaden belief sich auf 125 Milliarden US-Dollar. Im Vergleich dazu „Helen“: 88 Tote – Sachschaden 110 Milliarden $. Der schnellste jemals gemessene war „Patricia“ mit 345 km/h, in Böen gar 400 Sachen – er traf im Oktober 2015 vom Pazifik kommend bei Mexiko auf Land. Der „Spanien-Hurrikan“ von 1842 war der erste erfasste Hurrikan, der Europa erreichte.
Die Zerstörungskraft eines dieser Ungeheuer steigt übrigens mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit. Unglaublich aber wirklich wahr ist die Tatsache zum Schluss, dass das Azorenhoch mit seinen Luftdruck- und Strömungsverhältnissen für die Laufbahn der Karibik-Hurrikane verantwortlich zeichnet: Golf von Mexiko oder amerikanische Atlantik-küste! Die Azoren liegen rund 5.000 km Luftlinie von Miami entfernt.
Filmtipp:
– Tropenwelt Karibik – Sturm im Paradies; NDR-Doku 2007
Lesetipps:
.) The Five-Hundred-Year History of America’s Hurricanes; Eric Jay Dolin; Liveright 2020
.) Sea of Storms: A History of Hurricanes in the Greater Caribbean from Columbus to Katrina; Stuart B. Schwartz; Princeton University Press 2015
Links:
- www.nhc.noaa.gov/
- www.nesdis.noaa.gov/imagery/hurricanes/live-hurricane-tracker
- zoom.earth/
- severeweather.wmo.int/
Hydrotherme Karbonisierung – die Zukunft aus dem 20. Jahrhundert?
Posted on 10/05/24 by UlstoDer bayerische Kabarettist Gerhard Polt hat einst sinngemäss gemeint, dass man vieles verändern könne – nur will es niemand!
Leider symptomatisch für unsere Gesellschaft – in allen Belangen. Im heutigen Blog möchte ich ein Beispiel aus der Energiewirtschaft erläutern, das viele der heutigen Krisen im Vorhinein angewendet hätte verhindern können – doch wollte es niemand!
Der deutsche Chemiker Friedrich Carl Rudolf Bergius forschte bereits in jungen Jahren an der Herstellung von Benzin und Diesel aus Kohle und Wasserstoff. Dafür setzte er die Grundlage für das chemische Hochdruckverfahren, für das er 1931 den Nobelpreis für Chemie erhielt (neben Carl Bosch) – „… für ihre Verdienste um die Entdeckung und Entwicklung der chemischen Hochdruckverfahren“. Bei der Entgegen-nahme des Preises meinte Bergius, er habe sich „… das Ziel gesetzt, Erkenntnisse zu suchen, die der Menschheit nutzen sollten“! Dies könnte nun – mehr als hundert Jahre später – durchaus der Fall sein und eine mögliche Lösung für die derzeitige panische Suche nach neuen Energie-trägern darstellen!
Bergius arbeitete an der Herstellung von Braunkohle im Labor! Das, wofür die Natur Jahrtausende braucht („geomorphologische Wirkung“), soll innerhalb kurzer Zeit industriell geschaffen werden: Biomasse wird unter Ausschluss von Sauerstoff auf hohe Temperaturen erhitzt. Das Resultat: Biokohlenstoff! Bergius‘ Mitarbeiter Hugo Specht führte den Versuch weiter: Er erhitzte das Inkohlungsprodukt des Torfs auf 450 Grad Celsius bei einem Wasserstoffdruck von 150 atm – heraus kam eine benzolartige organische Flüssigkeit. Diese Hydrierung von Kohle wurde 1913 als Patent angemeldet. Hierauf baute dann das Bergius-Pier-Verfahren auf: Durch hohen Druck und direkte Hydrierung werden die Makromoleküle der Kohle in kleinere Molküle abgebaut. Die Produkte, die entstehen, sind gasförmige und flüssige Kohlenwasserstoffe, die als Kraftstoff oder Schmiermittel verwendet werden können.
Bergius übernahm 1914 das wissenschaftliche Labor der Theodor Gold-schmidt AG in Essen. Der 1. Weltkrieg und die anschliessende Inflation führten zu erheblichen finanziellen Problemen. 1925 verkaufte deshalb Bergius seine Patente an den BASF-Konzern, bei dem er eigentlich für weitere zehn Jahre als Berater agieren sollte. Davon wurde aber nie Gebrauch gemacht, weshalb sich Bergius aus der weiteren Verfahrens-entwicklung ausklinkte. Diese wurde durch Matthias Pier fortgeführt.
Wie aber könnte dies nun förderlich für die Gegenwart und Zukunft sein? Die Abhängigkeit der industrialisierten Welt von den Erdöl und Erdgas fördernden Ländern ist frappierend! Können vorort in industriellen Groß-anlagen synthetische Kraftstoffe hergestellt werden, so ist dies ein grossen Schritt raus aus dieser Abhängigkeit von den OPEC-Ländern!
Und nun wird’s interessant: Heutzutage wird der „Torf“ als Ausgangs-produkt selbst hergestellt! Aus biogenen Reststoffen und Abfall-biomassen wie Klärschlamm, Grünschnitt, Destillationsrückständen usw. So etwa arbeitet in Relzow/Mecklenburg-Vorpommern seit 2017 eine Anlage zur Herstellung von Bio-Kohle aus Abfällen – damals weltweit die erste! Eine weitere steht im chinesischen Jining, wo Klärschlamm zu Biokohle verarbeitet wird – nach eigenen Angaben 14.000 Tonnen jährlich. Die Kohle wird im lokalen Kraftwerk verbrannt. Diese Bio-Kohle kann als Brennstoff, als Dünger oder als Erdöl-Ersatz verwendet werden. Dazu bedarf es keiner Jahrhunderte oder Jahrtausende mehr, sondern nurmehr weniger Stunden (rund 12 h!). Zudem wird weniger als 5 % CO2 freigesetzt. Koppelt man dies mit der Biogas-Produktion oder dem Einsatz von Gärresten als Einsatzstoff, so spricht der Experte von „Kaskadennutzung“.
Die Hydrothermale Karbonisiering sollte nicht mit der „Pyrolyse“ verwechselt werden. Während inzwischen bei Ersterer Temperaturen von 180-200 Grad Celsius ausreichen, bedarf es bei der Pyrolyse wesentlich höherer Temperaturen, die – je nach eingesetztem Grundstoff – schon mal bis zu 700 Grad erreichen müssen. Das Endprodunkt der Pyrolyse ist zumeist Holzkohle. Dazwischen liegt noch die „Torrefizierung“ bei Temperaturen bis zu 300 Grad. Auch die Vergasung ist ein anderer Vorgang. Das schliesslich fünfte Verfahren heisst „Vapothermale Karbonisierung“, bei dem der Grundstoff mit heissem Wasserdampf behandelt wird.
Nach Angaben des Deutschen Bundesumweltamtes fielen im Jahr 2021 zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen nicht weniger als 16,1 Mio Tonnen Bioabfälle an: Abfälle aus der Biotonne, Grünschnitt aus Garten und Park, Destillationsrückstände und auch Klärschlamm-Kom-post. In Österreich waren es 2019 alleine durch die Sammlung biogener Abfälle aus Haushalten und ähnlichen Einrichtungen knapp 1,059 Mio Tonnen (Statusbericht 2021 zum BAWP). Dies zeigt auf, über welche Mengen, über wieviel Energie hierbei gesprochen werden kann. Doch kann der künstlich erzeugte Humus auch zur Wiederbegrünung erodierter Flächen verwendet werden, was in weiterer Folge zum weiteren Entzug von CO2 aus der Luft durch die Photosynthese sorgt (negative CO2-Bilanz). Übrigens: Der US-Forscher Dominic Woolf hat berechnet, dass in den Boden eingearbeitete Pflanzenkohle nach 100 Jahren noch rund 70 % des Kohlenstoffs im Acker bindet. Geht man davon aus, dass zwei bis drei Kilogramm CO2 in einem Kilogramm Pflanzenkohle gespeichert sind, könnten nach Schätzungen der Wissenschafter im besten Falle jährlich und weltweit bis zu 6,6 Milliarden Tonnen CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden – bei einem Gesamt-Ausstoss von beispielsweise 36,4 Milliarden Tonnen 2021 (Angaben: Global Carbon Project).
Natürlich sind nicht nur deutsche Forscher in diesem Bereich tätig. So arbeiten Wissenschafter der Harvard-Universität an der Nutzung des Kohleschlamms entweder durch Verbrennung oder zum Antrieb spezieller Brennstoffzellen bei einem Wirkungsgrad von rund 60 %. Dabei wird das Kohle-Wasser-Gemisch erhitzt – es entsteht das sog. „Synthesegas“ (Gasgemisch aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff).
C 6 H 2 O + 5 H 2 O → 6 C O + 6 H 2
Aus diesem Gas liesse sich in weiterer Folge durch das „Fischer-Tropsch-Verfahren“ (ein grosstechnisches, heterogenkatalytisches Polymeri-sationsverfahren zur Herstellung von Kohlenwasserstoffen) Benzin her-stellen. Sie sehen also: Die Möglichkeiten wären da, die Grundstoffe zweifelsohne in riesigen Massen vorhanden, doch bleiben die meisten Staaten noch bei den fossilen Brennstoffen! Schade eigentlich – für unser Klima!!!
Lesetipps:
.) Hydrothermale Karbonisierung; Tobias Helmut Freitag; Studienarbeit 2011 .) Einfluss von HTC-Biokohle auf chemische und physikalische Bodeneigenschaften und Pflanzenwachstum; Ana Gajić; Cuvillier Verlag 2012 .) Teerbildung und Teerkonversion bei der Biomassevergasung – Anwendung der nasschemischen Teerbestimmung nach CEN-Standard; Michael Kübel; Cuvillier Verlag 2007
Links:
Technologie der Zukunft – Wieso nicht schon heute damit beginnen?
Posted on 09/28/24 by Ulsto„Das ist einfach Unsinn!“
(Herbert Diess, VW-Vorstandschef 2019)
Als ich dieser Tage hinter dem Tankzug eines grossen Gase-Produzenten herfuhr, dachte ich mir so nebenbei: „Was wäre wohl, hätte ich zuhause und im Auto jeweils eine Brennstoffzelle? Wäre der vor mir fahrende LKW mein Jahresbedarf?“ Dann kehrte ich jedoch zu meiner früheren Ansicht zurück und verwarf den Gedanken sofort wieder. Im Chemie-Unterricht der Oberstufe demonstrierte der Lehrer damals die Gefahr von Knallgas (Oxyhydrogen). Dieses hochexplosive Gas entsteht, sobald sich Wasser-stoff (H2) und Sauerstoff (O2) vermischen. Es reicht nun bereits ein kleiner Funken, um das Ganze mit einem lauten Knall detonieren zu lassen! Somit wäre mir dieser Energielieferant also auf jeden Fall zu gefährlich, da jede Autofahrt einem Ritt auf einem Fass Dynamit gleich käme. Das ist wohl auch die Meinung vieler Anderer, weshalb die Mög-lichkeit einer Brennstoffzelle von vornherein ausgeschlossen wird.
Was aber viele nicht wissen: Liegen die Volumensanteile des Wasserstoffs in der Luft bei unter 18 oder über 76 % (bei atmosphärischem Druck), so ist diese Verbindung nicht mehr explosiv! Da jedoch der obere Grenzwert rasch sinken kann, wäre dies wohl erneut ein zu grosses Risiko! Also kommt für die Nutzung von Wasserstoff nur die erste Variante in Frage. Luft-Wasserstoffgemische mit einem Wasserstoffanteil von 4-18 % sind brennbar, aber nicht detonationsfähig! Erfolgt die Verbrennung kon-trolliert über eine Mischdüse, so kann eine dauerhafte Knallgas-Flamme (keine Explosion) entstehen. Während das Knallgas bereits im Jahr 1620 durch Théodore Turquet de Mayerne entdeckt wurde, ist die Entdeckung der Knallgasflamme etwas jüngeren Datums. Aufgrund der hohen Tem-peratur von bis zu 3.000 Grad Celsius eignet sich diese Flamme für Schweiss- oder Schneidarbeiten bzw. findet Anwendung in einer Gold-schmiede oder bei der Herstellung oder der Schmelze von Glas.
Der deutsche Chemiker Christian Friedrich Schönbein führte 1838 erst-mals in Basel einen Versuch mit zwei in Salzsäure eingelegten Platin-drähten durch, die er mit Wasser- und Sauerstoff umspülte. Dabei ent-stand elektrische Energie und Wärme. Sir William Grove präsentierte 1839 die sog. „Galvanische Gasbatterie“ und damit den Vorgänger der Brennstoffzelle. In dieser galvanischen Zelle erfolgt die sog. „Kalte Verbrennung“. Dabei werden Wasser- und Sauerstoff zusammengefügt – es entsteht elektrische Energie und Wärme, die auf unterschiedlichste Weise genutzt werden können. Das Abfallprodukt ist Wasserdampf. Eine solche Brennstoffzelle besteht aus zwei Teilen, die durch einen Elektrolyt voneinander getrennt sind, der Ionen-durchlässig und somit für den Ionen-Transport zuständig ist. In Teil 1 wird über die Kathode Sauerstoff eingeleitet, in Teil 2 umströmt Wasserstoff die Anode. Zwischen Kathode (Minuspol) und Anode (Pluspol) baut sich aufgrund der ablaufenden chemischen Prozesse (auf die ich im Detail nicht eingehen möchte) eine geringe elektrische Spannung auf. Werden nun mehrere solcher Brenn-stoffzellen in Serie aneinandergebaut, so erhöht sich dadurch die Spannung.
Derzeit sind vor allem zwei Brennstoffzellen im Einsatz, die sich einzig durch den Elektrolyten unterscheiden: In der Polymerelektrolyt-Brenn-stoffzelle (PEMFC), besteht dieser Elektrolyt aus der Polymer-Membran, einer dünnen, aber festen Kunststoffhaut. In der Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC) aus der Hightech-Keramik Zirkondioxid, die hitze- und korro-sionsbeständiger ist.
Der grosse Vorteil dieser Brennstoffzellen liegt im Wirkungsgrad: Er bewegt sich zwischen 70-80 %! Soll heissen, dass 60-70 % der verwendeten Energie in Strom umgewandelt werden kann. Bei einer Gasturbine etwa liegt dieser nur bei rund 40 %
bei einem Benziner bei rund 24 und einem Diesel bei rund 40%. Wird nun der Wasserstoff mit Hilfe von Photovoltaik-Strom produziert, so ist die Brennstoffzelle die umweltfreundlichste Art, Energie zu produzieren. In der Raumfahrt kam die Brennstoffzelle bereits in den 1960er-Jahren zum Einsatz.
Bleibt das Problem, wie ich den Wasserstoff in den Tank bekomme, da es eines unheimlichen Mehraufwandes bedarf, den Wasserstoff pur zu tanken. In gasförmiger Form wird ein Druckbehälter von 700 bar benötigt – hier bleibt das Problem mit der geringen Reichweite. Möglich ist also nur das Tanken von flüssigem Wasserstoff. Dieser aber muss in einem Tiefsttemperaturtank auf -253 Grad Celsius gekühlt werden. So wiegt ein Liter Wasserstoff gerade mal 70 Gramm. Beides nicht wirklich wirt-schaftliche Lösungen.
Es muss also eine Verbindung gefunden werden, die sich rasch und leicht tanken lässt, die nicht explosiv oder brennbar ist und die sich rasch wieder trennen lässt. Dibenzyltoluol lautet eine mögliche Lösung: Eine substituierte, aromatische Kohlenwasserstoffverbindung. Diese Flüssig-keit lässt sich mit Wasserstoff „aufladen“ (LOHC). An der Tankstelle lässt es sich wie Benzin oder Diesel tanken. Im Auto wird der Wasserstoff von seinem Trägermedium abgespaltet (endotherme Dehydrierungsreaktion), das beim Tankvorgang abgepumpt und beispielsweise in sonnigen Gebieten mit Photovoltaiktechnologie durch eine exotherme Hydrierungsreaktion wieder „aufgeladen“ wird. Da Dibenzyltoluol jedoch wasser- und gesundheitsgefährdend ist (Wassergefährdungsklasse 2), wird derzeit vornehmlich auf eine andere Art der Wasserstoffgewinnung zurückgegriffen: Aus Erdgas durch einen sog. „Reformer“. Damit sind wir aber erneut bei den fossilen Brennstoffen angelangt, da der Reformer mit Erdgas beheizt werden muss. Allerdings kann hierfür auch CO2-neutrales Bio-Erdgas verwendet werden. Weitere Trägermedien wären: Toluol/Methylcyclohexan, N-Ethylcarbazol, Benzyltoluol, Naphthalin und Azaborine – die beiden Letzteren scheinen allerdings nicht wirklich ausgereift zu sein!
Dennoch finden sich mehr Erdgas-Zapfanlagen als Wasserstofftankstellen (in Deutschland 82 – in Planung weitere 11/in Österreich 5/in der Schweiz 17). Auf 100 km wird rund 1 kg H2 benötigt, der Tank eines PKW fasst derzeit rund 5 kg Wasserstoff. Der Preis etwa in Österreich liegt bei rund 9,- Euro/kg.
Die Vorteile der Brennstoffzellen liegen also ganz klar auf der Hand:
– hoher Wirkungsgrad
– praktisch schadstofffrei
– wartungsarm
Allerdings gibt es auch Nachteile:
– hohe Kosten
– hohe technische Anforderungen
– begrenzte Brennstoffzellen-Lebensdauer
Die Lebensdauer der Brennstoffzelle hängt von der Haltbarkeit der Polyelektrolytmembranen (PEM) ab – das Fraunhofer-Institut arbeitet mit Hochdruck neben anderenen auch an einer Optimierung. Sie liegt bei knapp über 10.000 Stunden – das kommt einer Reichweite von 400-450.000 Kilometern gleich. Als Heizung im Haus kann eine Brennstoffzelle für rund zehn Jahre verwendet werden – sie wird zumeist mit einer Gasheizung kombiniert. In Japan finden solche Heizsysteme aufgrund einer hohen staatlichen Subventionierung reissenden Absatz – seit 2010 ist das System auch für Einfamilienhäuser erhältlich. Hierzulande gilt das „Langweid-Village“ als federführend. In Langweid bei Augsburg werden 62 Wohneinheiten in 30 Doppel- und Reihenhäuser durch Brennstoffzellen beheizt und mit Strom ausgestattet. Die staatliche Förderung in Deutschland wurde gestrichen, die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gewährt unter gewissen Voraussetzungen einen Zuschuss von bis zu 40 % für „Energieeffizient Bauen und Sanieren – Zuschuss Brennstoffzelle“! In Deutschland wird die Brennstoff-zellenheizung inklusive Montage für 30-35.000 Euro angeboten
Folgende Autohersteller haben das Brennstoffzellen-Auto bereits zur Serienreife gebracht:
- Honda (CR-V FCEV derzeit nur in Japan und Kalifornien erhältlich)
- Hyundai (Nexo ca. € 77.000 €)
- Hyundai (iX35 – nurmehr als Gebrauchtwagen)
- Toyota (Mirai II ca. € 64.000)
- Renault (Scenic Vision H2-Tech Concept Car – kein Preis entdeckt)
- Mercedes-Benz (GLC Fuel Cell – aus dem Verkauf genommen)
BMW führte als erster eine Weltumrundung mit einem Wasserstoff-Prototypen (BMW iX5 Hydrogen – als Pilotflotte seit 2023 im Einsatz – kein Preis bekannt)
Brennstoffzellenautos werden in Österreich im Rahmen der E-Mobilität 2024 vom Staat gefördert (Bundesländerförderungen sind unterschied-lich).
Im Vergleich zu Elektrofahrzeugen entstehen alsdann bei der Produktion weniger umweltschädliche Abfallstoffe, da der Strom für den Elektromotor nicht aus Batterien stammt, sondern direkt erzeugt wird. Zudem kann durch das Abfallprodukt Wasser auch der Boden gekühlt und das Klima verbessert werden – es wird auch in Trockenzonen zu mehr Regenfällen kommen.
Brennstoffzellen-Fahrzeuge werden künftig vor allem im Personen- und Gütertransport eine gewichtige Rolle spielen. Auch sind mit dem Mireo Plus H von Siemens bei der Deutschen Bahn (seit bereits 2016 auf verschiedenen Strecken – die Werke in Ulm und Tübingen werden derzeit gerade wasserstofftauglich gemacht) und der ÖBB (mit dem Coradia iLint von Alstom seit 2020 auf verschiedenen Strecken) bereits Züge im Linieneinsatz – sehr zufriedenstellend übrigens. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelte bereits im Jahre 2016 einen Flugzeugprototyp mit PEMFC-Brennstoffzellen („HY 4“) – mit der Dornier 328 soll 2025 ein Demonstrationsflugzeug für klimaneutrale Flüge in der Großflugzeugklasse der EASA („CS25“) in Einsatz gehen.
Während die Heizung mit Brennstoffzellen immer interessanter wird, besteht nach Brennstoffzellenautos kaum Nachfrage. Der Hauptgrund hierfür sind vornehmlich die hohen Anschaffungs- und Betriebsmittel-kosten.
Lesetipps:
.) Wasserstoff & Brennstoffzellen – Die Technik von morgen; Sven Geitmann; Hydrogeit Verlag 2004
.) Brennstoffzellentechnik; Peter Kurzweil; Vieweg 2003
.) Brennstoffzellen in der Kraft-Wärme-Kopplung – Ökobilanzen, Szenarien, Marktpotenziale; Krewitt, Pehnt, Fischedick, Temming; Erich Schmidt Verlag 2004
.) Fuel Cells; Noriko Hikosaka Behling; Elsevier B. V. 2013
Links:
- diebrennstoffzelle.de
- www.energiesparverband.at
- www.hydrogeit.de
- h2.live
- www.co2online.de
- www.fz-juelich.de
- www.tuev-nord.de/de/unternehmen/energie/wasserstoff/wasserstoff-brennstoffzelle/
- www.glpautogas.info
- www.wasserstoffostschweiz.ch
- www.wbzu.de
- tugraz.at
- www.viessmann.de/de/architekten/projekte/langweid-village.html
- www.new-energy-power.de
- nachhaltigkeit.deutschebahn.com
- www.calepa.ca.gov